Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Arnor
Fornost: In der Stadt
Curanthor:
Natürlich hatten Mathan und Halarîn nicht im Sinn jeden abzuschlachten, der über ihren Weg lief, aber als der Überraschungsmoment zunichte war, blieb ihnen kaum etwas Anderes übrig. Die beiden Elben sonderten sich von der Gruppe ab, Halarîn bestieg ungesehen einen hölzernen Turm, der scheinbar als Aussichtpunkt diente. Die Wache wandte ihr den Rücken zu. Ein gezielter beidseitiger Schlag auf den Hals schickte den Mann auf die Bretter. Sie versuchte ihn aufzufangen, damit der Lärm nicht auf sie aufmerksam machte, jedoch brach genau dann unten der Kampf aus.
Mathan lief an der Seite eines jungen Mannes aus dem Sternenbundes. "Ich bin froh Euch an meiner Seite zu wissen.", sagte dieser, da kam auch schon das Signal zum Angriff. Der Elb hob ein Schwert über den Kopf und das Andere seitlich angewinkelt.
Drei Dunländer rannten aus einem Haus, ihn entgegen. Der junge Sternenbundler erhielt sofort einen Schlag gegen den Kopf und wankte. Mathan schubste ihn hinter sich und fing einen weiteren Hieb mit der Klinge ab. Einer der Männer schien eingeschüchtert und ging auf Abstand, die anderen Beiden griffen wieder an. Er trat einem von ihnen zwischen dem Schritt und schlitzte dem, der gerade einen Dolch werfen wollte dem Arm der Länge nach auf. Die blutige Klinge wirbelte herum und beschrieb einen blitzenden Bogen. Ein Wurfmesser schlug klirrend gegen die Stahl, Mathan spürte den Ruck und lenkte das Geschoss an ihm vorbei. Ein Messerwerfer stand im Flur des Hauses und hielt drei Klingen in der Hand. Seine Elbenaugen sahen wie sich die Muskeln erneut zum Wurf spannten. Der Elb schlug seinem letzten Gegner die edelsteinbesetzten Knäufe ins Gesicht, der blutend zu Boden ging. Der Mann warf zwei Messer auf einmal und zwang Mathan sein ganzen Training anzuwenden. Mit der linken Klinge drängte er das erste Messer aus der Flugbahn, mit dem rechten Schwert schlug er das zweite Messer zu Boden. Er drehte sich nach vorn und entging so dem dritten Messer. Auf einem Schritt Distanz warf Mathan eines seiner Schwerter und sprang hinter ihm her. Es drang dem Mann bis zur Hälfte in den Brustkorb. Als Mathan den Griff seiner Waffe wieder packte, sank sein Gegner schon auf die Knie. Er zog Iskarion aus dem erschlafften Körper und spritzte mit einer Handbewegung das Blut von der Klinge.
Halarîn spannte den Bogen bis zu ihrem Ohr, atmete tief ein und nahm Maß, achtete auf den Wind und hielt inne. Ihr Ziel kletterte gerade auf ein Dach und stand auf. Sie ließ den Pfeil von der Sehne. Sie sah nur, dass der Bogenschütze vom Dach stürzte und hatte den Bogen sofort wieder gespannt. Ein zweite Mann erschien auf dem Dach, es war einer des Sternenbundes, er achtete aber nicht auf seinen Rücken. Halarîn ließ ihren Pfeil fliegen. Der Mann spürte wohl den Luftzug ihres Geschoss und drehte sich um, während hinter ihm ein Dunländer mit einem Pfeil im Hals leblos nach vorn fiel. Er erblickte sie und nickte, sie bedeutete ihm, dass er verschwinden solle und spannte erneut ihren Bogen. Die Kampfgeräusche ließen nach, vereinzelt riefen dunkle Stimmen Befehle oder riefen um Hilfe. Sie erblickte eine Gruppe Feinde, die irgendwie davongekommen war und das Südtor ansteuerten. Sie stieß einen Pfiff aus, den Mathan sehr gut kannte.
Mathan, der gerade einem Dunländer mit einem Streitkolben gegenüber stand erkannte den Pfiff sofort, auch ein paar verwirrte Gegner sahen sich suchend um. Sein Gegenüber ebenfalls. Erneut rammte er jemanden die Edelsteine an den Griffen ins Gesicht und es sah nicht weniger schmerzhaft aus. Der Mann ging brüllend zu Boden und fasst sich an das gebrochene Jochbein. Der Elb kümmerte sich nicht weiter um ihn und der junge Sternenbundler übernahm, wie er aus dem Augenwinkel erkennen konnte. Es stank nach Schweiß, ungewaschenen Kleider, Blut und Exkrementen, als er durch die Häuser rannte. Bei dem Geruch beschleunigte er seinen Schritt und jagte durch die Ruinen. Scheinbar hatten sie hier ihr Lager, denn er musste allmöglichen Hindernissen ausweichen. Auf der Straße erblickte Mathan schließlich die sechs Gegner, allesamt Dunländer. Der Kleidung nach waren es Späher, sie liefen auch recht schnell. Der Elb ärgerte sich nicht eine Zweitwaffe mitgenommen zu haben und sprintete durch die Nachhut. Ein rasche Drehung im Lauf schickte die letzten Zwei zu Boden. Er wechselte zum umgekehrten Griff-Stil. Alarmiert rannten zwei schneller, die anderen Beiden zogen ihre Dolche. Mathan verlangsamte seinen Schritt nicht und tauchte unter einer der Klingen und zog dabei sein Schwert über den gestreckten Arm, der die Waffe hielt. Ein Schmerzensschrei ertönte. Er machte eine halbe Drehung und fing dabei den anderen Dolch ab, packte den Arm und riss den Mann nach vorn. Mit dem Schwung rammte er ihm die eigene Klinge in den Hals. Mathan entwaffnete den Sterbenen und stach dem Verwundeten ins Bein, der sofort einknickte. Nun wandte er sich den Fliehenden zu und warf den Dolch, den er zuvor ausgeliehen hatte. Einer der Beiden torkelte und fiel aus dem vollen Lauf in einen Haufen Geröll und regte sich nicht. Der Elb ging zu dem Verwundeten und nahm den Dolch aus den kraftlosen Fingern. Die Verwünschungen des Mannes verstand er nicht einmal und schlug ihn kurzerhand bewusstlos. Der zweite Dolchwurf Mathans fand ebenfalls sein Ziel. Mit einem Dolch im Nacken fiel der letzte Späher wie vom Blitz getroffen zu Boden. Der Elb runzelte überrascht die Brauen, er hatte gar nicht auf die Nervenstränge gezielt. Er sah zu seiner Frau auf, die im bedeutete, dass der Kampf zu Ende war.
Halarîn hatte nicht viel zu tun gehabt, worüber sie eigentlich ganz froh war. Orks zu töten war kein Problem aber Menschen nicht. Dabei hatte sie immer ein komisches Gefühl, so als ob es nicht in Ordnung war Menschen zu bekämpfen. Einfach weil es Menschen waren und keine Orks oder andere Kreaturen. So konnte sie den hitzköpfigen Kampfstil ihres Mannes beobachten. Als sie ihm bedeutete, dass es vorbei war, packte er einen der Dunländer am Kragen und schleifte ihn mit zum Platz vor den Häusern. Wieder unten und ihrem Mann vereint, blickte sie ihn fragend an.
"Ich will den Kerl etwas fragen.", sagte er zur Erklärung. Zweifelnd sah sie erst zum Schnitt am Arm, der bis auf den Knochen ging und dann die beiden feine Einschnitte an den Kniekehlen.
"Ich denke nicht, dass er dafür lange genug überlebt.", antwortete sie.
Doch er zuckte nur mit den Schultern und ließ mit einer Bewegung das Blut von seinen Schwertern spritzen. "Und wenn schon, es sind noch genug übrig.", sagte er unbekümmert und säuberte seine Waffen.
Sie ahnte, dass der Kerl nicht nur deswegen hier liegt. Sie betrachtete ihn genauer: die dunkle, raue Haut erschien ihr wie Leder, die Augen lagen tief im Schädel und waren blutunterlaufen. Was ihr aber sofort auffiel, dass er besser Ausgerüstet war.
"Vermutlich der Anführer der Späher.", nickte Mathan, der in ihrem Gesicht las wie in einem Buch. Er winkte Ardóneth herbei, der nicht weit entfernt mit ein paar Leuten vom Sternenbund sprach. Auch wenn er seine Führungsqualitäten noch nicht außerordentlich bewiesen hatte, so waren die meisten seiner Leute mehr oder weniger gut davongekommen. Der Elb schob es auf Glück, irgendwann fallen die Ersten, das ist immer so.
"Hier, wahrscheinlich ein Spähtrupp. Die wollten so schnell es ging aus der Stadt raus, schon bevor wir ankamen. Der hier ist wohl der Anführer.", erklärte er und stieß mit dem Fuß gegen die Schulter des Verwundeten. Halarîn, die den Kerl lieblos einen Verband verpasste, dass er nicht verblutete sah auf. "Ein Spähtrupp? Wenn sie nicht von hier sind, woher dann?", fragte sie verwirrt.
"Ich denke wir können es uns zusammenreimen. Ardóneth?", fragte er und sah den Waldläufer an.
Mathan ahnte, dass dies nicht nur irgendwelche Späher waren. Dafür waren die Dolche von zu guter Qualität. Auch die Ausrüstung passte nicht zu den Schergen, die hier in Fornost rumlungerten, nein, dieser Kerl hier war für einen langen Marsch ausgerüstet gewesen. Der Elb musste an die Gerüchte denken und er erkannte, dass das heute nur ein Vorspiel war.
Melkor.:
Endlich konnte die Kunde verbreitet werden das Fornost nun von Sarumans Unterdrückung befreit war. In den Reihen des Sternbundes wurde gefeiert, die ersten wichtigen Siege konnten sie verbuchen. Kerry, Rilmir und Haleth verfolgten noch die letzten geflohenen Diener der Weißen Hand und würden hoffentlich bald Neuigkeiten nach Fornost bringen. Es herrschte eine euphorische Stimmung, doch einer blieb ruhig und feierte nicht so ausgiebig wie die anderen. Gandalf verkroch sich wieder in sein kleines Zimmer.
Ardóneth und Elrádan standen auf einem der Balkone des Palastes, einen Krug Bier in der Hand und über das Gelände gebeugt.
"Das Erbe unserer Ahnen gehört wieder uns." sprach Elrádan während er sich einen Schluck genehmigte.
"Ich…," begann Ardóneth, doch bevor er seinen Satz beenden konnte flog ein großer Schatten über sie herab und sie konnten ein lautes Krächzen vernehmen.
"Hol Gandalf, schnell!" befahl Ardóneth. Elrádan nickte und eilte davon, um den Zauberer zu benachrichtigen, der sich gerade in der Bibliothek des Palastes aufhielt.
"Mithrandir, Ardóneth schickt mich, ein Adler kreist über Fornost." Der Zauberer war gerade in den alten Lektüren von Malbeth vertieft und schreckte auf. Dann folgte er Elrádan auf den großen Balkon. Elrádan nahm an, dass diese Neuigkeit ebenfalls für Belen interessant war und schickte nach ihm.
Dort angekommen trafen sie Ardóneth und den Adler.
"Mithrandir, dieser Adler meinte er hätte eine dringende Nachricht für Euch," begrüßte Ardóneth ihn und stellt sich neben Elrádan. Schließlich stieß auch Belen dazu.
"Fornost ist erneut in Gefahr," sprach der Adler. "Eine große Streitmacht aus Orks und Uruks mit den Zeichen der weißen Hand marschiert über die kalten Ebenen gen Süden. Sie führen Trolle, Warge und Kriegsmaschinen mit sich. Saruman wird Fornost nicht einfach aufgeben. Ich schätze, in etwas mehr als einer Woche werden sie Fornost erreicht haben."
Gandalf stützte sich auf seinen Stab und sah erschrocken aus offenbar hatte er gedacht, dass die Stadt für den Augenblick sicher wäre.
"Wir werden Fornost nicht einfach kampflos aufgeben, wir werden uns Sarumans Schergen entgegensetzen," sagte Belen entschlossen.
"Und wie? Sollen wir uns zu dreißig hunderte Orks, Uruks und Schlimmeren entgegen setzten, Sie werden uns vernichten!" meinte Elrádan, der über Belens Antwort gar empört war.
"Wir sind nicht die einzigen Menschen in der Stadt, und in der Waffenkammer lagern dutzende Waffen und Rüstungen. Wenn wir sie so gut wie möglich ausbilden haben wir vielleicht eine Chance," schlug Ardóneth vor.
"Das sind Städter und Bauern, wie sollen die gegen Uruks oder gar Trolle standhalten? Sie werden fliehen und sie täten recht daran," zweifelte Elrádan den Vorschlag seines Befehlshabers an.
Gandalf, trat einen Schritt nach vorne. "Ich glaube für dieses Problem habe ich eine Lösung in einem alten Buch gelesen."
"Gut, sehr gut, Elrádan du gehst mit Gandalf, Ardóneth du gehst mit mir." befahl Belen.
"Ich werde die Wege im Norden auskundschaften. Außerdem muss ich dem Windfürsten Bericht erstatten." sprach der Adler und verabschiedete sich.
Die Dúnedain teilten sich nun auf. Belen und Ardóneth sammelten möglichst viele der Waldläufer und begaben sich zum Marktplatz. In der zwischen Zeit suchte Gandalf vergebens nach dem alte Wälzer.
"Gebt mir etwas Zeit - ich lasse nach euch schicken wenn ich das Buch gefunden habe." So verließ Elrádan das Hinterzimmer und machte sich zum Marktplatz auf. Dort standen Ardóneth, die Dunedain und Belen, im Vordergrund, um sie herum waren dutzende Menschen versammelt. Er konnte Belen reden hören.
"Wir brauchen eure Hilfe, denn Fornost ist in großer Gefahr und ohne sie wird jeder von euch hier sein Grab finden." Zunächst war die Menge verstummt, keiner sagte etwas, das Entsetzen war den Flüchtlingen ins Gesicht gemeißelt. Offenbar hatten die Worte ihre Wirkung nicht verfehlt. Belen blickte mit angespanntem Gesichtsausdruck, zu Ardóneth hinüber. Einer der Flüchtlinge erblickte das Wappen des Sternenbundes das hinten auf seinen Waffenrock gespickt war und erkannte ihn als jenen, der ihn und seine Familie vor dem Hungertod rettete. Der Mann stellte sich neben den Dúnadan.
"Ihr habt mir geholfen, jetzt möchte ich euch helfen," sagte er zu Ardóneth. Doch trotz der mutigen Tat folgten keine Anderen. Der Fremde wandte sich nun an die Menge.
"Diese Männer und Frauen haben uns vor den Tyrannen befreit die uns misshandelt haben, sie haben uns ein neues Zuhause geboten, und in der schwersten Not geholfen, und das ist euer Dank dafür?." Die Menschen aus Gondor, Rohan und Thal schauten nun beschämt zu Boden. Plötzlich traten vier weitere Familien zu den Dúnedain, gefolgt von weiteren. Schließlich waren fast alle Leute bereit, dem Sternenbund zu helfen. Der Fremde stellte sich den Dúnedain vor, Mallor wurde er gerufen. Ardóneth befahl ihm nun möglichst viele weitere bereitwillige Menschen bis zum Abend hier zu versammeln.
Hoffentlich können wir alle überzeugen uns zu helfen, dachte Ardóneth. Je mehr wir sind, desto größer sind unsere Chancen.
Belen befahl nun die Vorbereitungen für die Belagerung in Angriff zu nehmen. Zur selben Zeit versammelten sich immer mehr Leute in der Nähe ders Palastes. Belen begann nun erneut zu ihnen zu sprechen.
"Habt Dank für euer Kommen. Saruman wird meinen, Fornost mit Leichtigkeit zurückerobern zu können. Doch wir werden gemeinsam uns der Feindesarmee entgegen stellen."
Einige waren erfreut, jubelten fast, jedoch waren sie dennoch verängstigt. Belen befahl den Dúnedain die Waffen und Rüstungen für den Kampf vorzubereiten. Einige sollten sich um die Ausbildung der Freiwilligen Kümmern. Vorräte mussten nun in großen Mengen angelegt werden. Betten für die Kämpfer und Verletzten mussten bereitgestellt werden. Zudem dachte man darüber nach ob nicht zwei Tore leichter zu verteidigen wären als drei. In Fornost herrschte nun selbst am Abend reges Treiben. Alle arbeiteten am selben Ziel zusammen. Einige Männer begannen noch am selben Tag einige Säcke Korn zu mahlen. Andere versuchten sich mit dem Bogen, um am nächsten Tag mit möglichst großen Erfolg Wild jagen zu können. Eine dritte Gruppe half Ardóneth dabei, einiger der alten kleinen Hausruinen einzureißen. Die Dúnedain begannen nun, Wachposten an den drei Toren aufzustellen. In der Waffenkammer wurden Schwerter, Äxte und Speere geschliffen, Rüstungen gesäubert und Umhänge gereinigt. Im Palast wurden die Keller ausgeräumt um Platz für die Vorräte zu schaffen. Vieles wurde am Abend noch vorbereitet, doch war dies nicht einmal ein Bruchteil der Arbeit, die noch vor ihnen lag.
Curanthor:
Mathan, der gerade mit Halarîn auf dem Schoß auf einem Baum hockte blickte auf, seine scharfen Elbenaugen erkannten einen dunklen Schatten, der sich der Rüstkammer näherte. Halarîn, die mit seinem Haar spielte hielt inne und blickte ebenfalls in die Richtung.
"Ein Adler...", murmelte sie besorgt und strich ihm über die Wange. "Werden wir jemals ungestört sein?", fragte sie sanft und streichelte nun die andere Seite seines Gesichts.
"Das wüsste ich auch gerne", erwiderte er nur mit einem Seufzer.
Sie hatten sich auf einem Baum nahe dem Palast zurückgezogen um die ganzen Menschenmassen zu meiden, ihre Zweisamkeit genießen, wie sie es im tiefsten Süden Mittelerdes bereits getan hatten. Beide vermissten die Zeit, andererseits war Mathan nicht dafür geschaffen lange an einem Fleck zu weilen. Sie sah ihm an, dass es an ihn nagte, nachzufragen was der Adler zu sagen hatte.
Doch dazu mussten sie sich nicht vom Baum bewegen, unter ihnen lief ein Bote vorbei und informierte die Wachen des Palastes über die Situation. Noch ehe der Bote endete, war Mathan bereits vom Baum gesprungen. Halarîn folgte ihm besorgt. Sein Temperament schien wieder durchzubrechen, dachte sie sich und blieb ihrem Mann dicht auf den Füßen, der in voller Kampfmontur durch die Straßen hechtete. Sie ahnte, dass sein Hass auf Saruman soeben noch weiter angestiegen war. Er steuerte die Rüstkammer an und sie folgte ihm, wie immer.
"Diese widerliche Schlange, wenn der mir jemals vor die Klinge kommen sollte.", zischte ihr Mann hasserfüllt und zog blitzschnell seine Waffen. "Dann dürfen die Waffen meines Vaters ihren Zweck erfüllen.", sagte er und stieß die Klingen zurück in die Scheiden auf seinem Rücken.
Er war dankbar, dass Halarîn bei ihm blieb, auch wenn er momentan einfach nur Hass und Zorn verspürte. Nirgens war man vor der alten Krähe sicher, überall muss er seine gierigen Finger haben und selbst hier war man sich nicht sicher.
Kurz vor der Rüsthalle stoppten sie, seine Frau legte ihm eine Hand auf die Schulter, ihre Augen glänzten im Schein der Fackeln, kurz fragte er sich, ob es Tränen waren. Was würde er ohne seine Halarîn machen? Er wusste es nicht, er kannte kaum etwas Anderes. Sanft zog er sie an sich und gab ihr einen Kuss auf dem Mund.
"Lass uns diesen Menschen helfen.", sagte er nun ruhiger. "Nicht, dass ihnen das Gleiche Schicksal ereilt wie der Goldene Wald."
"Ich bin bei dir.", antwortete Halarîn sanft und strich über seine Rüstung. "Immer.", setzte sie hinzu und legte ihre Hand dorthin, wo sein Herz schlug. "Hier."
Er umarmte sie überraschen. "Und hier. Du bist immer bei mir. Ich liebe dich.", sagte er leise neben ihrem Ohr. Ein angenehmes Prickeln rann ihr über den Rücken und ihr stiegen Tränen in die Augen. Es war lange her, dass sie diese drei Wörter aus seinem Munde gehört hatte. Sie unterdrückte ein Schluchzer und drückte ihre Lippen auf seine Wangen. "Ich dich auch.", flüsterte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Sie fühlte sich beobachtete und sah nach hinten.
Ein älterer Junge starrte sie beide an. Sie lösten sich voneinander und der Junge erkannte im Fackelschein wer sie wirklich waren. Seine Augen glitten über die reich verzierten Waffen, ihre Statur und Gesichter. Mathan schätzte den Jungen auf vierzehn.
"Die Elben sind hier.", rief dieser aufgeregt und rannte sogleich in ein Knäuel Menschen, der sich sofort zu ihnen umdrehte. Getuschel breitete sich aus. Einige deuteten sogar mit dem Finger auf sie. Halarîn hörte sogar die Frage, ob sie Sarumans Schergen seien, andere fragte sich ob sie alleine währen oder ob noch mehr Elben kommen würden.
Mathan trat vor: "Wir sind keine Feinde und bringen auch kein Elbenheer. Aber wir bringen Erfahrung." er machte eine kleine Pause um seine Worte wirken zu lassen. "Erzählt jedem, dass zwei Elben in der Stadt sind. Diese Elben werden jeden, der sich zutraut eine Waffe zu führen, unterweisen.", hallte seine Stimme über den Platz.
"Es gibt keine Magie, keine Tricks die euch retten; aber es gibt aber Techniken und die bringen wir euch bei. Zum Krieger wird man nicht geboren, man wird dazu gemacht!", er hob den Arm und ballte die Hand zur Faust. "Erzählt jedem davon, wir werden nicht kampflos diese Stadt aufgeben.", er ließ die Faust in seine offene Hand klatschen und schritt durch die Menge zur Rüstkammer. Halarîn war beindruckt, wie still es geworden war. Auf der Treppe angekommen ertönte eine einzelne Frage aus der verunsicherten Menge. Sie drehten sich um, Sorge, Angst und Zweifel standen in den Gesichtern der Menschen geschrieben. "Und was werdet ihr uns beibringen?"
Zum ersten mal lächelte Mathan ein grimmiges Lächeln. "Alles.", ein Raunen ging durch die Menge, einige traten vor, doch er hob den Arm.
"Finde so viele wie ihr könnt, morgen kurz nach Sonnenaufgang geht es los. Wir treffen uns hier. Tragt diese Kunde zu jedem den ihr seht.", sagte er. Einige Leute nickten entschlossen, andere waren hoffnungslose Fälle und schüttelten den Kopf. Halarîn sagte gar nicht und starrte jedem Zweifler in die Augen, niemand hielt ihrem bohrenden Blick stand. Mathan starrte ebenfalls für ein paar Herzschläge in die Menge und drehte sich schließlich abrupt auf dem Absatz um und betrat die Halle.
"Starke Ansprache.", kommentierte einer der Waldläufer und trat lässig an sie heran. "Wo habt ihr gesteckt? Belen hätte euch eine Aufgabe zugewiesen, wenn ihr da gewesen währet.", sagte er vorwurfsvoll. Mathan drehte sich langsam zu dem jungen Mann um, seine Augen verengten sich zu Schlitzen.
"Ich nehme niemals irgendwelche Befehle an, ich gebe Befehle. Merk dir das, Soldat.", zischte er dem Blonden bedrohlich an. Rasch rauschte der Elb an dem Waldläufer vorbei und verschwand auf der Treppe zum Dach. Der zuvor so selbstsichere wirkende junge Kerl war nun eher verunsicher und verärgert zugleich.
"Keine gute Idee sich mit Elben anzulegen", sagte eine junge Frau mit dunkelbraunen Haar und trat an Halarîn heran.
"Entschuldige diesen Holzkopf, er ist einer der neueren Waldläufer.", sprach sie, während sie dem jungen Mann einen Klapps auf dem Hinterkopf verpasste. Dieser knickte augenscheinlich ein. "Entschuldigung", murmelte er kleinlich.
"Mein Name ist Adrienne, und das da ist mein Bruder Acharnor.", erklärte die Waldläuferin freundlich und reichte ihr eine Hand. Halarîn kannte die Geste, verneigte sich jedoch nur.
"Ich bin Halarîn, erfreut Euch kennenzulernen Adrienne, Acharnor", sagte sie freundlich und musterte die beiden jungen Menschen. Adrienne wirkte erfahrener und selbstbewusster, trug ihr Schwert korrekt und wirkte recht erwachsen. Ihr Bruder dagegen war fast das Gegenteil, sein Langschwert war zu groß für ihn, wirkte unerfahren und die langen blonden Haare wirkten lieblos gepflegt, während seine Schwester für einen Menschen sehr hübsch war. Unter ihren Blicken sich unwohl fühlend, räusperte sich Adrienne höflich und zurückhaltend.
"Wir würden gerne von Euch trainiert werden. Ich habe die anderen Waldläufer über euch sprechen hören, es heißt, dass ihr schon einmal hier wart. Einer der Chronisten hat Euren Mann aus einem Geschichtsbuch heraus genau beschrieben."
Ihre Wangen glühten leicht vor Aufregung, selbst Acharnor ließ sein großspuriges Gehabe sein und stellte sich neugierig neben seine Schwester. Halarîn seufzte leise.
"Damals, als der Schatten aus Angmar sich ausbreitete, war er hier. Er führte dutzende Mannen eurer Ahnen in die Schlacht. Genauso viele er in den Kampf führte, umso zahlreicher wurden die Verluste. Er stand auf dem Schlachtfeld dem Hexenkönig von Angmar gegenüber. Selbstverständlich nicht persönlich, jedoch führten beide ihre Heere gegeneinander."
Den Geschwistern fuhr ein Schauer über den Rücken und es wurde eine Spur kälter im Saal, zwei Sternenbundler horchten bei dem Namen auf.
"Der Anführer der Streitkräfte ordnete einen Rückzug an um eine Belagerung zu vermeiden, Mathan war General und dagegen. Als Strafe musste er die Nachhut bilden. Es kam zum Gemetzel.", sie verstummte.
"Aber wie konnte ein Elb, ein Menschenheer anführen?", fragte Acharnor.
Die Elbe musste schmunzeln. "Sie wussten es nicht, obwohl ich denke, dass sie es ahnten."
Ihr entging nicht der vorwurfsvolle Blick Adriennes zu ihrem Bruder.
"Du weißt, dass das schon mehrer hundert Jahre her ist. Du solltest dich bei ihm persönlich entschuldigen, das würde sonst das Andenken unserer Ahnen beschmutzen.", entschied sie und schob ihren prostesiernden Bruder zur Treppe. Halarîn folgte den Geschwistern schmunzeln, mit verschränkten Armen hinter dem Rücken. Geschwister zu haben... der Gedanke war ihr fremd. Viel hatte sie nicht von ihrer Familie gehabt. Dafür aber umso mehr von Mathan.
Oben angekommen tappsten die Zwei im Dunkeln, Halarîns Elbenaugen erkannten ihren Mann aber mit Leichtigkeit. Er hielt einen Bierkrug in der Hand und unterhielt sich mit einem älteren Waldläufer. Dem Gesprächsfetzen zu urteilen nach, war dies wohl der Chronist, von dem Adrienne zuvor gesprochen hatte.
"Oh, Vater hat ihn schon gefunden.", rief sie erstaunt und zog ihren Bruder herbei.
"Ah hallo meine Kleine. Na, hast du alles erledigt?", vergewisserte sich der Vater, während er eine Fackel entzündete. Adriennes heftiges Nicken kam im Fackelschein zum Vorschein, ebenso ihre stahlgrauen Augen und die roten Lippen, die Halarîn zuvor gar nicht aufgefallen waren. Sie blickte den Vater der jungen Frau an und erkannte, von wem sie die Augenfarbe geerbt hatte.
"Oh verzeiht mir, mein Name ist Adanhad, ich bin der Chronist hier. Zumindest derjenige, der sich mit Büchern, Geschichten und altem Gerümpel auskennt.", stellte er sich lachend vor und nahm einen Schluck von seinem Krug. "Und meine beiden Goldstücke habt Ihr ja schon kennengelernt.", setzte er augenzwinkernd nach. Sie blickte zu Mathan, der ihr ein warmes Lächeln schenkte, dass ihr ganz warm wurde.
"Sehr erfreut, ich bin Halarîn.", sagte sie zu Adanhad gewandt, doch der nickte nur in seinem Bierkrug hinein.
"Euer Mann hat mir schon von seiner Herzensdame erzählt.", sagte er lächelnd und bot ihr einen Platz an.
"Das war unhöflich Papa.", beschwerte sich Adrienne empört.
"Warum denn? Ich hab ihr doch einen Platz angeboten?", fragte der Chronist verwundert. Halarîn schmunzelte.
"Ist schon gut, wir müsen ja nicht so förmlich sein.", winkte sie ab und warf sich die Haare nach hinten, während sie sich neben Mathan setzte. Dieser nahm sofort ihre Hand und legte ihr ein paar frische Beeren in die Innenflächen.
Ein verhaltenes Räuspern ließ Mathan aufblicken, während Halarîn die Beeren verspeiste. Acharnor blickte betreten zu Boden, es war ihm sichtlich unangenehm zu sprechen. "Nun, was ich zuvor gesagt habe.. ähm... es tut mir leid.", murmelte er hastig und versteckte sich hinter seine Schwester.
"Mach dir keine Vorwürfe, dein Vater hat schon den Schaden behoben.", winkte er ab und hob den Bierkrug. Auch wenn er sehr selten Bier trank, so schmeckte Dieses nicht schlecht. Es war aber bei Weitem nicht stark genug um ihm seine Sinne zu vernebeln. Bei Adanhad sah das aber dann doch etwas anders aus, stellte er belustigt fest. Dieser "faltete" gerade seinen Sohn zusammen, wie er es zuvor im Gespräch mit ihm Angekündigt hatte.
"Woher gibt es Aufzeichnungen über dich?", wisperte Halarîn in sein Ohr. Doch er zuckte nur mit den Schultern, er wusste es selbst nicht. Darüber hatte er zuvor schon nachgedacht, wollte aber Adanhad nicht fragen, der gerade erfuhr, dass seine beiden Kinder sich von ihnen unterweisen lassen wollten.
"Kommt nicht in den Kasten, da werden ja die Staubmilben auf den Büchern verrückt! Das ist viel zu gefährlich für einen fünfzehn- und eine siebzehnjährige.", schmetterte der Chronist das Gesuch ab und Mathan hörte die Sorge in seiner Stimme, seine Kinder taten dies aber nicht und zogen stattdessen missmutige Gesichter. Er musterte die Geschwister ausführlich. Beide haben einen guten Körperbau, Sie hat einen guten Stand, Er ein gutes Kreuz.
"Also im Grunde ist die Unterweisung harmlos aber-", begann er, wurde aber von Adrienne unterbrochen. "Keine einfache Unterweisung, wir wollen Eure Schüler sein.", platzte es aus ihr heraus. Mathan musste fast lachen, Adanhad ließ beinahe seinen Krug fallen und Halarîn schmunzelte erneut.
"Also eine Sonderbehandlung.", stellte Mathan nachdenklich fest. Die Geschwister bekamen einen hochroten Kopf und ergingen sich an Ausreden und sagten, es wäre doch gar nicht so wichtig gewesen. Ihr Vater war aber plötzlich still geworden und leerte seinen Krug. "Nun..." begann er langsam. "Wenn ihr unbedingt wollt, aber nur solange die Elben in der Stadt sind, denn ihr werdet mir nicht durchs Land ziehen. Oh nein.", stellte er klar. Doch das genügte den beiden völlig, wobei Adrienne glücklicher darüber war als ihr Bruder.
"Nun ja...", begann Mathan und kratzte sich am Kopf und blickte zu Halarîn. "Im Grunde macht es keinen Unterschied.", sagte sie und nickte.
"Also gut, aber ihr müsst auf alles hören was wir euch sagen, ohne Ausnahmen und Diskussionen. Und bitte kommt nicht auf die Idee uns mit "Meister" anzusprechen.", erklärten sie sich einverstanden.
Der restliche späte Abend wurde damit verbracht um die nächsten Tage zu planen, Mathan stellte einen Trainingsplan zusammen, Adanhad becherte noch ein paar Krüger Bier und Halarîn erklärte den beiden Geschwistern die Grundzüge der Kultur der Elben. Im Gegenzug erfuhr sie ein bisschen mehr aus dem Leben von ein zwei halbstarken, wobei Adrienne schon als Erwachsene angesehen werden könnte. Sie sagte aber, dass sie sich nicht so alt fühlte und gern jung bleiben würde, so wie Elben. In dem Gespräch merkte Halarîn, dass sie wohl eine Bewunderin hatten. Acharnor erschien ihr dagegen eher ruhig und zurückhaltend, auch wenn er gern den Erwachsenen spielte. Mathan und Halarîn mochten beide eigentlich gut leiden, wobei Adanhad offensichtlich am glücklichsten darüber war, immerhin wurden seine beiden Kinder von zwei Elben beschützt. Und wie er betonte, könnte er dann endlich in Ruhe arbeiten ohne Acharnors gemecker und Adriennes löchernde Fragen aushalten zu müssen.
Nach dem fünften Krug Bier Adanhads verabschiedten sich die kleine Familie, wobei die Kinder ihren Vater heruntertragen mussten, der sonst keinen Fuß vor dem anderen setzen konnte. Als der Trubel verstummte wurde es wieder still auf dem Dach. Eine Zeit lang saßen sie einfach da und genossen die Stille der Nacht.
"Liebling.", sagte Halarîn in ihrer Muttersprache und Mathan blickte auf.
"Ich.. wir...bekommen bald Zuwachs in unserer kleinen Familie", sagte sie leise und lächelte.
Mathan starrte sie eine Zeit lang an und sagte nichts, dann rollten zwei Tränen seine Wangen hinab. Stumm umarmten sie sich, küssten und tauschten Zärtlichkeiten aus. Gemeinsam weinten sie Tränen vor Glück, während am Horizont die Sonne aufging und die ersten Lichtstrahlen ihre Gesichter trafen.
"Míriadis* , wenn es ein Mädchen wird." sagte Halarîn leise.
"Arastor**, wenn es ein Junge wird.", erwiderte Mathan kichernd.
Halarîn stupste ihn in die Seite. Beide lagen sie da und warteten, darauf, dass der Geräuschpegel unten auf dem Platz weiter anschwoll.
*Die Strahlende
**Rehbruder
Melkor.:
Die Nacht in Fornost war ruhig. Hanvár und Gilbárd schoben am westlichen Tor die nächtliche Wache. Am frühen Morgen begann man erneut mit den Vorbereitungen. Die Steinbrocken der Hausruinen wurden von Pferdekarren zum westlichen Tor gebracht. In der Waffenkammer wurden Klingen und Ausrüstungen instand gesetzt. Einige Flüchtlinge waren im Wald Wild jagen und Holz schlagen. Die Frauen richteten in den noch gut erhaltenen Häusern neben dem Palast einige Betten zurecht. Jeder, der arbeiten konnte, half mit so gut es ging.
Belen stand auf dem Balkon des Palastes, auf dem der Adler gelandet war. Von dort hatte man einen guten Überblick über ganz Fornost.
"Meinst du wir haben wirklich eine Chance?" fragte Ardóneth ihn.
"Ich hoffe es. Elrádan hat in gewissen Punkten recht. Wir können diese Menschen nicht in wenigen Tagen zu guten Kämpfern ausbilden. Doch müssen wir es versuchen, Saruman wird keine Gnade zeigen." So beantwortete Belen die Frage mit einem optimistischen Blick.
Nach einem kurzem Gespräch verließen beide den Balkon wieder und gingen in den Hof. Dort wurden schon von einigen Dúnedain die ersten Kämpfer ausgebildet, unter ihnen auch Mallor. Belen und Ardóneth gingen auf ihn zu, dieser kämpfte soeben an einer hölzernen Puppe mit Schild und Speer.
"Wenn ihr etwas zurücktretet könnt ihr besser zustechen," meinte Ardóneth während er mit Belen am Trainingsplatz vorbei lief.
Mallor drehte sich erschrocken um. "Gut, ich werde es versuchen," rief er zurück.
In der Stadt hatte sich einiges verändert. Obwohl die Menschen zur Zeit der Unterdrückung Sarumans in Fornost deutlich sicherer waren als jetzt, herrschte eine freundliche und gemeinschaftliche Stimmung. Belen und sein Vetter kamen zum Westtor, dort wurde von Elrádan und einigen anderen bereits die angelieferten Brocken zerkleinert und an der Wand des Torhauses aufgestapelt.
"Hoffentlich wird dein Plan am Tor klappen, sonst könnte es für uns ganz schnell ungemütlich werden," spaßte Belen. " Ardóneth grinste.
Einige Momente später war er wieder beim Palast angekommen. Sein Vetter verblieb beim Tor und half beim Zerkleinern der Brocken. Ardóneth nutzte die kurze Zeit um auf dem Balkon kurz seine Gedanken sortieren zu können. Er streifte die Ärmel seines Waffenrocks über den Oberarm. Auf seinem linken Unterarm war eine alte, lange Narbe zu sehen: Eine Erinnerung an alte Tage...
15 Jahre zuvor
Sie hatten die Spur der Banditen bereits drei Tage lang durch die Wildnis im Norden Eriadors verfolgt, und Malborn schätzte, dass die Dúnedain ihre Feinde am nächsten Tag einholen würden. Ardóneth war zur Nachtwache eingeteilt worden, doch der Anführer der Waldläufergruppe, der für ihn eine Art Mentor geworden war blieb ebenfalls noch wach. Schweigend wachten sie im Finsteren, denn sie hatten kein Lagerfeuer angezündet. Schließlich kam Malborn zu Ardóneth herüber und setzte sich neben ihn.
"Morgen werden wir diesen Abschaum erledigen," sagte Ardóneth.
"Es sind Menschen, Ardóneth," sagte Malborn besänftigend. "Vergleiche sie nicht mit den Orks und den Kreaturen des Schattens."
"Und doch stehlen und plündern sie, wie Orks es tun," konterte Ardóneth.
"Weil sie es nicht anders kennen," erklärte Malborn. "Sie hatten nie die Chance, die dir und mir gegeben wurde."
Ardóneth schwieg, einen nachdenklichen Ausdruck auf dem Gesicht. Er spürte, dass der ältere Dúnadan Recht hatte, doch ein Teil von ihm weigerte sich noch immer, das anzunehmen.
Am nächsten Morgen verfolgten sie die Banditengruppe weiter. Elrádan und Ardóneth suchten gemeinsam nach Spuren, die ein Vorbeikommen der Banditen zeigen würden. Nach einer langen Suche im dichten Wald konnten sie einige Fußabdrücke finden.
"Sie sind schnell gelaufen, die Fußabdrücke sind weit auseinander," bemerkte Elradan während er den Spuren folgte. Ardoneth folgte, mit griffbereitem Schwert. Nach einem kurzem Marsch vermehrten sich die Spuren; sie waren bereits nah am Lager der Banditen. Hinter einen umgestürzten Baum versteckt versuchten sie, heimlich einige Blicke ins Lage, das in einer Lichtung lag, zu werfen. Es schien bis auf einige Wachen leer zu sein.
"Wo sind sie alle ?" fragte Elradan.
"Ich weiß nicht," antwortete Ardóneth, zog seinen Bogen und schlich sich näher an das Lager heran. Er nahm einen Pfeil und spannte die Sehne.
"Ardóneth, Elrádan!" Es war einer ihrer Kameraden, der überraschend aus dem Gebüsch auftauchte. Der Waldläufer schnaufte, außer Atem.
"Die Banditen haben unser Lager entdeckt, wir brauchen eure Hilfe!" Ardóneth lockerte die Sehne, leicht erzürnt nahm er den Pfeil herunter und steckte ihn wieder in den Köcher. Der Waldläufer führte die beiden auf schnellsten Wege zurück zu ihrem eigenen Lager. Dort angekommen war der Kampf schon fast vorüber. Der Boden war mit den Körpern der toten oder verletzten Banditen und Dúnedain bedeckt. Die drei Waldläufer zogen ihr Schwerter und rannten ihren Feinden entgegen.
Bevor ein Bandit einen der am Boden liegenden Dúnedain töten konnte, sprang Ardóneth ihn um. Sofort stand beide wieder auf. Ardóneth konnte einige mächtige Schläge parieren, doch der Bandit versuchte sich nun mit der Faust einen Vorteil zu verschaffen. Ardóneth sank nach einen starken Schlag in den Bauch zu Boden. Der Bandit schlug mit seinem Schwert auf Ardóneth ein. Dieser konnte noch die ersten Schläge blocken jedoch verließen ihn seine Kräfte. Im entscheidendem Moment wurde ihm das Schwert aus der Hand geschlagen. Ardóneth sank komplett zu Boden, er umgriff seinen linken Unterarm. Seine Hand war mit Blut verschmiert. Der Bandit grinste, im Gewissen einen weiteren Menschen töten zu können. Er holte zum finalen Schlag aus. Ardóneth verschloss seine Augen, wissend das dies sein Ende war. Doch bevor der Bandit sein Werk vollenden konnte ließ er sein Schwert fallen. Ardóneth öffnete seine Augen wieder, er sah das ein Schwert den Bauch des Banditen durchstach. Der Besitzer zog das Schwert heraus und ließ die leblose Leiche zu Boden fallen.
Es war Elrádan der Ardóneth gerettet hatte.
"Hab Dank, mein Freund " sagte Ardóneth während er sich aufrappelte. Die Dúnedain hatten die Banditen schlagen können.
"Wir sollten deinen Arm verarzten lassen," bemerkte Elrádan. In den Zelten wurde seine Wunde versorgt. Vorsichtig nähte eine Waldläuferin mit dutzenden Stichen die Armverletzung zu.
"Die Narbe wird dir immer bleiben," sagte sie während sie sanft einen Verband um die Wunde wickelte.
"Entschuldige dass ich störe, aber der Alte fragt nach Ardóneth," sagte Avel, der hinzugetreten war. Ardóneth bedankte sich bei der Waldläuferin recht herzlich und begab sich zu Malbórns Zelt.
Dort angekommen sah er seinen alten Mentor geschwächt und stark verletzt in seinem Bett liegend. Um ihn herum standen noch drei weitere Waldläufer, die vergebens versuchten seine Wunden zu behandeln. Malborn schickte die Waldläufer heraus. Ardóneth kniete sich vor seinen alten Freund hin.
"Führe du sie weiter, Ardóneth. Meine Tage neigen sich heute dem Ende..."
Malborn verstummte und gab ihm einen alten Talisman. Ardóneth bemerkte wie sich eine Träne in seinen Augen sammelte. Malbórn sah den Zweifel und die Furcht, aber auch die Trauer in Ardóneths Augen.
"Du wirst es schaffen, glaube an dich!" motivierte Malbórn ihn. Doch bevor Ardóneth etwas sagen konnte verstarb Malbórn. Ardóneth umschloss das Medaillon. Er erteilte ihm die letzte Ehre und verließ das Zelt. Draußen ankommen standen Elrádan und Gilbárd vor dem Zelt...
Ardóneth fasste sich an die Narbe, die vom ganzen Unterarm bis zum Ellbogen reichte.
"Wir brauchen deine Hilfe beim Tor," bat Elrádan ihn. Nach dem sie durch einige Gassen gezogen waren erreichten sie erneut das westliche Tor. Es war bereits beinahe bis zur Hälfte verbarrikadiert.
"Wir müssen ein Gerüst bauen um die Brocken bis hoch zum Tor stapeln zu können," sagte Elrádan der die zweifelnden Blicke von Ardóneth erkannte. Ardóneth nickte verstehend und ging zu Belen. Dieser war gerade mit dem Zerschlagen eines größeren Brocken beschäftigt.
"Wie ich sehe blühst du hier richtig auf," bemerkte Ardóneth.
Belen lächelte. "Nimm dir einen Hammer und pack mit an," sagte er in einen kameradschaftlichen, jedoch gleichzeitig ernsten Ton. Ardóneth ließ einen größeren Brocken bringen und tat seinem Vetter gleich. Nach wenigen Schlägen war der große Brocken in viele, handliche Brocken zerfallen. Belen war bereits seit einiger Zeit fertig.
Er winkte seinen Vetter wieder zu sich.
"Wir haben einige Rehe schießen können." sagte Gilbárd während er auf zwei mit Kadavern beladene Karren zeigte. Auf ihnen lagen drei Rehe und einige Rebhühner. "
Fortórg ist mit Avel noch Holz schlagen."
"Gut, wir müssen sie jedoch noch für die längere Schlacht vorbereiten, kümmert ihr euch darum?" fragte Elrádan.
Schließlich stieß auch Ardóneth hinzu. "Gibt es Neuigkeiten aus Bree ?" fragte er.
"Bis jetzt haben wir keine Nachricht erhalten," beantwortete Belen die Frage und unterhielt sich weiter.
Nach einer längeren Unterhaltung trennte sich die Gruppe erneut. Elrádan und Belen gingen zurück zum Tor, das Gerüst war während dem Gespräch fertig gestellt worden und so konnten sie weiter arbeiten. Gilbárd, und einige anderen folgten Hanvár, der bereits die Tiere zerlegte.
Ardóneth eilte nun wieder zum Palast. Dort kümmerte sich Mablung mit einigen Gondorern um die Vorräte.
"Die Vorräte sollten für einige Tage reichen, " begrüßte Mablung ihn, da er den Grund für sein Kommen bereits erahnt hatte.
"Gut, wir benötigen nun mehr Nahrung in der Waffenkammer. Die Elben haben sich angeboten, die Freiwilligen zu trainieren. Doch ohne die passende Ausrüstung bringt uns das wenig," sagte Ardóneth während er sich im Keller umschaute. Massen an Lebensmittel, Kleidung und Decken wurden dort sortiert und bereitgestellt. Mablung folgte Ardóneth in die Waffenkammer.
Jedes Mitglied des Sternenbundes hatte seine Aufgabe die er am Tag erfüllen musste. So kümmerte sich Kilian mit einigen um die Betten der Kämpfer; Kiárd, sein Bruder, half Gandalf bei der Suche nach einem wichtigen Buch. Avaron und Fulthien kümmerten sich darum das die Ausrüstungen für die Kämpfer bereit waren. Finnabair und Mírlinn halfen die Betten für die Verwundeten aufzubauen. Am Abend waren alle Dúnedain versammelt. Ardóneth lud Mallor zum Abendessen ein.
Nach einem warmen Abendessen erhob Belen sich. Die Gruppe verstummte.
"Gemeinsam haben wir bereits viel erreicht, und wir können noch mehr erreichen!" Belen begann eine feurige Rede. "Wir werden uns Saruman voller Mut und Stärke entgegen stellen..."
Kiárd, der erst dazu kam, versuchte sich bis zu Ardóneth durchringen zu können. "Gandalf hat nach dir geschickt, wir haben etwas gefunden," flüsterte er zu ihm. Ardóneth nickte und symbolisierte Elrádan dass er ihm folgen sollte. Belen beobachtete seinen Vetter und seine Begleiter, doch konnte er sich fast denken wohin sie gehen würden.
Im kleinen Zimmer des Zauberers, das er sich in der Bibliothek des Palastes genommen hatte angekommen, begrüßten sie Gandalf. Dieser war gerade mit dem Sortieren der bei der Suche entdeckten Bücher.
"Ihr schicktet nach mir," grüßte Ardóneth ihn einen respektvollen Ton. Gandalf deutete auf einen Zettel der auf seinen Schreibtisch lag. Elrádan nahm den gefalteten Zettel und öffnete ihn, dort war ein Plan einer großen, Armbrust ähnlichen Waffe abgebildet.
"Eine Balliste ?" fragte Ardóneth der mit in den Plan schaute.
"Dies ist das einzige was ich finden konnte," murmelte der Zauberer während er einige Schriftrollen herausnahm. Die Dúnedain bedankten sich und verließen den Raum. Im Hauptsaal angekommen wurde immer noch Belens Rede gefeiert.
Curanthor:
Früh am morgen erschienen Adrienne und Acharnor auf dem Dach der Rüstkammer. Die Zwei schienen unschlüssig zu sein, ob sie die beiden Elben ansprechen sollten, da sie ausgestreckt auf dem Dach lagen.
Halarîn wünschte ihnen einen guten Morgen und stand auf, ihre Elbenohren hatten die beiden Besucher schon auf der Treppe gehört. Mathan erhob sich ebenfalls und musterte die Geschwister. Sie trug ein elegantes Schwert an ihrer Seite, offensichtlich nicht aus der Waffenkammer, ihr Bruder dagegen trug quer über den Rücken einen Knüppel. Der Elb deutete auf die Waffe von Adrienne.
"Oh, das ist von meinem Vater. Als wir noch in Gondor wohnten, ließ er für jeden von uns Waffen anfertigen.", erklärte sie.
"Und wo ist dann deine?", fragte Halarîn an Acharnor gewandt.
Nach einigem herumstammeln half ihm Adrienne und erklärte, er habe seinen Kampfhammer bei der Flucht aus Gondor verloren.
"Im Kampf verloren!", verbesserte er rasch seine Schwester und schaute beschämt zur Seite.
Das würde auch ihre Staturen erklären. Schoss es Mathan durch den Kopf. Er bat seine Frau zusammen mit Acharnor auf die Suche nach einer passenden Waffe zu gehen.
Kurz darauf war er allein mit einer aufgeregten Adrienne. Er beschloss ihr einen Schreck einzujagen und testete ihre Reaktionzeit. Schnell zog er eines seiner Schwerter und bedrohte ihre Kehle. Die junge Frau war plötzlich ganz blass.
"Ich habe noch nie so schnell jemanden sich bewegen sehen.", keuchte sie.
Doch Mathan starrte sie weiter an und sie folgte seinem Blick. Sie hatte ihre Hand am Schwertknauf. Er ließ sich seine Überraschung nicht anmerken und nickte stattdessen anerkennend. Ihre Reaktion war ausgezeichnet, nur an der Haltung müsste man arbeiten. Er nickte zu ihrem Waffengurt: " Mach ihn etwas lockerer. Wenn du ihn nicht so fest gezurrt hättest, vielleicht würdest du nun einen Fingerbreit der Klinge gezogen haben.", erklärte er und lockerte kurzerhand den Gurt für sie.
"Und warum ist das so wichtig?", fragte sie.
Er bedeutete ihr, seinem Schlag auszuweichen und drehte sich dabei weg. Die Klinge schlug nun nicht gegen ihr anderes Bein. Im selben Moment, als er ausholte befahl er ihr die Waffen zu ziehen. Aus der Drehung heraus parierte Adrienne die elbische Klinge mit einem lauten Klirren. Ihre Arme wirkten nun doch nicht mehr so zierlich, instinktiv hatte sie eine bessere Haltung angenommen. Die Schulter leicht eingedreht, den Körper abgewandt um die empfindlichen Stellen wir Bauch und Brust zu schützen.
"Sehr gut.", kommentierte er und trat einen Schritt zurück. "Du scheinst schon ein paar mal die Klinge in der Hand gehabt zu haben."
Sie nickte und erzählte, wie sie in ihrer Heimat gegen Diener Saurons gekämpft hatte. "Das war aber nur auf der Flucht, davor hatten wir nur ein paar mal Einweisungen durch einen Freund unseres Vaters.", schloss sie und wirkte betrübt.
"Nun, daran können wir ansetzen. Nun brauchst du das Wissen um dich und deine Familie zu beschützen.", schärfte er ihr ein. Sie nickte eifrig mit glänzenden Augen.
Er hob eine der Holzklingen auf, die er und Halarîn zuvor benutzt hatten. Adrienne sah ihn verwirrt an.
"Greif mich an.", sagte er und beobachtete, wie sich die junge Frau spannte und tief durchatmete. Mit einem unerwarteten Kampfruf warf sie sich nach vorn und hieb mit der Klinge nach seinen Beinen. Er trat einen ausweichenden Schritt zurück. "Höher und mehr stechen, es ist eine Hieb- und Stichwaffe.", sagte er dabei. Der nächste Angriff war besser und zielte auf seinen Bauch, den er aber mit einer tänzelnden Drehung auswich. "Weiter, wechsel das Muster.", ermahnte er sie und tanze jeden Angriff aus. Inzwischen war ihr Gesicht rot vor Anstrengung und Mathan begann die einzelnen Angriffe langsam, aber öfters zu kontern. Dreimal "erwischte" er sie an den Armen, als sie erschöpfung zeigte. Vier "Treffer" gingen auf ihre Brust und Schulter. Sie traf ihn nur ein einziges mal an der Stiefelspitze und auch nur, weil sie Stolperte und damit ihre Muster durchbrach. Er stoppte den Übungkampf für eine kurze Pause.
"Hast du etwas gemerkt?", fragte er sie und überließ ihr es, den Kampf zu analysieren.
"Abgesehen davon, dass Ihr mich selbst mit einem Holzschwert zerstückeln könnte, ja.", antwortete Adrienne leicht verbissen und band sich die Haare zu einem Zopf zusammen. "Die stören.", sagte sie und grinste.
"Als ich gestolpert bin, konntet Ihr nicht erahnen wo ich hinschlagen würde.", brachte sie es auf den Punkt. Der Elb nickte zufrieden.
"Genau, ich erwarte zwar nicht, dass du mich nun regelmäßig treffen wirst aber wenn du spontane, willkührliche Angriffe benutzt als nur einer Rotation von Mustern zu folgen, könntest du vielleicht ein paar Kratzer oder Löcher in der Kleidung hinterlassen.", erklärte er aufmunternd.
Nach der Pause zeigte er ihr verschiedene Schlagarten, übte die Bewegung langsam und ausführlich was sich auch als Muskeltraining entpuppte. Er verlangte von ihr, ständig das Schwert bei sich zu tragen habe und schärfte ihr ein, das es ein verlängerte Arm ist, als nur ein Werkzeug zum töten. Mathan zeigte ihr wie man auswich und welche Schläge man am besten blocken oder ausweichen sollte.
"Merke dir: Die Angst verletzt zu werden behindert dich. Wenn du das Schwert packst, wirst du verwundet. Wunden kann man heilen. Also hast du Angst vor dem Schmerz, aber der Schmerz ist nur für den Moment da, er bleibt nicht für dein ganzes Leben."
"Und wenn ich einen Arm verliere?", warf sie fragend ein.
"Nun, dann hast du einen gravierenden Fehler gemacht, denn kritische Verletzungen beruhen meistens entweder auf enormen Unterschied zwischen Erfahrungswerten oder du wurdest unaufmerksam. Beides geht auf dein Verschulden zurück, denn einen Kampf um des Kampfes Willen zu gewinnen ist dumm. Du kämpfst um zu beschützen und dich selbst zu erhalten. "
Adrienne nickte nachdenklich und drehte sich zu Adanhad um, dessen verkatertes Gesicht auf der Treppe erschien. Mathan fragte nach seiner Frau und der Chronist erklärte, dass die Beiden schon zum Südtor gegangen sind.
"Warum das Südtor?", fragten beide gleichzeitig.
"Nun, da es gibt nicht viele Zugänge und Wenige, die diese verteidigen können, wurde eure Gruppe dem Südtor zugeteilt. Die Freiwilligen warten dort schon auf euch. Sie sind bereits bewaffnet und sollten jetzt da sein. Ihr hab außerdem die Rede des Anführers verpasst, dort waren eigentlich fast alle zugegen."
Als der Redenschwall erstarb danke Mathan ihm und bedeutete Adrienne ihm zu folgen. "Ich komme gleich nach.", sagte sie und er ging voraus. "Halt dich zurück und überstürze nichts, das Ganze hier wird in einer häßlichen Belagerung ausarten und..-"
Mehr konnte er nicht hören, als er die Treppe hinabstieg. In der dunkleren Halle sahen ein paar Leute zu ihm auf, scheinbar noch ein paar verspätete Freiwillige.
"Nehmt eure Sachen und folgt mir zum Haupttor im Süden", sagte er anstelle eines Grußes.
Murmelnd befolgten die sechs Männer und drei Frauen die Anweisung und kurze Zeit später gingen sie durch die Gassen von Fornost nach Westen. Unterwegs erkundigte er sich nach seinen Freiwilligen. Die meisten waren Handwerker, aber auch zwei Soldaten aus Gondor und ein älterer Krieger aus Rohan waren dabei. Kurz bevor sie am Tor ankamen, holte Adrienne sie ein und setzte sich neben ihn an die Spitze.
"Wer ist das?", kam eine Frage aus der Gruppe.
"Das ist Adrienne aus Gondor. Sie ist meine persönliche Gehilfin.", antwortete er.
Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich ihre Brust vor stolz schwellte, aber sogleich einsackte, als sie das Tor erreichten.
Hier waren über zwanzig Leute auf einem größeren Platz versammelt, einige waren dabei Kampfübungen durchzuführen, andere schafften Holz heran und weiter außerhalb des Tors erspähte er Halarîn, die einer handvoll Leuten das Bogenschießen beibrachte.
"Hier ist ja was los.", mumelte Adrienne.
"Allerdings.", betätigt einer der Männer, der mit ihnen angekommen ist. Der alte, rotbärtige Mann sah sich das Tor genauer an und schüttelte den Kopf, stocherte mit Kennermiene kritisch in dem Torflügeln herum und fluchte.
"Das Holz ist morsch und faul, selbst die junge Dame hier könnte es zertreten.", er winkte einen der Holzfäller heran und beschrieb ihm genau was für Stämme er brauchte. Danach stellte er sich als Rainer Braunwald vor und erzählte, dass er, bevor Sarumans Schergen aufgetaucht waren, für einen Teil für die Palisade von Bree verantwortlich war. Mathan genügte dies und übertrug ihm den Auftrag, dass die Torfügel sobald wie möglich instant zu setzen sind. Der Elb erkundigte sich nach Handwerkern und fand auch rasch welche, die den Baumeister unterstützen. Halarîn und die Bogenschützen kehrten zurück auf dem Platz, während Adrienne nach ihrem Bruder suchen ging. "Er war eben mit zwei Leuten vor der Mauer.", rief die Elbe ihr nach.
"Du warst lange mit ihr da Oben, lohnt es sich?", fragte sie nun ihren Mann. Er winkte ab. "Ja, aber nicht hier.", sagte er und sah sich um. "Hast du schon einen Lagerplatz gefunden?", fragte er sie, was sie verneinte.
"Dort hinten ist eine Gruppe von leeren Lagerhäusern.", sagte einer der Soldaten aus Gondor. Mathan schickte zwei Leute, die die Gebäude unstersuchen sollten.
"Wir haben direkt mit dem Traning angefangen.", sagte Halarîn und deutete auf ein große Reihe an Bündeln, Proviant, Vorräten und anderen Habseligkeiten, die an der Mauer lehnten.
"Gut, wir schaffen das später alles zu dem Lager, das wir aufschlagen. Möglichst noch bevor es Dunkel wird, ich will so wenig Lichtquellen wie es geht."
Wenig später kamen die beiden Kundschafter zurück und brachten gute Neuigkeiten.
"Also los, alles zusammengepackt und in die Lagerhallen ein Lager aufschlagen.", kommandierte Mathan barsch und der bunt zusammengemischte Menschenknäuel zerfloss rasch. Adrienne kehrte mit ihrem Bruder zurück und wollte auch in die Richtung der Lagerhallen ziehen, doch Mathan hielt sie davon ab. "Wir machen das für euch, ihr beide lauft los und erstattet Belen Bericht, dass die Torflügel erst repariert werden müssen. Falls wir hier angegriffen werden, können wir die Stellung nicht lange halten. Wir schicken Späher aus und positionieren die talentierten Bogenschützen auf den Mauern um feindliche Kundschafter abzuwehren. Fragt außerdem, ob er weiß wie viel Zeit wir haben, sonst würde ich gern ein paar "Überraschungen" bauen."
"Bringt außerdem ein paar Decken mit, deswegen geht ihr zu Zweit, einige haben keine.", ergänzte Halarîn. Die Geschwister nickten und trabten davon. Die beiden Elben beaufsichtigten den Aufbau des Lagers, teilten Wachen ein, verteilten Vorräte und schlichteten so einige Debatten. Mathan begann damit, die einzelnen Männer und Frauen genauer zu inspizieren. Je nach Erfahrung, Talent und Wissenstand teilte er sie in Einheiten ein, damit sie voneinander lernen konnten. So kam auf einen mehr oder weniger Erfahrenen vier bis fünf Unerfahrene oder mehr. Das Verhältnis war nicht sehr ermutigend aber immer noch besser als befürchtet. Oder er hatte einfach Glück ein paar alte Soldaten mit Frischlingen mischen zu können.
Am frühen Abend versammelten sich alle wieder auf dem Platz, das Lager war eingerichtet und leise murmelnd standen die Menschen in einzelnen Grüppchen auf dem Platz. Scheinbar gab es schon Bekanntschaften untereinander.
"Guten Abend zusammen.", sagte er laut und das gemurmel erstab.
Einige nickten ihm zum Gruß, die Soldaten nahmen prompt Haltung an, während die normalen Leute reflexartig ebenfalls einen Guten Abend wünschten, was für einige Lacher und Schmunzler sorgte. Damit war das Eis für den Anfang gebrochen.
"Mein Name ist Mathan und dies ist Halarîn.", sagte er und deutete eine Verbeugung an, seine Frau ebenso. "Wir sind gekommen um etwas zu sähen. Auch wenn ich niemals Bauer war-"
"Dann wirst du eben jetzt einer!.", warf Rainer aus Bree ein und lachte schallend, was für grinsende Gesichter sorgte.
"Genau! Was ich sähen will ist ein Feuer!", rief er und machte eine Geste, als ob er die Stadt umarmen wollte. "Und zwar genau hier."
Die Menge blickte sich um und es wurde still, keiner grinste mehr als er fortfuhr.
"In dieser Stadt? Nein. Wo seht ihr denn hin? Diese Stadt ist nur ein Fels. Seht euch aneinander an.", forderte er die Menge auf und schweigen musterten die Leute sich gegenseitig.
"Das ist es, wo wir ein Feuer entfachen. Der Funke glimmt noch irgendwo, sonst würdet ihr alle nicht hier stehen.", sagte er eindringlich und ballte die Hand zur Faust.
"Die Wahl zu haben, entweder zu sterben oder für seine Sache zu kämpfen. Deswegen seid ihr hier.", er machte eine Pause. Er deutete auf einen Mann mit braunen Zottelbart. "Oder warum bist du hier?", doch ehe der Mann etwas erwidern konnte, deutete er auf eine Waldläuferin. "Und du?", fragte er sie.
"Um das zurückzuholen, was mir genommen wurde!", antwortete sie rasch und erntete zustimmendes Nicken. "Und was ist mit dir?", wandte er sich an Rainer.
"Um das Gesindel aus meinem Land zu treten!", rief er laut und erhielt zustimmendes Lärmen. Mathan breitete die Arme aus um die Menge zu beruhigen. Er wandte sich an Adrienne ,die neben ihn stand. Plötzlich tappste sie unsicher zurück, dutzende Augenpaare starrten sie an. "Warum bist du hier?", fragte er sie ungewohnt sanft. Stille herrschte auf dem Platz, Acharnor starrte mit offenem Mund seine Schwester an. Eine merkwürdige Stimmung hing in der Luft. Mathan spürte, wie Adrienne mit sich rang, wie ihr Stolz gewann und sie die Brust hob und trotzig das Kinn reckte.
"Weil...-", sie brach ab, wischte sich zornig aufkommende Tränen davon und winkte Halarîns Hand ab, die sie trösten wollte. Zorn und Entschlossenheit blitzen in Adriennes Augen, auf einmal strahlte diese junge Frau eine Aura aus, die selbst Mathan beeindruckte.
"Weil ich für meine Freiheit kämpfen will. Ich will diese Länder denen zurückgeben, die dort geboren wurden! Ich will den Tod meiner Mutter nicht rächen, aber er soll nicht umsonst gewesen sein. Jeder der mich nun ansieht hat jemanden verloren.", sie fing sich nun entgültig und bis auf ein paar vereinzelte Husten war es still. "Aber genau das lässt uns näher zusammenrücken, unabhänging von wo wir sind, welche Sprache wir sprechen oder wie wir leben. Zusammen können wir es immer und immer wieder versuchen, aufzustehen und sagen "Nein, so will ich nicht enden." Gemeinsam schaffen wir das.", schloss sie und die Stille blieb auf dem Platz. Nach einer Weile ertönte zustimmendes Gemurmel . "Und unabhänhig von dem Alter, wenn ich das noch hinzufügen darf.", ergänzte die Waldläuferin. "In der Tat.", sagte einer der Gondorer.
"Danke für die ehrlichen Worte Adrienne von Gondor, du hast zu unseren Herzen gesprochen und selbst das Meine ist gerührt.", hob Mathan an. "Mehr als dem, was sie sagte kann ich nicht hinzufügen. Wir sind keine Soldaten die ihre Pflicht erfüllen und Sold erhalten. Wir sind Kameraden, Bekannte, die sich helfen und wer weiß, vielleicht sogar Freunde. Euer Gruppenleiter ist der, der sich um euch kümmert und ihr seid eine Gruppe, wir halten zueinander. Wenn eine Gruppe Hilfe brauchst, unterstützt euch untereinander. Wenn der Kampf beginnt werdet ihr einen Waffenbruder oder Waffenschwester brauchen, auf die ihr euch verlassen könnte, denen ihr euer Leben anvertraut. Lasst euch nicht runterziehen, gemeinsam werden wir immer wieder aufstehen können. Behezigt das. " Viele nickten oder wirkten zuversichtlicher als er endete. Verhaltener Applaus ertönte, aber es war mehr ein stiller Jubel, die dutzend Gesichter wirken friedlicher und bestätigten ihm dies.
"Und damit steht ihr für den restlichen Abend frei, ausgenommen die Torgruppe. Leider müssen wir die Torflügel schnell reparieren." Damit löste er die Versammlung auf. "Aye! Überlasst das uns!", verkündete Rainer und machte sich mit seiner Gruppe an die Baumstämme, die auf dem Platz lagen.
Ein paar Freiwillige wollten trotzdem nicht gehen und unter der Leitung von Adrienne, die eigentlich keine Gruppe leitete, ließen sie sich von ihr die Übungen zeigen, die er ihr am heutigen Tag begebracht hatte. Zu seiner Überraschung war auch einer der Soldaten aus Gondor dabei, was ihn aber dann doch nicht wunderte, da die Herkunft dann doch miteinander verbindet.
"Und bist du zufrieden?", fragte Halarîn neugierig, während er die Übenden aus einiger Entfernung, auf einem Holzstapel sitzen beobachtete.
"Ja, ich hatte nicht gedacht, dass sie so sehr über sich hinauswachsen kann.", antwortete er ehrlich und zollte damit auf seiner Art Adrienne gegenüber Respekt.
"Eigentlich meinte ich die Freiwilligen, aber das währe meine nächste Frage gewesen.", grinste sie und nickte der jungen Frau zu. "Aber sie hat etwas an sich, das ich an Menschen bewundere: die Gabe so stark über sich hinauszuwachsen."
"Und sie hat Charisma", ergänzte er nachdenklich.
"Ja, es waren ihre Worte, die die Wege in die Herzen der Leute gefunden hat." Halarîn drehte sich zu ihm. "Darauf hast du gesetzte oder?" Ein wissener Ausdruck lag in ihrem Gesicht. Doch ihr Mann zuckte nur mit den Schultern und tat es ab.
"Ich hielt es für richtig", sagte er, doch in seiner Stimme schwang eine Spur der "Ertapptheit" mit. Sie schwieg und wartete bis er sich erklärte. "Als ich sie das erste mal sah, kam mir etwas "anders" an ihr vor, ich weiß auch nicht was. Ich spürte jedoch, dass diese Sache mit ihrer Mutter damit zusammenhing. Ihr Vater hatte mir das letztens erklärt. Eeben ist bei ihr ein dicker Knoten geplatzt."
Er klang wiedermal so mysteriös, doch vertraute sie ihm und wusste, dass er ein gutes Gespür hatte. Wenn er auf jemanden ein Auge geworfen hatte, war dies meist eine Person mit außerordentlichen Charakter. Und wie es schien, hatte er so eine gestern gefunden.
"Konzetriere dich aber nicht zu stark auf sie, sonst ist das schlecht for die Moral.", wandte sie vorsichtig ein.
"Nein, sie ist der Schlüssel. Sie hat sich heute als das Herz der Gruppe herauskristallisiert. Ich bin der Kopf und sie das Herz. Es gibt immer einen, den die Leute mögen und mir war sofort klar, dass sie es sein würde. Wenn sie fällt, fallen alle, ohne Herz erscheint der Kopf kalt.", erklärte er nun sacht und drehte seine Haare zu locken und strich sie wieder glatt. Sie verstand was er meinte und nickte zustimmend. Es erstaunte sie immer wieder, was für ein feines Gespür Mathan für die Rolle des Befehlenden hatte. Er konnte befehlen ohne direkt Befehle zu erteilen, das war ein seltenes Talent.
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