Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Arnor

Fornost: Die Mauern und das umliegende Gebiet

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Fine:
Kerry stand vor den Verwundeten, den Dolch kampfbereit in der Hand. Und tatsächlich kam da etwas auf sie zu - doch als sie genauer hinsah stellte sie fest, dass es sich nicht um Orks handelte.
"Hallo," sagte der erste der beiden Neuankömmlinge. "Brauchst du vielleicht Hilfe?"
"Hobbits!" stieß sie überrascht hervor. "Wo seid ihr denn hergekommen?"
"Aus Bree," antwortete der zweite. "Wir sind Fís gefolgt. Das ist der freundliche Zwerg dort hinten," fügte er hinzu und zeigte auf das hinter ihnen laufende Gefecht. Kerry sah und erblickte einen Zwerg, der verbissen Ork um Ork niederstreckte. Tja, ich hoffe, er dehnt diese 'Freundlichkeit' nicht auch auf uns aus... dachte sie.
"Also gut," sagte sie laut zu den beiden Hobbits. "Ihr könnt mir helfen. Stellt euch dort oben hin, auf die Trümmer, die dort liegen, und haltet die Augen offen. Seht ihr die Bogenschützen dort drüben?" Sie zeigte in die Richtung, in der Orophin, Mírwen und Súlien standen und Pfeile auf ihr Feinde hinabregnen ließen. "Wenn ihr Feinde entdeckt, die unseren Kämpfern unten in den Rücken fallen oder sich an ihnen vorbeischleichen wollen, gebt ihr den Schützen Bescheid. Verstanden?"
"Verstanden!" antworteten die beiden wie aus einem Mund und begannen, die Trümmer hinauf zu klettern. Da sie weniger wogen als Menschen, liefen sie nicht Gefahr, einen weiteren Einsturz auszulösen und hatten schon bald eine Stelle erreicht, die ihnen einen guten Überblick gab.

Kerry atmete tief durch und sah zu, wie sich Valandur und die Elben gemeinsam mit Fís tapfer gegen die über sie hereinbrechende Flut stemmten. Glücklicherweise schienen die Orks nicht die Disziplin zu besitzen, um in großen Gruppen oder mit einer Strategie anzugreifen, sondern stürmten unabhängig und nach eigenem Ermessen auf die Verteidiger zu. Valandurs Zweihänder schnitt mit Leichtigkeit durch den Oberkörper eines Orks. Der Dúnadan schien eine außergewöhnliche Ausdauer zu besitzen. Oronêl und Finelleth deckten sich gegenseitig den Rücken und erschlugen zahllose Orks ohne die Stellung aufgeben zu müssen. Kerry vermutete, dass die beiden sich schon viele Jahrhunderte kannten und deshalb so gut zusammenarbeitete. Kaum einem Feind gelang es, auch nur einen Hieb gegen die beiden Waldelben zu führen, so im Einklang waren sie miteinander.
Eine schlanke Gestalt sprang an Kerry vorbei, und Súlien schloss sich mit blitzender Klinge dem Kampf an. "Heda, Valandur, lass mir noch ein paar Orks übrig!" rief sie und erstach einen Ork, der sich dem Waldläufer genähert hatte. Offenbar hatte sie alle ihre Pfeile verschossen und ging nun in den Nahkampf. Sie reihte sich zwischen Valandur und Fís ein, der sich gerade unter dem Hieb eines besonders grobschlächtigen Orks wegduckte und diesem mit seinem Schwert im Gegenzug die Beine abhackte. Neben ihm stand Gelmir, dessen Zorn angespannter Konzentration gewichen zu sein schien.

"Sie kämpfen so mutig," sagte eine Stimme hinter Kerry. Sie drehte sich um und erblickte das Mädchen, das Finelleth zum Turm getragen hatte.
"Das tun sie," antwortete sie. "Ich wünschte, ich besäße nur einen Bruchteil ihres Mutes oder Kampfgeschickes."
"Du hast mich vorhin gerettet," gab das Mädchen zurück. "Das war mutig genug. Ich heiße Irwyne, und meine Gefährtin hier - " sie deutete auf die verwundete Elbin, die mit geschlossenen Augen neben ihr lag - "wird Mírwen genannt."
"Ich bin Kerry," sagte Kerry. Irwyne klang nach ihrer Heimat, und so fragte sie ins Blaue hinein auf rohirrisch: "Bist du aus der Westfold?"
Irwyne zog die Augenbrauen hoch und antwortete in derselben Sprache: "Aus Firnharg, kennst du es?"
"Auf halbem Wege zwischen Edoras und Helms Klamm?" fragte Kerry nach.
Irwyne nickte. "Genau, in der Nähe des Passes der nach Dunharg führt," fügte sie hinzu. "Also kommst du auch aus Rohan?"
Kerry nickte ebenfalls und sah, wie Irwynes Augen sie aufmerksam musterten.

Bevor sie jedoch weitersprechen konnte hörte Kerry einen alamierenden Ruf von oben. Einer der Hobbits hatte Feinde gesichtet, und tatsächlich kamen drei Orks heran, die sich wie zuvor an Oronêl und Finelleth vorbeigeschlichen hatten. Sie packte den Dolch und stellte sich ihnen entgegen. Zweimal surrte es über ihrem Kopf, und zwei Pfeile trafen die Orks in den Nacken. Die Elben sind wirklich außergewöhnliche Schützen, dachte sie. Der dritte Ork wurde allerdings von einem von oben geworfenen Speer getötet. Als sie nach oben zur Mauer blickte sah sie ein bekanntes Gesicht, denn Rilmir stand dort und schaute besorgt auf sie herunter.
"Dúnadan!" rief sie. "Kannst du ein Seil herunterwerfen? Wir haben Verwundete!"
"Erst muss ich dich in Sicherheit bringen, Kerry," antwortete Rilmir. "Komm zu mir hochgeklettert!"
Doch sie schüttelte entschlossen den Kopf. "Ich muss hierbleiben und auf die Verwundeten aufpassen!"
"Kerry, das ist doch Wahnsinn! Du kannst doch nicht in einer Schlacht kämpfen!" Rilmir trat an den Rand des Wehrganges. Von Haleth sah Kerry keine Spur.
"Ich kann erst gehen, wenn die beiden Verwundeten in Sicherheit sind!" rief sie zu Rilmir über den Lärm der Schlacht hinauf.
Rilmir überlegte einen Augenblick, dann nickte er. "Also gut, lass mich sehen ob - " Der Rest des Satzes blieb ihm im Halse stecken. Kerry riss entsetzt die Augen auf. Ein schwarzgefiederter Pfeil hatte sich in Rilmirs Oberkörper gebohrt. Durch den Rückstoß machte der Waldläufer zwei stolpernde Schritte rückwärts - und stürzte rücklings über den Rand der Mauer ins Innere der Stadt.

Der Dolch fiel Kerry aus der Hand. Erneut wurde sie von Schmerz und Verzweiflung übermannt, und diesmal war Halarîn weit weg, kämpfte am Tor um ihr Leben. Diesmal führte Kerrys Entsetzen zu etwas anderem: heißer, lodernder Wut, wie sie sie noch nie verspürt hatte. Sie schrie nicht und sagte auch nichts, sondern riss mit einer Kraft, die sie sich gar nicht zugetraut hatte, den Speer aus dem Leib des Orks, den Rilmir gefällt hatte. Sie hatte nur noch einen Gedanken: Rache. Rache an den Feinden, die ihr bereits zwei enge Freunde genommen hatten. Es war ihr egal, wenn sie dabei ihr Ende finden würde. Jemand musste bezahlen. Sie packte den Speer mit beiden Händen und marschierte auf das Gefecht zu, in dem die Elben weiterhin ihre Stellung gegen die Orks hielten...

Curanthor:
Der Strom an Gegner ließ nicht nach, bis schließlich Adrienne und Acharnor es schafften einen Großteil der Leitern umzustoßen. Mathan musterte beide kurz, bis auf einige leichte Schnittwunden ging es ihnen gut. Er rammte dem letzten Ork auf der Mauer sein Schwert ins Auge und trennte den Kopf mit einem Schlag der freien Waffe sauber ab. Den Kopf warf er achtlos über die Mauer
Halarîn ließ das Blut von ihrer Klinge spritzen und griff nach ihrem Langbogen.
"Scheinbar wird uns keine große Pause gestattet.", sagte sie und deutete auf zwei größere Gestalten, die sich dem Tor näherten.
"Trolle...", sagte er und sog scharf die nach Orks stinkende Luft ein.
Einer der Waldläufer lief auf der Mauer hin und her. Er streute Sand, damit der Steinboden durch das Blut nicht zu glitschig wurde. In der Ferne hörten sie ein lautes Getöse und der Turm im Osten brach in sich zusammen.
Der Elbenhauptmann winkte ihn zu sich: "Holt die Feuerkörbe und gebt den letzten Reserven den Befehl sich vor dem Tor zu sammeln."
"Was befürchtet Ihr?", fragte Belen, der sich gerade vom Schreck des Sturz des Turmes erholt hatte. Der Anführer des Sternenbundes wirkte erschöpft und stützte sich auf seine Klinge, auch er trug einige leichte Wunden.
"Das wir hier bald ordentlich zu tun haben werden," antwortete Mathan und deutete zu den Trollen, "Wenn die erstmal hier sind..."
Belen nickte und gab einem Untergebenen ein Signal, der wiederum zog ein Horn und blies einmal kurz und kräftig hinein.
"Seht und wartet, auch ich habe nicht alle Karten auf den Tisch gelegt,", sagte Belen und drehte sich wieder zu den anstürmenden Orks, "Bis jetzt", setzte er nach und durchtrennte einem Ork die Beine.

Halarîn hatte inzwischen ihren Langbogen in der Hand, wärend die Waffe aus Westernis auf ihrem Rücken ruhte. Gerade visierte sie einen Uruk an, der neben den Trollen lief, als einer der grauen Fleischberge wie vom Blitz getroffen zu Boden fiel. Es dauerte einen Moment, als sie die Balliste auf dem westlichen Turm unscharf erkannte. Sie sorgte sich jedoch zu sehr um Kerry, als dass sie sich sonderlich über den toten Troll freuen konnte. Sie hoffte, dass das Mädchen nicht auf dem Turm gewesen war. Ihr Pfeil traf den Uruk an der Schulter. Fluchend zog sie einen weiteren Pfeil auf die Sehne und konzentrierte sich. Ihr Ziel suchte Schutz hinter dem verbliebenden Troll, der ihr die Schussbahn verdeckte. Halarîn erblickte eine Leiter, auf der bereits ein Ork wartete, wärend sie an die Mauer gelehnt wurde. Ihr Pfeil riss die Kreatur von der Leiter, einige Bogenschützen nahmen nun die Leiterträger ins Visier. Kurz darauf war niemand mehr an der Leiter interessiert.
"Lasst sie keine neuen Leitern anstellen!", rief sie den übrigen Bogenschützen zu und warf einen Blick zu dem Troll.
Im selben Moment schlug ein verstärkter Speer in seine fassbreite Brust ein. Das Ungetüm brüllte vor Schmerz, lief weiter, stolperte und sackte nach vorn in die angespitzen Reiterhindernisse. Einige Orks rannten davon, als im nächsten Moment ein mannsgroßes Mauerstück in eine Meute Feinde einschlug. Sie drehte sich um und erblickte Rainer auf der Mauer, der die Peilung ausführte. Adrienne und ihr Bruder beschützten ihn.


"Nun mach schon, wir können hier nicht ewig herumstehen!", drängelte Acharnor und ließ seinen Hammer auf einen Ork niederfahren.
"Immer mit der Ruhe, glaub nicht, dass das hier einfach ist!", erwiderte der alte Holzarbeiter ungehalten und peilte über den Daumen.
Adrienne parierte einen ungestümen Schwerthieb und entwaffnete ihren Gegner. Ihre Faust landete in dem Bauch des Söldners der schmerzhaft aufstöhnte. Ein Hammerschlag ihre Bruders beförderte den bewustlosen Kerl über die Mauer.
"Das schaffe ich auch alleine, "beschwerte sie sich und spießte einen Ork auf, der von der Leiter auf die Mauer springen wollte, "bleib bei Rainer."
Sie nutzte die kleine Verschnaufspause und rannte zu Belen, der neben Mathan stand.
"Ich glaube, dass der Einsturz des Turms nicht nur für unsere Verteidigung ein Schlag war.", begann sie und sicherte sich damit die Aufmerksamkeit der beiden Anführer.
"Warum glaubst du das?", fragte der Sternenbundler herablassend.
"Die Moral ist im Keller, die Katapultmannschaft will nicht mehr kämpfen, die Männer und Frauen auf den Mauern sind ausgelaugt und erschöpft. Der Fall der Trolle reicht da nicht um sie zu ermuntern.", antwortete sie säuerlich.
"Das ist nicht das einzige Problem...", Mathan deutete zur Ebene, wo sich eine gewaltige Horde Orks sammelte.
Adrienne schluckte schwer, als sie die Anzahl ihrer Gegner versuchte zu zählen. Selbst Mathan wirkte etwas verunsichert, was ihr größere Sorgen bereitete. Der Elb fing sich jedoch schnell. "Schafft die Feuerkörbe ran, rasch!", rief er und der Befehl wurde weitergegeben.
"Dies wird der entscheidende Angriff sein!", rief Belen und köpfte einen Ork, der auf ihn zugerannt kam, "Macht alle bereit, die ein Schwert halten können!", brüllte der Anführer des Sternenbundes laut und sämtliche Truppen blickten ihn an.
Adrienne dagegen packte ein Banner, das auf dem Boden lag. Es war voller Blut, zerfetzt und doch konnte man deutlich erkennen, was es war. Mit dem Schwert in der linken Hand, und das Banner in der rechten Hand trat sie auf den Torbogen. Noch nie hatte sie sich so sicher in einer Sache gefühlt.


Mathan verstand das Zögern der Verteidiger, denn sie waren demotiviert, verwundet, müde und wussten nicht, wie man diese Schlacht gewinnen konnte. Umso mehr weckte es sein interesse, als Adrienne sich anschickte ein Banner aufzuheben. Halarîn, die mit einigen Bogenschützen dafür sorgte, dass sie auf den Mauern etwas Luft hatten blickte kurz herüber. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Belen dagegen wirkte unschlüssig und verärgert, sein Unterkiefer mahlte, doch er wartete ab. Sein Blick folgte Adrienne, die nun ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückte.
Der Elb hielt jedoch weiterhin ein Auge auf die Ebene, auf der ein weiteres Geschoss des Katapults einschlug. Dennoch reichte es nicht die Masse an Orks zu vertreiben und sie schienen etwas zu tragen. Er ahnte auch was es war. Die Gräben waren gefüllt mit Leichen, leider hatten sie kein Öl um sie zu entzünden. Er fluchte innerlich und wandte sich zu Adrienne.

"Verteidiger von Fornost! Ich weiß, dass ihr Zweifel habt, dass ihr Angst habt und euch fragt:" Warum weitermachen? Manch einer von euch mag aufgegeben haben. Doch dann frage ich euch, wollte ihr so in die Geschichte eingehen? Zweifeln und auf das Schicksal wartend!?", vereinzelt schüttelten die Leute die Köpfe, vor dem Tor sammelten sich mehr und mehr Verteidiger, "Nein? Warum gibt ihr dem Schicksal dann seinen freien Lauf und schmiedet es nicht selbst!?", brüllte Adrienne nun laut und schreckte damit immer mehr Menschen auf, die zuvor auf den Boden gestarrt hatten.
"Wollte ihr so enden, dass man nur von Flüchtlingen aus Fornost hört?", fragte sie erneut herausfordernd und vereinzelt erhob sich ein Raunen.
"Nein!" antworteten Einige verhalten oder schüttelten energisch die Köpfe.
"Dann wollt ihr euren Freunden und Familie Ehre bereiten und allen geliebten Opfern dieses Krieges einen Sinn geben?!", schrie sie nun und befreite sich selbst von ihrer Furcht. Es dauert kurz einen Moment, in dem nur das Lärmen der Orks und den vereinzelten Kämpfen auf der Mauer zu hören war. Dann fuhr ein Ruck durch die Menge vor dem Tor und alle reckte die Waffen, sie waren bereit alles zu geben.
"Für die freien Völker!", erschallte es aus dutzenden Kehlen, zusammen mit anderen Kriegsrufen.

Mathan war selbst ergriffen von der Anspache und ahnte, dass Adrienne ein gefährliches Feuer geschürt hatte. Irgendwo zwischen Wahnsinn, Selbsterhaltungstrieb und Rache, doch das war es, was sie im Moment brauchten. Belen reckte die Faust in die Luft und Adrienne schwenkte das Banner.
"Schützt das Tor! Für die freien Völker", rief nun Belen, der die aufgepeitschten Verteidiger in den wohl letzten Kampf führen würde.

Halarîn bemerkte, dass immer weniger Orks versuchten über die Leitern zu klettern. Alles konzentrierte sich auf das Tor. Vor jenem wuchteten die Orks gerade einen Rammbock über die Graben, trotz der Pfeile die auf sie niederregneten. Mit lautem Schreien und Lärmen brachten sie den metallverstärken Holzstamm in Position.
"Feuerkörbe!", brüllte Mathan und sogleich wurden die heißen Kohlen in einem weitem Bogen über die Mauer geschleudert. Sie erschoss einen Ork, der gerade Belen angreifen wollte und beobachtete für einen Moment Adrienne, die das Sternenbanner auf der Mauer zwischen zwei Steinen verkeilte. Mit gezogenem Schwert lief sie die Stufen hinab und begab sich in den Gewühl der letzten Verteidiger am Tor. Immer wieder musste die Elbe den Mut der Menschen bewundern. In selbst aussichtslosen Situationen konnten sie die Kraft haben sich nochmal aufzuraffen.
Dutzende Schmerzenschreie ertönten, es stank nach verbranntem Fett, Haut und Orks, doch die glühenden Kohlen hatten keine starke Wirkung. Kurz darauf ertönte der erste Schlag des Rammbocks auf dem Torholz. Sie blickte zu ihrem Gatten, der auf ihren Köcher deutete und zwei Finger hob. Wortlos zog sie ihr Schwert und postierte sich zwischen ihm und Belen.

Mathan blickte besorgt auf Halarîns Bauch, rang sich aber dennoch dazu durch, seine verrückte Idee mit ihr zu teilen.
"Was hälst du von einem kleinen Kletterausflug?", fragte er und erhielt einen verwirrten Blick.
"Das ist kein guter Augenblick für Scherze", antwortete Halarîn stirnrunzelnd.
Der Elb ging statt einer Antwort zu der Treppe und holte zwei Seile. Halarîn schmunzelte anstatt wütend zu werden, wie er sonst es erwartet hätte.
"Du gibts wirklich den merkwürdigsten Elben ab, den ich je getroffen habe.", sagte sie sanft und nahm ihm das Seil aus der Hand, "Deswegen liebe ich dich."
Sie küssten sich rasch und banden sich die Seile um, wärend es unten schon bedrohlich knackte und splitterte.


Acharnor presste seinen Körper angestrengt gegen das Holz, bis der nächste dumpfe Schlag das Tor erschütterte. Das Holz federte. Ein Waldläufer neben ihm bekam ein Splitter ins Auge. Der Mann fluchte und wurde von der nachrückenden Masse erneut gegen das Tor gedrückt. Adrienne, die hinter ihm stand fluchte ebenfalls, als sie beinahe ihre Waffe verlor. Bis auf ihr hatten alle anderen ihre Waffen verstaut um Verletzungen zu vermeiden.
Beim zweiten Anlauf hielt das Tor noch immer, selbst den dritten Anlauf hielt es stand und Rainer lachte fröhlich. Beim vierten Anlauf dagegen lachte niemand mehr. Das Knacken war deutlich hörbar und Holzsplitter regneten auf sie herab. Seine Schwester ließ sie etwas zurückziehen, wärend der fünfte Anlauf die Querbalken bersten ließ.
"Egal was durch dieses Tor kommen mag, haltet stand!", rief Adrienne und überall wurden Waffen gezogen.
Acharnor zog seinen Krieghammer vom Rücken und wartete. Ein Splittern und Jubelschreie der Orks verkündeten von einem Loch im Tor. Er rammte den Stiel des Hammers in die Fratze des Uruks, der wohl die Horde anführte und gerade das Loch vergrößern wollte. Sogleich folgte ein fürchterliches Krachen und das Tor schwang auf. Gleichzeitig brandete eine Flut Gegner heran, angeführt von einigen Söldnern. Acharnor duckte sich instinktiv unter einer schartigen Klinge weg, wärend Adrienne über ihn hinweg den Kerl in die Brust stach. Ein Fußtritt schickte ihn sogleich zu Boden. Verzweifelt rollte er sich weg und hörte nur den Aufschlag der Waffe neben seinem Kopf. Ein heißer Schmerz durchfuhr sein Bein, er schrie auf.

Adrienne fing den Schwerthieb ab, der auf den Kopf ihres Bruders zielte. Etwas prallte gegen ihren anorischen Schulterpanzer. Ein Ork sprang sie an, doch die Männer hinter ihr passten auf und stachen ihn nieder. Brüllend schoben die Menschen nach vorn und drängten die Orks zurück. Sie ließ sich treiben und machte zwei Orks auf einen Streich nieder. Eine Klinge zuckte vor und ritzte ihr über die Hand, sie ließ sich zurückfallen und unter den ganzen Lärm hörte sie die Stimme ihres Bruders. Schläge prasselten auf sie ein, etwas berührte sie erneut an der Schulter. Ein andere Schlag traf sie scheppernd am Helm, den sie zuvor zum Glück angelegt hatte. Sie hielt Ausschau nach ihrem Bruder, konnte in dem Chaos ihn jedoch nicht finden. Erschöpft ließ sie sich zurückfallen und zwei Waldläufer übernahmen ihren Platz.
"Wir können das nicht lange durchhalten!", rief einer der Männer weiter hinten. Der Mann trug einen dicken Verband um seinen Armstumpf, in der verbliebenen Hand hielt er einen Speer.
"Wir müssen...", keuchte sie und stützte sich schwer auf ihrem Schwert.
Plötzlicher Schmerz breitete sich in ihrem Unterleib aus, der sie aufstöhnen ließ. Der Mann fragte was los sei, doch sie winkte ab. Er drängte nicht weiter und schloss sich den Verteidigern wieder an.


Eandril:
Jetzt, da sie zwei Verteidiger mehr hatten, bemerkte Oronêl einen deutlichen Unterschied zu vorher. Als sie noch zu viert gekämpft hatten, hatten er und Finelleth sich immer wieder trennen müssen, um einzelne Orks aufzuhalten, die durch ihre dünnen Reihen gebrochen waren, doch durch Fis' und Súliens Hilfe geschah das deutlich seltener. Und je länger er gemeinsam mit Finelleth kämpfte, desto besser arbeiteten sie zusammen, und allmählich hatte er das Gefühl, sie bereits seit Jahrhunderten zu kennen.
Dennoch, der Strom der Orks ließ einfach nicht nach, und allmählich spürte Oronêl seine Arme müde und seine Reaktionen langsamer werden. Auch Finelleth fällte die Orks nicht mehr ganz mit dem Elan der ersten Kämpfe, und er fürchtete, dass sie sich früher oder später entweder auf die Mauer oder von der Stadt weg nach Osten zurückziehen müssen würden. Mit einem Rückhandschlag spaltete er das Gesicht eines heranstürmenden Orks, während Finelleth einem weiteren ihr Schwert durchs Herz rammte, und in dem Moment hörte Oronêl aufgeregte Rufe von der Turmruine hinter sich. Er erkannte darunter Irwynes Stimme, und als er sich umwandte sah er Kerry mit ausdruckslosem Gesicht auf sich zu kommen, einen Speer in der Hand. Finelleth schwang ihr Schwert in einem weiten Bogen, und ein weiterer Ork ging in einem Schauer von schwarzem Blut zu Boden. "Kerry!", rief er dem Mädchen entgegen, während er einem Ork der versucht hatte ihm die Klinge in den Rücken zu rammen, zunächst den linken Ellbogen ins Gesicht und dann die Axt in den Hals schlug. "Was hast du vor?" Auch wenn es Kerry offensichtlich nicht an Mut mangelte war ihm doch auf den ersten Blick klar gewesen, dass sie keine Kriegerin war. Irgendetwas musste geschehen sein.
"Den Dúnadan rächen!", erwiderte sie, den Blick noch immer stur geradeaus gerichtet und den Speer fest in den Händen, und Oronêl wäre beinahe vor der Heftigkeit, mit der sie ihm die Worte entgegenschleuderte, zurückgezuckt. Verwirrt wanderte sein Blick zu Valandur, der noch immer neben Fis und Súlien kämpfte. Also meinte sie jedenfalls nicht ihn, und alles andere war im Augenblick unwichtig für Oronêl. Inzwischen war Kerry bis an ihn herangekommen, doch bevor sie vorbeigehen konnte legte Oronêl ihr die Hand auf die Schulter und hielt sie zurück. In seinem Rücken hielt Finelleth die Orks, die in diesem Moment glücklicherweise weniger heftig angriffen als zuvor, alleine in Schach. "Lass mich kämpfen! Ich muss... ihn rächen....", stieß das Mädchen hervor, und wollte seine Hand von ihrer Schulter streifen. Oronêl ließ seine Axt fallen und packte sie fest an beiden Armen. "Wenn du dich einfach blind in den Kampf stürzt wirst du nur sterben und niemanden rächen." Mit einer raschen Bewegung, die Kerry zu überrumpeln schien, entwand er ihr den Speer und schleuderte ihn blind in Richtung der Orks, ohne nachzusehen ob er etwas getroffen hatte.
Kerry blinzelte mehrmals rasch hintereinander, und eine erste Träne rollte ihre Wange hinab. Doch trotzdem hörte sie nicht auf, gegen Oronêls Griff anzukämpfen. Dieser ließ abrupt ihre Arme los, wich ihr aus als sie überrascht vorwärts taumelte und schlang ihr von hinten den Arm um die Taille. Inzwischen hatte er sich zusammengereimt, dass sie beobachtet haben musste, wie einer ihrer Freunde unter den Verteidigern auf der Mauer getötet worden war, und er konnte sie verstehen. Nach Amdírs Tod auf der Dagorlad hatte er wie ein Berserker gekämpft, ohne jede Rücksicht auf sein eigenes Leben. Und dennoch konnte er nicht zulassen, dass dieses Mädchen einfach in ihren Tod rannte. Als er sie zurück zu den Trümmern des Turmes zog, wurden ihre Anstrengungen sich aus seinem Griff zu befreien immer weniger, und schließlich gab sie ihren Widerstand ganz auf und hing schlaff in seinen Armen. Er setzte Kerry auf einem der größeren Trümmersteine ab, und stellte mit einem Blick nach Westen fest, dass der Ansturm der Orks gegen ihre Stellung beinahe ganz nachgelassen hatte.

Für den Moment würde Finelleth sich auch alleine halten können, also kniete Oronêl sich vor dem Mädchen, dem nun ungehemmt die Tränen über die Wangen strömten ins blutige, niedergetrampelte Gras, und nahm ihre Hände in sein. Irgendwie hatte er das Bedürfnis ihr zu helfen, sie zu trösten - wahrscheinlich, weil er selbst vor so langer Zeit durchgemacht hatte, was Kerry nun erlebte. "Was ist geschehen?", fragte er sanft. Sie öffnete den Mund, doch sie schien nicht imstande zu sein, Worte zu formen, und so kamen nur schmerzhafte Laute heraus. Sie schluchzte eine volle Minute vor sich hin, schien durch Oronêls freundlichen Blick jedoch wieder etwas an Fassung zu gewinnen. "So viel Tod", hauchte sie. "So viel Schrecken..."
"Jede Schlacht aufs neue ist, als würde die Welt enden", erwiderte Oronêl nachdenklich. Der Lärm der Schlacht verlagerte sich weiter nach Westen, in Richtung Tor, und auch die Verteidiger auf den Mauern schienen sich in diese Richtung zu bewegen. Er sah Irwyne noch immer an ihrer alten Position sitzen, und besorgt in ihre Richtung blicken, und die beiden Hobbits etwas erhöht auf Trümmerteilen stehen, und mit großer Zielsicherheit Steine auf die wenigen Orks die noch in ihrer Nähe waren, schleudern. "Doch irgendwann ist es vorbei, und man merkt, dass die Welt noch immer dort ist - auch wenn sie vielleicht nicht mehr die selbe ist." Er hob Kerrys Kinn mit einer sachten Bewegung an, und sah ihr direkt in die grünen, tränennassen Augen. "Wem ist etwas zugestoßen? Einem Freund von dir?"
"J-ja, einem...Freund..." sagte sie stockend und mit kaum hörbarer Stimme.
"Rilmir." Valandur war leise herangekommen, sein vom Blut der Orks schwarz gefärbtes Langschwert auf die Schulter gelegt. "Ich habe es gesehen, er stand oben auf der Mauer und wurde von einem Pfeil getroffen, den jemand ziemlich zielsicher von weit hinten abgeschossen hat."
"Er... er ist..." Kerry schien das Wort nicht aussprechen zu können, also tat Oronêl es für sie. "Tot." Er wusste wie schmerzhaft es für Kerry sein musste, und doch würde es besser werden, je schneller sie diese Tatsache akzeptierte. "Es tut mir Leid, auch wenn ich ihn nicht gekannt habe."
"Er war ein guter Mann", meinte Valandur, und Oronêl meinte zu hören, dass auch die Stimme des sonst so grimmigen Waldläufers ein wenig belegt zu sein schien.
"Und ich... ich..." Kerrys Stimme brach erneut, und weitere Tränen flossen über ihr Gesicht. Jetzt erinnerte die Oronêl an Mithrellas, als sie sich mit Amroth so heftig gestritten hatte, dass dieser sie niemals hatte wiedersehen wollen. Damals hatte seine Tochter den gleichen Ausdruck im Gesicht gehabt wie Kerry jetzt, denn auch wenn ihr Freund noch am Leben gewesen war, hatte sie doch ebenfalls geglaubt ihn für immer verloren zu haben.
"Ich hatte auch einst einen Freund, Amdír", sagte er langsam, und strich Kerry mit dem Daumen über den Rücken der Hand, die er immer noch hielt. "Er wurde in der Schlacht getötet, direkt vor meinen Augen, als er mit mir sprach, und ich konnte nur zusehen." Das Beben von Kerrys Schulter verriet ihm, dass sie es ebenso erlebt hatte. "Ich habe mir selbst Vorwürfe gemacht, ich habe wie rasend gekämpft, und es war mir egal ob ich lebte oder starb." Er erhob sich aus seiner knienden Position, setzte sich neben Kerry auf den Stein und legte ihr einen Arm um die Schulter. Zu seiner Erleichterung wehrte sie sich nicht, sondern bettete sogar ihren Kopf an ihn, während ihre Schultern nach wie vor unter Schluchzern zuckten. Ruhig sprach er weiter, während Valandur sich taktvoll einige Schritte entfernt hatte, und aufmerksam die Armee der Orks beobachtete. "Ich weiß nicht, ob du dich jetzt genauso fühlst wie ich damals, aber ich weiß, dass es irgendwann vorbeigeht. Ich vermisse Amdír immer noch, nachdem über dreitausend Jahre seit seinem Tod vergangen sind, so wie du deinen Freund Rilmir auch immer vermissen wirst. Doch irgendwann werden die Erinnerungen an ihn freundlich, und du erinnerst dich nicht mehr an den Tag, an dem er gestorben ist, sondern an alles Schöne, was du mit ihm erlebt hast und verbindest. Und in diesen Gedanken lebt er für immer weiter."
Kerry schniefte nur, doch die Tränen wurden weniger und sie nickte langsam. In einer plötzlichen Eingebung nahm Oronêl das hölzerne Medaillon, dass er um den Hals trug, ab, und legte es Kerry um den Hals. "Hier. Dieses Medaillon hat mir meine Frau hinterlassen, bevor sie nach Westen fuhr. Ich sollte es zur Erinnerung an sie tragen, doch ich brauche es nicht um an sie zu denken, und ich finde, du solltest es haben." Die junge Frau blickte zwischen ihm und dem Medaillon mit dem Mallornbaum hin und her, und schien nicht zu wissen, was sie sagen sollte. Doch das musste sie auch nicht. "Denk an deinen Freund wenn du es trägst, und denk an das was ich dir erzählt habe."

Oronêl stand auf, als Finelleth sich mit schnellen Schritten näherte. Inzwischen hatten sich alle Verteidiger am äußeren Rand der Trümmer versammelt, und sie sagte: "Oronêl, du solltest kommen und dir das ansehen."

Curanthor:
Die beiden Elben warteten noch etwas, bis mit einem Splittern das Tor nachgab. Zwar schnitten die Seile schmerzhaft trotz der Rüstungen, doch sie geduldeten sich. Mathan machte sich heimlich Vorwürfe, dass er eigentlich am Tor selbst sein musste, erinnerte sich aber daran, dass Adrienne bereits dort war. Ein schlecht gezielter Pfeil prallte neben ihm vom Mauerwerk ab. Unter ihnen war der Kampf um das Tor bereits im vollem Gange. Vereinzelt konnten die Verteidiger die Orks zurückdrängen, doch ständig rückten neue Feinde nach. Mathan wechselte einen letzten Blick mit Halarîn. Wortlos stießen sie sich von der Mauer ab und prallten auf die Köpfe der angreifenden Orks. Überraschende Rufe ertönten unter den Feinden, die sich sogleich in Schmerzensschreie verwandelten als die beiden Elben ihr blutiges Werk begannen. Rücken an Rücken kämpfte das Paar und dezimierte die Masse der Angreifer. Mathan duckte sich unter einem Schwert. Er konnte den Luftzug der Klinge spüren. In schnellen Kreisen wirbelten sie Rücken an Rücken herum und verteilten dutzende Hiebe in die Reihen der Feinde. Ein schwacher Hieb traf seinen Schienbeinpanzer und er trat dem am Boden liegenden Mann ins Gesicht.  Der Überraschungsmoment war vorrüber, die Orks gingen etwas auf Abstand, ehe sie sich erneut ihnen entgegen warfen. Durch seine beiden Schwerter konnte er sich besser gegen die dutzenden Klingen verteidigen, die sich ihnen nun entgegen reckten. Selbst die beiden Elben konnten es aber nicht mit dieser Übermacht aufnehmen und sie wussten das. Trotzig kreuzte er die Klingen, als die Orks nun wieder lärmend und kreischend auf sie zurannten.
Doch auch hinter ihnen ertönte ein Lärmen und Brüllen. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen prallten die Schlachtreihen der Menschen und Orks aufeinander. Die Verteidiger von Fornost machten einen Ausfall, angeführt von Belen und den kampferfahrensten Waldläufern. Mathan atmete durch, als die Menschen sie in die Mitte nahmen. Halarîn und er ließen sich mit der Masse treiben und hieben auf die Orks ein, die nun mehr und mehr an Halt verloren. Der Ansturm der Menschen überraschte die Angreifer mehr als sie es wohl selbst erwartet hatten. Brüllend drängten sie immer weiter vor, weg vom Tor. Eine versprengte Truppe Feinde versuchte sich abzusetzen, doch sie waren zu langsam um durch die Gräben zu entkommen. Pfeile die von den Mauern gefolgen kamen schnitten ihnen den Weg ab. Dann waren die Verteidiger auch schon heran und fuhren wie ein Sturmwind unter Laub in die Reihen der Feinde.

Mathan schlitzte einem Söldner gerade den Bauch auf, als er einen Kerl entdeckte, der verfluchend versuchte die feindlichen Reihen zusammenzuhalten. Doch das brachte ihm nicht viel, die Verteidiger überrollten ihn und die Söldner, die ihm umgaben. Der Elb rammte den fluchenden Anführer sein Knie ins Gemächt und wollte gerade ihm mit seinen gekreuzten Schwertern den Kopf abtrennen. Eine Klinge fing mühsam zitternd seinen Todesstoß ab. Es war Belen. "Den da nicht", sagte er angestrengt und Mathan ließ die Schwerter sinken.
Ringsherum ließen die Söldner ihre Waffen fallen und rannten davon. Dutzende Orks taten es ihnen gleich, mehr und mehr Feinde wandten sich zur Flucht ab, bis Halarîn zur Armee deutete, die sich komplett zurückzog. Erschöpfter Jubel ertönte und die letzten verbliebenden Feinde wurden niedergemacht.


Irgendwie hatten sie es geschafft. Die Fläche vor dem Tor war stellenweise so dicht mit Leichen gepflastert, dass man den Boden nicht mehr erkennen konnte. Der Elb blickte sich um und bemerkte zufrieden, dass das Katapult ganze Arbeit geleistet hatte. Er drehte sich wieder zu Belen. Dieser riss dem gefangen Anführer gerade den Helm vom Kopf.
"Lutz Farnrich. Das trifft sich ja gut", stellte der Anführer des Sternenbundes kühl fest, "Nun werdet Ihr für das Büßen, das Ihr angerichtet habt. Nehmt ihn mit!", zischte Belen feindselig.
"Das ist nicht das Ende, Saruman wird-",ein sattes Klatschen ließ Lutz die Worte im Halse stecken bleiben. Halarîn hob erneut die Hand und verpasste ihm noch eine weitere, kräftige Ohrfeige. Ihr Gesicht war rot vor Zorn, sodass ihre Augen einen übernatürlichen Schimmer annahm. Lutz machte einen schockierten Schritt zurück, selbst Belen schritt nicht ein. Als die Elbe ein drittes mal zuschlagen wollte, packte Mathan ihre Schulter. Sie zögerte, ließ ihre Hand sinken und ging schließlich zum Tor davon. Belen ließ den gefangenen Anführer abführen und beteiligte sich daran, die Verletzten zu bergen. Mathan folgte seiner Gattin zum Tor und fand sie neben einer Person hockend, die ausgetreckt unter dem Torbogen lag. Die Rüstung war verbeult und beinahe komplett mit schwarzen Blut besudelt, selbst der Helm wies einige tiefe Dellen auf. Der Elb umrundete die Beiden und erkannte Adrienne, die dort vor ihm lag. Ihr Gesicht war bleich, die Atmung flach und ihre Augen folgten seinen Bewegungen unmerklich. Er befürchtete das Schlimmste, doch Halarîn redete auf sie ein und versuchte sie zur Besinnung zu bringen.
"Hilf mir mal", bat sie und deutete zur anorischen Rüstung.
Gemeinsam entfernten sie den Schutz, der Adrienne offensichtlich mehr als gute Dienste geleistet hatte. Seine Gattin tastete vorsichtig den Kopf der jungen Frau ab und atmete erleichtert aus. "Keine Kopfverletzungen, vielleicht nur geprellt. Danke, den Rest kann ich alleine machen.", sagte sie und Mathan überließ sie ihrem Spezialgebiet. Er half dem Männern und Frauen die Verletzen von den Mauern zu tragen, wärend Halarîn sich um Adrienne kümmerte. Nach einer Weile winkte sie ihn zu sich und deutete auf Adriennes Hose, die mit Blut getränkt war. Er verstand und machte sich auf die Suche nach einem Sichtschutz.


Kühle Luft streichelte ihr Gesicht, sanfte Hände berührten ihre Wangen. Zuerst dachte sie, dass sie wohl nicht mehr am Leben war, bis sie den Geruch von Blut und Tod in der Nase hatte. Adrienne wimmerte als unsäglicher Schmerz durch ihren Körper fuhr.
"Schh", machte eine vertraute Stimme und die Finger wanderten weiter von ihrem Gesicht, zu ihrem Hals und Schlüsselbein.
"Du hast Glück gehabt", sagte jemand über ihr und ein Schemen wurde sichtbar.
Ihr Blick klarte weiter auf und sie erkannte Halarîn, die über sie gebeugt war. Sie trug noch immer ihre Rüstung und machte ein sorgenvolles Gesicht.
"Was ist geschehen?", fragte Adrienne matt und blickte an sich hinab.
Ihr Körper war zerschunden, die Haut übersäht mit blauen Flecken. Ihre Arme waren übel zugerichtet und gerade schob Halarîn den Stoff über ihrer linken Brust zur Seite. Dabei legte die Elbe einen blutigen Schnitt frei, der sich von der Brust quer bis zu ihrer Leiste zog. Der Stoff ihrer Kleidung hatte sich mit Blut vollgesogen, einzelne Stofffetzen klebten in der Wunde. Sie stöhnte schmerzhaft auf und schloss die tränenden Augen.
"Nicht die Augen schließen, bleib bei mir!", rief Halarîn in einem besorgten Tonfall und rief die Angst in ihr wach.
"Ich...Mein Bruder... wo?", brachte sie hervor und sog scharf die Luft ein, der Schmerz war unerträglich.
Sie öffnete die Augen und blickte die Elbe an, deren rote Haare unter dem Helm hervorlugten. Sie sah sie jedoch nicht an, sondern suchte offensichtlich in ihrer Tasche nach etwas.
"Haben wir... gesiegt..?", fragte Adrienne mühsam und versuchte den Schmerz zu verdrängen.
Halarîn zog ein silbernes Flächschen aus ihrer Tasche, entfernte den Korken und hielt ihr es an die Lippen. Adrienne öffnete den Mund und schluckte die Medizin, wärend die Elbe ihr die Hand auf den Brustkorb legte und einige Sätze in einer ihr unbekannten Sprache aufsagte. Sobald die sie endete, verklang der Schmerz nach und nach, ein Stechen blieb von der grässlichen Wunde übrig.
"Das hilft nur gegen den Schmerz, also bewege dich weiterhin nicht", erklärte Halarîn und begann sorgfältig die Wunde zu säubern.
Adrienne starrte zum Torbogen und ließ die Elbe ihre Arbeit machen, die inzwischen unzählige kleine Flaschen und Ampullen aus ihrer Tasche gezogen hatte. Sie war sich darüber klar, dass es großes Glück war von Halarîn verflegt zu werden. Hin und wieder kamen einige Mitgleider des Sternenbundes und fragten, wie es ihr gehen würde und boten an sie zu tragen, doch Halarîn war dagegen. Adrienne schwieg für eine ganze Weile und bemerkte, dass die Leute die vorbeigingen taktvoll zur Seite blickten. Ihr war es egal, bis schließlich Mathan zurückkehrte, der ein großes Tuch dabei hatte. Fragend blickte sie zwischen den beiden Elben hin und her, bis Halarîn sich leicht verlegen räusperte: "Ich muss deine Leiste untersuchen."
Adrienne starrte sie für einen Moment an, erinnerte sich aber dann an den Schmerz im Unterleib. Sie nickte, daraufhin warf Mathan das große Tuch über sie beide und schirmte sie vor den Blicken Anderer ab.
"Ginge das nicht woanders?", fragte sie leicht beschämt, doch die Elbe schüttelte den Kopf.
"Nein, sonst würde deine Wunde aufplatzen und wir können nichts mehr für dich tun", meldete sich Mathan, der erstaunlich gefühlslos sprach, "aber zum Glück ist sie nicht so tief", setzte er freundlicher nach. Seine Schritte entfernten sich.
Adrienne spürte, wie die Elbe ihre Hose herunterzog und scharf die Luft einsog.
"Ich weiß nicht wie, aber du hast mehr als nur Glück gehabt. Ich kenne niemanden, der mit so einer Wunde davongekommen ist.", verriet die Elbe ihr und begann ihre Leiste abzutupfen, beinahe bis in ihren privateren Bereich.
"Wer auch immer dich hier getroffen hat, hat zwei sehr präzise Schlage ausgeführt. Der Eine geht von der linken Brust bis zur Gürtellinie, der zweite ist aber der Schlimmste. Er geht von deiner Leiste bis in deinen Schritt."
Adrienne keuchte entsetzt und versuchte sich aufzurichten, wurde aber sanft am Boden gehalten. Sie ahnte, wer ihr diese Wunden zugefügt hatte, doch sie verkniff sich jedes Wort. Der Schmerz saß zu tief, die Vergangenheit war zu schwarz für sie. Die junge Frau zitterte am ganzen Körper und fragte sich, wie sie hier gefunden wurde. Ihr Zittern wurde so stark, dass Halarîn sie ihr einen beruhigenden Kuss auf die Wange drückte. Überrascht von dem Gefühlsausbruch der Elbe starrte sie sie an.
"Ich weiß nicht wer das war, aber glaube mir, wir werden ihn dafür bezahlen lassen.", vesprach sie ihr entschlossen.
"Wer auch immer meine Schülerin so zugerichtet hat, wird dafür an seinem Blut ersticken!", knurrte Mathan bedrohlich.
Adrienne legte den Kopf schief und erkannte undeutlich den Schatten des Elben durch das Tuch. Sie wunderte sich, warum sie ihn nicht hatte kommen hören. Ein kleiner Stich lenkte sie wieder ab.
"Ich muss das Chaos hier vernähen", entschuldigte sich die Elbe und Adrienne nickte sacht.


Mathan blickte auf das Tuch und wartete eine Weile, er war sich unschlüssig was er tun sollte. Ging aber dann doch zurück zum Katapult, das noch immer so stand, wie sie es zuletzt abgefeuert hatten. Auf einer Trage daneben lag Rainer aus Bree, der die Augen geschlossen hatte. Der Elb wusste, dass er nie wieder die Augen öffnen würde, genau wie einige andere Mitstreiter aus seiner Truppe. Schwer seufzend setzte er sich auf das Katapult und starrte Acharnor an, der neben ihm auf dem Gestell lag. Der Jugendliche erwiderte seinen Blick ausruckslos und hielt noch immer die Hand seines Vaters. Mathan wollte ihm die andere Hand halten, hielt jedoch inne, als er den Verband um den Arm Acharnors bemerkte. Sie sagten kein Wort sondern starrten nur einander an.
"Wie geht es meiner Schwester?", fragte er schließlich leise und strich seinem Vater über das Gesicht.
"Sie hat schwere Verletzungen am Oberkörper und an der Leiste", antwortete Mathan betreten und schüttelte den Kopf, "Ich hätte sie nicht alleine lassen sollen. Euch beide nicht."
"Nein, denn ihr beide habt den Ausfall erst ermöglicht", erwiderte Acharnor schwach und richtete sich auf, "durch Euch konnten wir erst den Feind vertreiben."
Mathan antwortete nicht sondern blickte auf den Verband um die Beine seines Schülers und ahnte etwas. Ein leiser Zweifel schlich sich in seine Gedanken, doch er brachte die Stimme zum schweigen. Er wollte die beiden Verletzten nicht noch weiter belasten. Sein Blick ging unwillkürlich zu Adanhad, dessen Gesicht von einem Banner bedeckt wurde. Acharnor schossen erneut die Tränen in die Augen und Mathan legte ihm eine Hand auf die Schulter.
"Wir haben einen hohen Preis bezahlt", presste Acharnor hervor und blickte dem Elben in die Augen, "doch das war es wert, denn ich gebe niemals meine Freiheit auf."
"Das hat er auch nicht getan.", stimmte er ihm zu und klopfte ihm auf die Schulter.
Halarîn trat zu ihnen, sie wirkte erschöpft und wischte sich das Blut von den Händen. Acharnor begann zu zittern, als er sah, wie einige Männer eine Trage vom Torbogen wegschafften. Tränen rollten ihm das Gesicht herunter, bis Halarîn die erlösende Nachricht verkündete: "Sie wird es wahrscheinlich schaffen."
Kraftlos ließ sich Acharnor zurücksacken und brach in Tränen aus. Die beiden Elben blickten sich an und legten ihm jeweils eine Hand auf ein Bein. Es dauerte lange, bis er wieder aufgehört hatte zu weinen und ein Schwall von Wörtern aus ihm herausbrach: "Adrienne ist die Einzige, die mir geblieben ist. Meine Mutter wurde in Gondor getötet und mein Vater-", er brach ab, schluchzte und umklammerte die Hand des Toten, "sie werden dafür bezahlen, sobald ich wieder laufen kann.", knurrte er mit einem plötzlichen Anflug an Hass.
"Wer?", fragte Halarîn und wechselte mit Mathan einen Blick.
"Die Schatten aus der Vergangenheit meiner Familie. Die, die uns überall hin verfolgen", antwortete Acharnor und löste die Hand von seinem Vater, "Die, denen wir Blutrache geschworen haben!", knurrte er und ballte die Hand zur Faust, ein einzelner Tropfen Blut löste sich und fiel zu Boden.
Mathan erinnerte sich, dass es unüblich war Blutrache zu schwören. Er konnte es nicht ganz zuordnen, doch Acharnor sprach weiter und es schmerzte den Elben zu sehen, wie übel er zugerichtet war. Mit zerschnittenen Beinen, einer halb zerfetzten Hand und einem abgerissenen Ohr lag er dort und sprach von Rache. Seine Augen loderten vor Zorn und seinem Kämpferherz. Halarîn brachte ihn wieder zur Vernunft, als sie von seiner Schwester sprach:" Ich glaube Adrienne wird da auch noch ein Wort mitzureden haben, immerhin scheint sie mehr zu wissen. Das respektiere ich auch aber wenn ihr wirklich die Schüler meines Gatten sein wollt, müsst ihr uns vertrauen. Außerdem kann und werde ich euch ebenfalls etwas beibringen, immerhin solltet ihr euch selbst versorgen können."
Acharnor nickte langsam und beruhigte sich. Stöhnend setzte er sich mit der Hilfe der beiden Elben auf und schwieg für eine ganze Weile. Gemeinsam saßen die drei dort und waren jeweils in ihren eigenen Gedanken versunken.

Fine:
Kerry vergaß für einen Augenblick ihre körperlichen und seelischen Schmerzen und raffte sich auf um Oronêl und Finelleth zu folgen. Die beiden Elben eilten an den Rand der Trümmer des Turms und blickten auf die südliche Ebene hinaus. Als Kerry neben sie trat sah sie, dass sich der Nebel endgültig verzogen hatte. Zu ihrer Rechten steigerten sich die Kämpfe am Tor zu einem lautstarken Höhepunkt, und sie beobachteten, wie die Verteidiger einen verzweifelten Ausfall machten. So gewaltig war der Ansturm dass die Reihen der Orks zu wanken begannen. Sie sahen, wie die ersten sich zur Flucht wandten, doch von ihrer Position konnten sie auch erkennen, dass ein beträchtlicher, noch intakter Teil des Heeres weiterhin geordnet blieb.
"Da hinten," sagte Finelleth, deren scharfe elbischen Augen den feindlichen Anführer entdeckt hatten, den Uruk-hai-Kommandanten der vor der Schlacht ans Tor geritten war. Ein schwarzgefiederter Vogel war auf seinem erhobenen Unterarm gelandet und schien ihm gerade eine Nachricht zu überbringen.
"Sieht aus, als bekäme er schlechte Neuigkeiten," stellte Oronêl fest, der den Blick auf den Uruk gerichtet. Dieser gab einem Untergebenen ein Zeichen und ließ ein großes Horn ertönen, dessen misstönender Klang über das Schlachtfeld hallte. Die Orks, die diszipliniert geblieben waren, setzten sich nun in Bewegung.
"Sie schicken ihre Reserven in den Kampf!" rief Kerry entsetzt. Es sah so aus, als würde der Ausfall den Verteidiger zum Verhängnis werden. Sie hatten ihre Deckung verlassen und waren nun auf offenem Feld ungeschützt. Sicherlich würden ihre Feinde das ausnutzen!

Da begann Finelleth unerwartet zu lachen. "Nein, Kerry, sieh doch! Die Orks ziehen ab! Sie wenden sich nach Nordwesten!"
"Glorwen," rief Oronêl. "Hast du freies Schussfeld auf den Anführer?"
"Mein Köcher ist leer," gab die Bogenschützin bedauernd zurück.
"Ebenso wie meiner", fügte Orophin hinzu.
Kerry blickte den davonmarschierenden Orks nach, die eine Staubwolke hinter sich aufwirbelten und einen Bogen um die Südwestecke der Stadt machten. Während das feindliche Heer verschwand, blieben ihre Zweifel. Sollte dieser Albtraum tatsächlich vorbei sein? Haben wir es tatsächlich geschafft? dachte sie. Doch dann holten sie die Geschehnisse der Schlacht ein. Nein, haben wir nicht. Nicht alle... Míra, der Dúnadan, so viele andere... sie haben es nicht geschafft. Sie spürte, wie ihr Körper weinen wollte, doch sie hatte keine Tränen mehr übrig. Stattdessen verfiel sie in einen Zustand schweigender Trauer.

"Wir sollten zum Tor gehen," schlug Oronêl vor. "Jetzt, da die Schlacht vorbei ist, können wir die Verwundeten versorgen. Komm, Kerry, hilf mir mal mit Mírwen!" Der Elb ergriff ihre Hand und sie leistete keinen Widerstand als er sie zu Irwyne und Mirwen hinüberzog. Valandur stützte Irwyne, die tapfer dreinblickte und sogar ein kleines Lächeln im Gesicht zeigte.
Oronêl legte sich Mírwens Arm um die Schulter und hob die Elbin hoch. "Stütze du ihren anderen Arm, und gib Acht, nicht ihre Verletzung zu berühren!" wies er Kerry an. Und so machten sie sich auf den Weg zum Tor. Gelmir, Fís und die beiden Hobbits bildeten gemeinsam mit Orophin und Mírwen die Nachhut und blickten sich wachsam nach versprengten Feinden um, doch bis auf drei fliehende Orks begegnete ihnen niemand. Finelleth, die vorausging, kümmerte sich um die Orks und ließ ihnen keine Chance, ihren Klingen zu entkommen. Sie suchten sich ihren Weg zwischen den unzähligen Leichen hindurch, die das Feld vor den Mauern Fornosts bedeckten. Immer wenn sie einen toten Menschen sah, blickte Kerry schnell zur Seite. Sie ertrug den Anblick nicht, denn die Augen der Getöteten schienen sie anklagend anzublicken. Wärst du nur eine bessere Kämpferin gewesen, beschuldigte sie selbst. Míra würde noch leben. Der Dúnadan hätte sich keine Sorgen um dich machen müssen und wäre nie zum Turm gekommen. Sie könnten alle noch am Leben sein. Du dummes, dummes Mädchen! Was hast du dir nur dabei gedacht, an der Schlacht teilzunehmen? Du hättest dich mit den Frauen und Kindern in den Häusern verstecken sollen! Dann wäre nichts von alldem geschehen!

So vertieft in ihre eigenen Gedanken kam die Ankunft am Tor überraschend für Kerry, und der plötzlich vor ihr auftauchende Graben riss sie jäh aus der Trance in der sie sich befand.
"Vorsicht, Kerry, gib Acht wohin du trittst," warnte Oronêl. Mírwen keuchte angestrengt und schlug die Augen auf als sie auf der anderen Seite des Grabens ankamen. Vorsichtig legten sie sie auf dem weichen Boden ab, und Finelleth winkte bereits einen Heiler herbei. Während Mírwen behandelt wurde sah Kerry sich um. Am Tor konnte sie Belen und Elrádan entdecken, die sich unterhalb des nun wieder aufrecht wehenden Banners des Sternenbundes unterhielten. Und sie sah, wie Gandalf zu den beiden trat und Elrádan die Hand auf die Schulter legte. Der Zauberer sagte etwas, das Kerry aufgrund der Entfernung nicht verstand, doch sie konnte sich denken, worum es ging. Als Elrádans Gesicht grau wurde und er sich taumelnd setzen musste wusste sie, dass ihre Vermutung richtig gewesen war.
Sorgenvoll schaute sie sich weiter um während sie mit Oronêl und die Elben durch das zerstörte Tor ging. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung, als sie Halarîn entdeckte, die mit Mathan neben einem jungen Krieger bei den Überresten des Katapults saßen und sich leise unterhielten. Zwar schrie alles in ihr danach, zu Halarîn zu rennen und bei ihr Trost zu finden, doch sie spürte, dass dies nicht der richtige Moment dafür war, oder bildete sich das zumindest ein. Irwyne, mit der sie während des Kampfes kurz geredet hatte und die Kerry sofort sympathisch gewesen war, hatte einen dicken Verband am Bein erhalten und half trotz ihrer eigenen Verletzung bereits fleißig bei der Versorgung der vielen, vielen Verwundeten mit. Also ging sie in Gandalfs Richtung, doch auch der Zauberer schien keine Zeit für Gespräche zu haben, denn er und Belen unterhielten sich bereits angeregt miteinander als Kerry in Hörweite kam.
"Hat er dabei irgendetwas gesagt?" fragte Gandalf gerade.
"Nein," gab Belen mit untypischer Verwunderung zurück. "So habe ich meinen Vetter noch nie erlebt. Es war, als wäre er... nicht er selbst."
"Hmmm," machte Gandalf nachdenklich.
"Dennoch ändert das nichts daran, dass Ardóneth versucht hat, mich zu töten, und das auf dem Höhepunkt der Schlacht. Diesen Verrat kann ich nicht ungestraft lassen."
"Ich rate zur Vorsicht," wandte Gandalf ein. "Die Angelegenheit muss gründlich untersucht werden."
"Vielen Dank für den Rat, Mithrandir, aber ich denke, ich werde das auf meine Weise klären. Dúnedain-Rechtsprechung ist hart, aber gerecht."
"Was hat Ardan getan?" mischte Kerry sich überrascht ein.
Belen fixierte sie mit einem misstrauischen Blick, doch es war Gandalf, der antwortete. "Kerry! Bin ich froh, dass du überlebt hast. Komm, lass dich ansehen." Er blickte ihr scharf in die Augen und nickte dann. "Ja, du kommst wieder in Ordnung. Du solltest nach Ardóneth sehen, mein Mädchen. Ich fürchte, hinter seinen Taten steckt mehr, als es auf den ersten Blick aussieht..."
"Was -" setzte Kerry an, doch Gandalf untebrach sie.
"Geh zur Rüsthalle. Ardóneth ist in den Verliesen dort eingesperrt. Vielleicht kannst du ihn dazu bringen, etwas Licht in die Angelegenheit zu schaffen..."
"Und ich gehe mit ihr," sagte ein kräftig gebauter Dúnadan, der eine große Zweihandaxt auf dem Rücken trug.
"Sei vorsichtig, Gílbard," sagte Belen. "Denk dran, es wird einen Richtspruch geben."
Gílbard nickte und bedeutete Kerry, mit ihm zu kommen. Sie zögerte einen Augenblick, doch als sie Oronêl zu Mathan und Halarîn gehen sah wusste sie, dass die beiden nun keine Zeit für sie haben würden, und vertröstete sich darauf, nachdem sie herausgefunden hatte, was Ardóneth zugestoßen war, noch mehr als genug Zeit haben würde, bei Halarîn Trost zu finden, und eilte dem Waldläufer hinterher, der sie schnellen Schrittes ins Innere der Stadt führte...


Gílbard und Kerry zum Versteck des Sternenbundes

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