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Geschichtsthread
kolibri8:
--- Zitat von: CynasFan am 23. Jul 2015, 19:15 ---Offiziell ja, in Wahrheit war es aber nur Machtausbau, besonders da die Muslime zumeist den Christen ihre heiligen Stätte offenließen, Christen diese also besuchen durften. War Jerusalem christlich ist dies in der gesamten Zeit meines Wissens nur ein Mal geschehen, dass Muslime ohne Probleme in ihre heiligen Stätten durften.
--- Ende Zitat ---
Unter den Arabern (Fatimiden) mag das zwar so gewesen sein aber als der erste Kreuzzug ausgerufen waren herrschten über Jerusalem die sehr viel radikaleren Seldschuken. Die gingen etwas härter mit den Christen um.
Außerdem haben die byzantinischen Gesandten, die um den Kreuzzug baten, wohl auch etwas übertrieben, was die Unterdrückung der Christen im Heiligen Land angeht.
Als die Kreuzfahrer dann Jerusalem erreichten, war die Stadt wieder in fatimidischer Hand, durch die im Übrigen bei der Eroberung, ein Jahr vorher, in einer Nacht 3000 Juden, Christen und Sunniten getötet wurden. Die Fatimiden/Schiiten waren damals also auch nicht besser als die Kreuzfahrer.
Übrigens die von Muslimischen Chronisten überlieferten Zahlen von 30.000-70.000 Opfern durch die Kreuzfahrer am Massaker der Jerusalemer Bevölkerung sind definitiv, wie die meisten Zahlenangaben des MA und der Antike maßlos übertrieben. Jerusalem hatte damals warscheinlich nicht einmal 30.000 Einwohner.
--- Zitat von: CynasFan am 23. Jul 2015, 19:15 ---@(Palland)Raschi
Also war die Kirche nur ein Opfer der Umstände?
Ich lache jetzt nur nicht, weil es so traurig ist. Selbst wenn der erste Kreuzug unvermeidbar gewesen wäre (was er definitiv nicht war), warum gab es dann so viele weitere?
--- Ende Zitat ---
1. Kreuzzug: Oström. Kaiser bittet um Hilfe. Wie oben bereits gesagt heilige Städte waren nicht mehr erreichbar (oder zumindest dachte das der Westen). Und der Papst wollte dem "deutschen" Kaiser eins auswichen. Als weltlicher Herrscher der Christenheit wäre ein Kreuzzug als panchristlicher Feldzug (also eine weltliche Angelegenheit) Aufgabe des Kaisers.
2. Kreuzzug: Ein Kreuzfahrerstaat (KFS), die Grafschaft Edessa fällt an die Seldschuken, die übrigen KFS fühlen sich bedroht. Kreuzzug zur Unterstützung der KFS.
Im übrigen gab es da auch die Erlaubnis auch andernorts die "Heiden" zu bekämpfen (->Kreuzzüge gegen die heidnischen Slawen, sowie gegen die Muslime in Spanien). Der Kreuzzug ist im übrigen katastrophal schief. Die KFS hatten sich mittlerweile mit den benachbarten Muslimen arangiert, mit Damaskus sogar ein Bündnis geschlossen. Dann kommt da ein haufen Fanatiker an und will Heiden töten, und das einzige erreichbare und machbare Ziel ist Damaskus. Die Belagerung scheitert aber. Ähnlich ging es auch gegen die Slawen. Der einzige Erfolg des 2. Kreuzzugs war die Eroberung Lissabons durch ein spanisch-deutsches Heer.
3. Kreuzzug: Saladin erobert Jerusalem -> Kreuzzug um Jer. zurückzuerobern, scheitert aber
4. Kreuzzug: zweiter Versuch um Jer. zurückzuerobern (was im 3. nicht gelang), ging bekanntlich katastrophal schief.
5. Kreuzzug (Damiette): nächster Versuch, man kann aber nur Damiette in Ägypten erobern.
5./6. Kreuzzug (Friedrich II.): Friedrich löst verspätet sein Kreuzzugsgelübte ein, und verhandelt mit den Muslimen. Jerusalem (ohne die muslimischen Heiligen Stättenm) wird wieder den Christen unterstellt.
6./7. Kreuzzug: Der Nachfolger des Sultans, mit dem F. II. verhandelt hat bricht den Friedensvertrag und erobert Jerusalem. Neuer Kreuzzug um Jerusalem zurückzu gewinnen.
Bis auf den letzten Kreuzzug waren alle anderen Kreuzzüge dazu gedacht um die KFS entweder zu entlasten oder aber um Territorium derselben wieder zutück zu gewinnen.
Die letzte Kreuzzug war dann der vergebliche Versuch die Expansion der Osmanen nach Europa einzudämmen oder sogar aufzuhalten.
--- Zitat ---Sowohl Weltliche als auch Religiöse (welche nicht zwingend immer zwei Personen sein mussten) haben ihre Chancen für Profit genutzt, waren die Juden doch oftmals Geldgeber für große Projekte (Burgen, Kirchen etc.) und auch noch Louis der IV. "der Sonnenkönig" ließ seine Gläubiger hinrichten um nicht zahlen zu müssen.
--- Ende Zitat ---
*hust*Louis der XIV.*hust* Ludwig IV. war "der Überseeische" :P
--- Zitat von: Saruman der Bunte am 23. Jul 2015, 19:26 ---Danke für die Antworten!
Ich finde eure Argumente sehr einleuchtend, doch muss ich fragen: Glaubt ihr, dass die Kirche keinen Einfluss an der wirtschaftlichen, militärischen und generell Technologischen Unterlegenheit Europas gar keinen Anteil hatte? Natürlich sehe ich als Hauptgrung ebenfalls ungünstige Verwaltungsstrukturen und Zersplitterung, aber eben auch die Erstarrtheit in Tradition und Religion.
--- Ende Zitat ---
Sicher hatten auch einige konservative Kleriker Einfluss darauf, aber dieser war niemals so groß wie er oft und gerne propagiert wird.
Linwe:
Meines Wissens ist der letzte Kreuzzug doch nur aus Fruaen und Kindern bestanden, oder?
Whale Sharku:
@raschi und kolibri8
Vielleicht reden wir ein bisschen aneinander vorbei?
Religiösität hat niemals bedeutet, dass jemand Zeit seines Lebens in jedem Atemzug anders und unpragmatisch denken würde. Sie hat sich kulturhistorisch sicher nicht gebildet, um dem Menschen vorzuschreiben, wie er allgemein zu leben hat, und ist dazu auch in der Regel komplett unzureichend. Jemand, der religiös ist, tut sich nicht anders Müsli in die Schüssel als jemand, der es nicht ist.
Wenn ich behaupte, dass die Menschen im Mittelalter in einem anderen und unterlegenen Sinn-Horizont gelebt haben als in der Antike / Moderne, dann heißt das nicht, dass sie nicht mehr imstande waren, pragmatisch zu denken, sondern nur, dass sie mit bestimmten Fragen in einer ganz anderen Weise umgegangen sind.
Wenn z.B. ein Mönch im Hochmittelalter entdeckte, wie man mit einem Wasserstrahl kleine Regenbogen erzeugt, und er darum für sein restliches Leben in den Kerker geschmissen wurde, dann ist das eine Hemmung der Emanzipation von Sinn, die es in der gesamten europäischen und orientalischen Antike garantiert nicht gegeben hat.
Dieser Unterschied ist nicht weniger drastisch und nicht weniger real dadurch, dass er sich eben nur bestimmten Lebenssituationen offenbart. Ihr könnt ihn nicht dadurch widerlegen, dass ihr zeigt, dass es auch das Rationale und Pragmatische gab und dass es quantitativ gesehen haushoch überwog.
Weil das selbstverständlich sein sollte.
(Palland)Raschi:
--- Zitat ---Meines Wissens ist der letzte Kreuzzug doch nur aus Fruaen und Kindern bestanden, oder?
--- Ende Zitat ---
Du meinst den "Kinderkreuzzug" ? Eigentlich wenig erwähnungswürdig, wenn er nicht so tragisch gewesen wäre.
--- Zitat ---Also war die Kirche nur ein Opfer der Umstände?
Ich lache jetzt nur nicht, weil es so traurig ist. Selbst wenn der erste Kreuzug unvermeidbar gewesen wäre (was er definitiv nicht war), warum gab es dann so viele weitere?
--- Ende Zitat ---
Siehe bei kolibri8. Die Kirche, das heißt der Papst in Rom sah es als willkommenen Anlass, ein paar eigene Ziele zu verwirklichen. Man muss wissen, dass Urbans naher Vorgänger, Papst Gregor VII. dem Papstum einen völlig neuen Anstrich gegeben hat, und dem Amt besondere Rechte, zum Teil auch weltliche, zusprach.
Es war nun auch mit dem Amt des Papstes ein neuer Anspruch erwachsen, wie auch kolibri8 es richtig ausgeführt hat.
Man kann also sagen, Gelegenheit macht Diebe.
--- Zitat ---Die Progromen wurden zum Teil sehr aktiv durch geistliche Führer gefördert. Nicht nur von der hohen Kanzel aus, sondern auch Machtpolitisch von Bischöfen und ähnlichem. Sowohl Weltliche als auch Religiöse (welche nicht zwingend immer zwei Personen sein mussten) haben ihre Chancen für Profit genutzt, waren die Juden doch oftmals Geldgeber für große Projekte (Burgen, Kirchen etc.) und auch noch Louis der IV. "der Sonnenkönig" ließ seine Gläubiger hinrichten um nicht zahlen zu müssen.
--- Ende Zitat ---
Ja also das ist ja immer so. Es gibt immer Leute, die ihren Profit aus etwas schlagen, und mitmischen. Das konnte ja auch der Papst nicht im einzelnen kontrollieren. Offizielle kirchliche Lehre oder Anordnung bestand jedenfalls nicht. In der Regel waren es weltliche Interessen, die man mit pseudo religiösen Argumenten kaschierte.
Das gleiche gilt für die Hexenverfolgungen, die auch größenteils auf das Konto der weltlichen Herrscher zurück zu führen ist.
Auch hier kann man also letzlich davon sprechen, dass Gelegenheit eben Diebe macht.
Die einen machen mehrmit, die anderen weniger.
--- Zitat ---Und der Schutz des Kaisers war zwar symbolisch schön, hat aber kaum etwas geändert.
--- Ende Zitat ---
Nein, er war weder symbolisch, noch war er altruistisch. Es war schlicht pragmatisch und der Schutz war tatsächlich in weiten Teilen echt. Die Juden mussten besondere Abgaben an den Kaiser leisten, und genossen seinen Schutz. Er hatte also eine gute und dauerhafte Einnahmequelle; warum sollte ein Kaiser diese so einfach dem Pöbel preisgeben ?
Die Terretorialherrscher hatten dieses Recht zu schützen. Es kam allerdings auch vor, wie bei Kaiser Karl IV., dass er diesen Schutz nur in seinem Fürstentum aufrechterhalten konnte. Allerdings fiel in die Zeit seiner Herrschaft auch alles, was eine turbulente Zeit ausmacht, allen vorran die Pest.
--- Zitat ---Wenn z.B. ein Mönch im Hochmittelalter entdeckte, wie man mit einem Wasserstrahl kleine Regenbogen erzeugt, und er darum für sein restliches Leben in den Kerker geschmissen wurde, dann ist das eine Hemmung der Emanzipation von Sinn, die es in der gesamten europäischen und orientalischen Antike garantiert nicht gegeben hat.
--- Ende Zitat ---
Das setzt vorraus, dass Du den Menschen Weltfremdheit und extremen Aberglaube unterstellst. Da waren gerade die Menschen im Mittelalter noch viel offener, als Du suggerierst; jedenfalls offener, als in der Renaissance. Das hängt wohl mit der Verwurzelung im germanischen zusammen, die sich wohl noch durchzusetzen vermochte. Das was Du beschreibst, kommt aber alles erst nach dem Mittelalter, wo man sich lustigerweise wieder begann an der Antike zu orientieren.
Edit: Und Whale, erinnere dich an Sokrates, der insbesondere wegen Gottlosigkeit angeklagt wurde.
Whale Sharku:
--- Zitat ---Und Whale, erinnere dich an Sokrates, der insbesondere wegen Gottlosigkeit angeklagt wurde.
--- Ende Zitat ---
Ja. Er hat die "sichtbare Religion" beleidigt.
Das hat damit, wovon ich spreche, halt nichts zu schaffen.^^
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