…Brianna, Paola und das rothaarige Mädchen vom Haus der KurtisanenEs war tiefschwarze Nacht, als sie den kleinen Platz erreichten, der in der Nähe der Verließe lag. Brianna keuchte und stützte sich an die Hauswand, als die drei eine kleine Pause machten. Entschlossen stellte sich Paola vor sie und fuhr ihr durchs braune Haar.
„ Brianna, es tut mir leid, aber weiter wirst du nicht gehen können. Nër und ich wissen, wie man an den Wachen vorbeikommt, aber bei du kennst dich in diesen Belangen nicht aus“, sagte Paola und überprüfte, ob ihr Dolch auch in der Halterung ihres Strumpfbandes saß.
Brianna schüttelte protestierend den Kopf, aber es vermochten sich keine Worte zu bilden, um ihren stummen Protest Nachdruck zu verleihen.
„ Du wartest hier, während wir beide in das Verließ eindringen, um das neueste zu erfahren“, forderte Paola Brianna noch einmal eindringlich auf, und als sie sich gerade umdrehen wollte, setzte sie noch mit monotoner Stimme nach, „ Und sollten wir vor der Dämmerung nicht zurück sein, verschwinde von hier Brianna!“.
Vollkommen irritiert nickte Brianna, bevor sie sich auf die kleine Parkbank setzte und den beiden hinterher blickte, die wie zwei Schatten über den Platz huschten, bevor sie von den steinernen Gassen verschlungen wurden.
Die beiden machten kein Geräusch und als sie die Wache erblickten, die vor dem Zugang zum Verließ patrouillierte, drückten sie sich schützend an die Mauer.
„ Vorsicht!“, zischte Paola mit ihren weichen Lippen, bevor ihre kakaobraunen Augen sich verengten und die Situation sondierten. „ Ich sehe nur eine Wache Nër….ich denke wir gehen beide“, flüsterte sie dem rothaarigen Mädchen zu, welches amüsiert die Lippen verzog.
Graziös lösten sich die beiden Schatten von der Wand und traten auf die Straße, die nur von wenigen Fackeln in warmes Licht getaucht wurde.
Kichernd steckten sie die Köpfe ineinander und blickten auffällig zu dem Wachmann. Jener, der äußerst dick war, schaute sich verdattert um, als er die zwei Frauen auf der Straße erblickte.
„ HEY! Ihr dürft um diese Uhrzeit nicht mehr auf der Straße sein“, brüllte er zu den Frauen herüber, die nur noch lauter kicherten.
„ Seid ihr beide TAUB?!!“, rief der Mann entrüstet, als Nër ihren Kopf hob und unschuldig mit den Augen klimperte.
„ Meinten sie uns gnädiger Herr?“, fragte sie mit der zuckersüßesten Stimme, die sie beherrschte und deutete, um ihre Frage zu verdeutlichen, mit dem Zeigefinger auf sich. Noch ehe der Wachmann etwas erwidern konnte, kam sie auf ihn zugeschlendert, während sie sich die roten Locken zwirbelte und betont die Hüften schweifen ließ.
Paola hatte demütig den Kopf gesenkt, aber folgte ihr nicht minder kokett.
„ Wir wissen dass es schon sehr spät ist“, flüsterte sie und stand nun direkt vor ihm. Er hatte grobporige Haut und war vielleicht gerade mal Zwanzig Jahre alt.
„ Denn..dennoch müsst ihr beide jetzt gehen! Vor den Ver…verließen darf sich niemand auf…aufhalten“, stotterte er, als er sah wie Nër ihr Haarband lockerte und sich die rote Mähne sanft über ihre Schultern legte.
Paola trat nun vor und blickte mit spielerischen Augen die Wache an, „ Du hast wunderschöne grüne Augen“.
Der Junge errötete und als Nër ihre Hand auf seinen Bauch legte, wurde im sichtlich unbehaglich.
„ Ist dir hier nicht ein wenig langweilig?“, sie stellte sich auf die Zehenspitzen, damit sie sein Ohr besser erreichte und hauchte verführerisch hinein, “ wir könnten in mein Zimmer gehen!“
„ I-i-ich…a-a-ab…d-as“, stammelte der junge vor sich hin, als Paola hin über das Gesicht streichelte.
„ Genau komm mit uns beiden mit“, sagte sie aufgeweckt und zog den Rock ein wenig nach oben, um mehr von ihrem Bein zu offenbaren.
Der Junge leckte sich die Lippen, als ein Schrei die Szenerie durchbrach und die Wache sich erschrocken umdrehte.
„ JEROMER! Was zum Teufel machst du da“, ertönte die militante Stimme einer anderen Wache, der gerade aus den Verließen kam. Er war mindestens um zwei Köpfe größer als Paola und auf jeden Fall mehr als doppelt so breit wie sie. Er trug seine Lanze fest in der Hand und eine kleine Ader pulsierte auf seiner Stirn.
„Ä-h-hm…das sind Freundinnen von mir“, stammelte Jeromer, dem das Blut nun vollkommen in den Kopf geschossen war.
„ Freundinnen?! Das ich nicht lache…das sind die Huren aus dem Kurtisanenhaus…die da…die Rothaarige hab ich doch schon mal flachgelegt“, spottete er und zog Nër an den Haaren zu sich.
Das Mädchen kreischte und Paola zischte, „ Verdammt!“.
„ Nicht war…du wolltest es richtig dreckig“, sagte er und leckte ihr übers Gesicht. Das Mädchen fuchtelte mit den Armen und versuchte dem Klammergriff der Wache zu entgehen.
Die Wache sank zu Boden, als Paola das Messer aus seiner Kehle zog. Schnell ergoss sich das Blut auf dem steinernen Boden und tränkte es damit.
„ Niemand fasst ungefragt meine Mädchen an“, fauchte Paola und spuckte auf die tote Wache am Boden. Ernst drehten sich die beiden um, und alles Verführerische war von ihnen gewichen. Paolas Schläfen pulsierten und Nërs Gesicht war rotangelaufen, vor Zorn und Schamgefühl.
„ Und was ist mit dir Jeromer?“, fragte Paola spöttisch, „ wenn du gehst und keinen Alarm schlägst kommst du davon, andererseits endest du wie dein Freund da!“.
Warum habe ich so alleine ziehen lassen? Was mache ich denn jetzt hier eigentlich? Brianna hatte die Arme verschränkt und ging nervös den kleinen Platz auf und ab. Vor Nervosität fing sie an ihre Fingernägel zu kauen, um sich irgendwie abzulenken.
Verdammt! Wo bleiben die denn nur?...Ob es ein Mädchen, oder ein Junge wird?...Ich mache mir langsam Sorgen!...Wie wird Araloth darauf reagieren?...Vielleicht sollte ich ihnen hinterherlaufen?Ihre Gedanken rasten, und als sie ein leises Kreischen vernahm, erstarrte sie augenblicklich. Sie zögerte, entschied sich daraufhin dennoch Richtung Verließ zu laufen.
Sie spurtete und erschreckte sich beinahe zu Tode, als eine Woche mit leichenbleichen Gesicht ihr wortlos entgegen gesprintet kam, und sie keines Blickes würdigte.
Bereits einen Moment später klärte sich die Situation für Brianna, als sie Paola und Nër erblickte, die über einen Mann standen und sich angeregt unterhielten.
Sie sah das Blut und übergab sich.