Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Lothlorien
Caras Galadhon
Thorondor the Eagle:
Etwas in Amrûn begann zu arbeiten. Er spürte, wie ihm im Magen mulmig wurde und sich sein Hals zuschnürte. Er spürte, dass er hier nicht länger sitzten konnte und nichts zu tun hatte. Ein Gefühl trieb ihn an.
„Nein… nein. Ich habe keine Zeit um jetzt Geschichten zu erzählen. Die Zeit drängt… die Sehnsucht drängt mich. Mein Instinkt sagt mir, dass ich Lorien verlassen und so schnell wie möglich nach Mithlond reiten muss.“
„Aber.. aber… Amrûn“, stotterte Oronêl und hielt ihn am Arm fest, als der andere Elb aufstehen wollte „Woher kommt der Sinneswandel?“
Ein beruhigtes Lächeln legte sich auf die Lippen des Elben: „Jemand erwartet mich.“
Oronêl war verwirrt und glaubte nur annähernd zu verstehen worauf er hinaus wollte. Amrûn befreite sich aus dem Griff seines Freundes und sah ihn erwartungsvoll an.
„Amûn, da ist niemand. Keiner der auf dich wartet“, entgegnete ihm der Elb, hielt kurz dem Blick stand, schaute dann aber mitleidig auf den Boden.
Entäuscht von den hoffnungslosen Worten Oronêls stürmte er auf die Treppe zu um nach unten zu laufen.
„Amrûn…“, rief er ihm hinterher und dieser erstarrte auf der ersten Stufe nach unten.
Eandril:
"Ich glaube, der Grund für deinen Schmerz liegt in Mithlond, nicht unbedingt die Lösung."
Amrûn, der auf der obersten Treppenstufe stehengeblieben war, drehte sich langsam um, doch in seinem Gesicht zeigte sich keine Regung.
"Du hast jemanden verloren.", fuhr Oronêl fort. "Ich weiß es, denn ich sehe mich in dir. Nachdem ich im Krieg des Letzten Bundes Amdír, meinen König und... einen der besten Freunde, die ich jemals hatte verloren hatte, kam es bei meiner Rückkehr zu einem Streit... mit Calenwen, meiner geliebten Frau. Ich... Ich floh in die Wälder Lóriens... allein mit meinem Schmerz... floh vor meiner Verantwortung." Er spürte, wie sich eine Träne aus seinem Augenwinkel löste und seine linke Wange hinab rann. "Als ich zurückkehrte, war sie fort... nach Westen gefahren, meinetwegen... Ich dachte, es würde mich umbringen."
Er machte einen Schritt auf Amrûn zu und packte den immer noch regungslosen Elben an der Schulter. "Ich denke, ich kann ermessen, was du fühlst... und dich verstehen.Aber du hast nur zwei Möglichkeiten: Wegzugehen, wie ich es getan habe, oder hier zu bleiben. Doch wenn du später zurückkehrst, könnte es schon zu spät für Lórien sein, darum rate ich dir... nein, ich bitte dich darum, mein Freund, bleib hier. Dein Schmerz wird nicht verschwinden, aber möglicherweise... vielleicht hilft dir der Krieg, ihn für den Moment zu vergessen. Bleib hier, und wenn du möchtest werde ich dich später nach Mithlond begleiten. Doch wenn du nun gehst, musst du es allein tun, denn meine Pflicht ist hier."
Thorondor the Eagle:
Krieg, Neid, Tod… all dies hatte Aratinnuíre verabscheut bzw. nicht verstanden.
Amrûn wollte nicht mehr. Er wollte nur bei ihr sein und das konnte er nicht. „Sag so etwas nicht. Du gibst mir nur noch einen Grund mehr zu gehen.“
„Jeder Mann ist hier von nöten, ansonsten wird Lorien fallen und somit unsere Heimat zerstört.“
„Ich liebe Lothlorien, aber noch mehr liebe ich die Momente mit Aratinnuíre.“
„Aber sie ist weg, versteh das doch!“ redete Oronêl auf ihn ein.
„In meinem Leben habe ich gelernt, dass vieles nicht so ist wie es scheint. Vielleich that sich Galadriel geirrt. Selbst die Weisesten wissen und erkennen nicht alles.“
„Du… du bist schon so lange auf dieser welt, so weise. Warum fängst du jetzt damit an wegzulaufen?“
„Niemals hatte ich ein klarerers Ziel vor Augen. Ich werde heimkehren!“, bestimmte Amrûn und ging die Stufen hinab.
Eandril:
Amrûns Entscheidung machte ihm mehr zu schaffen, als er geglaubt hätte. Wieder einmal verließ ihn ein Freund, und es war mehr als nur unwahrscheinlich, dass er ihn jemals wiedersehen würde.
Langsam schritt er eine der vielen gewundenen Treppen von Caras Galadhon hinunter, unsicher, wohin er ging und was er tun wollte. Er kam an eine Plattform, an der sich mehrere Treppen, die zu anderen Bäumen führten, kreuzten, und sah sich plötzlich einer ganz in Blau gekleideten Gestalt mit einem langen Bart gegenüber. Sein erster Gedanke galt Radagast, dem braunen Zauberer, doch dieser Mann war in Blau und nicht in Braun gekleidet, und obwohl ihm die großväterliche Aura, die Radagast ausstrahlte, fehlte, schien er diesem auf eine seltsame Weise ähnlich zu sein.
"Mein Name ist Pallando, und um eure unausgesprochene Frage zu beantworten: Ich gehöre ebenso wie Aiwendil, den ihr unter dem Namen Radagast kennt, dem Orden der Istari an."
"Was wünscht ihr von mir?", fragte Oronêl zwischen Überraschung und Ehrfurcht vor dem Zauberer schwankend.
"Ich will gar nichts von euch, Oronêl Galion, ich überbringe euch eine Warnung. Ich spüre etwas an euch, etwas Dunkles und Gefährliches, das viele zu besitzen begehren. Und ich warne euch, dass am heutigen Abend außer Verlust auch Verrat in der Luft des Goldenen Waldes liegt. Seid auf der Hut!"
Und damit war der Pallando so schnell wieder verschwunden wie er gekommen war, beinahe, als hätte er sich aufgelöst, und ließ Oronêl noch verwirrter und besorgter als zuvor zurück.
Oronêl und Amrothos gingen nebeneinander unter den Bäumen von Caras Galadhon, während am Himmel ein Stern nach dem anderen aufleuchtete. Oronêl sah nach oben und sagte: "Es ist merkwürdig. Es passiert so viel Schlimmes, und immer wieder wird das Leben eines einzelnen erschüttert, sodass er denkt, die Welt müsse sich irgendwie verändert haben... Aber die Sterne bleiben immer gleich. Unberührt von unseren kleinen Leben. Und dennoch... vielleicht spenden sie uns Trost, denn sie kann der Schatten niemals erreichen."
Amrothos nickte abwesend und meinte dann: "Ich habe deine Tochter kennen gelernt... Der braune Zauberer hat uns einander vorgestellt."
Oronêl lächelte. "Und? Was denkst du von ihr?"
"Ich... Ich weiß es noch nicht genau. Sie erschien mir stark und unbeugsam, aber dennoch auch weich und sanft. Aber es fällt mir schwer, sie als meine Ahnherrin zu betrachten, denn es liegt zu viel Zeit zwischen uns. Ebenso..." Er stockte.
"... ebenso wie bei mir.", beendete Oronêl den angefangenen Satz ruhig.
Amrothos blieb stehen. "Nun... ja.", erwiderte er, und schien sich dabei nicht wohl zu fühlen.
"Gut.", meinte Oronêl. "Das will ich auch nicht. Ich will nicht, dass du zu mir aufblickst, wie zu einem ehrwürdigen Vater, sondern mich als einen Freund ansiehst. Denn Freundschaft... Freundschaft ist für mich das Wichtigste. Ich habe so viele Freunde über die Jahre und... auch jetzt... verloren. Und deshalb möchte ich dich als Freund, nicht als Sohn an meiner Seite haben."
Amrothos schien erleichtert zu sein.
Sie gingen noch eine Weile weiter, und setzten sich dann an den Rand der Stadt, mit dem Rücken zu Wall, und betrachteten die Lichter in den Bäumen. Schließlich sagte Oronêl: "Ich werde dir nun etwas erzählen, was eigentlich geheim bleiben sollte, doch ich finde, Freunde sollten so wenig Geheimnisse voreinander haben wie möglich. Ich werde dir erzählen, wie es mir gelungen ist, den Nazgûl in Dol Amroth zu besiegen."
Amrothos wandte ihm das Gesicht zu, und in seinen Augen spiegelte sich Neugier. Kurz überlief Oronêl ein Schauer, und sein Nacken kribbelte, doch er wusste nicht, warum.
"Der Ringgeist war zu stark für mich. Er war dabei mich zu überwältigen und wollte mich mit seinem Schwert erschlagen, obschon Celebithiel ihn bereits vorher schwer verwundet hatte. Ich wage nicht daran zu denken, wie der Kampf ausgegangen wäre, wäre das nicht der Fall gewesen. Doch bevor er mich töten konnte, ergriff ich seinen Ring und zog ihn von seinem Finger... oder eher von seinem Kettenhandschuh. Da verließ sein Geist seine Gestalt, soweit man es Gestalt nennen kann, und er war besiegt. Ich denke, dies ist der einzige Weg einen Nazgûl zu vernichten: Man muss ihm seinen Ring abnehmen, und diesen vernichten."
Er nahm den Ring aus einem Beutel, der an seinem Gürtel hing. "Hier, das ist er. Wenn ich die Schlacht gegen Saruman überlebe, werde ich nach einer Möglichkeit suchen, ihn zu vernichten." Er sah Amrothos in die Augen, die merkwürdig glitzerten und den Ring fixierten, doch fiel ihm dies nicht weiter auf.
"Ich möchte dich bitten, mir dabei zu helfen. Ich hätte dich gerne als Freund und Gefährten an meiner Seite, doch wenn du nach Dol Amroth zu deinem Vater und deinem Volk zurück kehren möchtest, würde ich dich verstehen. Was sagst du?"
Amrothos antwortete nicht und zeigte auf sonst keine Regung. Seine Augen fixierten den Ring, der noch immer in Oronêls Hand lag.
"Amrothos?" fragte Oronêl unsicher. Ihn beschlich ein Gefühl des Unbehagens, und plötzlich entsann er sich der Worte Pallandos.
Ich habe viel zu viel geredet!
Plötzlich traf ihn Amrothos Faust mit brutaler Gewalt an der Schläfe. Er wurde herum gerissen und sein Blickfeld trübte sich. Er sah Amrothos über ihm knien, und Hände schlossen sich um seinen Hals, doch er konnte sich in seiner Benommenheit nicht wehren. Er kämpfte um Atem, doch der Druck auf seinen Hals ließ nicht nach. Langsam schwanden ihm die Sinne und er glitt in die Dunkelheit...
Ich warne euch, dass am heutigen Abend außer Verlust auch Verrat in der Luft des Goldenen Waldes liegt. Seid auf der Hut!
Thorondor the Eagle:
Behutsam stellte Amrûn seine nackten Füße auf den Waldboden. Das kühle Moos bettete sie weich und es kitzelte ihn ein wenig zwischen den Zehen. Der vertraute Duft feuchter Wälder umschmeichelte seine Nase.
Ist es furchtbar, wenn ich das Feld so kurz vor der Schlacht verlasse? Was tue ich ihnen nur an? Nein! Nein, es bekümmert mich nicht… es darf mich einfach nicht bekümmern. Ein Leben lang sorge ich mich um andere, werde ihren Wünschen gerecht, beteilige mich an ihren Schlachten… Doch nun? Muss man nicht einmal an sich selbst denken? Nach so vielen tausend Jahren?
Seine Gedanken drehten sich im Kreis, manchmal verspürte er Mut um den Schritt zu wagen und das zu tun was er für sich selbst tun müsste und dann übermannte ihn wieder das Pflichtbewusstsein um das zu tun was richtig war.
Er sah seine Stiefel vor sich stehen und beschloss sie anzuziehen: „Vielleicht bringt ihr mich auf den richtigen Weg“, sagte er ein wenig scherzhaft zu sich selbst.
„Was für ein simpler Plan“, ertönte eine helle und doch maskuline Stimme.
Amrûn zuckte zusammen und riss den Kopf zur Seite: „Ihr habt mich erschreckt! Ihr seid Thranduil, nicht wahr?“
Der König des Düsterwaldes nickte ihm zu: „Ist es nicht reichlich unfair euren Schuhen eine Entscheidung zu überlassen, die ihr selbst nicht treffen könnt?“
Der Elb musste grinsen: „Die wenigsten Entscheidungen sind tatsächlich schwerwiegend, nur wir selbst machen sie zu mehr als sie sind.“
„Da sprecht ihr ein wahres Wort. Hätten wir auch nur soviel Klugheit wie ein Hund, würden wir unser Leben weit einfacher bestreiten. Geschweige denn wie Stiefel – unser Leben wäre vollkommen sorglos“, antwortete der König.
„Was führt euch denn zu mir?“, fragte Amrûn ein wenig genervt von der schmähhaften Belehrung.
„Ich wurde beauftragt zu euch zu kommen, um euch zu bitten noch nicht zu gehen.“
„Nun, da trefft ihr mich genau im richtigen Moment an. Ich bin gerade dabei mir die Stiefel zu binden“, konterte Amrûn nun „Aber sagt, wer ist der mächtige Mann, der es vermag einem König Befehle zu erteilen?“
Ein scharfer Blick traf den sitzenden Elben: „Kein Mann, sondern eine sehr alte Freundin, der ich nur all zu gerne einen Gefallen tue.“
Amrûn überlegte einen Augenblick. Sein erster Gedanke galt Galadriel, doch er wusste, dass das Verhältnis zwischen ihr und dem Sindarkönig nicht immer rosig war. Wer war die Freundin von der er sprach?
„Nun, ich bemerke, dass ich eure Neugier geweckt habe und nein, ich spreche nicht von Galadriel, deren Tapferkeit und Ehrwürdigkeit ich längst nicht mehr in den Zweifel ziehe.“
Amrûn war überrascht über diese Antwort: „Wisst ihr, ihr erinnert mich auch sehr an einen guten Freund.“
„Ihm würde ich nie das Wasser reichen können. Aber bitte Amrûn, bleibt noch ein wenig, ich möchte euch etwas zeigen.“
Ein wenig überrumpelt aber auch überwältigt von dem Scharfsinn des Königs willigte er ein: „In Ordnung“, sagte er und schnürte den zweiten Stiefel zu.
Amrûn und Thranduil in die Wälder Lothloriens II...
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