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Autor Thema: Geschichtsthread  (Gelesen 76954 mal)

(Palland)Raschi

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Re: Geschichtsthread
« Antwort #90 am: 23. Jul 2015, 19:01 »
Zitat
Nein, die Kirche und auch das Mittelalter hatten durchaus ihre lichten Momente, allerdings Aufrufe zu einem Kreuzzug brachte zumeist Progromen, besonders wieder gegen Juden, hervor, welche man in ihrer Grausamkeit mMn durchaus mit dem Hitlerregime vergleichen kann. Man war nicht so fortschrittlich in der Tötung und nicht so organisiert, aber die Zahlen sprechen eine mehr als traurige Sprache :(

Also es ist meiner Meinung nach unfair, alles auf die Kirche abzuwälzen.
Der Kreuzzug war ein fundamentalistischer Krieg, aber hat der Papst Urban II. einfach so aus Spaß  zum Kreuzzug aufgerufen ? Es ging eine Ausdehnung des Islams vorraus, die für das Abendland nichtnur schon länger eine Bedrohung darstellte; man denke an die Schlacht von Poitiers 732 wo man sich gegen die gewaltsame Ausdehnung des Islams mit Mühe und Not verteidigen konnte.
Grundlage war aber vorallem der Hilfruf des Oströmischen Kaisers Alexios an die Glaubensbrüder in Mitteleuropa, also eigentlich weltliche Gründe, die eine Eigendynamik entwickelt haben und die der Papst natürlich auch zu seinem Vorteil nutzen wollte.

Im übrigen gab es auch genug geistliche Kritiker der Kreuzüge zu der Zeit, so ist das nicht.

Die Pogrome waren nicht durch die Kirche organisiert, sondern durch die Kreuzfahrer herbeigeführt, die Geld brauchten. Dies ist eher ein Versagen der weltlichen Herrscher, als der geistlichen. Es ist ein Unding, hier den Hitlervergleich zu ziehen.
Die Juden standen im übrigen später unter kaiserlichem Schutz; und der Kaiser war eben auch Beschützer der Christenheit.

Ich finde, Du verdrehst manchmal eine Menge.
« Letzte Änderung: 23. Jul 2015, 19:08 von (Palland)Raschi »
MfG Raschi

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Linwe

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Re: Geschichtsthread
« Antwort #91 am: 23. Jul 2015, 19:04 »
Ich dachte, die Kreuzzüge waren da, um das "heilige Land" Israel und die "heilige Atadt" Jerusalem aus den Klauen der Ungläubigen zu entreissen?
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Re: Geschichtsthread
« Antwort #92 am: 23. Jul 2015, 19:05 »
Zitat
dann sind das eigentlich immer Katholiken (oder die oströmische Kirche)
Wir wollen mal nicht die Ostkirchen (Nestorianer, Miaphysiten, Monophysiten uvm.) vergessen :P.

Zitat
und ich finde, dass der evangelische Glauben sehr viel monotheistischer ist als der katholische.
Das mag sein, dafür ist der katholische Glaube aber sozialer :P. Wenn ein (mittelalterlicher) Katholik einen Bettler sieht, denkt der sich: "Armer Kerl, gehört aber alles zu Gottes Plan, Gottes Wege sind unergründlich, da geb ich ihm mal Geld er kann ja nichts dafür."

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Zitat
Das Verrückte ist aber gerade, dass die Moderne trotzdem in Europa gezündet hat und eben nicht in China etc. Dieses "Zünden" mag schon in der Frühen Neuzeit irgendwie angelegt gewesen sein. Aber im Sinne einer Kettenreaktion, die sich immer weiter beschleunigt, ist davon vor 1750 noch nicht viel zu spüren.
Tatsächlich gibt es eine Theorie in der Geschichtswissenschaft, mit der man versucht die offensichtliche Überlegenheit der europäischen Kultur im 19. und 20. Jahrhundert mit der Enstehung quasi proto-demokratischer Strukturen im Mittelalter (vor allem in den Städten, aber auch auf dem Land, vgl. dazu mehrere Aufsätze von O.-G. Oexle) zu erklären. Wer genau diese theorie jetzt genau entwickelt hat, weiß aber grade nicht mehr, müsst ich mal meinen Prof fragen [ugly]. Wer interresse hat dem kann ich es nochmal etwas ausführlicher erklären, aber hier muss man ja heute richtig auf trab sein, damit man hinterherkommt :D.

allerdings Aufrufe zu einem Kreuzzug brachte zumeist Progromen

Die Kreuzzüge waren immer nur als Panchristliche Feldzüge zur unterstützung des Oströmischen Reiches gedacht (und als Machtbeweis des sich im Streit mit dem  (weströmisch/römisch-deutschen Kaiser) befindenden Papsttums). Die damit einhergehenden Progrome waren weder von der Kirche gewünscht noch wurden sie geduldet (beim zweiten Kreuzzug waren wenn ich mich nicht irre extra päpstliche Gesandte in den Städten um solche Progrome zu verhindern). Die hatten zumeist einfache weltliche Ursachen, denen ein religöser Stempel aufgedrückt wurde. Die Rädelsführer wurden auch zumeist mit dem Kirchenbann belegt. Wie auch die leute die auf dem 4. Kreuzzug Konstantinopel angegriffen haben.

Zitat
welche man in ihrer Grausamkeit mMn durchaus mit dem Hitlerregime vergleichen kann.
Vergleiche mit dem Holocaust würde ich lassen ;). Die kann man leicht so deuten, das der Holocaust abgeschwächt wird und das wäre dann ne Straftat.

Edit:
@Raschi stimme zu.
Ich dachte, die Kreuzzüge waren da, um das "heilige Land" Israel und die "heilige Atadt" Jerusalem aus den Klauen der Ungläubigen zu entreissen?
Ja, aber auch nur weil die neuen Herrscher über Jerusalem (die radikaleren türkischen Seldschuken) es den christlichen Pilgern unmöglich machten dorthin zu gelangen. Unter den vorherigen Herrschern ( den Fatimiden, wenn ich mich nicht täusche) war die Pilgerfahrt ans heilige Grab für Christen zumindest nicht unmöglich.
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Re: Geschichtsthread
« Antwort #93 am: 23. Jul 2015, 19:06 »
An Raschi und kolibri: Was war eurer Meinung nach der/die wichtigste(n) Punkt(e) das Europa lange ein gutes Stück rückständiger war als Nah- und vorallem Fernost?

(Das soll jetzt nicht angriffslustig klingen, mich würden aber eure Ansichten dazu interessieren.)

Ps: Europäer und Indianer waren tatsächlich hauptsächlich Seuchen, die Kirche war in dem Fall mehr Vorwand zur Eroberung als Ursache der Ausrottung. Der Kreuzzug hatte (natürlich) großenteils weltliche Gründe, obwohl hier die Religion durchaus eine wichtigere Rolle spielt als in Amerika.

Gruß, Saruman.
« Letzte Änderung: 23. Jul 2015, 19:11 von Saruman der Bunte »


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Re: Geschichtsthread
« Antwort #94 am: 23. Jul 2015, 19:14 »
Zitat
An Raschi und kolibri: Was war eurer Meinung nach der/die wichtigste(n) Punkt(e) das Europa lange ein gutes Stück rückständiger war als Nah- und vorallem Fernost?

Inwiefern rückständig; moralisch, wirtschaftlich, militärisch ? Wenn man sich die Paralellentwicklung in Fernost anguckt, ist zum Beispiel Japan in vielen Bereichen gar nicht so fortschrittlich, obgleich es nah an China heranreicht. Gerade in der Entstehung des japanischen Kaiserreichs, wäre ich lieber in Europa zu dieser Zeit gewesen.
Die Verwaltung war in China deutlich besser besser, wie auch in den arabischen Reichen. Wenn man nur an die Kaiser im heiligen römischen Reich denkt, die noch mit dem Pferd herumziehen mussten, liegen da Welten zwischen. Gerade eine friedliche Region, mit guter Verwaltung und sicherer Nahrungsversorgung ist Grundlage von Fortschritt und Wohlstand.
Und das gab es in Europa eben nicht.
Man muss sogar sagen, dass die Kirche mit der Einführung des "christlichen Ritters" und dem "Gottesfrieden" versucht hat, die Instabilität einzudämmen.

MfG Raschi

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Re: Geschichtsthread
« Antwort #95 am: 23. Jul 2015, 19:15 »
@Linwe
Offiziell ja, in Wahrheit war es aber nur Machtausbau, besonders da die Muslime zumeist den Christen ihre heiligen Stätte offenließen, Christen diese also besuchen durften. War Jerusalem christlich ist dies in der gesamten Zeit meines Wissens nur ein Mal geschehen, dass Muslime ohne Probleme in ihre heiligen Stätten durften.

@(Palland)Raschi
Also war die Kirche nur ein Opfer der Umstände?
Ich lache jetzt nur nicht, weil es so traurig ist. Selbst wenn der erste Kreuzug unvermeidbar gewesen wäre (was er definitiv nicht war), warum gab es dann so viele weitere?
Die Progromen wurden zum Teil sehr aktiv durch geistliche Führer gefördert. Nicht nur von der hohen Kanzel aus, sondern auch Machtpolitisch von Bischöfen und ähnlichem. Sowohl Weltliche als auch Religiöse (welche nicht zwingend immer zwei Personen sein mussten) haben ihre Chancen für Profit genutzt, waren die Juden doch oftmals Geldgeber für große Projekte (Burgen, Kirchen etc.) und auch noch Louis der IV. "der Sonnenkönig" ließ seine Gläubiger hinrichten um nicht zahlen zu müssen.
Und der Schutz des Kaisers war zwar symbolisch schön, hat aber kaum etwas geändert.
Gruß, CynasFan
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Re: Geschichtsthread
« Antwort #96 am: 23. Jul 2015, 19:17 »
An Raschi und kolibri: Was war eurer Meinung nach der/die wichtigste(n) Punkt(e) das Europa lange ein gutes Stück rückständiger war als Nah- und vorallem Fernost?
Gruß, Saruman.
MMn liegt die Hauptursache im Zusammenfall der römischen Infrastruktur. Brauchte man im antiken römischen Reich ein Buch aus der Bib. in Alexandria und saß beispielsweise in London war eine Abschrift in null-komma-nix da. Im Mittelalter, war das Mittelmeer Konfliktpunkt zwischen Muslimen und Christen, die Bib. war abgebrannt (Möglicherweise durch die arabischen invasoren aber da will ich mich keinesfalls festlegen.). Über Land musste man durch zwei dutzend Staaten.

Das Umayyadenreich und das nachfolgende Abbassidenreich im 7 - 9. (/10.?) Jahrhundert verband China mit Spanien, da konnte also Wissen problemlos von einem Punkt zum anderen gelangen. In Europa war das nicht möglich.

erst durch friedlich Kontakte mit Muslimen und Byzanz (vor allem Handel) gab es dann wieder Wissensaustausch. Der begann aber schon unter den Karolinger im 8. Jahrhundert.

Außerdem gelang Wissen über die Kreuzfahrerstaaten, Spanien und Sizilien (die mal in muslimischerund dann wieder in Christlicher Hand waren) in den Westen.
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Re: Geschichtsthread
« Antwort #97 am: 23. Jul 2015, 19:17 »
Zitat
dafür ist der katholische Glaube aber sozialer :P. Wenn ein (mittelalterlicher) Katholik einen Bettler sieht, denkt der sich: "Armer Kerl, gehört aber alles zu Gottes Plan, Gottes Wege sind unergründlich, da geb ich ihm mal Geld er kann ja nichts dafür."

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Ist nicht zu bestreiten.
Aber sicherlich korrellieren das calvinistische Denken und die Entwicklung des Kapitalismus in einer gewissen Weise, auch wenn es nicht unbedingt 1:1 die Webersche Erkärung sein wird.
Außerdem machten die Reformatoren die geistige Selbstverortung gegenüber der Bibel sehr stark. Ohne dieses jahrhundertelang in den Himmel gelobte Ideal des Lesens und Verstehens der Glaubensinhalte wäre so rasch auch niemand auf den Trichter gekommen, wie moralisch arbiträr Religion tatsächlich sein kann.
Und was wäre dann aus der Aufklärung geworden? ;) Luther und Calvin haben der Moderne also mindestens mal sehr stark in die Hände gespielt.

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Re: Geschichtsthread
« Antwort #98 am: 23. Jul 2015, 19:17 »
@(Palland)Raschi
Übrigens versuche ich meine Posts gerade etwas kurz zu halten, weil hier gerade so viel Los ist.
Gruß, CynasFan
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Re: Geschichtsthread
« Antwort #99 am: 23. Jul 2015, 19:26 »
Danke für die Antworten!
Ich finde eure Argumente durchaus einleuchtend, doch muss ich fragen: Glaubt ihr, dass die Kirche keinen Einfluss an der wirtschaftlichen, militärischen und generell Technologischen Unterlegenheit Europas gar keinen Anteil hatte? Natürlich sehe ich als Hauptgrung ebenfalls ungünstige Verwaltungsstrukturen und Zersplitterung, aber eben auch die Erstarrtheit in Tradition und Religion.
« Letzte Änderung: 23. Jul 2015, 19:57 von Saruman der Bunte »


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Re: Geschichtsthread
« Antwort #100 am: 23. Jul 2015, 20:12 »
Offiziell ja, in Wahrheit war es aber nur Machtausbau, besonders da die Muslime zumeist den Christen ihre heiligen Stätte offenließen, Christen diese also besuchen durften. War Jerusalem christlich ist dies in der gesamten Zeit meines Wissens nur ein Mal geschehen, dass Muslime ohne Probleme in ihre heiligen Stätten durften.
Unter den Arabern (Fatimiden) mag das zwar so gewesen sein aber als der erste Kreuzzug ausgerufen waren herrschten über Jerusalem die sehr viel radikaleren Seldschuken. Die gingen etwas härter mit den Christen um.
Außerdem haben die byzantinischen Gesandten, die um den Kreuzzug baten, wohl auch etwas übertrieben, was die Unterdrückung der Christen im Heiligen Land angeht.

Als die Kreuzfahrer dann Jerusalem erreichten, war die Stadt wieder in fatimidischer Hand, durch die im Übrigen bei der Eroberung, ein Jahr vorher, in einer Nacht 3000 Juden, Christen und Sunniten getötet wurden. Die Fatimiden/Schiiten waren damals also auch nicht besser als die Kreuzfahrer.

Übrigens die von Muslimischen Chronisten überlieferten Zahlen von 30.000-70.000 Opfern durch die Kreuzfahrer am Massaker der Jerusalemer Bevölkerung sind definitiv, wie die meisten Zahlenangaben des MA und der Antike maßlos übertrieben. Jerusalem hatte damals warscheinlich nicht einmal 30.000 Einwohner.

@(Palland)Raschi
Also war die Kirche nur ein Opfer der Umstände?
Ich lache jetzt nur nicht, weil es so traurig ist. Selbst wenn der erste Kreuzug unvermeidbar gewesen wäre (was er definitiv nicht war), warum gab es dann so viele weitere?

1. Kreuzzug: Oström. Kaiser bittet um Hilfe. Wie oben bereits gesagt heilige Städte waren nicht mehr erreichbar (oder zumindest dachte das der Westen). Und der Papst wollte dem "deutschen" Kaiser eins auswichen. Als weltlicher Herrscher der Christenheit wäre ein Kreuzzug als panchristlicher Feldzug (also eine weltliche Angelegenheit) Aufgabe des Kaisers.

2. Kreuzzug: Ein Kreuzfahrerstaat (KFS), die Grafschaft Edessa fällt an die Seldschuken, die übrigen KFS fühlen sich bedroht. Kreuzzug zur Unterstützung der KFS.
Im übrigen gab es da auch die Erlaubnis auch andernorts die "Heiden" zu bekämpfen (->Kreuzzüge gegen die heidnischen Slawen, sowie gegen die Muslime in Spanien).

3. Kreuzzug: Saladin erobert Jerusalem -> Kreuzzug um Jer. zurückzuerobern, scheitert aber

4. Kreuzzug: zweiter Versuch um Jer. zurückzuerobern (was im 3. nicht gelang), ging bekanntlich katastrophal schief.

5. Kreuzzug (Damiette): nächster Versuch, man kann aber nur Damiette in Ägypten erobern.

5./6. Kreuzzug (Friedrich II.): Friedrich löst verspätet sein Kreuzzugsgelübte ein, und verhandelt mit den Muslimen. Jerusalem (ohne die muslimischen Heiligen Stättenm) wird wieder den Christen unterstellt.

6./7. Kreuzzug: Der Nachfolger des Sultans, mit dem F. II. verhandelt hat bricht den Friedensvertrag und erobert Jerusalem. Neuer Kreuzzug um Jerusalem zurückzu gewinnen.

Bis auf den letzten Kreuzzug waren alle anderen Kreuzzüge dazu gedacht um die KFS entweder zu entlasten oder aber um Territorium derselben wieder zutück zu gewinnen.

Die letzte Kreuzzug war dann der vergebliche Versuch die Expansion der Osmanen nach Europa einzudämmen oder sogar aufzuhalten.
Zitat
Sowohl Weltliche als auch Religiöse (welche nicht zwingend immer zwei Personen sein mussten) haben ihre Chancen für Profit genutzt, waren die Juden doch oftmals Geldgeber für große Projekte (Burgen, Kirchen etc.) und auch noch Louis der IV. "der Sonnenkönig" ließ seine Gläubiger hinrichten um nicht zahlen zu müssen.
*hust*Louis der XIV.*hust* Ludwig IV. war "der Überseeische" :P

Danke für die Antworten!
Ich finde eure Argumente sehr einleuchtend, doch muss ich fragen: Glaubt ihr, dass die Kirche keinen Einfluss an der wirtschaftlichen, militärischen und generell Technologischen Unterlegenheit Europas gar keinen Anteil hatte? Natürlich sehe ich als Hauptgrung ebenfalls ungünstige Verwaltungsstrukturen und Zersplitterung, aber eben auch die Erstarrtheit in Tradition und Religion.

Sicher hatten auch einige konservative Kleriker Einfluss darauf, aber dieser war niemals so groß wie er oft und gerne propagiert wird.
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Re: Geschichtsthread
« Antwort #101 am: 23. Jul 2015, 20:45 »
Meines Wissens ist der letzte Kreuzzug doch nur aus Fruaen und Kindern bestanden, oder?
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Re: Geschichtsthread
« Antwort #102 am: 23. Jul 2015, 21:17 »
@raschi und kolibri8
Vielleicht reden wir ein bisschen aneinander vorbei?

Religiösität hat niemals bedeutet, dass jemand Zeit seines Lebens in jedem Atemzug anders und unpragmatisch denken würde. Sie hat sich kulturhistorisch sicher nicht gebildet, um dem Menschen vorzuschreiben, wie er allgemein zu leben hat, und ist dazu auch in der Regel komplett unzureichend. Jemand, der religiös ist, tut sich nicht anders Müsli in die Schüssel als jemand, der es nicht ist.

Wenn ich behaupte, dass die Menschen im Mittelalter in einem anderen und unterlegenen Sinn-Horizont gelebt haben als in der Antike / Moderne, dann heißt das nicht, dass sie nicht mehr imstande waren, pragmatisch zu denken, sondern nur, dass sie mit bestimmten Fragen in einer ganz anderen Weise umgegangen sind.

Wenn z.B. ein Mönch im Hochmittelalter entdeckte, wie man mit einem Wasserstrahl kleine Regenbogen erzeugt, und er darum für sein restliches Leben in den Kerker geschmissen wurde, dann ist das eine Hemmung der Emanzipation von Sinn, die es in der gesamten europäischen und orientalischen Antike garantiert nicht gegeben hat.

Dieser Unterschied ist nicht weniger drastisch und nicht weniger real dadurch, dass er sich eben nur bestimmten Lebenssituationen offenbart. Ihr könnt ihn nicht dadurch widerlegen, dass ihr zeigt, dass es auch das Rationale und Pragmatische gab und dass es quantitativ gesehen haushoch überwog.
Weil das selbstverständlich sein sollte.
« Letzte Änderung: 23. Jul 2015, 21:20 von Whale Sharku »

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Re: Geschichtsthread
« Antwort #103 am: 23. Jul 2015, 21:20 »
Zitat
Meines Wissens ist der letzte Kreuzzug doch nur aus Fruaen und Kindern bestanden, oder?

Du meinst den "Kinderkreuzzug" ? Eigentlich wenig erwähnungswürdig, wenn er nicht so tragisch gewesen wäre.

Zitat
Also war die Kirche nur ein Opfer der Umstände?
Ich lache jetzt nur nicht, weil es so traurig ist. Selbst wenn der erste Kreuzug unvermeidbar gewesen wäre (was er definitiv nicht war), warum gab es dann so viele weitere?

Siehe bei kolibri8. Die Kirche, das heißt der Papst in Rom sah es als willkommenen Anlass, ein paar eigene Ziele zu verwirklichen. Man muss wissen, dass Urbans naher Vorgänger, Papst Gregor VII. dem Papstum einen völlig neuen Anstrich gegeben hat, und dem Amt besondere Rechte, zum Teil auch weltliche, zusprach.
Es war nun auch mit dem Amt des Papstes ein neuer Anspruch erwachsen, wie auch kolibri8 es richtig ausgeführt hat.
Man kann also sagen, Gelegenheit macht Diebe.

Zitat
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Ja also das ist ja immer so. Es gibt immer Leute, die ihren Profit aus etwas schlagen, und mitmischen. Das konnte ja auch der Papst nicht im einzelnen kontrollieren. Offizielle kirchliche Lehre oder Anordnung bestand jedenfalls nicht. In der Regel waren es weltliche Interessen, die man mit pseudo religiösen Argumenten kaschierte.
Das gleiche gilt für die Hexenverfolgungen, die auch größenteils auf das Konto der weltlichen Herrscher zurück zu führen ist.
Auch hier kann man also letzlich davon sprechen, dass Gelegenheit eben Diebe macht.
Die einen machen mehrmit, die anderen weniger.

Zitat
Und der Schutz des Kaisers war zwar symbolisch schön, hat aber kaum etwas geändert.

Nein, er war weder symbolisch, noch war er altruistisch. Es war schlicht pragmatisch und der Schutz war tatsächlich in weiten Teilen echt. Die Juden mussten besondere Abgaben an den Kaiser leisten, und genossen seinen Schutz. Er hatte also eine gute und dauerhafte Einnahmequelle; warum sollte ein Kaiser diese so einfach dem Pöbel preisgeben ?
Die Terretorialherrscher hatten dieses Recht zu schützen. Es kam allerdings auch vor, wie bei Kaiser Karl IV., dass er diesen Schutz nur in seinem Fürstentum aufrechterhalten konnte. Allerdings fiel in die Zeit seiner Herrschaft auch alles, was eine turbulente Zeit ausmacht, allen vorran die Pest.

Zitat
Wenn z.B. ein Mönch im Hochmittelalter entdeckte, wie man mit einem Wasserstrahl kleine Regenbogen erzeugt, und er darum für sein restliches Leben in den Kerker geschmissen wurde, dann ist das eine Hemmung der Emanzipation von Sinn, die es in der gesamten europäischen und orientalischen Antike garantiert nicht gegeben hat.

Das setzt vorraus, dass Du den Menschen Weltfremdheit und extremen Aberglaube unterstellst. Da waren gerade die Menschen im Mittelalter noch viel offener, als Du suggerierst; jedenfalls offener, als in der Renaissance. Das hängt wohl mit der Verwurzelung im germanischen zusammen, die sich wohl noch durchzusetzen vermochte.  Das was Du beschreibst, kommt aber alles erst nach dem Mittelalter, wo man sich lustigerweise wieder begann an der Antike zu orientieren.

Edit: Und Whale, erinnere dich an Sokrates, der insbesondere wegen Gottlosigkeit angeklagt wurde.
« Letzte Änderung: 23. Jul 2015, 21:39 von (Palland)Raschi »
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Re: Geschichtsthread
« Antwort #104 am: 24. Jul 2015, 00:10 »
Zitat
Und Whale, erinnere dich an Sokrates, der insbesondere wegen Gottlosigkeit angeklagt wurde.

Ja. Er hat die "sichtbare Religion" beleidigt.
Das hat damit, wovon ich spreche, halt nichts zu schaffen.^^

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