Galanthir, Angvagor und Finelleth aus dem Lager der Elben bei AldburgBericht von der Reise von Thranduils KundschafternDie weiten Ebenen Rohans flogen an ihnen vorbei, als sie ihre Rösser zur Eile antrieben. Die Pferde, die sie in Aldburg von den Rohirrim erhalten hatten waren ausdauernd und schnell. Dies war ihre Heimat, die Riddermark, in der die Tiere sich auskannten. Schon bald sahen die drei Elben in der Ferne die Emyn Muil immer höher vor ihnen aufragen.
Dies war der Ostwall Rohans, die Grenze der Riddermark, hinter der der Große Strom die Argonath passierte und den tiefblauen Nen Hithoel füllte, bevor er über die Klippen gen Gondor hinabstürzte. Und je näher sie kamen, desto deutlicher konnten sie des Rauros' nie verklingende Stimme rauschen hören. Keine Wolke war am Himmel zu sehen, und unter ihren dunkelgrünen Kapuzen begann es heißer zu werden, denn die Sonne schien unvermindert auf sie herab.
An der Stelle, an der das hohe Grasland gegen die Felsen brandete ließen sie die Pferde frei laufen. Sie würden den Weg zurück nach Aldburg von alleine finden, denn es waren kluge und aufmerksame Tiere. Die Kundschafter machten sich auf den Weg durch die bewaldeten Hügel der Emyn Muil, sich dabei stets in Richtung Osten haltend. Da sie außer ihren Waffen und Reiseproviant kaum etwas dabei hatten kamen sie mit leichtem Gepäck schnell voran. Die Spitze des Amon Hen wuchs vor ihnen stetig in die Höhe, bis sie schließlich bei dem alten gondorischen Sitz des Sehens auf den Gipfel ankamen.
Galanthir, der stets behauptete, die schärfsten Augen zu haben, ließ seinen Blick von dem Aussichtspunkt in die Ferne schweifen, während Finelleth und Angvagor die mitgebrachte Karte ausbreiteten und sich über ihre Reiseroute unterhielten. Im Norden sah er Rauch von den Wäldern Lothlóriens aufsteigen, während er im Süden über Gondor kreisend die Ringgeister auf ihren geflügelten Schatten zu erkennen glaubte. Im Westen breitete sich die Riddermark vor ihm aus, über deren Felder Reiter preschten um die Rohirrim zur Heerschau zu rufen. Im Osten schien alles ruhig zu sein - eine wachsame Stille schien sich über die leeren Lande dort gelegt zu haben. Er wandte den Blick ab und gesellte sich zu seinen Gefährten.
Finelleth strich sich die sandblonden Haare aus dem Gesicht und zeigte auf die Karte, die vor ihr auf den Boden lag. "Wir müssen uns entscheiden, wo wir den Anduin überqueren," sagte sie und fuhr mit dem Finger über die blaue Linie, die den Großen Strom darstellte. Angvagor stand neben ihr und hatte die Arme verschränkt, woran man seine für gewöhnlich düstere Laune erkennen konnte. Dennoch war er genauso auf seine Aufgabe konzentriert wie seine beiden Gefährten. "Eine Seilbrücke zum Tol Brandir und von dort zum Ostufer könnte funktionieren," schlug er vor.
Galanthir zog das aus
Hithlain gefertige Seil hervor. Es war das einzige, das sie mit sich führten.
Keine Meile ohne Seile - der alte Elbenspruch war ihnen natürlich bekannt. "Ich stimme zu, dass die Überquerung wenn möglich hier im Süden erfolgen muss," sagte er. "Lasst uns nachsehen, ob das Seil lange genug ist." Sie packten die Karte rasch ein, nahmen ihre Waffen und ihr Gepäck auf und begannen, den bewaldeten Hang zum Seeufer hinabzusteigen.
Unten angekommen mussten sie schon bald feststellen, dass die Länge des Seils nicht einmal annähernd bis zum Zinnenfels reichte. "Ich kann auch keine Stelle erkennen, an der wir es von hier aus hätten befestigen können," sagte Galanthir, der mit Angvagor am Ufer stand und aus dem Schatten der Bäume herüberspähte. Da hörten sie Finelleth rufen: "Seht euch an, was sich hier findet!" Die Elbin hockte ein Stück weiter nördlich neben einem großen Felsen. Direkt daneben fanden sie unter einem Haufen Laub und Geäst verborgen ein aus hellem Holz gefertigtes Boot - unverkennbar aus elbischer Herstellung. Wie es hierher gekommen und wer es versteckt hatte konnten sie nicht herausfinden. Es war in gutem Zustand, und trug die drei Kundschafter mühelos über den breiten Nen Hithoel.
Galanthir deutete den Fund des Bootes als Zeichen, dass ihre Fahrt unter einem guten Stern stand. Angvagor bezeichnete diese Aussage als Unsinn und sagte voraus, die wahren Schwierigkeiten stünden ihnen noch bevor. Finelleth beschloss, den ruhigen Moment zu genießen und blendete das Gespräch der beiden Elben aus, als sie über das klare Wasser glitten. Am Ostufer angekommen verfielen sie sogleich wieder in eine wachsame Haltung, und der Moment der Sorglosigkeit verstrich. Sie befanden sich nun im Feindesland.
Eilig versteckten sie das Boot auf ähnliche Weise wie sie es vorgefunden hatten, und setzten dann ihre Reise in nordöstlicher Richtung durch die Emyn Muil fort.
Galanthir, Angvagor und Finelleth in die Braunen Lande