Du sagst das ein bisschen so, Raschi, als wäre Logik für uns alle dasselbe schon allein dadurch, dass wir dasselbe Wort "Logik" benutzen.
Und das ist natürlich nicht so.
Wir verstehen uns erst (mit wissenschaftlicher Präzision), wenn wir denselben
Begriff benutzen.
Wort = Zeichen- oder Lautkombination
Begriff = komplexes System aus bewussten und unbewussten Informationen, die in unserem Gehirn aufblitzen, wenn wir das zugehörige Wort wahrnehmen.
Und genau das ist es, was ich dir die ganze Zeit vermitteln will: Der
krasse Unterschied zwischen Alltagslogik und wissenschaftlicher Logik.
Denn um sicher zu stellen, dass man nicht nur dasselbe Wort, sondern denselben Begriff verwendet, kann je nach Situation ein monströser Aufwand nötig sein - so monströs, dass man viel mehr und viel umständlichere Worte machen muss und alle, die es lesen, bitten einen, sich nicht so "akademisch" auszudrücken, weil sie nicht ahnen, wie notwendig die Umständlichkeit gewesen ist.^^
Warum ist das so?
Nun, zunächst mal denken wir bei einem Wort nicht immer an dieselbe Definitionsmenge. Ein deutliches Beispiel ist, wie du gestern den Bauingenieur als Gegenbeispiel zu meiner Aussage "ethisch unbedenkliche Wissenschaft ist Grundlagenwissenschaft" verwendet hast.
Du gingst davon aus, dass der Bauingenieur schon durch die
Anwendung von Wissenschaft auch selbst Wissenschaft betreibt - und das ist eine Definitionsmenge, bei der der Grundlagenwissenschafts-Begriff tatsächlich keinen großen Sinn mehr haben würde.
Wenn der Begriff
Wissenschaft so grundsätzlich verschiedene Tätigkeiten wie Forschung einerseits und Lehre andererseits oder vielleicht sogar Anwendung in sich vereint, dann ist er total super um damit im Alltag zu reden und zu wissen was grob gemeint ist, aber er ist ironischerweise absolut unbrauchbar als
wissenschaftlicher Begriff.
Aber da hören die Probleme nicht auf, sondern sie fangen gerade erst an. Begriffe können missverständlich, uneindeutig, und sogar vollkommen widersprüchlich sein, und sie alle tun ganz unschuldig und wir benutzen sie in der Alltagslogik, ohne uns dieser Gefahr bewusst zu sein.
Doch am krassesten ist es, wenn wir Begriffe verwenden, die
aus sich selbst heraus vollkommen sinnlos und funktionslos sind, aber uns ganz normal erscheinen.
So ist z.B. der Begriff verschiedener menschlicher Rassen aus sich selbst heraus sinnlos und funktionslos. (Aber immernoch in vielen Ländern als das Normalste von der Welt angesehen.) Denn er beinhaltet einen (dramatisch) größeren
Erklärungs- und Unterscheidungsanspruch, als z.B. verschiedene Haarfarben zu unterscheiden, aber in Wahrheit reden wir bei verschiedenen Hautfarben einfach nur davon dass ein paar lächerliche Gene anders sind - in genau demselben Ausmaß, wie wenn's verschiedene Haarfarben wären.
(Was man nicht wissen konnte, als dieser überaus hässliche und unnötige Begriff erschaffen worden ist.)
Würden heute noch Neanderthaler leben, dann wär das was anderes und "Rasse" wäre auch jenseits der Hundezucht ein an sich wissenschaftlicher Begriff.^^
Ein anderes Beispiel.
Ich habe kürzlich mit jemandem über Spieltheorie diskutiert, und er war der Meinung, dass mein Fokus auf Interaktion und geistigem Austausch zwischen beiden Spielern nutzlos ist. In Wahrheit drehe sich alles nur darum, wer "optimaler" spiele.
Aber was zum Henker heißt "optimal" spielen, wenn der Gegner in dynamischen Spielen wie StarCraft 2 zu 85% bestimmt, was ich machen kann ohne augenblicklich zu verlieren?
Erklär mir das mal einer bitte im Detail!
Der Begriff tut letztlich nur so, als wäre er sinnvoll. Er erweckt das Gefühl, dass man das mit ihm Bezeichnete bis ins kleinste Detail herausarbeiten könnte, doch man kommt, wenn man es versucht, an einen Punkt wo es einfach wegbricht und nur noch sagen kann:
"Kommt halt drauf an, ne."Aber man muss erstmal dahinter kommen.^^