Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Rohan
Holt
Thorondor the Eagle:
„Ich weiß nicht ob du dich daran erinnerst Celebithiel, es ist schon sehr lange her. An jenem Tag kehrte ich heim, aus dem Reich unter den goldenen Bäumen. Ich geleitete einige Elbensängerinnen aus Lothlorien zu den grauen Anfurten. Es war ein schöner Herbsttag. Die Sonne erwärmte ein letztes Mal die Täler und Gipfel des ehrwürdigen Nebelgebirges, ehe der ewige Schneefall hereinbrach. Wir hatten gerade den hohen Pass überquert als die Nacht hereinbrach.
Wir suchten damals Zuflucht im Hause Elronds im verborgenen Tal. An jenem Abend stieg ein atemberaubendes Fest in der großen Halle. Es gab guten, süßen Wein aus dem Osten und ein Mahl, größer als man sich heute noch vorstellen kann. Ganz Bruchtal war versammelt an jenem Abend. Ich saß dort auf der großen Tafel und aß und trank genüsslich. Ich lauschte der zauberhaften Musik der Sängerinnen, die alle Elben bis ins tiefste berührte. Es bereitete allen Freude und in mitten der Halle, dort wo die anderen tanzten, stand ein kleines Mädchen. Ihre blonden Haare waren zusammengebunden und sie trug ein blassgrünes Kleid. Sie hatte ein frohes Lächeln auf ihren Lippen und drehte sich unentwegt im Kreis. Erinnerst du dich noch daran; das warst du? Ich wusste seit ich dich das erste Mal sah, dass ich dich irgendwo her kenne.
Ich erinnere mich, wie du einem Elbenpaar auf der anderen Seite der Tanzfläche zugewunken hast. Sie lachten vergnügt, als sie dir zusahen“, erzählte Amrûn.
Celebithiel wirkte nachdenklich und ernst, so als ob sie sich an jenen Moment erinnern wollte, aber es nicht konnte.
„Und jetzt wo ich dich sehe und näher kennen gelernt habe, frage ich mich was aus diesem fröhlichen Mädchen geworden ist. Dein Äußeres ist noch immer wunderschön, doch dein von Trauer und Schmerz geprägter Weg hat dich sehr verändert. Das fröhliche Lächeln ist nicht mehr als eine schillernde Erinnerung aus alter Zeit. Hat dich dein Schicksal so geprägt? Und wie... woher nimmst du die Kraft dafür, hier zu kämpfen gegen jene Feinde die nicht einmal mehr wissen, ob sie deine Eltern ermordet haben? Ist Rache dein einziges Gelüst?“, fragte sie Amrûn, jedoch bereute er es im nächsten Moment schon wieder. Den Celebithiels schreckhafte Reaktion schmerzte ihn etwas.
Vexor:
In den Augen Amrûns sah sie das Abbild einer verschreckten und verängstigten Frau, welche die Wahrheit und ihre Vergangenheit fürchtete.
Warum fürchte ich mich so davor, ich bin nicht mehr so, ich werde nie mehr so sein!
Sie atmete die warme Nachtluft ein und blickte hinauf zum Mond ihren Schutzgefährten, bevor sie zögernd ansetzte: „ Weißt du Amrûn jenes fröhliche Mädchen starb zusammen mit ihren Eltern und ihre Fröhlichkeit segelte mit Celebrian, auf den weißen Schiffen nach Valinor. Jetzt bin ich jemand anderes, dessen Wegbegleiter die Trauer ist, aber dieses Schicksal stimmt mich nicht traurig, denn ich habe gelernt dadurch die Freude in jeder noch so winzigen Faser des Leben zu sehen; in den Erzählung des Flusses oder dem Gesang der Vögel im Frühjahr.“
Sie schloss die Augen und vor ihr sah sie die Gärten Bruchtals. Sie sah wie die Zitronenfalter ihren Tanz um die Blüten der weißen Lilien führten und die Bienen eifrig die Blüten des großen Kirschbaums um schwirrten. Sie sah die Eichhörnchen die Nüsse im braunen Herbstlaub suchen und sie sah, wie die Füchse Abdrücke im weißen Schnee hinterließen.
„ Weißt du was mich glücklich macht, wenn es mir nicht so gut geht? Ich versuche verschiedene Düfte und Farben wahrzunehmen und mich an jene zu erinnern, denn jeder empfindet etwas anderes, wenn er an eine Farbe denkt.
Celebrian brachte mir dies bei, als ich in einem Brunnen aus Trauer, nach dem Tod meiner Eltern, zu ertrinken drohte. So schmeckt die Farbe Rot für mich nach frischen Erdbeeren im Frühjahr, und die Farbe Gelb fühlt sich an, wie die weichen und warmen Strahlen der Sonne. Die Farbe Grün riecht für mich, wie frisch geschlagenes Gras und Blau, wie die Farbe des Himmels, an den die Boten Manwes ihre endlosen Kreise ziehen. Die Farbe Braun fühlt sich an, wie das nasse, braune Laub zwischen meinen Zehen nach einem Spaziergang im goldenen Oktober. Jedoch ist die Königin aller Farben für mich die Farbe Schwarz, denn sie fühlt sich an wie die Seide meines Kleides und riecht wie das Haar meines geliebten Vaters. Jene Erinnerungen verdrängen die Trauer, aber vertreiben sie nicht. Doch das will ich auch nicht, denn mein Schicksal ist es mit der Trauer zu leben, aber nicht in ihr. Also versuche ich sie so gut, wie möglich mit positiven Erinnerungen zu verdrängen.
Du fragtest mich des weiterem, woher ich die Kraft nehme für den Kampf gegen das Böse. Die Kraft gab mir Galadriel und allein für sie halte ich Stand und werde sie nicht enttäuschen. Die Rache ist ein Gelüst, welches in mir seit ich mein altes Leben verließ und Celebithiel wurde, schon lange nicht mehr empfinde. Ich sehne mich nur nach einem Ausgleich und möchte die Zukunft ohne das Böse gestalten.“
Sie machte eine kleine Pause bevor sie auffordernd zu Amrûn hinüber sah und ihn ein Lächeln schenkte. „ Sagt mir lieber Amrûn ist hiermit eure Frage befriedigt? Ich würde auch gerne noch mehr über euch erfahren“.
Thorondor the Eagle:
„Was ihr mir hier erzählt ist so unglaublich. Die Welt aus einem solch ungwöhnlichen Blickwinkel zu betrachten, habe ich noch nicht bedacht. Auf solch kleine Details zu achten und diese zu genießen...“, antwortete Amrûn. Er sah in ihre tränengefüllten Augen: „Aber ich weiß auch nicht ob ich das jemals konnte oder können werde. Mein Leben ist von Beginn an von Krieg gezeichnet, ich sah mich auserkoren den Spuren meines Vaters zu folgen.
Ihr müsst wissen, mein Vater war ein hoch angesehener Schiffbauer aus Alqualonde und ein großer Krieger. Er erlag nur wenige Wochen nach dem Sieg über Morgoth seinen unzähligen Wunden.
Meine Mutter war stets gegen den Krieg und gegen ihren Willen habe ich kämpfen gelernt und bin in die Schlacht gezogen. Ich erinnere mich genau als wir eines Tages an den Docks spielten und mit Holzstöcken Heldenkämpfe nachahmten. Meine Mutter saß an den Ufern der See. Sie war in eine seidene Decke gewickelt um dem kühlen Wind zu trotzen. Ihre Haut war in den letzten Wochen blasser geworden und sie wirkte sehr müde. Ihr leerer Blick starrte unentwegt in den Westen.
Sie folgte letztendlich ihrem Blick vor vielen Jahren, doch ich lehnte es ab. Das Leid machte ich mir selbst zur Bürde und das rettende Boot aus dieser jener Zeit habe ich abgelehnt. Ich habe mich gegen den Weg mit meiner Familie gewendet nur um hier ein Held zu sein. Um in die Fußstapfen unserer großen Vorfahren zu treten.
Jahrelang habe ich mir eingeredet nur geblieben zu sein um Mittelerde zu retten und meinen Freunden beizustehen und jetzt sind so viele Jahre vergangen und so viele Kriege zur Geschichte geworden, dass ich all meine Freunde an einer Hand abzählen kann und ich weite Reisen auf mich nehmen muss, um sie wiederzusehen.
Im Augenblick wünschte ich euch früher getroffen zu haben, denn die Welt mit euren Augen zu sehen, hätte vielleicht verhindert, dass sich meine Seele dem Westen zugewandt hat.“
Amrûn verharrte einen kurzen Moment. Er glaubte den sanften Duft des Meeres in seiner Nase zu vernehmen. Er schloss seine Augen und konzentrierte sich. Der Westwind brachte tatsächlich eine Brise mit sich, denn der leicht salzige Geruch war deutlich herauszufiltern.
„Sogar jetzt rieche ich den lauen Duft der See, hier mitten im Lande“, sagte er mehr zu sich selbst als zu seiner Zuhörerin: „Wenn diese Schlacht geschlagen ist und der Weg nach Mithlond wieder frei ist, werde ich in meine Heimat zurück gehen. Ich will das Meer wiedersehen und den strahlend hellen Sonnenuntergang der das Wasser in ein feuriges Rot taucht. Der Wind ruht niemals an den Klippen unserer Gefilde und die Zeit ward ewig in den Grauen Anfurten, der letzten Station der Elben von Mittelerde. Und wenn ich es für richtig empfinde, so werde auch ich diese finale Hürde hinter mir lassen und zu meiner Mutter und zu meinem Volk zurückkehren.
Nun weißt du wie meine Geschichte begonnen hat und wie sie enden wird. Ich hoffe ich habe euch nicht enttäuscht. Mehr als 6000 Jahre habe ich gebraucht um zu erkennen wo mein Ziel liegt, obwohl es mir immer vor den Füßen lag.“
Viele Stunden waren vergangen, während Celebithiel und Amrûn an der Spitze des Turmes saßen und aus ihrem Leben erzählten. Im Osten erhellte sich der Himmel wieder leicht: Die Morgendämmerung brach herein!
Die schwarzen Hügel der Westfold wurden wieder gelichtet und sie nahmen unzählige verschiedene Grautöne an. Allerdings dauerte es noch bis die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont kamen.
Vexor:
Schweigend saßen sie nebeneinander und genossen beide die Stille, hörten den leisen, oder manchmal kräftigen Atem des anderen. Die Welt zog an ihnen vorüber und sie waren Zuschauer, die kritisch dem Schauspiel folgten.
Sie sahen, wie das Schwarz der Nacht durchflutet wurde von dem Licht, der versteckten Sonne und die Vorführung erreichte ihren Höhepunkt mit dem Auftauchen des ersten Sonnenstrahles.
Jener tastete sich behutsam und scheu über den, mit Tau bedeckten, Boden und streichelte Celebithiel behutsam und kindlich über die Wange.
" Lass uns zu Gandalf gehen, er müsste schon wach sein Celebithiel!", sagte Amrûn während er sich langsam aufrichtete und ihr die Hand hin streckte, um ihr aufzuhelfen. Celebithiel zögerte und genoss die sanfte Berührung der Sonnenstrahlen und ihre Augen wandten sich hin zu den endlosen Gipfeln des Nebelgebirges. Sie konnte die Erregung nicht erwarten bis der gesamte Körper der Sonne über die Bergspitzen geklettert war, die einzelnen ihrer Strahlen, wie Arme nutzend.
Die Sonne war nun über die Berge gestiegen und das ganze Tal wurde langsam von den leuchtenden Licht durchflutet und die kleinen Bäume um Holt wirkten, wie Fasern feiner Seide in einem Meer aus Licht.
Celebithiel legte die Hand in die Amrûns, der sie behutsam nach oben zog. Er wollte sich zum gehen wenden, als Celebithiel ihm Einhalt gebot und seine Hand festhielt.
„ Warte Amrûn!“, sagte sie bestimmt, „ ich kenne deine Gefühle sehr gut, glaube mir. Ich weiß was du in der fühlst.“
Sie nahm seine Hand und fuhr mit ihren Fingern über seine Handfläche. Seine Haut war rissig, als würden sich tiefe Schluchten seiner Seele dort abzeichnen. Behutsam malte sie die Zeichnungen seiner Hand mit ihren Zeigefinger nach und schwieg.
Es kam ihr vor als wäre es komplett still geworden und nur sie beiden würden existieren. Sie ließ seine Hand los und sah zu ihm hinauf. Erst jetzt wurde ihr klar, wie viel größer er im Gegensatz zu ihr war und von welcher Anmut sein Gesicht war. Sie blickte in die grauen Augen und es kam ihr vor, als würde sich dort das endlose Meer wiederspiegeln und die Gischt der Wellen, wenn sie gegen die Häfen der Grauen Anfurten stieß.
Sie streichelte ihm die Wange und legte ihre Hand auf sein Herz und nahm gleichzeitig seine Hand und führte sie zu ihrem Herzen.
„ Verstehst du nun, was ich meinte mit den kleinen Dingen im Leben? Es ist nicht zu spät diese Dinge zu sehen und auch du wirst es früher oder später erkennen.“
Die beiden Elben standen dort und vernahmen beide den Herzschlag des anderen, während die Sonne weiter empor stieg und ihre Seele mit wärme füllte.
Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und stieg die Treppe hinab, aber Celebithiel wusste, dass sie und Amrûn nun für immer verbunden waren, denn sie spürte immer noch seinen Herzschlag.
Amrûn folgte ihr erst später nach.
Thorondor the Eagle:
Diese sonderbare Begegnung mit Celebithiel verwirrte Amrûn zutiefst. Er folgte ihr vorerst über die Leiter hinab und versuchte jene Situation zu verarbeiten. Der Elb wusste nicht genau was die Elbenmaid ihm damit sagen wollte.
Unten am steinernen Dorfplatz stand Gandalf. Er hatte seine Waffe zur Seite gelegt und pflegte sein Pferd mit einer Bürste. Der Zauberer fuhr dem Reittier behutsam über das Fell . Schattenfell schien jede Bewegung zu genießen, denn er gab ein beruhigendes Schnauben von sich. Antien saß bei Gandalfs Schwert und Stab, welche an der Gasthauswand lehnten.
„Da seid ihr ja, meine Freunde. Wo wart ihr die Nacht über?“
„Amrûn und ich saßen am hohen Turm und bewunderten den klaren Sternenhimmel. Wir haben über die vergangenen Tage gesprochen“, antwortete Celebithiel.
Gandalf nickte ihr zustimmend zu, denn er wusste, dass sie ihm neue Hoffnung schenkte.
„Das ist schön zu hören, denn ich hatte eine sehr unruhige Nacht und davon muss ich euch berichten. Als ich gestern die Umgebung von Holt durchquerte und nach Feinden Ausschau hielt, erspähte ich in der Nähe einen Schatten der sich in schnellem Ritt von Holt wegbewegte. Ich weiß nicht, ob er uns hier entdeckt hat, oder ob er an dem versteckten Ort nur vorbei gereist ist. Allerdings verheißt beides nichts gutes, denn meine Träume teilten mir heute Nacht mit, dass es sich um einen hohen Diener des Feindes handelt. Ich kann nur vermuten, dass es der Mund war, denn jeder andere hätte vermutlich den Kampf mit mir aufgenommen. Ich fürchte, dass der Krieg bald beginnen wird; wahrscheinlich der letzte den die Rohirrim austragen werden.“, berichtete der Zauberer, „Bald wird es soweit sein und ich fürchte um das schlimmste abzuwenden, müssen wir nach Edoras. Macht euch bereit für die Abreise, wir müssen spätestens morgen früh los.“
Amrûn hörte zwar was Gandalf sagte, war allerdings noch immer mit seinen Gedanken auf dem Turm. Er streichelte mit der Hand langsam über das glänzend weiße Fell des Pferdes. Als er seine Hand betrachtete bemerkte er, dass sich die aufklaffenden Risse geschlossen hatten und wieder verheilten.
War das die Macht von Celebithiel? Hat sie wirklich neuen Mut in mir erweckt, neue Stärke um die Zeit bis zu meiner Abreise erträglicher zu machen? Ich spüre jetzt noch das Kribbeln in der Hand, die sie sachte mit ihrer Hand umschmeichelt hat. 'Ich soll mich an den Kleinigkeiten des Lebens erfreuen' hat sie gesagt.
Er ging an den Rand des Platzes und wollte ein Büschel Gras für Schattenfell holen. Als er es berührte, zuckte er vor dem feuchten Tau zurück, der noch auf den Holmen lag. Er schaute in seine Hand und sie funkelte geradezu. Sie reflektierte das kräftige Licht der Sonne und erhellte das düstere Gesicht des Elben. Es erinnerte Amrûn an jenen Tag als seine Mutter abreiste. Der zauberhafte Meeresdunst hatte sich auf ihre Haut gelegt, wie ein seidenes Tuch. Sie sah damals so wunderschön aus, als hätte sie wieder Kraft gefunden, um ihren Weg weiter zu gehen.
Ich glaube ich habe nun verstanden was Celebithiel gemeint hat. Man soll sich immer an die Kleinigkeiten erinnern, denn selbst in den schlechtesten Zeit erlebt man jene guten Dinge, die das Leben erst lebenswert machen.
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