Gut, andererseits muss man PJ auch zugute halten, dass auch im Buch die meisten Zwerge eher blass bleiben bzw. nicht einen einzigen Dialog führen.
Dann wiederum muss ich PJ aber vorwerfen, dass er das im Herr der Ringe doch deutlich besser hinbekommen hat. Als gutes Beispiel hierfür kann man die Beziehung zwischen Denethor und Faramir heranziehen. Der Konflikt wird im Buch auch eher holzschnittartig (also für Tolkien typisch) dargestellt, ohne auf die Gedanken und Gefühle der Charaktere näher einzugehen. Im Film jedoch spürt man hingegen in jeder Sekunde, die sich um die beiden dreht, wie sehr Faramir unter der Missgunst seines Vaters leidet und wie sehr er sich wünscht, dessen Ansprüchen gerecht zu werden.
Im Hobbit hingegen bleiben fast alle Figuren, wie (Palland)Raschi und Ealendril der Dunkle es schon gesagt haben, sehr eindimensional, so dass man keine emotionale Bindung zu ihnen aufbauen kann (von Balin vielleicht mal abgesehen, der auch einer der wenigen ist, die im Laufe der beiden Filme zumindest eine minmale charakterliche Entwicklung nehmen). Sehr unlogisch aufgebaut ist hier auch die Beziehung zwischen Thorin und Bilbo. Erst verabscheut er ihn, weil er ihn für einen Schwächling hält, dann fällt er ihm am Ende des ersten Teils um den Hals, nur um dann in Smaugs Einöde wieder mürrisch und unnahbar zu werden, Bilbo schließlich ohne jedes Mitleid in eine tödliche Gefahr zu schicken und ihn dann auch noch abfällig als Dieb zu bezeichnen. Das ist beim besten Willen, selbst unter Berücksichtigung von Thorins Wahn wegen des Arkensteins, nicht nachvollziehbar.
Dass das Drehbuch diesmal relativ konfus gestaltet worden ist, sieht man auch an der Einbindung von Azog. Warum zur Hölle hat man Bolg nicht von Anfang an die Rolle, die Azog jetzt im Film einnimmt, gegeben. Das wäre viel näher an der Buchvorlage gewesen und hätte denjenigen, die eine stimmige (nicht perfekte) Umsetzung des Buches erwartet haben, viel Ärger erspart. Stattdessen übernimmt Azog jetzt scheinbar Bolgs Buchpart, während Bolg als Papis Laufbursche herhalten muss, im Vergleich zu seinem Vater relativ eintönig wirkt und die Filmhandlung nicht wirklich bereichert.
Hinzu kommen offensichtliche Fehler, die, aus meiner Sicht, nichtmal zum besseren Verständnis des Massenpublikums beitragen. Ich meine, ist es nicht eigentlich Sinn und Zweck eines Ringgeists, dass er an der frischen Luft Unheil anrichtet, anstatt sich in ein muffiges Grab zu legen wie jeder Normalsterbliche? Wieso sollte Glorfindel denn die Prophezeiung, dass kein Mann den Hexenkönig töten könne, aussprechen, wenn dieser doch angeblich ohnehin in einer tiefen, dunklen Gruft in Rhudaur begragen liegt? Was soll dieser offensichtliche Bruch mit der Buchvorlage? Und warum darf Gandalf jetzt drauf warten, dass Galadriel ihn aus Dol Guldur errettet? Ist es PJ etwa nicht bekannt, dass Gandalf ein Maia ist und deshalb Galadriel mehr als nur das Wasser reichen kann?
Das sind einfach handwerkliche Mängel, die ich PJ nie zugetraut hätte, vor allem, weil er ja im HdR eindrucksvoll gezeigt hat, dass er es deutlich besser kann. Im HdR gibt es einfach so viele emotional und dramaturgisch herausragende Momente, die mich so tief berührt haben, wie kaum ein anderer Film es geschafft hat. Dagegen lässt mich der Hobbit weitestgehend kalt.
Und das Argument, dass der Film massentauglich sein muss, stimmt zwar grundsätzlich, allerdings hat der Herr der Ringe diesbezüglich eine viel bessere Balance zwischen Dialog, Emotionen und Action gefunden und hatte trotzdem bessere Besucherzahlen im Kino als der Hobbit.
Das kann man auch gut an der Entwicklung von Legolas übermenschlichen Aktionen im Laufe der Filme festmachen: In die Gefährten wandert er über den Schnee ohne einzusinken, was der Buchvorlage voll entspricht und sehr eindrucksvoll wirkt. Seine Surfeinlage auf dem Schild in die Zwei Türme war im Vergleich dazu schon eine deutliche Steigerung, aber trotzdem sehr cool, weil es eben gut in die Schlacht passte ohne übertrieben zu wirken. Die Erlegung des Olifanten in die Rückkehr des Königs war für meinen Geschmack dann schon ziemlich übertrieben aber verschmerzbar, weil es eben nur eine Momentaufnahme war und nicht mehr. In Smaugs Einöde hingegen reiht sich ein spektakulärer und überchoreographierter Kill an den nächsten (Pfeile durchdringen mehrere Köpfe, Tanzeinlagen von Legolas auf Zwergenköpfen, abgehackte Köpfe von Orks, die von einem Boot in die Luft geschleudert werden, etc.), so dass ich zwischenzeitlich eher das Gefühl hatte, in einem "Next-Gen"-PS4-Game zu sitzen, das auch eher auf pompöse Grafik und Präsentation statt auf ein vernünftiges Gameplay setzt. Hätte man diese völlig übertriebene Fässerszene (oder den Kampf der Zwerge gegen Smaug am Ende) nicht um die Hälfte kürzen und stattdessen versuchen können, Legolas zumindest einen gescheiten Dialog zu spendieren? Das hätte dem Film mehr als gut getan.
Insgesamt habe ich halt bei beiden Hobbitfilmen, jedoch insbesondere bei Smaugs Einöde, den Eindruck einen völlig versalzenen Burger vorgesetzt zu bekommen. Ich hoffe ja persönlich, dass die Extended Edition da noch was reißen kann (zumindest hat sie bei Smaugs Einöde wesentlich eher eine Daseinsberechtigung als noch bei Eine unerwartete Reise), aber viel mehr erwarte ich auch da nicht mehr. Es ist einfach extrem schade zu sehen, dass sich PJ von Technik und unnötigem Firlefanz blenden lässt um die Massen zu begeistern, anstatt die Atmosphäre des Buches einzufangen.
Aber ganz ehrlich, die breite Masse hat den Inhalt des Films doch unabhängig davon, wie toll der 3D-Effekt oder wie spektakulär die Kills von Legolas waren, schon vergessen, ehe sie überhaupt den Kinosaal verlassen hat. In zehn Jahren sind es sowieso nur noch wir, die echten Tolkien-Fans, die die Filme noch mit Begeisterung gucken und Warner Bros. unser Geld für die x-te Super-Duper-HdR-Hobbit-Blu-Ray-Mega-Remake-Collection mit zehntausendfacher Auflösung in den Rachen schmeißen und die fünfhundertste Buchauflage mit Illustrationen von Alan Lee oder Ted Nasmith kaufen. Schade, dass Peter Jackson genau diese Leute, im Gegensatz zum HdR, beim Hobbit einfach übergeht. Dabei kann er es doch so viel besser...