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Philosophie-Thread
CynasFan:
--- Zitat von: Whale Sharku am 24. Sep 2015, 22:36 ---aber ich widerspreche dir darin, dass es Zeitverschwendung sein würde, diese Kategorien gegeneinander abzustecken und z.B. mathematische und philosophische Logik zu trennen.
--- Ende Zitat ---
Wo habe ich bitte gesagt, es wäre "Zeitverschwendung" wäre?
Ich habe bloß gesagt, "mathematische" und "philosophische" Logik seien durch nichts in unserer Umwelt vorgegeben. Nur wir sind es, die unsere Umwelt in ein Korsett der Logik hineinpressen wollen, um uns auf diese Weise vorzugaukeln, wir würden unsere Umwelt verstehen.
Damit ist aber etwas vollkommen anderes gesagt, als dass es Zeitverschwendung wäre, über verschiedene Interpretationen eines Konstrukts, dass wir hier gerade Logik nennen, in bestimmten Lebensbereichen zu streiten.
Gruß, CynasFan
(Palland)Raschi:
Also das klingt ja schon ein wenig seltsam, CynasFan. Das Wort "Logik" mag menschlich sein, aber damit ist es noch lange eine menschliche Beschränktheit.
Wenn ich einen Stein von einem Haus fallen lassen, dann fällt der Stein auf den Boden.
Das ist so unabhängig davon, was der Mensch darin sieht. Es ist so, weil der Stein Gesetzen folgt, die existieren, ganz gleich ob wir sie kennen. Sein Verhalten entspricht dem Gesetz und ist damit nachvollziehbar, ergo logisch.
Wenn Du jetzt in Esoterik abdriften willst, dann viel Spaß.
Ich habe es "mathematische" und "philosophische" Logik genannt, um zu zeigen, dass Logik nicht alleine der Philosophie gehört.
Denn es wird offenbar die Ansicht vertreten wird, man müsse sich zur Lösung mathematischer Probleme der Philosophie bedienen.
Denn meine Ausgangsbehauptung war, dass man dafür diese grundsätzlich nicht notwendigerweise benötige, um naturwissenschaftliche Probleme zu lösen.
Whale Sharku:
Du sagst das ein bisschen so, Raschi, als wäre Logik für uns alle dasselbe schon allein dadurch, dass wir dasselbe Wort "Logik" benutzen.
Und das ist natürlich nicht so.
Wir verstehen uns erst (mit wissenschaftlicher Präzision), wenn wir denselben Begriff benutzen.
Wort = Zeichen- oder Lautkombination
Begriff = komplexes System aus bewussten und unbewussten Informationen, die in unserem Gehirn aufblitzen, wenn wir das zugehörige Wort wahrnehmen.
Und genau das ist es, was ich dir die ganze Zeit vermitteln will: Der krasse Unterschied zwischen Alltagslogik und wissenschaftlicher Logik.
Denn um sicher zu stellen, dass man nicht nur dasselbe Wort, sondern denselben Begriff verwendet, kann je nach Situation ein monströser Aufwand nötig sein - so monströs, dass man viel mehr und viel umständlichere Worte machen muss und alle, die es lesen, bitten einen, sich nicht so "akademisch" auszudrücken, weil sie nicht ahnen, wie notwendig die Umständlichkeit gewesen ist.^^
Warum ist das so?
Nun, zunächst mal denken wir bei einem Wort nicht immer an dieselbe Definitionsmenge. Ein deutliches Beispiel ist, wie du gestern den Bauingenieur als Gegenbeispiel zu meiner Aussage "ethisch unbedenkliche Wissenschaft ist Grundlagenwissenschaft" verwendet hast.
Du gingst davon aus, dass der Bauingenieur schon durch die Anwendung von Wissenschaft auch selbst Wissenschaft betreibt - und das ist eine Definitionsmenge, bei der der Grundlagenwissenschafts-Begriff tatsächlich keinen großen Sinn mehr haben würde.
Wenn der Begriff Wissenschaft so grundsätzlich verschiedene Tätigkeiten wie Forschung einerseits und Lehre andererseits oder vielleicht sogar Anwendung in sich vereint, dann ist er total super um damit im Alltag zu reden und zu wissen was grob gemeint ist, aber er ist ironischerweise absolut unbrauchbar als wissenschaftlicher Begriff.
Aber da hören die Probleme nicht auf, sondern sie fangen gerade erst an. Begriffe können missverständlich, uneindeutig, und sogar vollkommen widersprüchlich sein, und sie alle tun ganz unschuldig und wir benutzen sie in der Alltagslogik, ohne uns dieser Gefahr bewusst zu sein. ;)
Doch am krassesten ist es, wenn wir Begriffe verwenden, die aus sich selbst heraus vollkommen sinnlos und funktionslos sind, aber uns ganz normal erscheinen.
So ist z.B. der Begriff verschiedener menschlicher Rassen aus sich selbst heraus sinnlos und funktionslos. (Aber immernoch in vielen Ländern als das Normalste von der Welt angesehen.) Denn er beinhaltet einen (dramatisch) größeren Erklärungs- und Unterscheidungsanspruch, als z.B. verschiedene Haarfarben zu unterscheiden, aber in Wahrheit reden wir bei verschiedenen Hautfarben einfach nur davon dass ein paar lächerliche Gene anders sind - in genau demselben Ausmaß, wie wenn's verschiedene Haarfarben wären.
(Was man nicht wissen konnte, als dieser überaus hässliche und unnötige Begriff erschaffen worden ist.)
Würden heute noch Neanderthaler leben, dann wär das was anderes und "Rasse" wäre auch jenseits der Hundezucht ein an sich wissenschaftlicher Begriff.^^
Ein anderes Beispiel.
Ich habe kürzlich mit jemandem über Spieltheorie diskutiert, und er war der Meinung, dass mein Fokus auf Interaktion und geistigem Austausch zwischen beiden Spielern nutzlos ist. In Wahrheit drehe sich alles nur darum, wer "optimaler" spiele.
Aber was zum Henker heißt "optimal" spielen, wenn der Gegner in dynamischen Spielen wie StarCraft 2 zu 85% bestimmt, was ich machen kann ohne augenblicklich zu verlieren?
Erklär mir das mal einer bitte im Detail!
Der Begriff tut letztlich nur so, als wäre er sinnvoll. Er erweckt das Gefühl, dass man das mit ihm Bezeichnete bis ins kleinste Detail herausarbeiten könnte, doch man kommt, wenn man es versucht, an einen Punkt wo es einfach wegbricht und nur noch sagen kann: "Kommt halt drauf an, ne."
Aber man muss erstmal dahinter kommen.^^
(Palland)Raschi:
--- Zitat ---Aber da hören die Probleme nicht auf, sondern sie fangen gerade erst an. Begriffe können missverständlich, uneindeutig, und sogar vollkommen widersprüchlich sein, und sie alle tun ganz unschuldig und wir benutzen sie in der Alltagslogik, ohne uns dieser Gefahr bewusst zu sein
--- Ende Zitat ---
Mal kurz zu der Begrifflichkeit "Spieltheorie". In diesem Zusammenhang verursacht er jedenfalls bei mir Bauschmerzen, da er bereits eine feste und prominente Bedeutung hat. Dabei geht es um die Möglichkeit eine möglichst rationale Entscheidung zu treffen.
Aber offenbar gibt es auch eine "Spielwissenschaft" im eigentlichen Sinne.
a) Also ich tue mich erstmal schwer, die Logik der Philosophie zuzuordnen.
Soll heißen, alles was wissenschaftlich nachvollziehbar ist, und über eine bestimmte
Schwelle geht (also keine Alltagslogik darstellt) sei Philosophie.
Warum sehe ich das so ?
Zuerst erkennt man schon an den Begrifflichkeiten, dass es so nicht gemeint sein kann. Wäre die Logik reine Philosophie bliebe der Mathematik nichts mehr, was sie von der Philosophie unterscheiden könnte.
Genauso liegt es in der Rechtswissenschaft. Wenn die Logik alleine Sache der Philosophie ist, wäre die Teildisziplin "Rechtsphilosophie" nicht denkbar, sondern müsste als Oberbegriff fungieren.
Wer sich die "Rechtsphilosophie" anschaut, wird beispielsweise erkennen, dass Logik wie bei jeder wissenschaftlichen Tätigkeit eine grundsätzliche Notwendigkeit darstellt, und mehr nicht.
b) Wissenschaftlich arbeiten heißt auch, Gelerntes anwenden. Wenn man das Gelernte immer neu erfinden müsste, wäre das umständlich. Wenn ich ein Gutachten schreibe, dann fließt meist bereits Erforschtes hinein, aber auch eigene Schlussfolgerungen.
Beides gehört zur Wissenschaft.
Wie kommt nun die Philosophie im engeren Sinne (ich klammer die Logik mal aus) in diese Tätigkeit.
aa) Ich nehme jetzt mal die Rechtswissenschaft, da sie gut dafür geeignet ist.
Schon einfache Fragen zeigen, dass Philosophie eine herausragende Bedeutung bei der Lösung von Streitfällen hat.
-Alleine Art. 1 I GG, der von der "Würde des Menschen" redet, bedarf zur Auslegung einer philosophischen Betrachtungsweise.
-§ 138 I BGB, der von "Sittenwidrigkeit" spricht, bedarf in hohem Maße Rechts- und Sozialethische Wertungen, welche zur Rechtsphilosophie gehören.
- Auch die Frage eines "niederen Beweggrundes" beim Mord in § 211 I StgB bedarf derartiger Wertungen, wie auch die Frage nach "Treu und Glauben" in § 242 BGB
Das heißt, wir kommen nicht auf eine Lösung, ohne in die Philosophie zu greifen. Selbst wenn unser Ziel die Entwicklung einer bestimmten Theorie sein sollte, kann es sein, dass wir diese Fragen erst klären müssen. Warum dann die Entwicklung der Theorie an sich Wissenschaft, das andere keine Wissenschaft sein soll, erschließt sich mir nicht. Auch die Lehre ist mehr oder weniger nur die Präsentation von bereits erforschtem Wissen, und gehört zweifellos auch dazu.
bb) Wenn ich nun eine einfach Aufgabe aus der Naturwissenschaft zu einer Lösung führen möchte, brauche ich das aus meiner Sicht nicht, was ich oben getan habe:
1 + 1 = ? Hier wird weder die Anwendung von Moral oder Ethik notwendig, es reicht die logische Anwendung der Regeln.
Warum nun 1 + 1 = 2 richtiger wäre als 3 ist eine Frage der Philosophie und für das Ergebnis nicht von Bedeutung.
Und genau daher sehe ich die Philosophie nicht als notwendigen Bestandteil der Naturwissenschaft bei der wissenschaftlichen Arbeit.
Whale Sharku:
--- Zitat ---Also ich tue mich erstmal schwer, die Logik der Philosophie zuzuordnen.
Soll heißen, alles was wissenschaftlich nachvollziehbar ist, und über eine bestimmte
Schwelle geht (also keine Alltagslogik darstellt) sei Philosophie.
--- Ende Zitat ---
Zum wirklich allerletzten Mal:
Das habe ich niemals gesagt.
Ich sagte, dass die Form, in der man in der Rechtswissenschaft Logik anwendet, ein Produkt der Philosophie ist und daher eine philosophische Methode ist.
Natürlich ist es trotzdem nicht Philosophie, sondern Rechtswissenschaft.
Es ist ein Export der Philosophie aber von ihr verschieden, so wie du ein Export deiner Eltern bist und mit ihnen große Gemeinsamkeiten hast aber nicht deine Eltern bist.
Und das erklärt natürlich, warum die Art von Philosophie, die in der Rechtsphilosophie betrieben wird, eben gerade nicht die logische Methode ist, wovon wir sprechen, sondern etwas anderes (ewas Ethisches vermutlich).
Sie ist stattdessen ein weiterer, neuerer, Export aus der Philosophie. In unserer heutigen Kultur nehmen wir sie als aus der Philosophie exportiert und als "philosophisch" wahr, weil sie ein Randbereich ist.
Die philosophische Methode der echten Logik dagegen ist schon sehr lange Bestandteil der Rechtswissenschaft (um genau zu sein, exakt so lange, wie es überhaupt Rechtswissenschaft gibt) und essenziell zu ihrem Wesen als Wissenschaft überhaupt...
...und darum nennen wir sie nicht explizit "philosophisch", weil es für diese begriffliche Abgrenzung keinen Grund gibt.
So, wie du auch nicht dein Auto, falls du eines haben solltest, als "Elektro-Auto" bezeichnen würdest, nur weil Elektrik drin vorkommt,
so bezeichnen wir die logischen Segmente der Rechtswissenschaft nicht als "Rechtsphilosophie", nur weil Philosophie in ihnen vorkommt.
Bitte lies diesen Post zweimal, nein, besser dreimal, und antworte nur, wenn du dir totsicher bist, ihn verstanden zu haben.
Es ist nämlich sehr ermüdend, immer exakt dasselbe mit anderen Worten zu wiederholen.
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