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Die Straßen von Minas Tirith

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Vexor:
Brianna, Paola, Araloth, Elea und Ioreth von den Verließen


Außer Puste rasteten die Flüchtlinge und Brianna half Araloth sich auf ein paar Stufen zu setzen. Er sah fürchterlich aus. Hunderte kleiner Schnitte entstellten sein jugendliches Gesicht und verkrustetes Blut zog sich wie ein Mantel über seine Wangen. Seine sonst so glänzenden pechschwarzen Haare waren verfilzt und voller Dreck.
„ Oh Liebster“, flüsterte Brianna und sie schämte sich für den mitleidsschwangeren Ton, den sie angeschlagen hatte.
„ Ich muss ja blendend aussehen“, röchelte Araloth und versuchte zu Grinsen, wobei er jedoch schmerzverzehrt drein blickte.
Tränen stiegen Brianna in die Augen und sie kramte in den Beutel nach einem Tuch, worauf sie ein paar Tropfen desinfizierenden Alkohol träufelte und anfing Araloths Hände und Gesicht und Blut und Schmutz zu säubern. Liebevoll tupfte sie die Wunden und entlang, während Araloth mit geschlossenen Augen ruhte. Er verzog kaum eine Mine und genoss die Nähe zu seiner Geliebten.

Soll ich ihm davon erzählen, oder nicht?, dachte Brianna und streichelte sich mehrmals flüchtig über den Bauch, als hoffte sie Araloth würde sie von selbst darum bitten.

Die anderen hielten sich abseits von ihnen auf und flüsterten angestrengt miteinander. Brianna verstand nur Wortfetzen und es interessierte sie auch nicht. Und wenn um sie herum Heerscharen von Orks gestanden hätten, sie wollte jetzt nur Allein sein mit Araloth, den Vater ihres Kindes.

„ Ich…ich…“, fing Brianna an zu stammeln als sie Tuch und Alkohol wieder einpackte. Viel hatte es nicht geholfen, aber immerhin waren die meisten Wundern gesäubert und von Schmutz und Blut gesäubert worden, „…ach unwichtig!“.
Araloth lächelte nahm seine großen Hände und streichelte Brianna über die Wangen, bevor er sie innig küsste.
„ Ich habe dich so vermisst Liebste. Beregond brachte mir ab und zu Kunde von dir, ob du wohl auf warst. Ständig war ich bei dir!“.
Seine Meergrauen Augen musterten Briannas, die trübselig zu Boden blickte.
„ Schatz was ist denn los?“, fragte er sie aufmunternd und fuhr ihr durchs braune Haar.
„ Ach…ich…ich frage mich nur, was sie dir alles angetan haben müssen. Du siehst fürchterlich aus.“
Araloth blickte voll Scham zu Boden und eine strenge Schnitte durschnitt die Stille.
„ Dinge, die jeden Mann erniedrigen würden und die du dir nicht einmal vorstellen kannst, Kindchen“, entgegnete Ioreth.
Brianna blickte in das runzlige, alte Gesicht, welches sie schon so oft in den Heilhäusern gemustert hatte und beließ es bei einem Nicken. Selbst nach dem Aufenthalt in den Verließen und den Erniedrigungen, die sie erfahren haben musste, war sie noch immer so stur und standfest, wie eh und je.

„ Ich unterbreche euer Wiedersehen ja nur recht unwillig, aber wir müssen weiter und dafür sorgen, dass Ioreth und Araloth die Stadt verlassen können“, fuhr Paola, die mit verschränkten Armen im Halbdunkel der Gasse stand, die Unterhaltung der übrigen vier.
„ WAS?!“, fuhren Elea und Brianna gleichzeitig auf, was beide zu einem flüchtigen Lächeln brachte.
„ Nein, nein, nein. Ich möchte Araloth nicht schon wieder gehen lassen, wo soll er denn überhaupt hin?“. Briannas Worte überschlugen sich fast, während sie ratlos von Paola zu Araloth und Ioreth blickte.
„ Nach Dol Amroth“, stellte Araloth entschlossen fest und richtete sich langsam und sichtlich unter Schmerzen auf.
Vollkommen schockiert drehte sich Brianna zu dem hochgewachsenen Mann aus der Schwanenstadt um und es kam ihr voll, als hätte er ihr ein Messer in den Rücken gerammt.
„ Ab…Ab…Aber Schatz“, wisperte sie und Tränen stiegen ihr in die Augen, die sie mit einer unscheinbaren Handbewegung vertrieb.
„ Er ist hier nichtmehr sicher Brianna, glaub mir“, sagte Elea und legte ihre Hand auf Briannas Schulter.
„ FASS mich nicht an!“, schrie Brianna und schlag Eleas Hand weg, welche sie erschrocken zurückzog, „ Du hast mir hier überhaupt nichts zu sagen. Wegen dir sind Ioreth und Araloth doch in dieser Situation!“

Brianna kochte nun vor Wut, aber keiner der Anwesenden schien ihr zu helfen. Ioreth und Paola mieden ihren Blick, während Araloth sie mit gütigen Dackelaugen anblickte.
„ Schatz…Brianna beruhige dich“, flüsterte er liebevoll und nahm Brianna in den Arm, „ wir werden uns sicherlich wieder sehen, aber hier ist es zu gefährlich für mich und ich bringe dich dadurch nur in Gefahr. Dol Amroth brauch mich nun viel mehr! Weißt du warum ich weiß, dass wir uns wieder sehen?“, er machte eine Pause und blickte Brianna tief in die Augen, „weil ich dich liebe! Ich liebe dich so sehr, dass ich die Folter in den Verließen überstand!“

Brianna schluchzte und gab sich der Umarmung vollends hin, „ Ich liebe dich auch!“.

„ Können wir dann endlich weitermachen?“, sagte Paola mit genervter Stimmlage.
Brianna nickte, aber alle wandten sich zu Elea um, als diese verhalten „Nein“ sagte.

Thorondor the Eagle:
Das „Nein“ hallte noch lange durch ihren Kopf, denn er war leer. Die letzten Tage verbrachte Elea damit Pläne für die Zukunft zu schmieden. Immer wieder verfolgte sie ein Ziel und beschritt dabei viele Pfade. Die meisten endeten in ihrer Vorstellung mit dem Galgen, doch wenige führten sie tatsächlich ans Ziel, wenn auch über viele Umwege und durch dunkle, verruchte Gassen. Doch mit einem Male, mit einem einzigen Wort, zerfiel alles zu Asche. „Verlassen“, ein Wort, das die Dunedain nur all zu oft gehört hatte und dessen Konsequenzen sie immer ertragen musste.

Verunsichert starrten immer noch alle auf Elea, doch der unangenehmste Blick kam von Ioreth: Leid, Kummer, Mitgefühl aber auch Argwohn sah sie in ihren schwarz wirkenden Augen.
„… nein“, murmelte die Frau nochmals in sich hinein, eher sie ihre Gedanken ein wenig geordnet hatte um ihren Standpunkt klar zu machen.
„Ioreth, du kannst nicht gehen. Nicht jetzt.“
„Warum nicht? Soll ich mich von Herumor und seinem dunklen Verbündeten hinrichten lassen?“
„Wir werden dich verstecken! ICH werde dich beschützten vor seiner grausamen Hand. Die Stadt und ganz Gondor stehen am Abgrund. Die allesverschlingende Dunkelheit aus dem Osten hat so starke Zweifel gesät, dass sich das Volk entzweit. Wir brauchen dich. Deshalb haben wir dich befreit. Du hast die Getreuen zusammen gehalten, hast ihnen Fehler aufgezeigt und den Weg gewiesen. Du warst für sie da und hast dich geopfert, damit die anderen fliehen konnten. Mit dir an ihrer Spitze können wir die Stadt befreien.“
Eine lange Minute Schweigen breitete sich in der engen Gasse aus. Ein unruhiges Rumoren war aus den tieferen Ringen zu hören; hin und wieder auch ein deutliches Klirren von Schwertern. Ioreth sah verwundert auf Paola, die hoffnungslos den Kopf schüttelte.
„Du weißt, wie es ist in diesen Verliesen gefangen zu sein“, begann die Alte „In den endlosen Nächten hungernd und durstend gegen die Einsamkeit zu kämpfen. Es war grauenvoll die Foltern zu ertragen ohne jegliche Hoffnung jemals wieder das Licht der Sterne zu erblicken oder jene warmen Strahlen der Sonne, die all zu selten durch diese dichte Wolkendecke brechen. Ich war lange dort und hatte viel Zeit zu überlegen. Ich bereue die Rolle nicht, die ich in den Reihen der Getreuen gespielt habe. Nichts sehnlicher wünsche ich mir als ein freies Gondor, den König auf dem Throne… ach wie gerne würde ich ein letztes Mal sein edles Antlitz erblicken. Doch jede Rolle hat seinen Beginn, seinen Höhepunkt und schließlich sein Ende in der Geschichte. Und meine schließt hier ab. Ich weiß, dass ich mit meinen Taten, vielleicht auch mit meinem Leben, am Ende bin und ich bin nicht zu Stolz um das Zepter rechtzeitig abzugeben.“
Elea war wütend als sie die Worte aus dem Mund der Alten hörte. Es war, als wäre ihr Geist gebrochen, ihr Mut und ihre Hoffnung verloren.
„Und wer soll eine solch große Rolle übernehmen?“
„Meine liebe Elea… Das hast du doch schon längst. Du hast all dies eingefädelt um uns die Freiheit zu schenken. Du hast die Hoffnung bis heute nicht aufgegeben, hast dich deinem größten Feind entgegen gestellt und wirst ihn noch bezwingen.“
„Aber das will ich nicht… Das kann ich nicht, ohne dich schon gar nicht.“
Schmerzgeplagt erhob sich Ioreth und strich mit ihrer knochigen Hand durch Eleas Haar: „Auch die Dunkelheit hat ihre gute Seiten, sie formt aus einfachen, unscheinbaren Menschen die größten Helden. Ich bin mir sicher, dass du dies schaffst. Gib den Mut deines Herzens an deine Mitstreiter weiter und lass sie an deinen hoffnungsvollen Gedanken teilhaben. Oft reichen diese mächtigen Werkzeuge um über jeglichen Zweifel erhaben zu sein.“

Elea umschloss die alte Dame mit festem Griff. Es war die Akzeptanz und die Gewissheit, dass sie ihre Verbündete nie weder sehen würde, die sie zum Weinen brachte: „Wo wirst du hingehen?“
„Nachhause“, sagte Ioreth und lächelte dabei „Ich werde die grünen Blätter von Lossarnach sehen, den süßen Duft der Rosen riechen und die blühenden Wiesen unter meinen Füßen spüren – ich werde mich in meiner Jugend wiederfinden. Und wer weiß, wenn ich wiederkehre in die Stadt des Königs, vielleicht erfüllt sich dann mein letzter Wunsch und ich sehe König Elessar auf dem Thron und seine unbezwingbare Base steht ihm mit Rat und Tat zur Seite.“
Ein letztes Mal presste Elea sich nochmals in die Schulter von Ioreth.
„Lass uns jetzt gehen, Elea“, flüsterte ihr die silberhaarige Frau ins Ohr.

Thorondor the Eagle:
Fluchtartig verließ der Trupp die dunkle Gasse, um sogleich wieder in der nächsten zu verschwinden. Die Unruhen waren lauter geworden. Die Soldaten haben es gerade noch geschafft, die oberen 4 Ringe zu versiegeln ehe die revoltierende Menge weiter vordrang. So war es im oberen Teil der Stadt sehr ruhig und die Ausgebrochenen kamen zügig voran, bis sie das obere Ende des dritten Ring erreichten.

Araloth wagte einen kurzen Blick über die schützende Brüstung und sah in die Tiefe: „Ab hier wird es wohl sehr schwierig.“
„Was geht dort unten vor?“, fragte Ioreth neugierig.
„Viele Häuser stehen in Flammen, auf den Straßen kämpfen Männer  - Ostlinge, Südländer, junge Männer und Greise, Soldaten mit dem Banner von Gondor und alle gegeneinander. Es ist schwer zu erkennen wer auf welcher Seite steht.“
„Ich denke, es gibt keine Seiten mehr in diesem Krieg. Viele kämpfen für Freiheit, andere für Unterdrückung und die meisten nur aus Zorn. Selbst wenn wir diese Mauer überqueren, wird es unmöglich sein bis an die Stadtgrenze zu kommen. Da unten gibt es niemanden der hinter uns steht“, mischte sich Elea nun ein.
„So gut hat euer Plan funktioniert, doch hier stehen wir an. Das Schicksal hat uns wohl einen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagte die alte Ioreth, beinahe etwas hoffnungslos.
„Ich fürchte es war kein Schicksal, sondern ein Teil unseres Vorhabens. Es begann mit kleinen geplanten Sticheleien, doch der Zorn in den Menschen ist größer als wir dachten. Was können wir nur tun?“, entgegnete die Dunedain.
„Gar nichts. Gar nichts. Einen rollenden Stein kann man nicht aufhalten. Wir gehen dort hinunter und werden uns durchschlagen oder es zumindest versuchen. Vieles haben wir heute Nacht verbrochen wofür uns der Galgen droht drum werden wir hier nicht Halt machen“, sagte Ioreth und die alt bekannte Entschlossenheit war wieder in sie zurückgekehrt.
„Durch das Tor können wir nicht marschieren, doch dort drüben haben wir große Chancen mit einem Seil heil auf dem Hausdach zu landen. Schaffst ihr das?“, schlug Araloth vor „Und wenn wir uns dort unten verlieren, dann sucht sich jeder den schnellsten Weg raus aus der Stadt. Die Haupttore im untersten Ring werden kaum bewacht sein, wenn sie überhaupt noch stehen. Nehmt keine Rücksicht auf die anderen. Glück alleine wird uns dort unten helfen.“
Alle nickten zustimmend, sogar das alte Weib.
Ein Strick war im Handelsviertel schnell gefunden und ehe eine halbe Stunde vergangen war, stand Araloth bereits an der Brüstung und machte sich bereit in den unteren Ring zu klettern, die anderen hatten vor ihm zu folgen, allen voran Brianna.

Thorondor the Eagle:
Ein Bild des Grauens lag vor Elea. Rauchschwaden zogen durch die Gassen, die Mauern waren Rußbefleckt. Hinter manchen Fenstern loderten helle Flammen hinter anderen wartete das schwarze Nichts. Klageschreie, Schmerzensschreie und Kampfgebrüll erfüllte die ganze Umgebung. Im grauen Schatten des Toreinganges auf der anderen Seite der Straße entdeckte sie ein lebloses Bein. Es war kaum dicker als ihr Handgelenk und gehörte gewiss zu einem kleinen Kind. Für einen Moment war Elea froh nicht die leeren Augen und das blutverschmierte Gesicht des Leichnams zu sehen, doch in ihren Gedanken manifestierte sich die Vorstellung davon.
„Wohin sollen wir gehen?“, rief Elea hilflos.
„Da entlang, diese Gassen sind etwas abgelegen und für den Notfall gibt es viele Möglichkeiten sich zu verstecken“, befahl Ioreth und zeigt mit ihrem knochigen Finger auf einen düsteren Weg, zu dessen beiden Seiten sich Häuser wie Mauern aufbäumten.
„Bist du sicher?“, fragte Elea nochmals etwas misstrauisch.
„Ich lebe schon länger in dieser Stadt als du auf dieser Welt bist. Natürlich bin ich mir sicher“, entgegnete sie empört.

So schnell es der Gesundheitszustand der Alten zu ließ gingen sie die Passage entlang. An der Spitze ging Araloth und Brianna. An jeder Kreuzung erkundeten sie hektisch die Querstraßen, danach folgten die übrigen Getreuen die aus dem Gefängnis geflohen waren und den Abschluss bildeten Elea und Ioreth, welche den Arm um die Schulter der anderen gelegt hatte um sich zu stützen.

„Dort, am Ende des Weges müssen wir auf die Hauptstraße und so schnell wie möglich durch das Tor in den zweiten Ring. Hier ist es besonders gefährlich. Es sind die wohl gefährlichsten Engstellen auf unserem Weg nach unten“, ermahnte wieder die ortskundige Alte.
„Dann sollten wir uns Schwerter besorgen, oder andere Waffen“, betonte Araloth und begann sofort den Boden nach dergleichen abzusuchen, wobei er eigentlich nach Gefallenen Ausschau hielt. Noch ehe sie auf die Hauptstraße abbiegen musste, hatte jeder von den Männern ein Messer, Schwert oder eine Art Holzprügel in der Hand um sich notdürftigst zu wehren. Auf der Hauptstraße waren mehrere Soldaten zu sehen, die heftig mit anstürmenden Mengen zu kämpfen hatten. Zeitweise waren es auch andere Soldaten, aber hauptsächlich Menschen aus dem einfachen Volke.

Auf einen Satz und ohne großartig zu planen, lief die Truppe auf die Straße hinaus. Ihre Augen war nur auf den Durchgang gerichtet und er schien leer zu sein, doch die Menschen hinter ihnen hatten sie bemerkt und ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, stürmten sie auf sie zu. Araloth trug die Insignien Dol Amroths, Brianna eine öffentliche Anhängerin der Schwanenstadt und Elea eine Verrräterin. Vielleicht wurden sie gar nicht erkannt, doch trotzdem liefen die Menschen mit erhobenen Waffen auf sie zu.

„Los, lauft zum Tor hinaus“, brüllte der Diplomat. Er umfasste den Säbel den er von der Straße aufgelesen hatte und gab den Frauen die an ihm vorbeiliefen einen Deut. Auch Brianna musste er direkt in Richtung Tor drängen, denn ohne Bedenken wäre sie an der Seite ihres Geliebten geblieben. Nur die männlichen Flüchtlinge bildeten eine Front um die Angreifer abzuwehren.

Brianna ging direkt vor Elea. Immer wieder drehte sie sich um, als sie durch den kurzen, in den Fels gehauenen Tunnel ging. Sie erspähte nicht viel, bevor ihr die Dunedain befahl weiter zu gehen. Plötzlich drehte sie sich um und stieß Elea und Ioreth um.
„Brianna! Brianna! Bleib hier“, schrie sie und packte mit festem Griff die Hand ihrer Freundin.
„Lass mich… Lass mich aus“, presste sie lautstark heraus und schüttelte dabei die fremde Hand ab „Einmal schon hast du ihn mir weggenommen, aber jetzt lass ich es nicht zu. Verschwindet und lasst uns ein für alle Mal in Ruhe.“ Entgeistert sah Brianna in Eleas Augen. Es spiegelte sich eine unermessliche Aggression in ihnen, die augenblicklich auch in einem Gerangel geendet hätte, doch Ioreth hielt sie ab.
„Lass uns weitergehen. Sie werden uns schon nachkommen.“ Die Situation war angespannt, doch die Alte drängte und zog heftig am Arm der Dunedain.

Sowie Elea und ihre silberhaarige Freundin das Tor durchschritten hatten, verbargen sie sich in einer dunklen Gasse. Sie legten eine kurze Pause ein und ließen sich dabei die Wand entlang zu Boden gleiten.

„Lass uns auf sie warten“, bat Elea in der kurzen Rast.
„Egal was du machst, sie wird dir nicht verzeihen.“
„Aber warum nicht? Ich habe ihn befreit. Ich habe ihn gerettet.“
„Ja, du hast ihn gerettet damit er fliehen kann. Ohne ihr.“
„Das ist doch besser als der Tod am Galgen, oder?“, stellte Elea unsicher fest.
„Hier geht es um ihre Familie. Der Zorn einer Mutter ist ungebremst, wenn ihre Familie droht zu zerreißen.“
Verwirrt schaute Elea nun die Alte an: „Mutter… Brianna ist schwanger?“
„Es scheint wohl so.“
„Wenn es so ist, dann muss ich ihr helfen.“
„Du siehst doch, wie sie auf deine Hilfe reagiert. Die beiden werden ihren eigenen Weg finden und vielleicht geht sie mit ihm oder auch nicht. Ich werde es wohl nie erfahren, aber vielleicht du schon bald. Lass uns nun weitergehen und hoffen, dass wir durch das letzte Tor hindurch kommen.“

Vexor:
Wutentbrannt stolperte Brianna auf die Straßen und es dauerte einen Moment bis sie die Lage eruiert und sich einen Überblick über die überfüllte Hauptstraße gemacht hatte.

Am südlichen Ende der Straße, die von einer Statue Isildurs gekrönt, erspähte die Kräuterfrau die schwarzen Haare Araloths, welcher an der Seite von Paola kämpfte. Die Kurtisane bewegte sich flink wie eine Katze und wich so den Angriffen der tosenden Menge geschickt aus, nur um kurz darauf ihnen mit ihren zwei Dolchen die Kehle durchzuschneiden.
Ein lautes Krachen riss Brianna aus ihrer Trance und sie sah wie tausend glühender Funken in den Himmel gestoßen wurde. Bei einem der Häuser, welche die Straße an den Seiten säumte, war unter ohrenbetäubenden Lärm der Dachstuhl eingebrochen und eine Staubwolke legte sich wie ein Sterbetuch über die blutbefleckten Pflastersteine.
Brianna hustete und mit tränenden Augen suchte sie nach einer Waffe, die ihr dienlich war, um ihren Geliebten und ihrer Freundin beizustehen, jedoch waren Staub und Asche so stark, dass kaum etwas zu sehen war.

Im nächsten Moment zuckte ein stechender Schmerz durch ihr Gesicht und stöhnend ging sie zu Boden. Jemand hatte ihr einen Kinnhaken verpasst, der sie zu Boden beförderte. Orientierungslos tastete sie über den Boden und fasste in etwas Warmes…es war Blut.
Die offenen Augen des alten Mannes starrten sie vorwurfsvoll und mitleidig an, während ihm Blut aus der Hauptschlagader quoll, wie aus einen der vielen Springbrunnen, die in den Kräutergärten der Heilhäuser gestanden hatten.
Fassungslos starrte sie in diese wunderschönen grünen Augen und sie sah, wie der Mann sein Leben aushauchte und wie seine Seele empor stieg durch Rauch und Asche, sich nicht einmal mehr umdrehend, um dieser verrückten Welt zu entschwinden. Instinktiv ergriff sie das rostige Schwert, welches in seiner leblosen Hand lag und rappelte sich auf. Araloth und Paola wurden immer weiter Richtung Statue gedrängt. Jedoch sah sie eine kleine Lücke, die sich aufgetan hatte und eilte ihnen zur Hilfe.

Sie spürte es nicht, aber unzählige Tränen liefen ihr über das Gesicht, als sie etwas unbeholfen mit erhobenem Schwert auf die Menge zu rannte, die sich um Araloth und Paola gebildet hatten. Eine Frau, dessen Gesicht Schmutz bedeckt war, drehte sich gerade in dem Moment um als Brianna zum Schlag ausholte und so hielt sie mitten im Schlag inne. Sie erkannte eine ehemalige Kundin von ihr, die fast wöchentlich in ihren Kräuterladen gekommen war, um Drachenwurz für ihren Sohn zu kaufen, der an Schwindsucht litt.
Die Frau nutzte das Zögern Briannas aus und stürzte sich, mit einer rostigen Schere bewaffnet, auf sie. Brüllend takelte sie Brianna zu Boden und schlug ihr das Schwert aus der Hand. Blind vor Wut ließ sie die Schere auf die braunhaarige niederfahren. Jene drehte sich so gut zur Seite, wie es die Situation zuließ und schrie auf vor Schmerz.
Die Schere hatte sich tief in ihren rechten Unterarm gebohrt, doch die Frau saß nicht mehr auf ihr.
 Sie blickte auf und erkannte Araloth, der sie ernst anblickte. Unschlüssig wanderten ihre kastanienbraunen Augen von Araloth, über sein Schwert, von dem frisches Blut tropfte, zu der leblosen Gestalt die neben ihr lag. Ein hohes Kreischen entfuhr ihren Lippen als sie erkannte, dass Araloth der Frau den Schädel gespalten hatte.
„ Was machst du hier“, raunte er sie böse an, während er sich bereits umdrehte, um einen anderen Angriff zu parieren, „ Ich dachte du wärst mit Ioreth und Elea schon verschwunden!“.

Irritiert blieb sie stumm, zog sich die Schere unter einem Ächzen aus dem Unterarm, und stieß sie sofort einem Angreifer in die Magengegend, welcher zusammenknickte.
„ Araloth“, keuchte Paola, deren karmesinrotes Kleid an vielen Stellen zerrissen und schmutzig war, „…wir müssen hier weg. Es sind einfach zu viele und irgendwie scheinen sich jetzt alle auf uns zu konzentrieren!“
Graziös, als wäre es ein Tanz, wich sie einen Schritt zurück, brachte einen Angreifer zum stolpern und ließ ihren Dolch in seinen Nacken fahren.
Der Diplomat Dol Amroths blickte die Kurtisane lange und durchdringend an, sie verstand sofort und nickte. Ebenfalls nutzte er den Augenblick packte Brianna an den Schultern, welche ihn verstört anblickte und wisperte aufgeregt: „ Brianna egal was passiert, wenn ich sage renn wirst du rennen. Egal ob Paola oder ich dir folgen. Nimm den Weg, den Ioreth und Elea nehmen wollten und versteck dich, falls du Angreifer siehst. Hast du mich verstanden...HAST DU MICH VERSTANDEN?“, brüllte er zum Schluss.
Völlig aufgelöst nickte Brianna und als Paola Deckung rief, schlug sie die Hände vors Gesicht und ließ sich von Araloth zur Seite zerren.

Als sie die Augen öffnete war alles was sie sehen konnte Feuer und alles was sie fühlte war eine unglaubliche Hitze, die sich um sie herum ausbreitete. Nach und nach fühlte sich das Puzzle ihre Sinnesorgane und sie hörte die schmerzverzerrten Schreie von Menschen und roch den fauligen Geruch verbrannten Fleisches. Augenblicklich blitzen mehrere Bilder jener Nacht auf, in der sie zusammen mit Rhia ihr Gut in Thal verteidigt hatte…derselbe Geruch, dasselbe Geschrei.
Panisch blickte sie sich um, fühlte aber nur, wie man sie an der Hand packte und über die Straße zerrte. Erst als der Druck nachließ traute sie sich die Augen zu eröffnen und blickte in die meergrauen Augen ihres Geliebten.

Das Glücksgefühl hielt nur einen Moment an und wich Panik und Schmerz und leise wimmerte sie:
„ Wo ist Paola?! Geht es ihr gut?!“.
Araloth nickte nur stumm und legte ihr die Finger auf die Lippen. Früher hatte sie seine Berührungen genossen, wenn sie sich im Anschluss geliebt hatten und ihre Finger über seinen muskulösen Körper glitten und sie sich so Nahe waren, wie sie noch keinen Menschen auf dieser Welt gewesen war.
Brianna schaffte es nur einen Blick zurück zu werfen und sie sah, wie mehrere Jugendliche Seile um die Statue gewickelt hatten und sie mit einem Ruck aus ihren Sockel hoben. Krachend stürzte die weiße Gestalt Isildurs zu Boden und zerbarst in seine Einzelteile. Von Paola keine Spur.

Brianna wollte protestieren, aber Araloth zog sie vehement und unnachgiebig durch die Straßen. Als im Schatten der Gasse verschwanden, kullerte der Kopf Isildurs die blutgetränkte Straße hinab. Ein roter Teppich, der das Ende jeglicher Ordnung und des Friedens bedeutete.

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