Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Arnor
Fornost: Das Versteck des Sternenbundes
Curanthor:
Mathan stand ebenfalls mit verschränkten Armen in der Halle und beobachtete aus der Distanz die Verhandlung. Es erstaunte ihn immer wieder, wie schnell Menschen ein Urteil fällen konnten ohne vorher nachzudenken.
Die Dúnedain, mit denen er vor dem Beginn eine Weile gesprochen hatte machten alle verkniffene Gesichter. Er wusste, dass sie unterschiedlicher Meinung waren und das sorgte für erhitzte Gemüter. Der Elb erinnerte sich, als er vor sehr langer Zeit in diesen Hallen umhergelaufen ist. Damals war er Befehlshaber über die Armee von Arnor, einen Posten, den er durch eine List erhalten hatte. Er war dabei als das Nordreich dem Untergang entgegenlief. Sein Blick wurde glasig, als die Bilder in ihm aufstiegen.
"Wer von den Anwesenden wird für oder gegen Ardóneth sprechen?", ertönte die Frage und Mathan schüttelte die Erinnerungen ab. Insgeheim ärgerte er sich, dass er Valandur nicht zugehört hatte. Er ahnte aber, dass es nicht gut gelaufen war anhand der Spannung in der Luft.
"Ich.", sagte er und trat vor, dutzende Augenpaare richteten sich auf ihn.
Belen zögerte einen Moment, nickte aber dann. "Ihr habt das Wort, Hauptmann.", sagte er und seine Stimme verlor etwas an Schärfe.
"Wie ihr alle wisst war ich ebenfalls anwesend, als Ardóneth das tat, wofür nun über ihn gerichtet werden soll," er ging in die Mitte des Raumes, "Ich habe es jedoch nicht gesehen, denn der Feind brandete grade zu seinem schwersten Sturmlauf heran. Ich musste die Verteidiger auf meiner Seite des Tores anführen. Wenn ihr mich fragt ist das ein sehr merkwürdiger Zufall, dass ausgerechnet dann, wenn unser Feind anfängt einen Sturmlauf gegen das Tor anzuführen, jemand aus unseren Reihen den Anführer erschlägt." Seine Worte brachten einige zum Nachdenken, selbst Belen strich sich über das Kinn. "Sprecht weiter.", sagte dieser ernst.
"Würde Ardóneth ein Verräter sein, so hätte er doch schon dutzende Möglichkeiten gehabt Euch zu ermorden. Er hätte die ganzen Vorbereitungen sabotieren können, das Katapult zum Beispiel oder die Balliste, welche die Trolle unschädlich gemacht hat.", er machte eine Pause und deutete scheinbar nach draußen vor die Stadt, "Er hätte Spione zu den Feinden schicken können, doch das hat er nicht getan. Ich war während den Vorbereitungen oft in seiner Nähe und es gibt dutzende Zeugen, die bestätigen können, dass er die Stadt niemals verlassen hat. Er hat mit keinen Fremden gesprochen."
Einige Dúnedain murmelten zustimmend oder bekundeten, dass Ardóneth tatsächlich nie die Stadt verlassen hatte, sodass Belen öfters um Ruhe bitten musste. "Bitte, fahrt fort und erklärt mir, dabei eines: Der Moment war gut gewählt, ja, aber sollte nicht gerade das dem Feind helfen um die Moral zu brechen?"
Mathan nickte und hatte sich schon darauf vorbereitet, dass diese Frage kommen würde. "Es hätte die Moral getroffen, aber ein wichtiger Punkt hat man dabei nicht gedacht. Ich war auch noch da und die Wut über Euren Tod hätte ich genutzt um Rache zu üben. Ich hätte die Verteidiger aufgestachelt jetzt erst recht zu kämpfen. Ihr habt sie selbst gesehen. Diesen Ausfall hätte man erst recht nach Euren Fall angeführt.", zufrieden merkte er, dass die Stimmung langsam umschwang, also entschied er seine letzten Karten auszuspielen.
"Außerdem hätte Ardóneth auch mich niederstrecken müssen um die Schlacht zu gewinnen. Ich möchte nicht arrogant klingen, aber er hätte mich nie erschlagen können. Eurer Tod, Belen, mag vielleicht kritisch für den Sternenbund sein, aber für die Schlacht, so wie sie in diesem Augenblick war, hätte er nicht viel geändert. Wenn Ardóneth also ein Verräter gewesen sein würde, so hätte er früher zugeschlagen, damit die feindliche Armee die Stadt einfacher einnehmen kann und nicht zu hunderten vor unseren Mauern elendig zu verbluten."
Als er endete, sah man, dass es in Belens Gesicht arbeitete und er immer wieder zu Ardóneth blickte. Mathan nickte zu dem Gefangenen. "Ich spreche für ihn, denn ich weiß, dass Sarumans Stimme eine enorm gefährliche Waffe ist. Ich habe mit Ardóneth im Kerker gesprochen und in seinen Augen gesehen, dass etwas nicht mit ihm stimmt. Daraus mag nun jeder seine eigenen Schlüsse ziehen. Ich sage, dass Ardóneth unschuldig ist und der wahre Täter seine Chance genutzt hat als Gandalf geschwächt war.", schloss Mathan seine Ausführung und nickte dem Tribunal zu, ehe er sich wieder in eine ruhige Ecke zurückzog. Sein Blick traf den von Ardóneth und er lächelte dem Gefangenen aufmunternd zu.
-Mirithil-:
Auf dem Weg zu den Mauern unterhielten sich die Zwerge über die Geschehnisse der letzten Tage während die beiden Hobbits lachend durch die Straßen liefen. Unbeschwert spielten sie mit den anderen Kindern Fangen. Sie alle waren guter Laune, dies versprach ein guter Tag zu werden.
"Was haltet ihr von diesem Belen?", fragte Goril neugierig.
"Ich denke er ist ein fähiger Anführer, er war es, der die Menschen zum Sieg geführt hat.", antwortete Baril überzeugt.
"Er wirkte aber nicht erleichtert, eher traurig, als würde ihn etwas bedrücken.", Fis blickte die beiden an, "Wisst ihr etwas darüber?"
Baril blickte sich vorsichtig um, als fühlte er sich beobachtet, "Wir wissen nichts genaues, nur ein paar Gerüchte, angeblich hat einer der Dunedain Belen angegriffen."
"Ihn angegriffen warum?", Fis runzelte die Stirn, "Niemand greift einfach seine Gefährten an."
"Wir haben nur mitbekommen, dass es heute eine Verhandlung geben soll, doch mehr konnten wir nicht erfahren.", sagte Goril, "Es ist auch nicht so wichtig, wir sollten uns lieber um die Reperatur der Mauer bemühen als um die Probleme der Menschen."
Fis nickte zustimmend, doch er wusste nicht was er davon halten sollte.
Schon von weitem sahen sie ein großes Holzgerüst was an der Stelle aufgestellt worden war, wo die Reste des zerstörten Turmes lagen.
Als sie die Mauern erreichten kam ihnen ein groß gewachsener Mann mit dunklen Haaren entgegen, er trug eine braune Robe und hielt eine Rolle mit Plänen in der linken Hand.
"Seid ihr Dearos? Wir wurden hierher geschickt um euch ein wenig zur Hand zu gehen.", sagte Fis und reichte dem Mann die Hand.
Der Mann lächelte: "Ja ich bin Dearos, mir wurde die Aufgabe übertragen die Mauern wieder auf Vordermann zu bringen, ich bin Baumeister aus Pelagir."
"Ihr kommt aus Gondor?", fragte Baril interessiert.
"Das stimmt, vor ein paar Jahren bin ich mit meiner Familie nach Minas Tirith gezogen. Als dort klar wurde, dass die Stadt nicht zu halten ist, floh ich mit meiner Familie und allem was ich hatte nach Westen, hierher."
Plötzlich kam ein kleiner Junge angerannt, er sah Dearos sehr änhnlich, doch im Gegensatz zu seinem Vater hatte er fast schwarze Haare. Vorsichtig beäugte der Kleine die Zwerge einen nach dem anderen, bis sein Blick auf Fis hängen blieb, etwas nervös von dem Anblick trat er einen Schritt hinter seinen Vater. Fis versuchte ihm zuzulächeln, doch das schien den Jungen nur noch mehr zu verunsichern.
"Hey, du brauchst keine Angst haben.", sagte Dearos an den Jungen gewandt, "Dies ist mein Sohn Daroi, er hilft mir bei den Botengängen, ohne ihn würde alles doppelt so lange brauchen.", erklärte Dearos lächelnd und streichelte ihm den Kopf. Stolz reckte der Junge die Brust nach vorne und machte sich groß, doch seine Augen blickten immer noch misstrauisch über die Zwerge.
"Folgt mir zur Mauer, ich zeige euch die Stellen die ausgebessert werden müssen.", Dearos drehte sich um und marschierte in Richtung des Gerüsts, sein Sohn griff nach seiner Hand und die Zwerge folgten den beiden zur Mauer.
Sie verbrachten den halben Morgen an den Mauern und begutachteten die Schäden während die beiden Hobbits mit Daroi spielten. Durch den Austausch mit den Baumeistern und Handwerkern die an den Mauern arbeiteten erfuhren die Zwerge viel über die Bauweise der Festung und schon bald waren sie voll in ihre Aufgabe vertieft.
Einer der Männer machte sie darauf aufmerksam, dass die Trauerfeier bald beginnen würde, also machten sie sich auf den Weg zur Waffenkammer. Fis nahm die Hobbits mit, doch Baril und Goril blieben dort um die Pläne weiter auszuarbeiten.
Als sie den Platz mit den Scheiterhaufen erreichten warteten dort schon viele Menschen und es wurden stetig mehr. Auf der anderen Seite erblickte Fis Kerry, sie wirkte trotz der traurigen und bedrückten Stimmung nicht mehr so ängstlich und verzweifelt wie bei ihrer letzten Begegnung. Irgend etwas schien sie sehr fröhlich zu machen, auch wenn sie versuchte es im Moment nicht offen zu zeigen.
Neben ihr stand ein Elb den er nach der Schlacht vor den Mauern gesehen hatte und auch Oronel und seine Gefährten standen dabei.
Dort wo etwas mehr Platz war sah er Belen und einen Mann in Ketten, dies bestätigte das Gerücht, von dem Goril und Baril gehört hatten. Fis nahm sich vor, der Verhandlung beizuwohnen, er glaubte nicht an so einen Verrat in den eigenen Reihen.
Nach der Zeremonie brachte Fis die Hobbits zu Dearon und machte sich auf zur Verhandlung, vielleicht würde ihm ja Einlass gewährt.
Auf dem Weg machte er sich viele Gedanken darüber, was einen Menschen dazu bewegt einen seiner Gefärten zu verraten, doch er fand einfach keine Antwort, vielleicht würde er nach der Verhandlung die Antwort wissen.
Bei der Waffenkammer angelangt sah er wie Mithrandir und Kerry gerade das Gebäude betraten. Der Wächter am Tor war der Selbe der sie auch am Morgen hineingelassen hatte. Er erkannte Fis und trat zur Seite:
"Ihr dürft der Verhandlung beiwohnen, doch verhaltet euch still, dies ist eine Angelegenheit der Dunedain.", sagte die Wache und öffnete das Tor nachdem Fis ihm versichert hatte nicht zu stören. Die Halle war schon voller Leute, Elben wie Menschen, also suchte er sich einen Platz an der Wand von dem er einigermaßen gut die Geschehnisse verfolgen konnte. Jetzt hieß es nur noch warten...
Fine:
Als Mathan geendet hatte trat einen Augenblick Stille ein. Dann hob Belen die Hand und sagte: "Vielen Dank, Mathan. Ihr habt gut gesprochen." Er blickte sich im Raum um und fuhr dann fort: "Gibt es sonst noch jemanden, der etwas zu dieser Angelegenheit sagen will?"
"Ich möchte sprechen," sagte ein Gondorer, der sich von seinem Stuhl erhoben hatte. Als Belen ihm zustimmend zunickte wandte sich der Mann an die Anwesenden: "Mein Name ist Mallor, Galadorns Sohn, aus Gondor. Ich habe Ardóneth als einen Mann mit gutem Herzen kennengelernt, der mir Hilfe leistete, als Sarumans Diener diese Stadt noch unterdrückten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er für die Taten verantwortlich ist, die Ihr ihm anlastet. Der Hauptmann Elb hat recht: Dahinter steckt Sarumans üble Zauberei!"
Belen nahm Mallors Worte zur Kenntnis und stellte dann erneut die Frage, ob weitere Argumente für oder gegen Ardóneth vorgelegt würden. Und da erhob sich der Dúnadan mit dem dunkelgrünen Umhang, den Kerry auf der Straße von Bree nach Fornost getroffen hatte.
"Ich bin Argoleth von Annúminas. Ardóneth ist mein Sohn. Ich habe ihn viele Jahre nicht gesehen, doch ich weiß, dass eine solche Tat nicht zu ihm passt. Mein Sohn ist ein loyaler Dúnadan des Nordens. Ich beuge mich dem Urteil, das über ihn gefällt wird, aber ich bitte Euch, gut darüber nachzudenken, welche Entscheidung zu treffen ist. Das ist alles, was ich zu sagen habe."
"Auch Euch vielen Dank," antwortete Belen.
Eine Pause trat ein, in der sich die Anwesenden leise tuschelnd unterhielten. "Meinst du, sie werden erkennen, dass Ardan unschuldig ist?" flüsterte Kerry Haleth zu, die sich neben sie gesetzt hatte.
"Nun, bislang hat niemand offen gegen ihn gesprochen," überlegte Haleth. "Wir werden sehen, ob das, was vorgetragen wurde ausreicht, um den Anführer des Sternenbundes zu überzeugen."
"Ich hoffe es," sagte Kerry. "Es schmerzt mich, Ardan so zu sehen."
Avaron ließ erneut seine silberne Glocke ertönen und Stille kehrte ein. Belen sagte: "Da niemand mehr etwas zu dieser Angelegenheit zu sagen hat, werden wir uns nun beraten, welches Urteil über Ardóneth gefällt werden soll. Ich bitte Mathan, Mithrandir, Avaron, Elradan und Rilmir zu mir. Gemeinsam werden wir..."
Eine Stimme unterbrach ihn. "Ich habe etwas zu sagen." Ardóneth hatte sich erhoben, die Hände weiterhin gebunden, doch Kerry erkannte seine Stimme nicht wieder. Sie war verändert: kälter, schärfer, tückischer. Ein überraschtes und schockiertes Raunen ging durch den Raum. Gandalf schien besonders getroffen zu sein und stützte sich schwer auf seinen Stab. Der Zauberer war sehr blass geworden.
"Ihr seid Narren wenn ihr glaubt, hier einen Sieg errungen zu haben. Die Schlacht war nichts als ein Vorgeschmack auf das, was den ganzen Norden erwartet. Der nächste Angriff wird kommen, und er wird größer sein. Ihr habt einen Schlag mit Mühe und Not abwehren können, doch der nächste wird umso stärker ausfallen."
"Saruman..." murmelte Oronêl verbissen, und Kerry riss entsetzt die Augen auf als sie verstand.
"Lass ihn frei, Saruman," forderte Gandalf, der die Zähne zusammenbiss.
"Frei? Keiner von euch ist frei," zischte Ardóneth und warf finstere Blicke in den Raum. "Fornost und der Norden sind mein! Und schon bald werdet ihr das auch erkennen. Ihr denkt, ihr hättet meine Diener vertrieben? Gerade jetzt sammeln sie sich in Tharbad und in den südlichen Landen, um mit unbarmherziger Härte über die Lande herzufallen, die ihr "befreit" habt. Ihr Dúnedain seid verblendet. Ich bot euch den Glanz des nördlichen Königreiches an, und diejenigen unter euch, denen es nicht an Verstand mangelte, schlossen sich mir an. Ihr jedoch seid nur der starrsinnige Überrest."
Mathan und Oronêl tauschten besorgte Blicke aus. Sarumans Stimme erfüllte den Raum und sorgte für schockierte und entsetzte Blicke bei allen Anwesenden.
"Gandalf! Unternimm etwas!" rief Kerry dem Zauberer zu. Doch dieser zögerte.
"Er besitzt nicht die Macht, mir offen entgegenzutreten," lachte Saruman und Ardóneths Gesicht verzerrte sich zu einer hämischen Fratze. "Gandalf der Weiße! Von ihm ist nichts als ein Schatten seiner selbst übrig."
"Es wird genügen," knurrte Gandalf unter großen Anstrengungen. "Es muss." Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und warf den grauen Umhang ab, der sein weißes Gewand verdeckte. Strahlend helles Licht ging davon aus, und Kerry musste die Augen bedecken um nicht davon geblendet zu werden. Durch ihre Finger hindurch sah sie, wie Gandalf seinen Stab auf Ardóneth gerichtet hatte und Schritt für Schritt näher an den Dúnadan heran trat, offenbar gegen großen Widerstand ankämpfend.
"Wenn du das tust, wird sein Geist zerbrechen," drohte Saruman. Doch anstatt einer Antwort riss Gandalf seinen Stab nach oben und ließ ihn mit einem Blitz zu Boden fahren. Mit einem Schlag wich die drohende Präsenz, die sich über den Raum gelegt hatte, und Ardóneth brach bewusstlos zusammen.
Gandalf stand, schwer atmend und auf seinen Stab gestützt, neben dem gefallenen Dúnadan. "Kümmert euch um ihn. Saruman... er ist fort."
Es war Elrádan, der als Erster nach Ardóneth sah. Sachte hob er den Kopf seines Freundes an, und da schlug dieser die Augen auf. Kerry war von ihrem Stuhl aufgesprungen und nach vorne geeilt. Als sie bei Ardóneth ankam, stieß er hervor: "Was... was ist geschehen? Ich... fühle mich, als wäre ich aus einem finsteren Traum erwacht."
"Saruman hatte Kontrolle auf dich ausgeübt," erkläre Elrádan. "Erinnerst du dich an irgendetwas?"
"Ich erinnere mich an einen Traum, in dem ihr alle gefallen seid... und an eine große Schlacht... und dann..."
"Seine Erinnerung wird nach und nach zurückkehren," sagte Gandalf. Der Zauberer ließ sich auf einen der steinernen Stühle fallen und wirkte äußerst erschöpft.
"Ich schätze, das war der eindeutigste Beweis, den man mir liefern konnte," meinte Belen. "All dies ist Sarumans Werk gewesen. Das ist mir nun klar."
"Es geht ihm also wieder gut?" fragte Kerry.
"Das wird es," sagte Gandalf mit einem schwachen Lächeln.
Eandril:
Als Saruman durch Ardóneth gesprochen hatte, hatte sich ein leiser Zweifel in Oronêls Geist geschlichen, den Gandalf allerdings vertrieben hatte.
Belen blickte der Reihe nach Mathan, Gandalf und die drei Dúnedain, die gemeinsam mit ihm das Urteil fällen sollten an, und alle nickten zustimmend. "Nun denn", begann er schließlich. "Ardóneth, in Anbetracht der Umstände deiner Tat, der Fürsprache die du erhalten hast und der Verwandschaft und Freundschaft die uns verbindet, will ich dich für deine Tat nicht verurteilen." Erleichterung breitete sich auf Ardóneths Gesicht aus, und Oronêl beobachtete, wie sich Kerry sichtlich entspannte. Belen jedoch hob die Hand und sprach weiter. "Dennoch sollst du nicht völlig ungeschoren davonkommen. Deine Aufgabe wird es sein, Sarumans Armee zu folgen und herauszufinden, was der Grund für ihren plötzlichen Abzug war. Außerdem wirst du in Erfahrung bringen, ob uns von Norden immer noch die Gefahr eines weiteren Angriffs droht. Die Erfüllung dieser Aufgabe wird deine Loyalität mir und dem Sternenbund gegenüber endgültig beweisen, und wenn es soweit ist, wirst du deinen Rang an meiner Seite zurückerhalten."
Bevor Belen die Versammlung auflösen konnte, trat Oronêl kurzentschlossen vor, und sagte mit aller Autorität, die er sich vor Jahrtausenden als Amdírs Stellvertreter und Berater angeeignet hatte: "Auch wenn das Urteil bereits gefällt ist, würde ich gerne noch etwas sagen, denn ich glaube es könnte wichtig für euch sein."
Belen wirkte überrascht, nickte dann aber und bedeutete ihm mit einem Wink, fortzufahren.
"Mein Name ist Oronêl Galion von Lórien, und es war in Lórien als ich zum ersten Mal Sarumans Stimme hörte. Sie befahl mir, aufzugeben und mich auf seine Seite zu stellen, und wie Ardóneth wäre ich dieser Aufforderung nachgekommen, wenn meine Freundin Celebithiel mir nicht mit... Also, auf eine ähnliche Weise wie Mithrandir geholfen hätte. Seitdem erkenne ich Sarumans Falschheit, und seine Stimme hat keine Macht mehr über mich. Und so wird es auch Ardóneth gehen."
"Wir alle hoffen, dass es so sein wird", erwiderte Belen, und Oronêl sprach weiter: "Valandur hat vorhin gesagt, dass es hier nicht um ihn geht. Doch ich denke, er irrt sich. Im Gegenteil, es sollte hier nicht nur um Ardóneth gehen, sondern um alle Dúnedain, die Saruman verfallen sind."
Bei seinen Worten erhob sich ein Raunen in der Halle, als viele der Dúnedain leise miteinander zu sprechen begannen. Belens Augenbrauen zogen sich bedrohlich zusammen, doch er machte keine Anstalten, Oronêl zu unterbrechen. Als er weiterredete spürte Oronêl, wie Gandalf ihn aufmerksam beobachtete.
"Valandur und Ardóneth sind Beispiele für gute Männer, die Sarumans Stimme verfallen waren, und ich denke, dass es auch unter jenen die noch immer Saruman folgen, viele weitere von ihrer Art gibt." Ungefragt tauchte das Bild des Mannes, der Rúmil getötet hatte vor seinen Augen auf, doch er scheuchte es weg.
"Wenn ihr in der Lage seit, Ardóneth zu vergeben und zu begreifen, dass er von einer Macht verführt wurde, die zu groß für ihn war, solltet ihr das gleiche auch mit euren Brüdern und Schwestern tun, die in Sarumans Diensten stehen. Wenn ihr vor ihnen steht, sprecht mit ihnen, überzeugt sie, zeigt ihnen Sarumans Lügen - und nehmt sie in eure Reihen auf. Denn wenn ihr gegen sie kämpft und euch gegenseitig tötet, verliert Saruman vielleicht. Doch ihr verliert ebenfalls, und der einzige der gewinnt, ist der Schatten von Barad-Dûr."
Stille hatte sich über die Halle gesenkt, und nur auf Gandalfs erschöpftem Gesicht zeigte sich ein leichtes Lächeln.
Dann räusperte Belen sich, und sagte: "Ich danke euch für eure Sicht auf die Dinge und euren Rat. Ich werde... über eure Worte nachdenken."
Oronêl neigte den Kopf, sagte aber: "Es gibt noch etwas, über das ich sprechen möchte. Es geht um etwas was Saruman gesagt hat: Gerade jetzt sammeln sich meine Diener in Tharbad und in den südlichen Landen, um mit unbarmherziger Härte über die Lande herzufallen, die ihr "befreit" habt. Ich war vor wenigen Wochen in Dunland, und dort bin ich in Gefangenschaft von Sarumans Dienern geraten. Doch ich bin entkommen, und zwar nicht von selbst, sondern durch die Hilfe eines Dunländers namens Forath. In dieser Nacht gelang es Forath, die Herrschaft über seinen Stamm zu übernehmen, und es ist sein Ziel, Dunland von Sarumans Einfluss zu befreien."
Belens düstere Miene hellte sich auf. "Wollt ihr damit sagen, dass..."
"Ich weiß nicht, was aus Forath geworden ist. Vielleicht haben sich die anderen Stämme ihm gegen Saruman angeschlossen, vielleicht auch nicht. Vielleicht ist er tot und sein Plan gescheitert. Vielleicht sagt Saruman also die Wahrheit. Ich will euch also nicht dazu aufrufen, unvorsichtig zu sein und den Süden zu vernachlässigen. Aber vielleicht lügt Saruman auch, um eure Aufmerksamkeit nach Süden zu lenken sodass ihr den Norden vernachlässigt."
"Dann sollten wir Boten nach Süden entsenden, um herauszufinden was dort geschieht", erwiderte Belen, und wirkte dabei entschlossener als zuvor. Oronêl nickte. "Und euch mit Forath - falls er noch lebt - verbünden. Das wäre eure Gelegenheit, Sarumans Einfluss in ganz Eriador zu brechen."
"Wir werden sehen, was geschieht. Ich danke euch für eure Informationen, und euren Rat, Oronêl", meinte Belen bedächtig. "Falls sonst niemand mehr etwas zu sagen hat, löse ich die Versammlung hiermit auf."
Oronêl, Finelleth und Irwyne in die Alte Palastanlage
Fís zur Stadtmauer
Ardóneth zum Palast
Curanthor:
Die Tatsache, dass Saruman durch Ardóneth gesprochen hatte, war die Bestätigung für Mathans Verdacht gewesen. Kurz darauf hatte Gandalf ihn jedoch vertrieben, was den Elb erleichtert aufatmen ließ. Umso eindeutiger und einfacher war die Entscheidung des Tribunals. Er wartete Belens Urteilspruch ab und lauschte Oronêls Worten, enthielt sich aber einem Kommentar und beschränkte sich darauf, die Leute zu beobachten.
Er hob zweifelnd eine Augenbraue, als Oronêl von den Dunländern erzählte. Er hatte schon öfters von den Wilden gehört, besonders oft in Rohan, da sie Erzfeinde waren. Doch auch hier schwieg Mathan und bewegte sich erst, als Belen die Versammlung auflöste. Er schritt zum Anführer des Sternenbundes, der ihn wachsam aber etwas überrascht anblickte. "Mathan, was kann ich für Euch tun?", fragte er anhand des Gesichtsausdruck des Elben.
"Ich würde Euch bitten, Ardóneth ein wenig später fortzuschicken", sagte er geradeheraus und bemerkte ein zucken der Mundwinkel Belens, "Wenn ihr kurz nach Sonnenuntergang in den Westflügel der alten Palastanlage kommt, erfahrt ihr auch warum." Während Mathan sprach reichte er dem Mann ein Ästchen mit einem einzelnen Blatt, das mit Elbenschrift versehen war.
Belen verstand sofort und seine harten Züge erweichten einen kurzen Augenblick. "Ah, deswegen. Nun, ich denke es wird wohl möglich sein. Schließlich sollte man nicht zu nah an einer marschierenden Armee herankommen, etwas Abstand erscheint klug," der Anführer des Sternenbundes nickte und steckte das Blatt ein, "Ich werde da sein." Der Elb nickte ebenfalls und ging zufrieden zu Gandalf, der noch immer sich noch immer auf seinem Stab stützte. Er stand etwas am Rand der Menge, die sich nur langsam zerstreute und verscheuchte gerade einen Waldläufer, der ihn helfen wollte.
"Mithrandir.", rief Mathan um ihn auf sich aufmerksam zu machen.
Der Zauberer drehte sich um und brauchte einen Moment um ihn zu erkennen, sein abweisendes Gesicht erhellte sich ein wenig. "Mathan.", sagte er und nickte ihm zu, "Wie ich hörte soll es bald ein schönes Fest geben hm?", er blickte den Elben wissend an und zwinkerte, "Keine Sorge. Mir geht es bald besser, ich brauche nur etwas Ruhe. Ich will doch nichts verpassen.", erklärte er schmunzelnd und setzte sich seufzend auf eine Steinbank an der Wand.
"Das freut mich zu hören, aber es ist auch nicht schlimm wenn ihr nicht erscheint", erklärte Mathan und blickte sich kurz um, "Ich denke jeder würde es verstehen, nach Eurer Glanztat." Doch Gandalf winkte ab und erklärte, er würde das Fest ungerne verpassen, da es doch das einzig wirklich Positive dieses Tages sei. Der Elb verneigte sich leicht und zog sich zurück um den Zauberer seine Ruhe zu gönnen. Er blickte sich suchend um, ehe er gerufen wurde. "Mathan, kommt doch bitte nochmal her."
Sein Blick fiel auf Gandalf, der ihn zu sich winkte. Verwundert kam er der Aufforderung nach und setzte sich neben den Zauberer. Einige Dúnedain blickten zu ihnen rüber und schienen mehr oder weniger auffällig zu lauschen. "Bekomme ich kein Blatt?", fragte Gandalf mit einem beinahe schelmischen Lächeln.
"Ihr kennt also die Bedeutung?" Die Überraschung in Mathans Stimme war kaum zu überhören und Gandalf lachte leise. "Mein lieber Hauptmann Elb, wenn ihr Eines von Gandalf dem Weißen wissen solltet, dann dass er immer genau weiß worum es geht."
"Das klingt aber ein wenig überheblich.", sagte Mathan augenzwinkernd und musste ebenfalls leise Lachen, während er dem Zauberer ein Ästchen mit einem einzelnen Blatt überreichte.
Nach einem kurzen Moment der Stille gestand Gandalf leise: "Ich kenne nur ein paar Bräuche der Elben aus dem Osten, aber dieser hier gefällt mir besonders", er ließ das Blatt in seinem Mantel verschwinden, "Ich werde den anderen Trägern erklären, was diese Blätter für eine Bedeutung haben."
Mathan stand auf, deutete eine Verbeugung an und bedankte sich. Seine Schritte führten ihn zu einem blass aussehenden Waldläufer, der kurz vorher mit Rilmir angesprochen wurde. Neben ihm stand eine Frau, bei der Mathan sofort erkannte, dass sie und Rilmir Etwas teilten. Sie tippte auf dessen Schulter und deutete auf den Elb, der auf sie zukam. "Hauptmann", grüßte er ihn und wollte sich schon verneigen, doch Mathan hielt ihn davon ab. "Bitte, nicht so förmlich. Nennt mich einfach Mathan." Woraufhin Rilmir nickte und einen kurzen Moment überlegte.
"Bist du nicht der Gatte von Halarîn?", frage er und sein Gesicht erhellte sich, "Doch du bist es, ich habe dich und deine Frau auf den Mauern gesehen und am Katapult. Kerry sagte mir, dass sie sie adoptiert hat...", er blickte ihn eine ganze Weile an und Mathan schmunzelte. "Ja, wir möchten sie gerne adoptieren.", bestätigte der Elb und reichte dem verdutzen Rilmir das letzte Ästchen mit einem Blatt. "Kommt mit Euren Freunden und denen, die Euch am Herzen liegen kurz nach Sonnenuntergang in den Westflügel des alten Palastes."
"Eine Feier?", fragte Rilmir erstaunt und erntete ein immer breiter werdendes Lächeln des Elben. "Ausgezeichnet, ich werde da sein aber..." der Waldläufer legte den Kopf schief, "Was genau erwartet uns dort?"
"Sagen wir es so: Eine Gelegenheit die Seele baumeln zu lassen, zu Feiern und Kerry einen unvergesslichen Abend zu schenken", erwiderte Mathan kryptisch, woraufhin Rilmir das Gesicht zu einer etwas albernen Grimasse verzog.
"Sprechen Elben immer in Rätseln?", brummte er und Mathan lachte leise. Die Begleiterin des Waldäufers stupste diesen vorwurfsvoll an, doch Mathan winkte ab.
"Es wird eine Überraschung", erklärte er und nickte den beiden zu, "Es währe schön wenn ihr erscheint. Soweit ich weiß schafft auch jemand Bier heran."
"Ah, das ist ein Wort", lachte Rilmir und wedelte höfisch mit der Hand, "Mein Herr, wir werden Euch mit unserer erlauchten Anwesend beglücken." Das Lachen des Waldläufers ging in einen kleinen Schmerzensschrei über und er hielt sich die Hand auf den Verband.
"Geht es langsam an Rilmir, wir sehen uns beim Fest.", sagte Mathan zum Abschied schmunzelnd und verließ die Halle.
Er blickte kurz zurück und sah Gandalf, der schon die Träger der Blätter nacheinander ansprach. Mathan war dankbar, dass er dies übernahm, so konnte er den Anderen helfen schneller fertig zu werden. Seine Schritte führten ihn rasch zur Eingangshalle, wo er Acharnor begegnete, dieser saß auf einem Karren, der von zwei kräftigen Waldläufern beladen wurde. "Bier zu mir!", lachte der Jugendliche frech und tätschelte die Fässer, die neben ihn auf dem Karren standen. "Vergesst den Wein nicht", erinnerte Mathan ihn im vorbeigehen und verließ die Halle. Er fragte sich, wie weit Halarîn, Faelivrin und Adrienne wohl waren und begab sich nach Norden zum alten Palast.
Mathan zu: Alte Palastanlage von Fornost
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