Eine sehr interessante Problematik...
Vorneweg, viele Vorwürfe finde ich indiskutabel. Etwa die Existenz von Orks, die nur böse sein können. Na und?-Es ist eine Geschichte. Hat jemand was gegen den bösen Drachen im Märchen? Den hätte sich in Europa auch kaum ein Sagendichter als zum Guten fähig vorstellen können.
Und solche Weltkriegsthesen finde ich insgesamt einfach zu schwach zu belegen. Das in einem fiktionalen Krieg Motive auftauchen, die es auch in echten Konflikten gab, ist ja wohl absolut logisch. Schließlich sind bewaffnete Auseinandersetzungen leider Realität.
Es haben auch schon linksgerichtete Kreise versucht, die Zwerge als die von den bösen, kapitalistischen Drachen ausgeplünderte Arbeiterklasse zu sehen...
Wirklich nachvollziehbar werden die Vorwürfe allerdings, wenn man sich die Sache mit den bösen Menschen einmal ansieht. Fassen wir mal zusammen:
1.Alle "bösen" Menschen haben dunkle oder gelbe Haut
2.Es gibt keine "gute menschliche Rasse", die dunkle Haut hat.
3.Alle "guten Menschen" stammen von den Edain ab oder sind mit diesen verwandt. Die bösen Menschen sind allesamt nicht mit ihnen verwandt.
4.Ein gibt ein menschliches Volk, die Dunedain, die quasi eine Art "Überrasse" darstellen.
5.Es gibt keine schwarzen Elben, Hellhäutig gilt wohl als schön
6.Es wird ausführlich über die typischen körperlichen Merkmale der Dunedain diskutiert-und diese nehmen durch eine "Mischung des Blutes" ab.
Versteht ihr, ich glaube auch nicht an den Rassisten Tolkien-aber man kann das auch nicht einfach abtun. Es gibt aber zum Glück auch Gegenargumente, und zwar solche:
-Die "Degeneration" der Numenorer hängt ausdrücklich neben dem körperlichen auch von der zunehmenden inneren Distanz zu Valinor ab.
-Die Dunedain gehen zugrunde, als sie anfangen, sich über die anderen Menschen zu erheben-was sie laut den Valar eindeutig nicht tun sollten und was auch entsprechend bewertet wird.
-Im Bürgerkrieg von Gondor stellt die Fraktion der Gegner der "Rassenmischung" die "böse" Seite dar, die schließlich besiegt wird-und der "gemischtrassige" König stellt sich als guter Herrscher heraus.
-Die Stelle im Buch, in der der Haradrim vom Olifanten tot vor Sams Füße stürzt. Hier ist Sam absolut entsetzt über den Krieg zwischen Menschen und fragt sich, ob der Haradrim nicht auch einfach nur ein Mensch war, der von bösen Umständen gegen seinen Willen zum Kampf gezwungen wurde...
-Es existieren in Gondor Menschen, die neben Dunedain auch Bergmenschen unter ihren Vorfahren haben. Diese kämpfen auf der Seite des Guten und haben auch ausdrücklich dunklere Haut. Faramir begrüßt in einem Gespräch diese Entwicklung.
-Die Dunländer, Ostlinge etc. werden nach dem Sieg immer wie Menschen behandelt, nicht wie bösartige Monster.
So viel dazu. Es kommt noch hinzu, dass das ganze nicht unbedingt zur Person Tolkiens passen will-es gab leider oft genug Ausnahmen, aber eigentlich sollte Rassismus ja nicht zu einem gläubigen Katholiken passen. Er hat sich meines Wissens nach auch mal in einem Brief gegen die Rassentrennung in Südafrika ausgesprochen.
@Sam: Ein altes europäisches Motiv...die Gefahr in der Propaganda kam immer von Osten, erst die Perser, dann die Türken, dann die Chinesen,dann die Sowjets...
MfG
Lord of Arnor