Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Minas Tirith
Die Straßen von Minas Tirith
Thorondor the Eagle:
Das schlechte Gewissen plagte Elea stark. Sie hatte Brianna denselben Schmerz zugefügt wie sie ihn einst selbst erleiden musste. Auch sie hatte Haldar ziehen lassen und nie wieder gesehen. Was wenn ihre Freundin dieselben Höllenqualen durchleben musste und sie ihn heute ein letztes Mal in den Arm nehmen konnte ohne es zu wissen.
Elea erinnerte sich gut an ihren letzten Kuss mit Haldar. Sie spürte die warme Träne noch auf ihrer Wange und die rauen Lippen auf den ihren. Es war ein kühler Herbsttag und die goldenen und braunen Blätter segelten langsam von den Kronen herab.
„Was ist das?“, brüllte plötzlich Ioreth „Los schnell, wir müssen in das Haus!“ Nun hörte auch Elea das nahende Grollen und Brüllen einer Menschenmasse. Elea nahm ruckartig den Arm der Alten von ihren Schultern und probierte eine der Türen zu öffnen, die abwechselnd zu ihrer Rechten und Linken waren. In einem kleinen einstöckigen Haus hatte sie Glück und im Handumdrehen holte sie Ioreth hinter her. In der Herberge war es stockdunkel und nur vorsichtig tappten sie von Möbelstück zu Möbelstück. Elea fühlte eine Türe die in einen kleinen Raum führten, vermutliche eine Vorratskammer. Darin verbargen sie sich in der Hoffnung unentdeckt zu bleiben.
Die Frauen hörte wie jemand unter lautem Krachen die Türe aufschlug. Sie durchstöberten die wenigen Räume des Hauses. Den beiden Frauen blieb das Herz stehen und sie schienen kaum noch zu atmen. Jeder Laut den sie von sich gaben war einer zu viel. Elea verfolgte den umherwandernden Schein der Fackeln der durch den Türspalt fiel und in fließender Bewegung den Raum ausleuchtete. Doch dann blieb der rötlich-orange Streifen plötzlich stehen. Er bewegte sich keinen Millimeter nach links oder rechts.
Pure Angst ließ die beiden zu lebenden Statuen erstarren. Elea glaubt Schritte zu hören, die sich langsam aber konstant auf ihr Versteck zu bewegten. Doch plötzlich war es still und beiden schien ein Stein vom Herzen zu fallen, bis ein Knistern laut wurde. Und erst jetzt wurde den Frauen klar, dass der orange Schein nach wie vor das Haus erhellte.
„Sie haben es angezündet!!“, schrie Elea laut und riss die Türe auf. Auf dem Fußboden neben dem Tisch lag eine zerschlagene Öllampe und rund herum brannte es lichterloh. Auch von der anderen Seite, wo eine Art Bett stand, schlängelten sich die verschlingenden Flammen den Boden entlang. „Los komm! Wir müssen schnell zur Tür hinaus“, befahl Elea und zog an der Hand ihrer Freundin.
Geschickt hüpfte Elea über die sich schließende Feuerwand in Richtung Tür, doch Ioreth konnte nicht. Mit ihren bloßen Füßen stieg sie in das tosende Flammenmeer und versengte sich Kleidung und Haut.
Mit ihrem ganzen Gewicht warf sich Elea gegen das verschlossene Tor und stürzte samt ihm auf die offene Straße. Die Alte folgte ungewollt. Der starke Rauch ließ die beiden laut Husten.
„Ha Ha Ha! Da sieh einer an, welch Ungeziefer ich ausgeräuchert habe“, hörte Elea einen Mann sagen. Er war hoch gewachsen, hatte schwarzes krauses Haar und eine dunkle Hautfarbe. Er ging auf die beiden zu und erhob seine mit Blut überzogene Klinge. „Nur Ungeziefer!“, betonte er nochmals und Herzlosigkeit lag in seinen beinahe schwarzen Augen. Verzweifelt griff Elea um sich und ertastete einen abgesplitterten Holzpfosten der Türe. Sie winkelte ihren Arm an und rammte ihn mit aller Kraft die sie aus dem Liegen aufbringen konnte in den Oberschenkel des Angreifers. Er durchbohrte sein Fleisch und augenblicklich quoll purpurrotes Blut aus seiner Hohlwehne. Es war der Schmerz, der ihn zu Boden gehen ließ und die Dunedain rettete.
Sie keuchte unaufhörlich und unter Schock stehend richtete sie sich auf. Die Haut des Verletzten nahm einen unnatürlichen Grauton an als er unaufhaltsam verblutete. Elea nutze den Moment und entriss die Klinge seinen Händen.
„Ioreth! Ioreth!“, stieß es ihr herauf „Geht es dir gut? Wir müssen schnell weiter. Zum Schluss kommen seine Freunde wieder zurück.“
Ohne viel Rücksicht zu nehmen zerrte sie die Alte an der Hand, doch diese konnte kaum auf Ihre Fußsohlen steigen. Elea stütze sie so gut sie konnte, deshalb kamen sie nur sehr schleppend voran.
„Wohin sollen wir nun?“, fragte sie verzweifelt, aber Ioreth konzentrierte sich nur noch auf ihren Schmerz, anstatt den Weg zu weisen.
Es dauerte sehr lange, bis sie die nächste Gasse verließen, doch sah Elea von dort aus schon das Tor in den ersten und untersten Ring. Einerseits war sie erleichtert, doch andererseits wurde ihr bewusst, welcher Weg noch vor ihnen lag und vor allem, wie sollte Ioreth jemals mit solch verletzen Füßen bis nach Lossarnach kommen?
Thorondor the Eagle:
Behutsam lehnte sich Ioreth gegen die Mauer eines bereits verlassenen Hauses. Sie gab Elea die nötige Zeit sich kurz umzusehen, um zu überprüfen, ob die Hauptstraße frei war. Der Schmerz war unerträglich für die Alte. Bei jedem Schritt trieb es ihr den Schmutz der Straßen in die Brandwunden. Es fühlte sich an als würde sie über glühende Nägel laufen. Langsam ließ sie sich zu Boden gleiten.
Elea kam zurück und in jenem Moment dachte sie ein Geist saß vor ihr. Das silberne Haar war zerrüttet und hatte sich durch den Schweiß und Schmutz zu dicken Strähnen verfangen. Ihr bleiches Gesicht war eingefallen und faltig und doch zeichnete sich ein leicht zufriedenes Lächeln auf ihren Lippen ab. Ihre Augen waren geschlossen. Ihre Beine waren nur noch Haut und Knochen und ihre Füße kohlrabenschwarz von rubinroten Blutfurchen durchzogen.
„Ioreth!“, begann sie leise zu flüstern „Glaubst du, du schaffst es noch bis an die Stadtgrenze?“
Sie nickte nur und hielt ihr eine Hand entgegen mit der Bitte ihr aufzuhelfen. Für Elea war es nicht schwer, denn die Alte hatte nur noch wenig Gewicht.
„Los, lass uns gehen wenn die Straße frei ist“, befahl sie leise und seufzte hinterher.
Es waren kaum zwei Schritte die sie zurück gelegt hatten, ehe die Alte wieder zu Boden fiel. Sie lag am Rande der Hauptstraße, gut sichtbar für vorbeilaufende.
Schockiert blickte Elea links und rechts. Gott sei dank war keiner in der Nähe: „Ioreth! IORETH! Steh auf. Wir müssen weiter!“ Hastig zog sie an der Kleidung der Gestürzten, doch diese rührte sich kaum.
„Es tut so höllisch weh“, klagte sie und Schmerzenstränen quollen aus ihren Augen.
„Ich weiß. Bitte, bitte steh auf“, flehte Elea und sie begann auch zu weinen. Sie stellte sich vor wie Ioreth hier auf der Straße sterben würde, ob durch feindliche Klingen oder ihrem Alter und der Qual erliegend.
Und da, im Schatten des gegenüberliegenden Hauses bewegte sich etwas. Zuerst bemerkte es Elea nicht, doch dann hörte sie das leise aneinander reiben zweier Schwertklingen. Ein merkwürdiges Gurgeln hallte zu ihr und dann ein lautes Kreischen. Die Dunedain blickte in die gelben Augen eines Orks. Er hatte zwei Krummsäbel in den Händen und bewegte sich langsam und gezielt auf die beiden zu.
„Ein Ork!“, sagte Elea leise zu Ioreth und umklammerte dabei fest das Schwert des Toten. Sie erhob sich und hielt es drohend in Richtung ihres Feindes. Die Tränen kullerten nach wie vor aus ihren Augen.
Begierig leckte sich der Ork über die Lippen und nuschelte kaum verständliche Worte in sich hinein. Mit einem Satz sprang er auf sie zu. Mit einer Klinge zielte er auf ihr Schwert und mit der anderen auf Elea’s Kopf. Sie wusste nicht, wie sie ihn am besten abwehrte und blieb starr stehen, nur das Schwert in ihrer Hand zitterte unkontrolliert.
Plötzlich ohne Vorwarnung riss es ihren Feind zur Seite. Er zappelte auf dem Boden und griff sich auf die Brust, aus der das Gefieder eines Pfeiles herausragte. Erschrocken schaute Elea die Straße hinauf und ein Stein fiel ihr vom Herzen, als sie ihrem vertrauten Beregond in die Augen sah.
„Elea!“, brüllte er förmlich und eilte zu ihr. Ein Soldat aus seinem Gefolge durchschnitt die Kehle des Orks und sie durchsuchten die Ansätze der Nebengassen nach weiteren.
„Ich brauche deine Hilfe, Beregond. Besser gesagt wir brauchen sie“, sagte Elea. Erst jetzt erkannte der Soldat die Frau auf dem Boden.
„Was ist mit dir, Ioreth?“, platze es aus ihm heraus und er beugte sich über ihren Kopf.
„Wir müssen sie aus der Stadt bringen, doch sie kann kaum noch gehen“, übernahm wieder die Dunedain.
„Warum aus der Stadt?“, fragte er verwirrt.
„Weil!“, wisperte Ioreth „Weil ich nachhause möchte.“
Die Tränen standen ihr nach wie vor in den Augen. Ohne nach einem weiteren Grund zu fragen, nahm Beregond seine Verbündete auf die Arme und trug sie aus der Stadt hinaus. Der Weg durch den untersten Ring war einfach im Vergleich zum bisherigen. Mit Beregond und seinen Soldaten an der Seite hatte Elea und ihre alte Freundin nichts zu befürchten.
Lange nachdem sie das Tor durchschritten, das ihnen die Weiten des Pelennor eröffnete, hielten sie. Zu ihrer Rechten erhob sich in stolzer Pracht das weiße Gebirge. In ihrem Hintergrund lag Minas Tirith. Die unteren Ringe standen in Flammen und die Mauern waren unbewacht. Das Mondlicht bahnte sich nur schwer einen Weg durch die dunkle Wolkendecke.
„Hier, setz ich dich ab Ioreth. In dem kleinen Bach kannst du deine Füße abkühlen und reinigen“, sagte Beregond und setzte sie in die schwarze Wiese.
„Ahhh“, schnaufte sie erleichtert und nahm einige Hände voll um auch ihren Durst zu stillen „Das wir das noch schaffen hätte ich nicht geglaubt.“
„Mussten wir doch“, antwortete Elea und sie lächelte dabei geplagt.
Plötzlich hörte Elea ein lautes Johlen aus der Stadt und sie drehte sich schleunigst um. Sie ging einige paar Schritte nach vor und beobachtete Minas Tirith. Sie sah, wie sich die Flammen langsam nach oben bewegten. Scheinbar haben die Aufständischen das Tor in den vierten Ring durchbrochen. Entgeistert verharrte ihr Blick als ihr jemand auf die Schulter griff.
„Ioreth möchte mit dir sprechen.“
„Sieh nur, der vierte Ring… er steht in Flammen.“
Beregond nickte: „Tore und Mauern können die Unterdrückten nicht mehr aufhalten. Herumor sollte sich in Acht nehmen.“
Elea sah Beregond’s Profil an. Sein Blick war starr auf die Stadt gerichtet. Groß und edel wirkte er in diesem Moment, doch die Wut stand ihm auch ins Gesicht geschrieben.
Elea, Beregond und Ioreth zum Weg ins Weiße Gebirge
Vexor:
„ Araloth bitte, lass uns eine Pause einlegen, mein Arm tut weh“, beklagte sich Brianna, deren olivfarbenes Hemd an der rechten Seite schon pechschwarz und triefend vor Blut war.
Als Araloth sich umdrehte trafen sie seine harten, unbeugsamen Augen, die sie bisher noch nicht gekannt hatte. Jener Blick verflog dennoch schnell, als er ihr müdes Gesicht erkannte, welches voll Schmutz und Blut war.
„ Aber natürlich Schatz“, wisperte er und gemeinsam verließen sie die Straße und öffneten die Tür zu einem Haus, in dem die Tür schief hing. Offensichtlich hatte man versuch sich gewaltsam Eintritt zu verschaffen.
Briannas Befürchtung bewahrheitete sie sich, als Araloth die Tür gewaltsam auftrat. Tische und Stühle des kleinen Ess- und Wohnzimmers waren umgeworfen worden. Ein hohes Krachen war zu hören, als die beiden in die Wohnung traten. Diffuses Licht fiel durch die Tür herein und was Brianna zunächst für einen glänzenden Fußboden gehalten hatte, entpuppte sich als Glasscherben von zerbrochenen Lampen, Gläsern und Porzellan.
Brianna bückte sich und fuhr nur wenige Millimeter über den Boden mit den Fingerkuppen über das Scherbenmeer. Vorsichtig hob sie eine größere Scherbe auf, die sich als Reste eines Tellers herausstellte. Die Kräuterfrau konnte einen dunklen Fleck ausmachen, da der Teller anscheinend bemalt war, aber das Licht war zu dunkel.
Als hätte Araloth ihre Gedanken vernommen entzündete er eine Kerze, die er auf einer kleinen Anrichte gefunden hatte und erfüllte somit den winzigen Raum im schwachen Kerzenlicht. Dennoch blieben für Brianna die Konturen im schwachen Licht undeutlich. Sie konnte weiße und dunkelblaue oder schwarze Teile wahrnehmen. Plötzlich spürte sie einen Druck an der rechten Schulte und erkannte sofort Araloths kräftige Hand, der sich über sie beugte. Er seufzte laut.
„ Das…stellt das Wappen Dol Amroths dar. Ich erkenne es sogar hier im Halbdunkel. Dort siehst du noch den Bug des weißen Schiffes und des Schwanenkopfes auf dunkelblauen Hintergrund“.
Seine Stimme war voller Melancholie und Brianna drückte es schwer aufs Herz, ihren Geliebten so verletzt zu sehen.
„ Hier müssen wohl Anhänger Dol Amroths, oder Leute aus der Stadt gewohnt haben“, stammelte Brianna, die nicht genau wusste, was sie sagen sollte. Behutsam legte sie den Teller zurück zu den anderen Scherben und richtete sich langsam auf. Im Kerzenschein flackerten die meergrauen Augen Araloths und sie erkannte, dass er den Tränen nahe war.
„ Ach Schatz“, sagte sie und streichelte ihm über die Wange, bevor sie ihn liebevoll küsste.
„ Ist schon okay Liebes“, erwiderte er niedergeschlagen und begutachte die tiefe Wunde an Briannas Oberarm.
„ Hmm das sieht nicht so gut aus“, flüsterte er mehr zu sich selbst als zu Brianna, „ Ich habe leider nichts zum desinfizieren da, aber ich werde dir einen Druckverband anlegen!“
Er stand auf und streifte sich das weiße Hemd ab und riss einen langen Streifen heraus, den er fest um Briannas Arm band.
„ Du musst es aber schnell rei-“, setzte Araloth an, doch Brianna würgte ihn ab, indem sie ihn den Finger auf die Lippen legte.
Mit einem liebevollen Lächeln auf den Lippen sagte sie, „ Wer ist denn hier die Kräuterfrau Schatz?“.
Auf einen tiefen Schluchzer folgte ein lauthalses Lachen Araloths, welches von einem Kuss Briannas erstickt wurde.
Hastig sprang sie auf und packte Araloth an den Händen. „Komm mit…und vergiss die Kerze nicht!“, forderte sie ihn auf, bevor sie mit ihm die Treppe hinaufstieg. Ihren Instinkt folgend fand sie auf Anhieb das Schlafzimmer, welches unversehrt schien.
„ Brianna was machen wir hier?“, fragte der Diplomat aus Dol Amroth vollkommen irritiert.
„ Psst“, zischte Brianna und fing an Araloth innig zu küssen. Sie stieß ihn aufs Bett und legte sich auf ihn. Ihre Hände fuhren über seinen nackten Oberkörper. Die feinen schwarzen Härchen auf seiner Brust, wie am unteren Bauch kitzelten sie leicht. Als sie anfing seine Brustwarzen zu küssen und ihn über die ausgeprägten Bauchmuskeln zu streicheln.
„ Hier…jetzt“, keuchte Araloth, der die Anspannung kaum noch zurückhalten konnte?
Sie hob langsam den Kopf und nickte, während sie sich vorbeugte und ihn ins Ohr flüsterte, „ Ich möchte dir noch einmal ganz nahe sein. Dich noch einmal in die Arme schließen, bevor wir dieses Haus verlassen. Hinaus gehen auf die Straße, wo uns Hass und Tod entgegen treten, die uns entzweien wollen. Ich möchte dich hier und jetzt noch einmal lieben, denn dies könnte die letzte Gelegenheit sein!“.
Araloth nickte, drehte Brianna zur Seite und fuhr ihr durchs schokobraune Haar.
„ Ich liebe dich Brianna. Ich liebte dich seit unserer ersten Begegnung. Nie wieder möchte ich von dir getrennt sein.“
Brianna lächelte mitleidvoll und sie unterdrückte die Tränen, die ihr in die Augen stiegen.
„ Ich weiß mein Schatz, aber wir müssen voneinander getrennt sein, damit wir zusammen sein können“, flüsterte sie, „ aber dieser Moment liegt noch fern, lass uns im Hier und Jetzt verharren!“.
Araloth nickte und lockerte den Verschluss seines Gürtels und zog sich aus.
Brianna hatte sich dicht an Araloth geschmiegt und spielte mit seinen Brusthaaren. Immer wieder zwirbelte sie, bevor sie sie wieder sorgfältig glättete. Sie konnte seinen Herzschlag vernehmen. Sie wirkten wie eine Einheit, wie sie splitterfasernackt auf dem Bett lagen. Dicht ineinander verschlungen, die Zeit überdauernd.
Araloth räusperte sich und Brianna blickte ihn mit freudestrahlenden Augen an.
„ Brianna…“, setzte er an, aber ihn versagte die Stimme.
„ Ja..?“, forderte sie ihn auf, seinen Satz zu beenden.
„ Willst du meine Frau werden?“.
Brianna schluckte, „ Ich bin schwanger…“
Ein lautes Poltern im unteren Geschoss ließ die beiden Hochschrecken und panisch blickten sie sich an.
Vexor:
Jetzt bin ich schon zwei Wochen unterwegs und ich kann ihren Anblick immer noch nicht vergessen…Ich vermisse sie einfach so wahnsinnig
Um nicht mehr an ihre verstorbene Freundin denken zu müssen, raffte sich Brianna auf und schob die schweren Vorhänge zur Seite. Blutrot schimmerte der Horizont und sie erspähte, wie sich die Sonne schwer hinter dem weißen Gebirge niedersenkte. Sie entzündete ein paar Kerzen und betrachtete sich im Spiegel.
Unter ihren braunen Augen zeichneten sich tiefe, schwarze Furchen ab. Sie hatte in den letzten Wochen kaum geschlafen. Immer wenn sie die Augen schloss hörte sie wieder die Schreie der Ostlinge und sie vernahm den Geruch der verbrannten Haut. Obwohl sie diese Erinnerungen immer noch mehr schätzte, als der Anblick Rhias auf dem Totenbett.
Mit kühlen Wasser, welches ihr die Besitzerin der Herberge aufgefüllt hatte, wusch sie ihr Gesicht und flocht ihre Haare zu einem Pferdeschwanz.
Vielleicht bringt mich ein Spaziergang auf andere Gedanken.
Die Stufen knarrten als sie hinabstieg, um die Herberge zu verlassen. Die Besitzerin, eine alte Frau um die Sechzig, döste in einem kleinen Schaukelstuhl. Neben ihr eine halbleere Flasche Portwein.
Leise öffnete Brianna die Tür, aber auch sie gab ein bitterliches Knarren von sich, welches bewirkte, dass sich die alte Frau verschluckte und erschrocken aus dem Schaukelstuhl auffuhr.
„Kindchen jetzt haben sie mich aber erschreckt“, röchelte die Alte und setzte sich wieder bequem hin. Es dauerte einen Moment bis sie die Lage verstanden hatten.
„ Sie wollen doch jetzt nicht etwa um die Zeit noch nach draußen?“, skeptisch musterte sie Brianna, „ Immerhin gibt es in der Gegend hier Wölfe und in diesen Tagen weiß man sowieso nie, wen oder was man in den Wäldern antrifft. Weiter östlich hier ist das Gut des alten Beorn. Seltsamer Zeitgenosse, wenn Sie mich fragen. Viele hier in der Gegend schätzen ihn, aber ich konnte ihn noch nie wirklich leiden. Wie das Leben so spielt nicht war….“
Brianna hörte geduldig zu, wie sich die Alte über dieses und jenes beschwerte, obwohl sie kein Wort behielt, dass ihr die Frau zutrug. Nach einer Viertelstunde höflichen Nickens und ab und zu eines Aha‘s und Achso‘s, gestattete ihr die Alte unter der Bedingung zu gehen, dass sie in spätestens einer halben Stunde wieder zurück sei, da sie dann die Herberge abschließen wollte.
„ Nicht, dass dieser Beorn kommt und ihnen den Portwein wegtrinkt“, scherzelte Brianna und die Alte lachte lauthals auf und nickte. Brianna musste unweigerlich an eine alte Krähe denken.
Die kühle Nachtluft umspülte sie und drang in jede einzelne ihrer Poren ein. Die Herberge lag auf einen kleinen Hügel und Brianna musste ein paar Minuten gehen, um dem Schein der erleuchteten Fenster zu entgehen.
Nach kurzer Zeit vernahm sie das Plätschern eines kleinen Baches, der an beiden Seiten von Bäumen und Sträuchern gesäumt war.
Sie atmete tief ein und schritt auf den Bach zu. Er war nicht sonderlich breit. Hätte Brianna Anlauf genommen, sie hätte es wohl in einem Sprung auf die andere Seite geschafft. Jedoch war er tief. Brianna nahm einen Stock, der am Ufer lag, und versuchte den Grund des Baches zu ertasten. Erst als sie Handgelenktief ins Wasser gelangt hatte ertastete sie Steine am Grund des Baches. Das Wasser wäre Brianna wohl bis zum Bauchnabel gegangen.
So entschied sie sich lediglich die Füße ins kalte Nass zu tauchen und der Stille der Natur zu lauschen.
Ihre Ruhe wurde von herannahendem Hufgetrappel gestört. Erschrocken sprang Brianna auf, nahm ihre dünnen Schuhe und versteckte sich im Schatten des Waldes.
Sie erspähte ein dunkelbraunes Ross, welches ein großer, athletischer Mann an einem Baum festband.
„ Ruhig Laslo“, flüsterte er ihm zu, „ gleich können wir weiter!“.
Brianna stockte der Atem als sie sah, wie sich der Mann seiner Sachen entledigte und sie achtlos ans Ufer warf.
Sie musterte ihn ganz genau und errötete. Ihre Augen ertasteten jedes Detail seines Körpers ganz genau. Von seinen kräftigen Waden, über seine muskulösen Beine, über sein Geschlecht bis hin zu seinem kantigen mit leichtem Bart besetzten Gesicht. Er hatte seine schulterlangen, schwarzen Haare zu einem Zopf gebunden.
Langsam stieg er ins Wasser und wusch sich genüsslich ab. Brianna war außer Stande sich zu bewegen und starrte unerlässlich auf den nackten Fremden. Noch nie zuvor hatte sie einen Mann nackt gesehen.
Schlussendlich fand sie doch den Mut sich zu bewegen und versuchte leise davon zu stapfen. Doch ungeschickt stieg sie auf ein paar trockene Äste und erschrocken drehten sich beide um. Brianna, weil sie sehen wollte, ob der Fremde sie gesehen hatte, Araloth, weil er dachte ein Angreifer wäre in der Nähe.
Als sich ihre Blicke trafen setzte der Fremde ein verschmitztes Lächeln auf.
„ Laslo ich wusste gar nicht, dass wir beobachtet werden“, rief er dem Ross zu, welches schnaubte.
„ Junge Dame ich finde es jetzt aber schon ein wenig traurig. Wenn ich ein Etablissement besuchen würde, um Frauen zu sehen, dann müsste ich Geld bezahlen. Wie sieht das mit jetzt mit Ihnen aus?“, entgegnete er ihr süffisant.
Brianna versagte die Stimme, sie konnte nur ungläubig auf den Mann starren der gerade aus dem Wasser stieg und ihr Blick wanderte unweigerlich nach unten.
Jener folgte ihrem Blick und lächelte ihr verstohlen zu. Sofort fing Brianna an zu stammeln und brachte nur ein „ Entschuldigung“ heraus.
Der Mann lächelte ihr immer noch verstohlen zu und ließ sich sichtlich Zeit sich abzutrocknen und eine Hose überzustreifen. Nachdem er Hose und Stiefel angezogen hatte, das Hemd hatte er absichtlich weggelassen, brachte Brianna immer noch kein Wort heraus.
Der Fremde ergriff erneut die Initiative, „ So wie klären wir das jetzt mit der Bezahlung? Im Übrigen mein Name ist Araloth und ihrer?“.
Brianna nickte höflich und weil ihr nichts anderes einfiel streckte sie ihm die Hand zum Gruße aus und wisperte, „ Brianna aus Thal.“
Im selben Moment hätte sich Brianna für ihre peinliche Darbietung am liebsten ohrfeigen können, doch Araloth nutzte die Chance, ergriff die Hand und zog die Frau aus Thal zu sich.
„ Brianna welch ein schöner Name, aber noch viel schöner sind deine Augen“, flüsterte er ihr verführerisch zu, während er sich fester an sie schmiegte.
Die Frau aus Thal war wie Wachs in seinen Händen. Einfach alles an diesem Mann fand sie anziehend und so gab sie sich ihm hin, als seine Lippen näher kamen und die ihren bedeckten.
Die Zeit schien still zu stehen, als Araloth sie küsste. Nach einiger Zeit fand sie die Beherrschung über ihren Körper zurück und löste sich aus Araloths Armen. Sie fuhr sich noch einmal über die Lippen bevor sie wieder zurück zur Herberge sprintete.
„ Du bleibst hier und rührst dich nicht vom Fleck“, schärfte Araloth ihr ein, zog sich schnell seine Hose über und ergriff ein Schwert. Langsam und Schritt für Schritt stieg er die Treppen hinab und gelangte zurück ins Wohnzimmer. Es dauerte einen Moment bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, doch es dauerte nicht lange bis er den Ursprung des Lärms ausfindig gemacht hatte.
Zwei wimmernde und schluchzende Gestalten kauerten in der Ecke. Araloth rief Brianna herbei, die, bereits angezogen, mit der Kerze in der Hand zu im trat.
Als das Licht den Raum erhellte erkannten die beiden, dass die Gestalten, die den Lärm verursacht hatten, zwei Kinder waren, wohl um die fünf bis sieben Jahre.
Die ältere von beiden hob abwehrend die Hände in die Luft, als Araloth und Brianna auf sie zutraten.
„ Nehmt mich, aber verschont meinen Bruder. Er ist doch erst fünf Jahre alt“, schluchzte sie.
Araloth schüttelte nur irritiert den Kopf und machte noch einen Schritt auf sie zu, da er die beiden trösten wollte, doch das Mädchen schrie nur auf und umklammerte ihren kleinen Bruder.
„ Araloth…das Schwert“, raunte Brianna ihn an und als Araloth ihre Intention verstand war er das Schwert, welches er bis zu diesem Moment hoch erhoben in der Hand gehalten hatte, weg als wäre es etwas Giftiges.
„Ruhig“, flüsterte Brianna und stieg zu den beiden, um ihnen beruhigenden über den Kopf zu tätscheln. „ Ganz ruhig es wird euch sicherlich nichts mehr passieren.
Araloth war inzwischen aus dem Haus gegangen, um die Lage in der Straße zu eruieren. Er kam mit weit aufgerissenen Augen wieder rein.
„ Brianna ich hol noch schnell unsere Sachen von oben, dann müssen wir weiter. Da kommt plündernd und brandschatzend eine Horde Orks. Sie stecken einfach wahllos jedes Haus in Flammen!“
Brianna nickte nur und schaute den beiden Kindern in die Augen. Jene nickten ebenfalls stumm und zu viert verließen sie das Haus.
Die Orks hatten sie nicht bemerkt und so rannten sie die Straße hinab.
Die Alte fummelte gerade am Schloss herum als Brianna außer Atem an der Herberge an kam.
„ Und ich dachte schon ein Wolf hätte Sie hübsches Ding gefressen“, feixte die Frau und bedeutete ihr einzutreten.
Wortlos trat sie ein, rannte die Treppe hinauf und schloss die Tür hinter sich, als sie ihr Zimmer betreten hatte. Sie atmete tief ein und verdaute erst einmal das Geschehene, bevor sie sich aufs Bett legte und einschlief.
Brianna, die beiden Kinder an der Hand, rannte Araloth hinterher, der sich immer zuerst vergewisserte, ob die Straße oder Gasse auch rein war, bevor sie sie wählten.
Sie kamen an einem Haus vorbei, welches erst vor kurzem in Brand gesteckt worden war und entdeckten getötete Orks davor.
Das Mädchen quiekte kurz auf und drückte sich fest an Brianna.
„ Ist das jetzt gut oder schlecht für uns“, fragte die Kräuterfrau Araloth, der sich besorgt umdrehte.
„ Ich weiß es nicht. Momentan gibt es glaube ich nur schlechte Varianten“, erwiderte Araloth und die Ausweglosigkeit ihrer Situation zauberte den beiden ein paradoxes Lächeln auf die Lippen.
„Wenn wir der Straße hier folgen kommen wir zum Haupttor, wodurch wir fliehen können…“, er zögerte kurz, „wodurch ich fliehen kann.“ Und seine Stimme hörte sich traurig an, als er die Worte aussprach.
Brianna blickte nur wortlos auf die zwei Kleinen, die sich an sie schmiegten und Araloth nickte. Sie ging kurz in die Hocke.
„ Na ihr?“, sagte sie mütterlich, „ Wie heißt ihr denn überhaupt? Ich bin Brianna und der Mann da ist Araloth“. Brianna schenkte ihnen das aufrichtigste Lächeln, das ihre Situation hergab. Von überall her, war Schlachtgetümmel zu hören und die Stadt leuchtete hell. Der Himmel war wie ein Grabstein, der über der Stadt und ganz Mittelerde lastete.
Der kleine junge schaute nur zu seiner Schwester, welche Brianna unschuldig musterte und langsam stotterte, „ Ich…ich…bin Talea und das hier ist Cheren!“
„ Das sind aber schöne Namen“, ergänzte Brianna liebevoll und stupste Cherens Nase, der daraufhin lächelte.
„ Was ist denn mit eurem Haus passiert?“, fragte Araloth etwas forsch und verschreck schüttelte Cheren den Kopf. Talea jedoch fuhr in ihrer Erzählung fort.
„ Mami und Papi waren am Vormittag in der Stadt. Sie haben uns allein gelassen, weil wir ja nicht mehr in die Schule dürfen, weil wir aus Dol Amroth sind.“
Araloths Augen glänzten auf einmal, als er den Namen seiner alten Heimatstadt vernahm.
„ Am Nachmittag kam dann unsere Nachbarin und sagte, dass unsere Eltern nicht mehr kommen würden.“ Auf den verwunderten Blick Briannas fuhr Cheren sich mit dem Zeigefinger über die Kehle und die Frau aus Thal schleckte schwer.
„ Seit dem haben wir uns im Haus versteckt“.
„Hinter Mamis alten Mänteln im Schrank“, ergänzte Cheren mit piepsiger Stimme.
„ Zwischenzeitlich kamen Männer und haben alles verwüstet“, fuhr Talea traurig fort und Cheren fing an zu Weinen. Beruhigend wiegte ihn Brianna im Arm.
„ Habt ihr noch Verwandte in Minas Tirith?“, unterbrach Araloth die Stille, dem es sichtlich unwohl war so lange an einem Fleck zu verharren.
Cheren nickte und Talea sprach für ihn, „ Nunja Verwandte sind es nicht wirklich, aber die Freundin unserer Eltern wohnt hier..“
„ Tante Heliá“, warf Cheren ein.
„ Dann bringen wir euch zu ihr“, verkündete Brianna.
Brianna hatte beschlossen am folgenden Morgen abzureisen. Sie hatte gerade ihr Bündel gepackt, als es an der Tür klopfte.
Genervt öffnete Brianna und ihr stockte der Atem.
Araloth stand mit einem Strauß frischer Rosen vor ihr und lächelte charmant. Sie folgte dem ersten Reflex und wollte die Tür wieder zuschmeißen. Araloth jedoch hatte damit gerechnet und stemmte seine Hand dagegen.
Widerwillig ging Brianna einen Schritt von der Tür weg und ließ den Fremden eintreten.
„ Wie…“, setzte Brianna an.
„ Die Alte…nach ein paar Münzen und ich denke auch ein paar Gläsern Portwein sprudelte es gerade so aus hier heraus“, erklärte Araloth und lächelte dabei. Dasselbe Lächeln, welches sie die ganze Nacht bereits um den Verstand gebracht hatte.
„ Und was willst du hier?“
Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden, schloss er die Tür hinter sich und küsste Brianna, während er sie liebevoll aufs Bett legte.
Überwältigt von der Überzeugtheit Araloths ließ sie sich von ihm führen. Half ihm dabei sich auszuziehen und entledigte Araloth seiner Kleider.
Sie gab sich dem Fremden vollkommen hin, während er sie so heiß und innig liebte, wie sie es sich nicht hätte vorstellen können.
„ Vielen Dank, dass Sie sie gefunden haben“, sagte Heliá, die Talea und Cheren hoch ins Bett geleitet hatte.
„ Nichts zu danken“, erwiderte Araloth und beide wünschten den Kleinen alles Gute. Sogar Araloth erntete eine Umarmung der beiden Kinder, bevor Heliá hastig die Tür schloss und alle Lichter im Haus löschte.
„ Die Stadt ist voller Angst und Misstrauen…sie hielt uns am Anfang für Mörder Araloth“, sagte Brianna traurig, als sie sich vom Haus im zweiten Ring entfernten. Araloth nickte leise und küsste ihren Kopf.
Der Weg hinunter zum Haupttor erschien Brianna wie ein Katzensprung und ohne weitere Zwischenfälle passierten sie die Straßen.
Das Haupttor war schon in Sichtweite, als Araloth Brianna am Arm packte und in den Schatten eines Eingangs zerrte.
„ Was ist…“, doch ihr empörter Ausruf wurde von einem innigen Zungenkuss erstickt.
Die Wahrheit brach über sie herein, wie ein Sturmgewitter. Dies war der letzte Moment in dem sie Araloth wiedersehen würde, für eine lange Zeit, wenn nicht für immer.
Vor kurzem hatten sie sich erst wieder gefunden und jetzt mussten sie sich schon wieder trennen.
Brianna schüttelte nur den Kopf und schluchzte, die Tränen unterdrückend, die in ihr emporstiegen.
„ Das ist nicht fair…nicht jetzt…nicht so“, wisperte sie.
„ Ich weiß“, seufzte Araloth und legte seine Stirn an ihre, „Ich weiß!“
„ Ich kann dir jetzt nicht lange auf Wiedersehen sagen Schatz, deswegen bekommst du nur eine Antwort: Ja ich will!“, schluchzte Brianna und wischte sich die ersten Tränen aus den Augenwinkeln.
Araloth lachte, bevor ihm auch die Tränen kamen.
„ Pass gut darauf auf“, fügte er schlussendlich hinzu und streichelte Brianna über den Bauch, „ und vergiss nicht die Wunde zu reinigen!“.
Brianna küsste ihren Verlobten und schob ihn von sich auf die Straße, wo er nach kurzem Zögern Richtung Tor lief.
Kurz bevor er Briannas Sichtfeld verließ, drehte er sich um und rief, „ Ich schreibe dir, wenn ich zur Ruhe gekommen bin. Wenn der Wind meinten Namen nicht mehr Flüstern muss und die Schatten sich verzogen haben.“
Brianna lächelte gequält, warf ihn einen Luftkuss zu, bevor sie heulend im Hauseingang zusammenbrach, als sie Araloth durchs Haupttor schreiten sah.
Araloth lag auf dem Bauch, als die Nachmittagssonne seinen Rücken streichelte. Einen Moment musste er sich orientieren, bevor er wieder wusste, was passiert war.
Ein Blick ins Zimmer genügte, um zu wissen, dass Brianna weg war. Sie hatte sogar ihre Seite des Bettes noch ordentlich zu Recht gemacht. Sonst war es immer Araloth, der noch in der Dämmerung verschwand, um die Frauen allein zu lassen.
„ Sie ist etwas Besonderes“, flüsterte er in die Stille.
Auf ihren Kopfkissen fand er einen Brief, auf dem eine der Rosen lag, die Araloth Brianna mitgebracht hatte.
Mit zittriger Hand öffnete er den Brief, der auf vergilbtes Pergament in feiner Handschrift geschrieben hatte.
Lieber Araloth,
Wir haben uns zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt getroffen. Ich verließ Thal, um einen klaren Kopf zu bekommen, um die Welt zu sehen. Ich reiste quer durch den Düsterwald und sehne mich danach noch mehr zu sehen. Den Goldenen Wald oder Bruchtal. Die Heilkünste der Elben sollen überragend sein. Dennoch bedeutet mir unsere gemeinsame Nacht so viel.
Deswegen schreibe ich dir, wenn ich zur Ruhe gekommen bin. Wenn der Wind meinten Namen nicht mehr Flüstern muss und die Schatten sich verzogen haben.
In Liebe Brianna
P.S: Die Rosen sind wunderschön.
Araloth auf die Pelennor-Felder
Vexor:
Vielleicht war es das allgemeine Schlachtgewimmel, das in der Stadt herrschte, oder es war der Traum gewesen, der Brianna aus dem Schlaf riss.
Der Bürgerkriegsähnliche Zustand hatte mittlerweile schon den dritten Ring erreicht. Vereinzelt stiegen Rauch und Flammen aus dem Ring empor, den Brianna ihre Heimat nannte.
Die Kräuterfrau setzte sich auf. Sie war in dem Schatten des Eingangs eingeschlafen, wo sie Stunden zuvor unter Tränen Araloth verabschiedet hatte.
Rasch drehte sie den Kopf beiseite und erhoffte sich noch einmal das Gesicht ihres Verlobten zu sehen. Sich noch einmal in seinen starken Armen vollkommen behütet und geschützt zu fühlen.
Doch da war nichts. Gähnende Leere und Dunkelheit breitete sich um das Tor aus. Die Randalierenden waren anscheinend vollkommen weiter hinauf gezogen, um die Stadt in Schutt und Asche zu legen.
Brianna versuchte aufzustehen, doch ihr Rücken schmerzte so sehr. Sie musste sich wohl auf den kalten Steinboden verlegen hatten. So verharrte sie noch einen weiteren Moment auf den Boden sitzend und schrieb mit ihren Fingern Brianna und Araloth in den staubigen Untergrund.
Die ersten beiden Ringe waren wie leergefegt und Brianna fürchtete nach jeder weiteren Ecke oder Kurve einem Ork, oder anderen wütenden Menschen in die Arme zu laufen. Sie hielt sich bedeckt und sprang, wie eine Katze von Schatten zu Schatten, um nicht entdeckt zu werden. Die meisten Feuer in den unteren Ringen waren bereits wieder erloschen, oder hatten nichts Neues mehr zum verzehren gefunden, wodurch sie nur noch leise vor sich hin loderten.
Sie wollte gerade die Stufen zum dritten Ring passieren, als sie laute Stimmen vernahm. So machte sie ein paar Schritte rückwärts und verbarg sich hinter einem Stapel Holzscheite.
Am oberen Ende der Treppe konnte sie ein zwei Gestalten ausmachen. Der eine war klein und gedrungen, trug aber ein krummes Schwert bei sich. Es dauerte einen Moment bis sie erkannte, dass es ein Ork war.
Der andere war eindeutig ein Mensch, welcher hochgewachsen und stattlich war. Die aschblonden Haaren ordentlich gekämmt.
Die Entfernung und das Schlachtgeschrei verhinderten, dass Brianna die ganze Unterhaltung hören konnte, doch war sie in der Lage ein paar Fetzen aufzuschnappen.
„ Der Nazgûl und seine Dienerschaft sind geflohen“, krächzte der Ork mit einem furchtbar gebrochenen Westron.
Die lange Pause des Menschen auf diese Wort verriet Brianna, dass ihm diese Wendung nicht zusagte.
„ Haltet auf jeden Fall die letzten Ringe….Herumor darf nichts passieren“, hallte die Stimme des Menschen durch die Gassen.
Ehe Brianna mehr Fetzen der Unterhaltung aufschnappen konnte, waren die beiden schon von der Bildfläche verschwunden und nach einigen Minuten machte sich Brianna auf in den Dritten Ring. Sie wollte in ihrem Laden vorbeischauen, um ein wenig Alkohol zum Desinfizieren zu holen.
Die Hitze im Dritten Ring war unerträglich, irgendwo in der Nähe der Straße musste etwas lichterloh brennen. Ruß und Hitze trieben ihr die Tränen in die Augen und so beschleunigte sie ihren Schritt und erreichte nach ein paar Metern die Gasse, die zu ihrem Laden führte.
Die Hitze nahm immer mehr zu und als sie die Straße betreten hatte, riss sie ihre Augen weit auf.
Die Quelle des Feuers war nichts anderes als ihr eigener Laden gewesen. Vor ihm machte sie eine Handvoll Soldaten Herumors aus und an ihrer Spitze ein dürrer Mann, gekleidet in einen edlen purpurfarbenen Mantel. Den dünnen Schnurrbart, der seine Lippen krönte, hätte Brianna jeden Moment wieder erkannt.
„LUCIUS“, brüllte sie wutentbrannt und mit süffisanten Lächeln drehte sich der Stadtrat um, als hätte er sie bereits erwartet.
Sein Lächeln wuchs an, als er die Kräufterfrau aus Thal erblickte, und wie zum Hohn und Spott seine brennende Fackel den Flammen übergab, die sich aus Briannas Laden züngelten.
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