Nerblog und Elebert von den Ebenen vor FangornDer andauernde Nieselregen hatte Nerblog die Laune gehörig verdorben. Seit zwei Tagen hatte es unablässig geregnet, und obwohl es nun nachgelassen hatte, wurde der Ostling nicht glücklich. Seine Beine waren von einer dicken Schlammschicht bedeckt, und sein leichtes Schuhwerk war vollkommen durchgeweicht. Nerblogs altem Begleiter Elebert schien es wenig besser zu gehen.
"Wir sind sicher bald in Lórien", versicherte er Nerblog, doch dieser konnte es dem Gelehrten nicht abnehmen.
"Versuch erst gar nicht, mir Hoffnung zu machen. Zwei ganze Monde sind vergangen, seit wir aufgebrochen sind. Bis Fangorn waren wir ja gut unterwegs, hinter diesem kleinen Fluss..." Nerblog unterbrach sich.
Nachdem die beiden Wanderer den Limklar überschritten hatten, waren sie in einen dichten Nebel geraten. Orientierungsloswaren sie weitergegangen, um, als der Nebel nach etwa einer Woche sich endlich verzogen hatte, festzustellen, dass sie sehr weit nach Osten in die Ebene des Celebrant abgekommen waren. Kein Pfad führte durch dieses verlassene Land und sie benötigten eine weitere Woche, um den Limklar wiederzufinden und seinem Lauf bis zu der Brücke zu folgen, wo sie ihn überquert hatten. Die restlichen beiden Wochen hatten sie bis hierher benötigt und sie wussten nicht, wo sie sich überhaupt befanden.
Ein Donnergrollen erschallte von der dichten Wolkendecke und der Regen nahm wieder zu. Nerblog gab einen wutentbrannten Schrei von sich und ließ sich auf die Knie in den Schlamm fallen.
"Die Götter haben sich gegen mich verschworen!", jammerte Nerblog und schüttelte mutlos den Kopf. Weit und breit war kein Schutz vor den Regentropfen zu erkennen, nur überschwemmtes, matschiges Gras.
Elebert wartete in angemessenem Abstand darauf, dass der Ostling sich beruhigte. In solchen Situationen hielt er "Leute wie ihn" für äußerst unzurechnungsfähig. Regentropfen trommelten wie kleine Finger gegen seine Stirn, während er wartete. Seufzend stützte er sich auf die Knie.
Nerblog legte sich regungslos auf den Rücken und dachte nach. Vielleicht sollte er den Göttern ein Opfer darbringen, um sie zu besänftigen. Hier draußen gab es allerdings nichts außer... außer Elebert. Nerblog verwarf den Gedanken augenblicklich. Nur Elebert konnte ihn weiter noch Lorien führen. Oder etwa nicht? Jetzt, da sie die Orientierung verloren hatten, war er vielleicht sogar entbehrlich.
"Nein!", zischte Nerblog sich gegen den barbarischen Drang wehrend, Elebert die Schuld zu geben wie er es auch mit Sauron getan hatte. Erging wieder auf die Knie und schloss die braunen Augen. Im Regen sieht man deine Tränen nicht, zitierte Nerblog ein altes Sprichwort aus seiner Heimat im Geiste.
Hinter ihm ließ sich Elebert grummelnd auf der Erde nieder. Er ist doch selbst daran Schuld! Nein, du bist der Schuldige, du allein! Nein! Nein! Einige Zeit verging, bis der Gewissenskonflikt unentschieden zu Ende ging. Nerblog zitterte vor Kälte. Er war völlig durchnässt.
Als der Ostling die Augen aufschlug, blickte er auf ein Paar leichter Lederschuhe.
"Was tut ihr da?", erkundigte sich eine helle Stimme über ihm. Wie bei allen Ainur konnte sich jemand absolut lautlos bei so hoch stehendem Wasser an ihn heranschleichen? Sofort schalt Nerblog sich einen Idioten. Sein Speer war auf seinem Rücken befestigt.
"Wer spricht da?", lautete also Nerblogs Gegenfage.
"Fenuk, Thoels Sohn, stets zu Diensten. Wer seid dann ihr?"
Nerblog richtete sich zu voller Größe auf, doch er kam sich trotzdem vor wie ein Halbling, als er dem großen, blonden Kerl vor sich in die Augen blickte. Sofort fielen ihm die spitzen Ohren auf.
"Nerblog, eines Toten Sohn, niemandem zu Dienst verpflichtet. Guten Tag, Herr Elb!"
Fenuk blinzelte ob der forschen Begrüßung seines Gegenübers. "Ihr seht nicht aus wie einer der Menschen, die ich kenne."
"Ihr kennt mich ja auch nicht", entgegnete Nerblog schnippisch. Irgendwie war sein Ersteindruck von Elben ihm nicht symphatisch. Sie schienen ihm zu stolz. Zu arrogant. Zu groß.
"Was treibt ihr in den Grenzlanden?", wollte Fenuk nun wissen und siene Stimme erhob sich. Der Elb trug einen grünen Stoffmantel und einen hübschen Langbogen und er war allein unterwegs.
"Übertreibt es nicht mit eurer Unfreundlichtkeit", wisperte Elebert warnend.
"Ich bin auf der Suche", begann Nebrlog mit hölzerner Stimme, "...auf der Suche nach dem Heer. Dem Heer des Westens."
Fenuk musterte ihn interessiert. "Ich denke, Celeborn, einer der Wächter des goldenen Waldes, wird sich dafür interessieren, wer ihr seid. Obwohl ich euer Aussehen nicht deuten kann denke ich, dass er es kann. Wer ist euer Begleiter?"
"Elebert, Igberts Sohn, Flüchtling aus der Weißen Stadt und Träger von wertvollen Schriften Elendils, mein Herr."
Fenuk schien verblüfft. "
Ihr werdet in Lorien sicher willkommen sein. Folgt mir! Ich führe euch!"
Nerblog, Elebert und Fenuk nach Vor Caras Galadhon