...Gimli und Helluin aus Edoras„Ich kann dir gar nicht sagen wie sehr ich mich auf ein deftiges Zwergenbier freue, kräftig und resch. Nicht so ein lindes Gebräu wie es die Menschen trinken, von den Elben wollen wir hier gar nicht erst reden“, brummte Gimli hinter dem Dúnadan am Pferd sitzend. Die Vorfreude in seiner Stimme war deutlich herauszuhören. „Hast du schon einmal eines gekostet, Jungchen?“
„Nein“, antwortet Helluin knapp.
„Ah, dann kannst du dich auf etwas Köstliches und Einmaliges freuen – wie es sanft den Gaumen umspielt und langsam den Rachen hinunterläuft. Argh“, bei dem letzten Geräusch sah Helluin den Zwerg regelrecht vor sich, wie er nach einem Tropfen dieses Getränkes ächzte „Auch mit deiner Vorgeschichte, wird mein Volk gastfreundlich zu dir sein, dafür werde ich schon sorgen.“
„Mhm“, stimmte der junge Mann zu. Seine Gedanken kreisten noch um seinen Aufenthalt in Edoras.
„Meduseld“, hauchte Aragorn als er durch die Halle ging. Sein Blick war nach oben gerichtet, ein wenig Licht drang durch die Fenster unter dem Dach herein.
„Ja, wir sind wieder hier“, antwortete Gandalf.
Der König Gondors wirkte ehrfürchtig, aber nicht vor diesem Gemäuer, vielmehr - so vermutete Helluin - vor seinem Schicksal, dass ihn nach all den Jahren der Gefangenschaft wieder hierhergeführt hatte.
„Und jedes Mal als ich hier ankam, war ich auf dem Weg in die Schlacht.“
„Auch etwas, dass sich nicht verändert hat“, entgegnete der Zauberer mit einem scherzhaften, aber bedrückten Lachen.
Der Duft von frisch gebeiztem Holz lag noch deutlich in der Luft. Helluin mochte es, denn es wirkte beruhigend auf ihn. Dass dieses Gebäude vor kurzem errichtet wurde, sah man nur bei genauem Hinschauen. Es wirkte nach wie vor sehr erhaben, als wären seit jeher die wichtigsten Entscheidungen dieses Landes hier gefällt worden.
„Als ich das letzte Mal hier vorbeikam, waren die Bauarbeiten noch nicht weit fortgeschritten“, berichtete Gandalf „Es überrascht mich sehr, auf eine positive und negative Weise.“
„Was ist dem negatives abzugewinnen?“, fragte Helluin.
„Auf den ersten Blick mag es positiv wirken und Gandalf und ich freuen uns auch, dass es so rasch voran geht. Allerdings wird Königin Eowyn nach der Fertigstellung die Menschen, samt Hof und Soldaten wieder hierher nach Edoras verlegen.“
„Und so, weiter weg von der Grenze Gondors und ihrem Feind“, beendete der Junge den Satz.
„Ganz recht.“
„Aber Onkel, wenn du die Königin bittest ihre Soldaten in Aldburg zu belassen, zumindest einen Teil davon… denkst du nicht sie würde dem Wunsch Folge leisten?“
„Das klingt nach einer interessanten Idee von unserem jungen Heermeister“, hakte der Zauberer in das Gespräch ein. Er drehte sich dabei fordernd zu Aragorn, stütze sich aber auf seinen Stab: „Es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn man um Hilfe bittet um gegen einen so übermächtigen Feind anzutreten.“
„Ich scheue mich nicht davor um Hilfe zu bitten, das weißt du sehr genau Mithrandir. Hier geht es um Fairness. Eowyn soll für ihr Volk tun, was sie für richtig hält ohne die Stimmen der anderen im Ohr zu haben. Rohan hat schon zu lange unter dem Einfluss der anderen gelebt und es brachte ihm nur Verderben.“
„Diese Tage sind verdorben, was soll daraus hervorgehen?“, fragte Gandalf resigniert.
„Du“, ergriff nun Helluin nochmal das Wort und deutete dabei auf Aragorn „erzähltest mir in meiner Kindheit von den Rohirrim und den schnellen Pferden auf denen sie geritten kamen. Niemand würde sie einholen können, nicht einmal die geflügelten Bestien des Ostens. Ob Aldburg oder Edoras, Königin Eowyn wird euch immer unterstützen und die Rohirrim werden mit Sicherheit rechtzeitig ankommen.“
Gandalf wirkte ein wenig besänftigt. Aragorn nickte und deutete ein Lächeln an: „Hier also trennen sich unsere Wege schon wieder. Das bedaure ich sehr.“
„Das bedeutet aber nicht, dass wir uns nicht bald wiedersehen. Vielleicht verschlägt es mich bald zu dir nach Gondor.“
„Dort wärst du mir eine große Unterstützung.“
„Ich habe noch etwas für dich, Onkel“, sagte nun Helluin. Scham überkam ihn und er schaute zu Boden. Mit einer Hand griff er in sein Reisegepäck und kramte ein altes Leinentuch hervor. Mit den flachen Händen hielt er es Aragorn hin. Dieser bemerkte, dass darin etwas eingewickelt war und öffnete es. Zum Vorschein kam das Elendilmir mit dem weißen Stein Elendil’s.
„Woher hast du das?“, fragte Aragorn erstaunt und lenkte damit sogar die Aufmerksamkeit Gandalf’s auf das Schmuckstück.
„Saruman übergab es mir vor einiger Zeit. Er fand es einst auf den Schwertelfeldern, als er auf der Suche nach dem einen Ring war. Ich schäme mich zutiefst es in meinem Hochmut selbst getragen zu haben.“
Eine seltsame Faszination überkam den König. „Es hat von seinem Glanz nichts verloren“, flüsterte Aragorn und strich mit zwei Fingerspitzen über den Mithrilreif seiner Vorgänger. Das Licht des Steines spiegelte sich in seinen Augen wider.
„Der Hochmut seiner vergangenen Träger hat sie letztlich alle in den Tod geführt und das nördliche Königreich wurde ausgelöscht. Du aber hast nach all dieser Zeit gelernt demütig zu sein, junger Freund, ich denke nicht, dass du ihr Schicksal so schnell teilen wirst“, beschwichtigte der Zauberer den Dúnadan.
Aragorn deckte den Stirnreif wieder mit dem Leinen zu und drückte die Hände seines Neffen von sich: „Von ganzen Herzen bitte ich dich, bringe das Elendilmir nach Imladris zu Arwen. Mögen der Abendstern und der Stern des Nordens dort vereint sein, bis sich seine Träger dort wieder begegnen werden.“ Seine Augen bargen Tränen, als er ihren Namen in den Mund nahm.
„Woran denkst du?“, fragte der Zwerg plötzlich und holte den Dúnadan so in die Gegenwart zurück.
„Nichts weiter.“
„Wärst du lieber mit Aragorn geritten?“
„Er hat mich aus der Gefngenschaft befreit, ist es da nicht normal sich in seiner Schuld zu fühlen?“
„Du stehst in seiner Schuld, da hast du Recht. Dies bedeutet aber nicht, dass du immer Seite an Seite mit ihm reiten musst. Du kannst ihm und seiner Sache auch auf andere Weise unterstützen.“
Helluin dachte an das Elendilmir in seiner Tasche.
Eigentlich hat mir Aragorn eine sehr wichtige Aufgabe übertragen. Ich darf… oder ich muss Arwen die Botschaft seines Überlebens und seiner Freiheit überbringen und gleichzeitig mitteilen, dass er es wieder vorzog in den Krieg zu ziehen. Immer nur von Ungewissheit geplagt zuhause sitzen und nichts tun können als warten... Es muss ein furchtbares Gefühl sein. Es ist ein furchtbares Gefühl, Mama ist es auch viele Jahre so ergangen. „Sieh nur!“, forderte ihn Gimli auf und erst jetzt erspähte der Dúndan in der Ferne, am Ende des Tales der Ered Nimrain den kolossalen Turm von Helms Klamm.
„Wir sind da. Ich rieche schon das Festmahl in meiner Nase und spüre schon das zarte Fleisch zwischen meinen Zähnen. Nichts gibt es Besseres als die Speisen aus den Händen einer wunderhübschen Zwergenfrau.“
„Darf ich daran zweifeln, Gimli?“
„Du wirst es schon schmecken“, antwortete er leicht eingeschnappt.
Im Galopp ritten sie den breitgetretnen Pfad entlang direkt auf die Burg zu. Immer wieder saßen Krähen und andere Vögel auf dem Weg und suchten nach Essbarem. Mit den Flügeln wild umher schlagend stürzten sie sich aber von der Straße um von Helluin’s Pferd nicht zertrampelt zu werden. Einer der Vögel, er hatte wohl einen verletzten Flügel, konnte nur holprig von der Straße abheben. Mit Müh und Not erhob er sich in die Lüfte, schaffte es aber nicht hoch genug zu fliegen. Er streifte Helluins rechten Arm und verhedderte sich schließlich im Lederriehmen an dem Gimli seine Axt befestigt hatte.
„Argh“, hörte Helluin den Zwerg knurren. Er versuchte das Pferd zu bremsen.
„Verdammtes Federvieh…. Hau ab.“
Das Pferd kam zum stehen.
Dem Zwerg entkam noch ein Schmerzschrei, aber als Helluin sich umdrehte, flog die Krähe bereits mit ihrem demolierten Flügel davon.
„Alles in Ordnung?“, fragte der Dúnadan.
„Verdammte Crebain“, fluchte er „Setzt sie Saruman nun schon als Krieger ein? Mit solch einer Scharlatanerie wirfst du einen Zwerg sicher nicht vom Pferd!“ Schrie Gimli und hob drohend die Hand gegen den Himmel, der Krähe hinterher.
„Saruman?“, fragte Helluin den Zwerg.
„Ja, Saruman. Schon damals als wir von Bruchtal aus aufbrachen, benutzte sie der Zauberer als Kundschafter.“
Helluin vernahm Pferdegetrampel, er schaute Richtung Burg und sah drei berittene Rohirrim auf sie zukommen.
„Hier heißt uns wohl jemand Willkommen“, stellte Helluin besorgt fest. Er biss sich nervös auf die Lippen.
„Mach dir keine Sorgen Junge, ich mach das schon. Immerhin bin ich ein Zwerg und Zwerge sind hier willkommen.“
„Aber ob auch ein Verräter der Dunedain wilkommen ist?“