Nerblog und Elebert von der OstfoldEin fröhliches Wanderlied schallte über die weite Graslandschaft. Weit im Westen war der Ansatz eines großen Waldes zu sehen. Nerblog unterbrach sein musizieren, um Elebert, der grießgrämig hinter ihm herstapfte, nach dem Wald zu fragen: "Was ist das dort drüben?"
Der alte Gelehrte zuckte unwollend die Achseln. "Ich schätze, dass es sich um den Fangorn handelt, aber sicher kann ich das nicht sagen. Ich habe die Länder Gondors zuvor nie hinter mir gelassen."
"Fangorn", wiederholte Nerblog und ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen. "Ein passender Name für einen Wald."
"Vielleicht", entgegnete Elebert genervt. Sie waren zwei Wochen durch die weiten Ebenen des Reiterlandes gewandert, mit wenig Essen und Schlaf. Sie waren recht weit nach Westen von ihrem eigentlichen Kurs abgewichen, doch da Lothlorien ihr Ziel war, war dies nicht zwingend schlecht.
"Warum habt ihr es eigentlich so eilig, Herr Ostling?", fragte Elebert und schloss zu Nerblog auf. Der Ostling trug einen ausrangierten Tierpelz als Mantel und seine abgewetzte Hose war von grauem Leder. Auf Elebert wirkte er wie ein Wilder.
"Eilig? Das ist das normale Marschtempo. Allerdings bremsen mich deine alten Knochen. Sonst würde ich noch zügiger vorankommen. Aber ich will nicht von meinen Interessen abschweifen. Was kannst du mir über Fangorn erzählen?"
"Nun ja", begann Elebert und blickte abschätzig zu den fernen Wipfeln hinüber. "Man erzählt sich, dass dort fremdartige Kreaturen hausen. Alles ist dort anders. Doch am merkwürdigsten von allen sind die Baumhirten. Auch bekannt als Ents."
Elebert legte eine bedeutungsschwere Pause ein. Nerblog lächelte. Der Greis schien nicht die erste Geschichte zu erzählen.
"Die Ents, so sagt man, sähen nicht anders aus als Bäume. Aber sie, die Wächter des Fangorn, können laufen und sprechen. Nachts singen sie uralte Klagelieder. Eine gefährliche Gegend ist dieser Wald, obwohl ich diese Geschichten für unwahr halte."
Nerblog brummte etwas Unverständliches zur Erwiederung. Er hatte Elebert irgendwie ins Herz geschlossen. Er hatte ihn gut geführt, und die vielen Dinge, über die er berichten konnte, machten die weite Reise kurzweilig und lehrhaft. Er hatte sich schon mehrmals überlegt, wie er ihm danken konnte, aber dann hatte er sich immer gesagt, ihn am Leben zu halten sei genug des Dankes.
"Erzähl mir mehr über Lórien!", bat er also den Alten, während sie weitergingen und die Herbstsonne auf sie herabschien.
Der Hauch eines Lächelns huschte über Eleberts faltiges Gesicht. "In Lórien leben die vielleicht einzigen, die Sauron nun noch aufhalten können. Elben, die Erstgeborenen. Ihre Anmut und Schönheit geht weit über die der Sterblichen hinaus. Elben sterben nicht; zumindest ist das Alter dann nicht ihr Mörder. Lórien selbst ist ein idyllischer Wald voll von reinen, klaren Bächen, Waldpfaden und immergrüner Bäume. Die Elben leben dort in Baumhäusern, hoch über dem Waldboden. Im Moment wachen Galadriel aus dem Hause Finarfin und ihr Gatte, Celeborn von Doriath."
Mehr noch konnte Elebert berichten und sie zogen immer weiter Richtung Norden. Das Nebelgebirge war nun eine feste Landmarke im Westen, das sich mit wolkenverhangenen Gipfeln meilenweit in den Himmel reckte.
Tage später kamen sie an den kleinen Fluss Limklar, den sie an einer ebenso kleinen Brücke überquerten und weiter auf Lórien zuhielten.
Nerblog und Elebert nach Grenze Lóriens