Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Lothlorien
Der Kampf gegen den Hexenkönig
Khamul:
Die Schatten, die sich über die Lichtung gelegt hatten, gaben Jutan nur langsam frei. Er war kaum zum Atmen fähig und konnte keinen einzigen Muskel seines Körpers bewegen.
Eben hatte der Hexenkönig Glorfindel mit ungeheurer Wucht niedergeschlagen, und Maethor war von einem unnatürlich mächtigen Wind gegen einen Baum geschleudert worden.
"Dafür wirst du leiden!", ertönte die zischende Stimme des Hexenkönigs in seinem Ohr. Nur bruchstückhaft bemerkte er, dass sein Feind ihn direkt ansah mit seinen matt rot leuchtenden Augen, die sich zwischen der eisernen Krone und dem Saum der schwarzen Gewänder befanden, so sehr saß ihm die Furcht in den Gliedern.
Ich darf mich nicht von der Furcht beherrschen lassen! Komm schon, Jutan, reiß dich endlich zusammen! Du darfst ihn nicht an seinen Morgenstern kommen lassen, ansonsten hast du gleich verloren!
Als wäre er aus einem Traum erwacht, gehorchten seine Glieder plötzlich wieder seinen Befehlen. Obwohl er noch immer große Furcht in seinem Innersten verspürte, griff er direkt an. Er selbst konnte kaum glauben, dass es seine Angst bezwungen hatte, doch ihm war es tatsächlich gelungen.
Obwohl der Hexenkönig kein Gesicht besaß, war es ihm anzumerken, dass er wohl überrascht war. Schneller als Jutan es erwartet hatte erhob sein Gegner die Klinge zur Parade. Stahl schlug auf Stahl, der Hexenkönig drückte Jutan ein Stück von sich weg und ging sofort zum Gegenangriff über. Erneut kreuzten sich die Schwerter der Beiden. Jutan spürte, dass sein Gegner stärker war als er selbst. Aus den Augenwinkeln hinaus sah er, wie Maethor sich schon wieder rührte.
Wenn ich ihn noch so lange hinhalten kann, bis Maethor wieder hochkommt, haben wir vielleicht noch eine Chance auf den Sieg!
Völlig unerwartet sprach der Hexenkönig ihn an: „Ich kann mir nicht vorstellen, wie du meine Diener bezwungen hast. Doch auch wenn dies dein Verdienst gewesen ist, so überschätzt du dich, wenn du glaubst, mich besiegen zu können!“
Der Schreck, den er besiegt geglaubt hatte, fuhr ihm wieder in seine Glieder. Seine Hände wurden feucht, seine Kehle brachte keinen Laut hervor. Wenn der Hexenkönig ein Gesicht hätte würde er wohl grinsen, so schien es Jutan nun. Auch die Augen schienen zu blitzen, wie wenn ein Mensch lachen würde. Der Hexenkönig war aber kein Mensch! Plötzlich sah er längst vergessen geglaubte Bilder vor seinen Augen...
... Jutan suchte unter den unzähligen Orkkadavern den Menschen, der ihm am Meisten bedeutete in seinem Leben. Er hatte ihm das Fechten gelehrt, wie man Vieh großzieht, wie man reitet... Er war der wichtigste Mensch für ihn! Er durfte einfach nicht tot sein, nicht nach alledem!
Auch viele gefallene Rohirrim lagen auf den zerstörten Mauern von Helms Klamm. Der Anblick ihrer Körper, ihre weit offenen Augen, all dies löste Furcht und starken Brechreiz in ihm aus. Er durfte jedoch nicht aufgeben! Es galt, seinen Vater zu finden!
Er eilte den Wehrgang hinauf auf die Mauer, auf der er selbst Seite an Seite mit seinem Vater gefochten hatte. Jutan wäre bis zum Bitteren Ende an dessen Seite geblieben, doch dieser hatte ihm befohlen, in die Hornburg zu fliehen, er hatte ihm noch ein wenig Zeit verschaffen wollen. Natürlich hatte er auch Angst gehabt, doch sein Vater war es ihm Wert gewesen, sich dieser zu stellen. Jetzt verfluchte er sich jedoch für seine Feigheit. Er hätte wirklich bis zum bitteren Ende bleiben sollen, Seite an Seite mit seinem Vater kämpfen und sterben!
Schon war er an den ersten Toten angelangt, es waren jedoch nur Orks. Sein Vater war bestimmt noch am Leben! Nicht einmal diese großwüchsigen Orks hätten es mit ihm aufnehmen können, nicht mit Jutans Vater!
Sein Vater hatte ein besonderes Erkennungsmerkmal, er besaß nämlich ein besonderes Kurzschwert, welches nicht so silbrig glänzend war wie die anderen metallenen Schwerter, sondern eher golden war, jedoch nicht aus diesem edelsten Metall bestand. Es bestand aus dem Stoff Bronze, und es war in ganz Helms Klamm das Erkennungsmerkmal von Jutans Vater gewesen. An ebendiesem Schwert würde er ihn erkennen können, egal wie sehr ihn die Orks geschändet hatten!
Die meisten der Toten hatten noch ihre Schwerter bei sich. Alle glänzten sie silbrig, die Orksäbel in einem matten grau. Bronze war jedoch nicht dabei. Er musste weiter suchen!
Und da sah er ihn, seinen Vater, nur einige Schritt weit vor ihm, an der Mauer kniend, ein Ork vor ihm liegend. Sein Herz schien stillzustehen. Da lag er, und er rührte sich nicht. Jutan hechtete zu ihm, und jeder Herzschlag kam ihm wie eine Ewigkeit vor, während er immer näher kam. Vom Gesicht her war es sein Vater, doch hatte er auch das Schwert?
Bei ihm angekommen, hievte Jutan den Ork von seinem Vater. In der Brust des Scheusals steckte noch das Schwert, welches ihn erschlagen hatte – ein bronzenes Schwert, das seines Vaters!
Schnell blickte er zu ihm, den Menschen, der ihm am Meisten bedeutete. Sein Gesicht war ganz ruhig, so als würde er nur schlafen. Jutan war schon den Tränen nahe. Warum nur war er nicht an seiner Seite gewesen?
Plötzlich öffnete sein Vater die Augen, sie leuchteten matt rot und blickten Jutan boshaft und hasserfüllt an. Er stieß Jutan grob weg von sich. Was war nur mit ihm los? Jutan wusste nicht mehr, ob er fröhlich darüber sein sollte, dass sein Vater noch lebte, oder ob er Angst vor ihm haben sollte.
Entsetzt sah er zu, wie sein Vater einen Gegenstand, der ihm bis dahin noch nicht aufgefallen war, vom Boden aufhob. Es war eine eiserne Krone! Sein Vater setzte sich die Krone auf, und seine Augen leuchteten boshaft zu Jutan.
„Aufhören! Ich weiß, dass dies nur eine Illusion von dir ist!“ Kaum hatte er dies gerufen, drehte sich alles um ihn herum, und formte sich langsam zur Lichtung, auf der er eigentlich stand. Auch sein Vater veränderte sich, sein Gesicht verblasste und seine Kleidung wurde schwarz. Am Ende hatte er gar kein Gesicht mehr, nur noch die matt leuchtenden roten Augen waren geblieben – der Hexenkönig!
„Aufhören! Aufhören, habe ich gesagt!“
Es schien Jutan, als sein er eben in seinen Körper hineingefallen. Der Hexenkönig stand nun direkt vor ihm, er hatte sich nicht bewegt. Noch immer hatte er sein schwarzes Schwert in der Rechten, gekreuzt mit der Elbenklinge, und der Morgenstern lag nicht weit entfernt.
Jutan selbst aber war durchströmt von verschiedensten Gefühlen. Zum Einen hatte er unglaublichen Zorn auf den Hexenkönig, weil dieser in seinen Gedanken herumgewühlt hatte, zum Anderen standen ihm schon die Tränen in den Augen, weil ihn diese Erinnerung immer mit tiefster Traurigkeit erfüllte, daher hatte er versucht, dieses Ereignis zu vergessen. Es gab nur eine Sache, die ihn daran hinderte, den Hexenkönig direkt anzugreifen, seine eigene Furcht vor seinem Feind.
Dieser begann plötzlich zu lachen, ein kaltes, gefühlsloses Lachen, und er sagte in mitleidvollem, fast kindischem Tonfall: „Dein Vater ist also tot? So viel hat er dir bedeutet? Armer, kleiner Rohirrim! Ich werde dich trösten.“
Der geschichtslose König streckte seine von einem metallenen Handschuh umgebene linke Hand nach Jutans Gesicht aus. Sein Verstand wehrte sich dagegen, doch irgendwie nahmen ihn die Augen seines Feindes zu sehr in ihren Bann. Er hatte das Gefühl, der Hexenkönig verspüre wirklich Mitleid mit ihm!
Als die Hand des dunklen Fürsten sein Gesicht berührte und es streichelte, zuckte er leicht zusammen von der Kälte dieser Berührung. Der Hexenkönig war viel größer als er selbst, und er wirkte auf Einmal nicht mehr so dunkel, sondern eher väterlich und voller Mitleid.
Von einem Moment auf den Anderen verging dieses Bild in Jutans Gedanken jedoch wieder, denn der Hexenkönig erhob plötzlich sein schwarzes Schwert, und zischte, wieder in seinem üblichen, markerschütternden Tonfall: „Du Narr! Glaubst du tatsächlich, der Fürst der Nazgûl empfände Mitleid mit seinen Opfern? Nun denn, sei ab jetzt gefangen zwischen Leben und Tod, verdammt dazu, auf Ewig mein Sklave zu sein!“
Langsam zielte der Hexenkönig mit seinem Schwert auf Jutans Brust. Er wollte schreien, davonlaufen, doch seine Glieder gehorchten ihm nicht. Die Furcht, die der Hexenkönig ausströmte, hatte ihn wieder vollständig im Griff.
Komm schon, Jutan! Du hast es eben erst geschafft, deine Angst zu besiegen, du kannst es auch noch einmal!
Die Klinge des Hexenkönigs stieß vor, und Jutan schaffte es endlich, sich zu bewegen. Er wollte sich unter der Waffe seines Feindes wegducken, doch er war zu langsam. Sengender Schmerz fuhr durch seinen Körper, als das schwarze Schwert seine linke Schulter durchbohrte, direkt gefolgt von unglaublicher Kälte, die sich binnen eines Herzschlags über seinen ganzen Körper ausbreitete. Vor seinem inneren Auge spielten sich die schlimmsten Erinnerungen seines Lebens ab.
Jetzt ist es aus mit mir! Maethor, so komm doch endlich!
Lord of Mordor:
Wie durch einen Schleier sah Maethor, wie der Hexenkönig dem Jungen die Morgulklinge in die Schulter rammte. Er biss die Zähne zusammen, richtete sich langsam auf und packte sein Schwert.
In 3000 Jahren habe ich keinen Kampfgefährten im Stich gelassen, und ich werde jetzt nicht damit anfangen.
Der Ringgeist ging langsam zu Werke, quälte den Jungen, fühlte sich bereits als Sieger.
Dieser Narr... weder von meinem noch von Glorfindels Tod hat er sich überzeugt.
Maethor atmete einmal tief ein, dann rief er dem Nazgûl zu:
"Hättet ihr euch nicht erst einmal vergewissern sollen, dass eure Feinde auch wirklich alle tot sind?"
Der Hexenkönig drehte sich nicht sofort zu ihm um. Erst zog er langsam seine Waffe aus Jutans Schulter, dann wandte er seinen Kopf in Maethors Richtung.
"Du hättest liegen bleiben sollen, du erbärmlicher Narr... glaubst du wirklich, dass du in der Lage bist, zu tun, was selbst euer größter Krieger nicht vermochte?"
Maethor spürte, wie der Morgulfürst nach seinem Herzen griff und Furcht darin sähte, eine schreckliche, doch irrationale Furcht, die keinen speziellen Grund zu haben schien, aber dennoch seinen gesamten Körper ausfüllte. Die Lichtung schien sich nochmals zu verdunkeln, und dann sah Maethor Bilder vor seinem geistigen Auge, Bilder seines eigenen zerschmetterten Körpers und dem goldenen Wald in Flammen. Eine widernatürliche Kälte breitete sich in seinem Geist aus.
Er schloss die Augen und atmete einmal tief ein. Als er sie wieder aufschlug, lächelte er.
"Es geht nicht darum, was ich glaube. Es geht mir auch nicht um die Rettung Mittelerdes. Ich fürchte den Tod im Kampf nicht... ich fürchte lediglich den Zeitpunkt, an dem ich zu schwach sein werde, mich diesem Kampf zu stellen. Ich bin nicht hier, um für das Gute zu kämpfen oder etwas in der Welt zu verändern. Ich bin hier, um einen Gegner zu überwinden, an dem alle anderen gescheitert sind. Ich bin hier, um euch zu vernichten."
Der Hexenkönig verharrte eine Weile wortlos, und Maethor fühlte, wie sich die Magie aus seinem Körper zurückzog. Dann richtete der Ringgeist sein Schwert direkt auf ihn.
"So sei es denn. Komm und messe dich mit mir. Komm und finde dein Ende."
Damit rannte Maethor los. Der Hexenkönig parierte seinen ersten Schlag, wich vor dem zweiten zurück und griff dann seinerseits an. Bald waren die beiden Kontrahenten in einem Tanz der Klingen verschmolzen, der auf Außenstehende fast mehr wie eine Einheit denn wie ein Kampf gewirkt hätte. All die Nebensächlichkeiten verschwanden aus Maethors Bewusstsein - die Schlacht, Lothlorien, selbst der Junge. Sein Herz schlug mit jedem Hieb schneller, das Feuer in ihm brannte wie seit Jahrhunderten nicht mehr. Jeder Angriff konnte das Ende bedeuten, jede Verletzung den Zweikampf entschieden.
Maethor genoss jeden Augenblick.
Er erkannte schnell, dass die Hiebe des Hexenkönigs stärker waren als seine eigenen, der Morgulfürst jedoch durch seinen lodernden Zorn mit geringerer Präzision zuschlug. Den meisten Angriffen wich er also aus, anstatt sie zu parieren, und lauerte auf eine Gelegenheit, die Abwehr seines Feindes zu durchbrechen.
Nach einer Weile bot sich diese Gelegenheit tatsächlich. Mit einem zornigen Kreischen packte der Hexenkönig sein Schwert mit beiden Händen und führte einen wuchtigen Hieb über den Kopf. Maethor machte einen schnellen Schritt zur Seite und stieß seine Klinge dann durch beide Handgelenke des Nazgûl. Kreischend wich der Ringgeist zurück, doch die in seinem Körper pulsierende Morgulmagie ließ auch Maethor unter Schmerzen zurückzucken.
Ich muss ihn möglichst mit einem Hieb in seine Maske bezwingen... jeder Hieb, der ihn nicht tötet, wird nur mich schwächen.
Er fegte den Schmerz beiseite, machte einen Ausfallschritt nach vorne und trat die Morgulklinge des Hexenkönigs weg, bevor er sie erneut aufnehmen konnte. Dieser jedoch hatte das gar nicht vorgehabt - stattdessen schritt er langsam wieder auf Maethor zu, nun seinen gewaltigen Morgenstern in der rechten Hand.
"Heute wirst du sterben", zischte er. "Doch der Tod allein wird nicht genug sein... ich werde das Innerste deiner Seele deinem Körper entreißen und dich zusammen mit deinen Kameraden ewiger Verdammnis preisgeben..."
Maethors Körper spannte sich beim Anblick der monströsen Waffe.
Ein Treffer, und es ist aus mit mir...
"Im Kampf sollte man nicht so viel reden!", rief er zurück, und der Hexenkönig stürmte auf ihn zu. Der Morgenstern fuhr auf Maethor nieder, und nur im letzten Moment schaffte es der Elb, ihm auszuweichen. Er wollte den Moment, in dem der Nazgûl erneut ausholte, nutzen, um ihm die Klinge ins Gesicht zu stoßen, doch der Hexenkönig rammte ihm stattdessen seine Faust ins Gesicht. Sterne explodierten vor seinen Augen und er taumelte zurück. Ein halb versehentlicher Schritt nach hinten rettete ihm vor dem zweiten Hieb mit dem Morgenstern. Diesmal jedoch hatte sich der Hexenkönig bei der rapiden Abfolge von Angriffen von Schlägen eine Blöße gegeben. Sofort nutzte Maethor die Gelegenheit und stieß vor.
Kurz bevor seine Klinge jedoch das Gesicht des Hexenkönigs durchstoßen konnte, explodierte jeder einzelner Muskel seines Körpers in brennendem Schmerz. Unfähig, sich zu rühren, ließ er das Schwert fallen und seine Beine gaben nach.
Verfluchte Hexerei! Ich muss...
In diesem Moment traf ihn der Morgenstern mit voller Wucht auf der Brust, trieb ihm die Luft aus den Lungen und schmetterte ihn zurück. Er spürte, wie mehrere seiner Knochen brachen und hörte, wie der Hexenkönig sich ihm zum Gnadenstoß näherte. Die Geräusche seiner schweren Schritte mischten sich mit Maethors gebrochener Atmung und seinem unregelmäßigen Herzschlag.
Das war es also...
Er fühlte weder Mitleid für die Flüchtlinge, die nun in der Schlacht sterben würden, noch Angst. Er war nicht so weit gekommen, wie er es sich gewünscht hatte, doch sein letzter Kampf war ein würdiger Abschluss für das Leben eines jeden Kriegers gewesen... und er hatte ein Leben geführt, auf das man stolz sein konnte. Er atmete tief ein und schloss die Augen.
Der Hexenkönig holte aus.
Khamul:
Jutans Wunde pochte krampfhaft. Mit jedem Schlag seines Herzen verbreitete sich die Kälte weiter in seinem Körper. Jede Sekunde des Kampfes zwischen Maethor und dem Hexenkönig war ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen, das Geräusch eines jeden Hiebes hatte in seinen Ohren wie eine Explosion geklungen. Der Hexenkönig hatte Maethor niedergeschlagen, doch eines war dem Feldherr Mordors nicht aufgefallen: Während des erbitterten Zweikampfes hatte er sich direkt vor Jutan gestellt.
Ich müsste nur einmal zustechen, dann könnte ich das Blatt noch einmal wenden!
Gerade erhob der Hexenkönig seinen Morgenstern zum Endgültigen Schlag auf Maethor.
Kraftlos umschlossen Jutans Finger das Elbenschwert, dass ihm Gwilwileth geschenkt hatte. Sie bedeutete ihm viel. Auf jeden Fall viel mehr als die meisten Menschen, die noch lebten. Nur eine Person hatte ihm jemals mehr bedeutet...
Beim Gedanken an seinen Vater kamen ihm keine Tränen mehr, so sehr hatte der Hexenkönig ihn mit dieser einen Erinnerung gequält.
Wer weiß? Vielleicht war es ja auch gut so, dass er mich mit meiner größten Angst konfrontiert hat... Früher bin ich immer davor weggelaufen... Dennoch muss ich es versuchen, ihn zu töten, sonst sind wir alle verloren!
"Jetzt stirb...", zischte der Hexenkönig Maethor zu.
Es kostete Jutan all seine Kräfte, die sonst so leiche Elbenklinge zu heben. Der Stahl des Schwertes schien seine vor Kälte taube Hand beinahe verbrennen zu wollen. Noch einmal brauchte er seine gesamte Willenskraft, um sein Schwert nicht fallen zu lassen.
Nur dieser eine Stich! Nur noch für diesen einen Stich muss ich das Schwert noch halten! Ich MUSS es schaffen! Genau auf eine solche Situation hat Gwilwileth mich trainiert! Jetzt!
Jutans Schwert stieß nach Vorne, und es durchbohrte den Rücken des Hexenkönigs. Einen Moment lang verharrte er in dieser Position, während sein Feind schrill aufschrie. Plötzlich jedoch fühlte er ein starkes Pulsieren von Kälte in seinem Körper, welches ihn vor Schmerz zusammenzucken ließ. Kaum hatte er die Elbenklinge losgelassen, schoss sie wie ein Pfeil aus dem Rücken des Hexenkönigs hinaus.
Um leichter atmen zu können, drehte sich Jutan auf den Rücken. Seine Kräfte waren aufgebraucht. "Jetzt bist du dran, Maethor...", sagte er mit schwacher Stimme, eher zu sich selbst als zu dem Elben.
Lord of Mordor:
"Gute Arbeit!", entfuhr es Maethor, der seine Überraschung sofort beiseite drängte und seine letzten Kraftreservern mobilisierte. Er erhob sich und packte sein Schwert mit fester Hand. Zielsicher richtete er es auf den Ausschnitt in der Maske des Hexenkönigs. Der Morgulfürst hatte sich von Jutans Angriff schnell erholt und wollte gerade wieder nach seinem Morgenstern greifen, doch Maethor ließ ihm keine Zeit dazu.
"Gut gekämpft", sagte er mit einem Lächeln, dann rammte er die Klinge mit voller Wucht in den Kopf des Ringgeistes.
Ein Schrei wie aus einer anderen Welt erklang über dem Schlachtfeld und schien in der innersten Seele eines jeden Orks und Elben widerzuhallen. Die grausame Hexerei Annatars entwich aus der jetzt leblosen Rüstung des Fürsten, griff auf Maethor über und stieß ihn unter Schmerzen zurück. Er jedoch spürte nichts davon, weder die dunkle Magie, die sich seiner bemächtigen wollte, noch den Schmerz des Aufpralls. Es scherte ihn wenig, dass die Schlacht soeben entschieden worden war, und auch die panischen Schreie der Orks, die in Scharen zurück nach Dol Guldur flohen, und die Jubelschreie der Verteidiger, nahm er kaum wahr. Wichtig war nur er eins: Das Duell war gewonnen.
"Ich muss gestehen, ich bin beeindruckt", sagte er zu dem Jungen, der ebenso regungslos am Boden lag, wie er. Es überraschte Maethor, wie schwach seine eigene Stimme klang. "Soviel Mut hätte ich von einem Menschenjungen nicht erwartet, doch ohne dich hätte dieser Kampf nicht gewonnen werden können." Erst jetzt kehrte der Schmerz langsam wieder in seine Glieder zurück, bei jedem Wort spuckte er Blut. Langsam dämmerte es ihm: Sie hatten den Kampf zwar gewonnen, doch der Hexenkönig würde sie beide mit in den Tod nehmen...
Welch grausame Ironie, dass uns trotz unseres Sieges hier unser Schicksal ereilen soll...
"Es wird wohl unser beider letzter Tat gewesen sein... doch es war eine Tat, auf die wir wahrlich stolz sein können."
Khamul:
Jutan drehte seinen Kopf zum Elben und versuchte, ein Lächeln zustande zu bringen. Er spürte keinen Zentimeter seines Körpers, bis auf die Wunde, die ihm der Hexenkönig geschlagen hatte. Sie schmerzte schon genug, um ihm jede Bewegung zur Qual zu machen. Alles, was er sah, war dunkel und in Schatten verzerrt. Bestimmt lag die Magie des Hexenkönigs daran!
Unser beider Leben sind wohl der Preis für die Rettung Lothloriens.
Am Liebsten hätte Jutan seine Gedanken ausgesprochen, doch seiner Kehle entstieg nur ein unverständliches Hauchen. Maethor schien auch schwer verwundet zu sein, denn er spuckte Blut.
Wenn jetzt kein Wunder geschieht, sind wir verloren. Ich werde Gwilwileth wohl nie wieder sehen, ebenso wenig wie Rohan... Wenigstens werde ich endlich meinen Vater treffen...
Seine Augen wurden schon trüber, als sein Blick zur nun leblosen, zusammengefallenen Rüstung des Hexenkönigs schwenkte. Etwas blitzte dort auf, am Handschuh.
Dieses kleine Etwas hatte Jutans Interesse geweckt. Obwohl es ihn beinahe all seine Kräfte kostete, streckte er seinen linken Arm aus und erfasste den rechten Handschuh der Rüstung. Er drehte das Metall leicht und sah einen goldenen Ring mit einem edlen Stein darin. Er war ein schönes Stück, bestimmt war er von Elben geschaffen worden. Warum jedoch trug ein Diener Saurons solch einen Ring bei sich? Dies musste wohl eine Bedeutung haben, welche, war ihm nicht klar.
Als er jedoch mit seinem Finger über den Ring fuhr, begann seine Schulter wieder zu stechen und Kälte auszuströmen. All seine Kräfte verließen ihn und seine Hand sackte zu Boden, unfähig, den eisernen Handschuh zu halten.
Warum hat der Hexenkönig solch einen Ring?
Jutan bemühte sich aus Leibeskräften, diesen Satz auszusprechen, doch das Einzige, was aus seinem Mund kam, war: "... Ring ..."
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