Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Dunland
Die Hügellande von Dunland
Azaril:
Aldoc aus den Kerkern in Dunland
Freiheit! Frische Luft! Der weite Himmel, dunkel in der Nacht, aber voller leuchtender Sterne, begleitet vom silbernen Mond!
Aldoc nahm einen tiefen, genießerischen Atemzug, nachdem er aus dem Gebäude getreten war, unter welchem der Keller lag. Er wusste, dass er sich noch lange nicht in Sicherheit befand, dass jeden Moment seine Flucht offenbar werden musste und zahlreiche Menschen mit der Suche nach ihm beginnen würden, aber dennoch konnte er nicht umhin, sich diese paar Sekunden zu nehmen und seinen allerersten Atemzug im Freien seit viel zu langer Zeit in vollen Zügen zu genießen. Wer hätte jemals gedacht, dass einfaches Ein- und Ausatmen so wundervoll sein konnte?
Nach dieser kurzen Pause setzte er sich eiligst wieder in Bewegung. Wie es aussah, befand er sich in einem ziemlich großen Dorf, vielleicht sogar einer kleinen Stadt. Die meisten Gebäude waren schlichte einstöckige, höchstens zweistöckige Häuser aus Holz mit primitiven Strohdächern. Mehr durfte man von einer Kultur wie der der Dunländer wohl nicht erwarten. Aldoc schlich sich vorsichtig durch einige wirre, ungeordnete Gassen, wobei er darauf achtete, sich dicht an den Hauswänden zu halten, in den Schatten, wo ihn die Augen der Menschen nur schwer erspähen konnten.
Sein Weg führte ihn auf einem verschlungenen Kurs dem Rande der Kleinstadt entgegen, während er hinter sich bereits die wütenden Rufe der Verfolger hörte. So etwas wie Alarmglocken schien es hier nicht zu geben, aber es würde dennoch nicht lange dauern, bis jeder einzelne Dunländer im gesamten Dorf wusste, dass einer der Gefangenen entkommen war. Aldoc hatte nur einen einzigen Vorteil: Seine leisen Hobbitfüße. Er musste sie auf kluge Weise nutzen, wenn er entkommen wollte.
In der nächsten Stunde war er mehrmals gezwungen, einen anderen Weg einzuschlagen, weil vor ihm einige Dunländer auftauchten, und musste sich einige Male in schmalen Hauseingängen oder hinter herumstehenden Kissen und Fässern verstecken. Es war eine nervenaufreibende, riskante Jagd, doch es gelang ihm, unbemerkt zu bleiben und sich schließlich in südlicher Richtung aus der kleinen Stadt zu schleichen. Zwar sah er in der Ferne noch einige Gruppen von Dunländern, doch sie waren hell erleuchtet durch die Fackeln, die sie bei sich trugen, sodass es ihm ein Leichtes sein sollte, ihnen auszuweichen.
So gelang Aldoc Tuk von Tuckbergen nach seinem ungeplanten Kerkeraufenthalt endlich die Flucht vor den Dunländern, auf dass er seine Reise nach Aldburg fortsetzen konnte.
Aldburg... ja, das war der Plan gewesen, vor dem Kerker. Aber wie sah es nun aus? Er mochte einige Wochen in einer Zelle unter der Erde verbracht haben, aber das galt nicht für den Rest der Welt. Die Zeit stand nicht still. Nach den Informationen, die er in Bruchtal erhalten hatte, hatten sich die Heere der freien Völker in Aldburg versammelt, doch das mochte sich inzwischen wieder geändert haben. Sinn und Zweck seiner ganzen Reise war es, Verbündete zu finden, die ihm und den anderen Tuks dabei halfen, das Auenland zu befreien. Aber wenn er nun in Aldburg niemanden mehr vorfand, den er um Hilfe bitten konnte? Er musste wissen, wie sich der Krieg während seiner Zeit in der Gefangenschaft der Dunländer entwickelt hatte.
Es gab zwei Möglichkeiten. Entweder wandte er sich nach Süden und setzte seine Reise nach Rohan fort, um im Land der Pferdeherren die Antworten auf seine Fragen zu erhalten. Oder er begab sich nach Norden, um genau zu sein nach Tharbad, wo er die Antworten vermutlich ebenfalls erhalten könnte. Hier in Dunland konnte er jedenfalls nicht bleiben.
Rohan schien auf den ersten Blick die bessere Wahl zu sein, immerhin bestand eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit, dass er dort noch immer Hilfe finden konnte, selbst wenn die Anführer jener, die noch Widerstand leisteten, nicht mehr in Aldburg weilten. Wenn er Glück hatte, befanden sie sich sogar noch genau dort. Dennoch zögerte er, sich zur Pforte von Rohan aufzumachen.
Würden ihn die Dunländer nicht gerade dort vermuten? Im Süden? Er wusste nicht, wie hartnäckig sie waren und ob ihnen ein einzelner Gefangener eine lange Jagd wert war, aber wen sie in den nächsten Tagen nicht aufgaben, sondern weiter nach ihm suchten, würden sie vermutlich an der Grenze zu Rohan nach ihm Ausschau halten.
Tharbad dagegen... wer würde schon vermuten, dass er sich gerade dorthin begab, wo sie ihn als Gefangenen hatten hinbringen wollen? Vielleicht sollte er tatsächlich erst einmal dorthin gehen, sich ein wenig umhören, und dann vielleicht auf einem anderen Wege nach Rohan weiterziehen, oder einfach darauf warten, bis die Dunländer sich beruhigt hatten, und es dann noch einmal auf der direkten Route versuchen.
Ja, das schien ihm ein guter Plan zu sein. Tharbad also.
Aldoc atmete noch einmal tief durch und wandte sich dann gen Norden.
Aldoc nach Tharbad
Eandril:
Oronêl und Orophin aus dem Tal des Sirannon...
Von ihren scharfen Elbenohren geführt war es den beiden ein leichtes, die Menschengruppe ungesehen hinter dem Hügelkamm zu verfolgen, denn diese Dunländer waren noch lauter als andere Menschen. Vermutlich, weil dieses Land ihnen gehörte, und sie nicht fürchteten dass jemand es ihnen streitig machen würde - zumindest nicht, solange sie Saruman dienten. Nach einiger Zeit wurden die Dunländer langsamer, und Oronêl entdeckte einige dünne Rauchfahnen, die im Westen aufstiegen. Erneut erklommen die beiden Elben die Hügelkuppe, und sahen unter sich ein Dorf, fast schon eine kleine Stadt, dass sich nördlich der Hügelkette ausbreitete.
Die Siedlung war kaum mit Städten wie Dol Amroth oder sogar Aldburg vergleichbar, denn zum einen besaß sie keine Stadtmauer oder andere Befestigungsanlagen, zum anderen waren die Häuser fast alles eher Hütten mit schlichten Strohdächern die höchstens ein oder zwei Stockwerke aufwiesen. Lediglich im Nordwesten des Dorfes stand ein größeres Haus, dass anscheinend aus den Ruinen irgendeines älteren Steinhauses errichtet worden war. Hinter dem großen Haus befand sich eine ringförmiger Zaun, dessen innere Fläche mit Sand bedeckt war.
"Eine Kampfarena.", meinte Oronêl und verzog angewidert das Gesicht. "Diese Menschen sind wirklich kaum besser als Orks."
Orophin nickte zustimmend, hatte seinen Blick allerdings eher auf das große Haus gerichtet. "Das wird das Haus des Häuptlings, oder wie immer sie ihren Anführer nennen, sein. Dort werden wahrscheinlich auch die Gefangenen festgehalten." Oronêl wandte den Blick von dem Kampfplatz ab und betrachtete das Haus.
"Jedenfalls wird es besser bewacht als der Rest des Dorfes. Ich denke auch, dass wir dort einen Blick hineinwerfen sollten." Er ließ den Blick über das Dorf schwenken, und versuchte sich die Positionen der Wachen einzuprägen. Die Straße führte am Südrand des Dorfes vorbei in weiter in Richtung Tharbad, und dort stand an jeder Gasse durch die man zum freien Platz im Nordwesten des Dorfes kam, ein Wächter. An jenem Platz lag das große Haus, vor dem zwei weitere Wächter standen, und noch zwei auf dem Balkon oberhalb der Tür.
"Wir sollten das Dorf umrunden und uns von Norden nähern, denn dort..." Oronêl unterbrach sich, denn er hatte hinter sich ein Geräusch gehört. Orophin schien es ebenfalls gehört zu haben, denn beide fuhren gleichzeitig herum und sahen sich zwei mit Speer und Schild bewaffneten Dunländern gegenüber, die sie nun in ihrer eigenen Sprache anredeten. Während die Elben das Dorf beobachtet hatten, waren sie von einer Patrouille entdeckt worden.
Oronêl hob ob der drohend vorgestreckten Speere beide Hände, mit den Handflächen als Zeichen des Friedens zu den Menschen gewandt. "Wir verstehen eure Sprache leider nicht.", erwiderte er in der Gemeinsprache. "Werft eure Waffen auf den Boden und lasst euch fesseln, dann geschieht euch nichts.", wiederholte einer der Dunländer, der einen Wolfskopf als Helmschmuck trug, ebenfalls in der Gemeinsprache, seinen Befehl. Oronêl senkte langsam die Hände, und sah aus dem Augenwinkel, dass Orophin das gleiche Tat. Als Reaktion nahmen beide Dunländer Kampfhaltung ein, die Schilde erhoben und die Speere den Elben entgegen gestreckt. "Die Waffen weg. Sofort!", befahl der Dunländer in scharfem Ton.
Oronêl lächelte, obwohl er im Inneren maßlos wütend über sich selbst war. Er hatte sich von zwei übelriechenden Menschen überraschen lassen wie ein Kind - und das nach Dol Amroth bereits das zweite Mal! Dann riss er mit einer blitzschnellen Bewegung seinen Dolch aus der Scheide, drehte sich am Speerstoß seines überraschten Gegners vorbei direkt vor den Mann und rammte ihm ohne Zögern den Dolch aus nächster Nähe in die Kehle. Das ganze hatte lediglich zwei Herzschläge gedauert, und den Bruchteil einer Sekunde später sank auch Orophins Gegner tot in das lange Gras.
Orophin fasste sich an den linken Arm, wo Blut unter seinen Fingern hervorquoll und verzog das Gesicht. "Er hat mich mit dem Speer am Arm erwischt. Du hättest mir wirklich vorher ein Zeichen geben können. Außerdem bin ich mit dem Bogen viel besser als im Nahkampf."
"Tut mir Leid." Oronêl stieß seinen Dolch in den Boden um ihm vom Blut des Dunländers zu säubern und steckte ihn zurück in die Scheide. "Ist die Wunde tief?"
Orophin schüttelte den Kopf. "Nur ein Kratzer, er hat nicht richtig getroffen. Aber wenn wir in das Dorf wollen sollten wir es sofort machen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis die beiden vermisst und ihre Leichen entdeckt werden, und dann ist das ganze Dorf gewarnt."
Oronêl rückte seine Waffen zurecht, und dachte daran, wie hilfreich Mathan und Halarîn bei ihrem Vorhaben gewesen wären. Aber es war richtig gewesen, die beiden nach Norden gehen zu lassen. "Also los, suchen wir Amrothos." Und den Ring fügte er in Gedanken hinzu, obwohl er insgeheim befürchtete dass der Ring Saruman bereits in die Hände gefallen war, wenn Amrothos tatsächlich gefangen sein sollte.
Weniger als eine Stunde später schlich Oronêl vorsichtig über die Dächer der Siedlung. Sie hatten einen Bogen um das Dorf herum gemacht, zunächst auf der anderen Seite der Hügel und dann im Westen hinter einem kleinen Buchenwäldchen in dem einige halbwilde Schweine gehalten wurden. Dort war Orophin zurückgeblieben um im Notfall eingreifen zu können, und Oronêl hatte sich an die Häuser angeschlichen und war auf das Dach der äußersten Hütte geklettert. Von hier oben hatte er einen guten Überblick, und war außerhalb des Blickfelds der Menschen, die unten in den engen Gassen ihren Geschäften nachgingen.
Er sprang vorsichtig von Dach zu Dach, wobei ihm die geringe Entfernung der Hütten voneinander sehr zupass kam, und näherte sich nun dem großen Haus, dass alle anderen Gebäude überragte. Zum Glück konnte er von einer nahen Hütte mit einem Sprung den Balkon an der Westseite des Hauses erreichen, obwohl dies lauter von statten ging als er gehofft hatte. Doch die Wächter an der Frontseite unterhielten sich lautstark miteinander, und die Gasse unter ihm war menschenleer. Für einen Moment hielt Oronêl auf dem rauen Holz inne und lauschte. Niemand gab Alarm, und die Wächter setzten ihr Gespräch ungestört fort. Aus den Fetzen, die er verstehen konnte schloss Oronêl, dass ein paar Tage zuvor ein Gefangener aus dem Kerker des Hauses entkommen war - und zwar ein Halbling, wenn er richtig gehört hatte. Oronêl wunderte sich, denn was tat ein Halbling so weit im Süden? Er hatte zwar zwei von ihnen in Aldburg gesehen, doch von denen konnte es keiner sein.
Anstatt über den entkommenen Halbling nachzugrübeln, schlüpfte Oronêl nun durch das schmale Fenster über ihm. In weiser Voraussicht hatte er seine Waffen bis auf den kurzen Dolch bei Orophin gelassen, denn sie hätten ihm bei seinem Vorhaben nichts genützt und ihn eher behindert. Er fand sich in einem dunklen, stickigen Zimmer direkt unter dem strohgedeckten Dach wieder, dass offenbar irgendwelchen Dienern als Schlafkammer diente. An den Wänden des Raumes standen drei Betten, unter denen die Bewohner ihre wenigen Habseligkeiten verstaut hatten. Die Tür stand halb offen, also huschte der Elb leise durch das Zimmer, presste sich an die Wand neben der Tür und spähte hindurch in einen ebenso spärlich erleuchteten Flur. Von dem Flur gingen zwei Türen nach Süden und Westen ab. Im Süden lag vermutlich ein zweites Zimmer, im die Tür im Westen musste auf den Balkon hinausführen, denn dahinter hörte Oronêl die rauen Stimmen der Wachen. Gegenüber der Balkontür führte eine Treppe in ein tieferes Stockwerk hinab, aus dem leise Geräusche an Oronêls Ohr drangen.
Da niemand zu sehen oder zu hören war, der ihn bemerkten konnte, verließ Oronêl das Zimmer und schlich vorsichtig die Treppe hinunter, wobei er vorsichtig um die Ecke in den unteren Flur blickte. Dieser war ebenso dunkel und fensterlos wie der aus dem er kam, und besaß ebenso drei Türen. Unter der Tür die der Treppe direkt gegenüber lag drangen Licht, Stimmen und Geräusche eines Essens hervor. Oronêl erinnerte sich, dass der Balkon auf der obersten Ebene nicht frei in der Luft hing, sondern über einem weiteren Teil des Hauses lag. Da auch hier niemand zu sehen war, setzte er seinen Weg zunächst ins Erdgeschoss fort, dessen Durchquerung sich etwas riskanter gestaltete.
Auch hier lag auf der anderen Seite des Flurs eine Tür, die allerdings deutlich größer war als die anderen und auf den Vorplatz des Hauses hinausführte. Diese Tür stand weit offen und das durch sie fallenden Licht erhellte den Flur und blendete Oronêl. Auch wenn er außerhalb des Hauses nicht viel erkennen konnte, wusste er doch dass vor der Tür zwei Männer Wache standen. Er hoffte allerdings, dass sie beide den Platz im Auge behielten, und durchquerte den Flur so schnell und leise wie möglich.
Dennoch wäre er beinahe entdeckt worden, denn gerade in dem Moment als er die weiter nach unten führende Treppe betreten hatte, öffnete sich die Tür am rechten Ende des Ganges und ein Mann der eine mit gebratenem Fleisch beladene Platte trug, kam heraus und stieg die Treppe nach oben. Währenddessen huschte Oronêl die andere Treppe hinab, an deren Ende eine solide Holztür unter der flackerndes Licht hervordrang ihm den Weg versperrte.
Oronêl in die Kerker von Dunland...
Eandril:
Oronêl, Gamling, Amrothos und Forath aus den Kerkern...
Als Forath und die Gefangenen das Haus des Häuptlings verließen war es Nacht. Der Himmel war sternenklar, und Oronêl fühlte sich sofort besser, als er die frische, wenn auch etwas nach Rauch riechende, Luft einatmete. Allerdings wunderte er sich ein wenig über den Zeitpunkt des Kampfes, denn von Bóran hätte er eher erwartet, den Kampf in der Mittagssonne, von der die Gefangenen geblendet werden würden, abzuhalten.
Forath und seine Männer führten die Gefangenen um das große Haus herum auf die Nordseite, wo sich bereits eine große Menge um den Zaun, der die Kampfarena markierte, versammelt hatte. Bevor sie die Arena erreichten warf Oronêl einen Blick über die Schulter auf das Dach des Hauses, wo Orophin mit seinem Bogen auf der Lauer liegen und im Notfall eingreifen sollte. Er konnte allerdings keine Spur seines Gefährten entdecken.
Als die bei der Arne angelangt waren, sah Oronêl sich zum zweiten Mal während seiner Gefangenschaft dem Häuptling Bóran gegenüber. Dieses Mal sah Bóran jedoch deutlich weniger selbstbewusst als zuvor aus, und wirkte geradezu nervös - was vermutlich mit diesem Angbaug, den Forath erwähnt hatte, zusammenhing.
"So.", sagte Bóran. "Die Zeit eures Urteils ist gekommen. In der Arena liegen eure Waffen - zwei Äxte und euer Dolch. Damit könnt ihr sicherlich am besten umgehen." Der Häuptling grinste selbstzufrieden, aber auch über dieser Geste lag ein gewisser Schatten der Angst. Oronêl erwiderte nichts, und so wandte Bóran sich direkt an Forath: "Na, mach sie los und dann in die Arena mit diesem Pack. Wir sehen uns, wenn sie tot sind, ha!" Er marschierte mit schweren Schritten davon, und Forath durchschnitt die Fesseln der Gefangenen.
"Viel Glück.", raunte er Oronêl so leise zu, dass niemand sonst es hörte, und stieß ihn dann unsanft durch das geöffnete Gatter in die Arena, und Amrothos und Gamling hinter ihm. Obwohl der Stoß nicht hart gewesen war, taumelte Oronêl ein wenig als ob der das Gleichgewicht verloren hätte, und ließ sich dann auf ein Knie fallen. Amrothos und Gamling schwankten beide ein wenig, blieben aber stehen. Zum Glück war Amrothos im Augenblick bei klarem Verstand. Zwar war Oronêl klar dass weder er noch Gamling eine Hilfe im Kampf sein würden, doch ein Amrothos der dem Wahnsinn verfallen war, wäre für ihn deutlich schwerer zu beschützen.
Während er noch auf einem Knie verharrte, warf Oronêl einen raschen Blick durch die Arena. Der mit Sand bestreute Platz war etwa kreisförmig, von einem Holzzaun umgeben und wurde von Fackeln, die an hohen Pfählen rings um die Arena hingen, mit flackerndem Licht erhellt. Ihm direkt gegenüber auf der anderen Seite der Arena befand sich ein zweites Tor, an dem er Bóran mit vier schwer gerüsteten Männern stehen sah. Oronêl erhob sich und packte die kurze Axt die vor ihm lag. Gamling nahm die andere, wog sie kurz in der Hand und sagte dann leise: "Ich werde keine Hilfe sein, aber ich freue mich, dass ich wenigstens kämpfend sterben kann." Ebenso leise gab Oronêl zurück: "Wenn hier jemand stirbt, dann die." Er deutete mit der Axt auf die vier Männer, die gerade auf der anderen Seite in die Arena traten. Zwei waren mit Schild und Speer gerüstet und nahmen die beiden anderen, von denen einer eine mächtige, zweihändig geführte Axt schwang und der andere eine stachelbesetzte Keule über die Schulter gelegt hatte, in die Mitte.
Neben Oronêl nahm Amrothos den elbischen Dolch auf. Oronêl stellte besorgt fest, dass Amrothos' Hände zitterten und seine Augen einen ungesunden Glanz hatten. Wahrscheinlich machte die Nähe des Rings, den Bóran irgendwo versteckt trug, zu schaffen. Nachdem beide Tore geschlossen worden waren, rief Bóran laut: "Dunländer! Heute kämpfen diese Gefangenen gegen unsere besten Krieger um ihre Freiheit."
Er warf einen nervösen Blick über die Schulter, wo Oronêl im Halbschatten einen großen Mann mit kurzgeschorenen Haaren und dem Zeichen der Weißen Hand auf seinem Brustpanzer stehen sah. Bóran wandte sich wieder der Arena zu und hob die Hand, die, wie Oronêl zu erkennen glaubte, leicht zitterte. "Mögen die Götter entscheiden!"
Er ließ die Hand sinken, und der Kampf begann.
Oronêl wusste genau, dass seine Gegner sich zuerst auf Amrothos und Gamling stürzen würden. Sie wussten ebenso gut wie er dass die beiden nicht in der Lage sein würden sich lange zu wehren, und so würden sie Oronêl dazu zwingen zwei Leute gleichzeitig zu verteidigen. Dazu war er nicht in der Lage, nicht gegen eine vierfache Übermacht.
Also musste er etwas tun, was seine Gegner nicht erwarteten: Er ging in die Offensive, und rannte direkt auf die Dunländer zu.
Die beiden Speerkämpfer hoben ihre Schilde und streckten die Speere vor, der Mann mit der großen Axt grinste und stellte sich breitbeinig in Kampfpositur, und der vierte Kämpfe bliebt einfach stehen, die Keule weiter lässig auf die Schulter gelegt. Offenbar rechnete er damit, dass seine Gefährten kurzen Prozess mit dem Elben, der direkt auf ihre Speerspitzen zugerannt kam, machen würden. Direkt vor den zustoßenden Speeren ließ Oronêl sich fallen, rollte sich ab und kam zwischen dem rechten Speerträger und dem Axtkämpfer wieder auf die Füße. Hinter sich hörte er die Speere in den Sand stoßen, wo er gerade noch gewesen war, und neben ihm stieß der Axtkämpfer, bei dem es sich vermutlich um Bórans Sohn handelte, einen kurzen Fluch aus.
Oronêl verharrte nicht und gestattete sich nicht zu denken, denn gegen vier Gegner hatte er nur den Hauch einer Chance, wenn er schneller und ihnen immer mindestens einen Schritt voraus war. Der trat dem Axtträger mit dem linken Fuß so stark wie möglich von hinten gegen den Knöchel und hieb dem Speerträger rechts von ihm den Axtstiel gegen die Schläfe, weil kein Platz zum Ausholen für einen Axthieb war. Zum Glück trug der Speerträger keinen Helm, und so taumelte er nach dem Treffer benommen zur Seite.
Inzwischen hatte der Kämpfer mit der Keule diese von der Schulter genommen und kam mit erhobener Waffe auf Oronêl zugestürmt. Dadurch deckte er allerdings seine untere Köperhälfte nicht, Oronêl wirbelte herum und schlug zu.
Sein Schlag zerschmetterte das Knie des Dunländers, dieser mit einem Schrei zu Boden und Oronêl machte seinem Leben mit einem Hieb gegen den Hals ein Ende.
Einer erledigt, bleiben noch zwei....
Er hatte allerdings keine Zeit zum aufatmen, denn nun kam der andere Speerträger auf ihn zu, und im gleichen Moment spürte er, wie hinter ihm die schwere Axt des Häuptlingssohnes zu Boden fuhr und ihn nur um Haaresbreite verfehlte.
Oronêl wich dem Speerstoß seines anderen Kontrahenten aus und schlug zu. Allerdings gelang des dem Speerträger, die Axt mit dem hölzernen Schild abzufangen, und zu Oronêls Pech blieb die Klinge im Schild stecken. Mit einem kräftigen Ruck zog der Krieger Oronêl an sich heran, und der Elb konnte das Grinsen auf seinem pockennarbigen Gesicht erkennen. Er fuhr mit der linken Hand an seinen Gürtel und wollte den Dolch ziehen, doch diesen hatte ja Amrothos. Auf der anderen Seite ließ sein Gegner seinen Speer fallen, der ihm nun nichts mehr nützte und zog das kurze Schwert, dass er an der Seite trug. Hinter sich hörte Oronêl, wie der Axtkämpfer heran kam, und die Axt zum Schlag hob.
Er hatte nur eine Möglichkeit: Die Axt und damit seine eigene Waffe loszulassen. Er ließ die Axt los, der Speerträger taumelte überrascht einen halben Schritt zurück da Oronêl nicht länger an der Waffe zog, und der Elb machte eine Drehung nach links. Er spürte, wie ihm das Schwert seines Gegners die rechte Wange aufschnitt, doch er konnte sich von dem Schmerz jetzt nicht ablenken lassen.
Er drehte sich um den Speerträger (der nun eher ein Schwertkämpfer war) herum, packte den überraschten Mann von hinten und stieß ihn dem Häuptlingssohn, der gerade seine schwere Zweihandaxt über den Kopf erhoben hatte und nun zuschlug, entgegen.
Auch wenn ein solcher Überkopfschlag mit einer derart schweren Waffe ein Hieb mit schrecklicher Kraft war, den kaum jemand abwehren konnte, hatte er doch einen Nachteil: Es war für den zuschlagenden kaum möglich, ihn noch zu stoppen. Zu Oronêls Vorteil gelang Bórans Sohn dieses Kunststück nicht, und die Axt grub sich knirschend tief in die Brust seines eigentlichen Verbündeten, und eine Blutfontäne schoß direkt in sein Gesicht.
Oronêl hatte währenddessen einen Schritt zurück gemacht, sah sich nun jedoch unbewaffnet dem Häuptlingssohn, der mit einem Ruck seine Axt aus dem Körper des gefallenen befreit hatte, gegenüber. "Du...", knurrte Bórans Sohn. Gesicht, Hals und Haare waren blutverschmiert. Er machte einen Schritt über die Leiche hinweg auf den unbewaffneten Oronêl zu, der seinerseits einen Schritt zurückmachte.
"Ich werde dich töten!" In Gedanken war Oronêl geneigt, ihm zuzustimmen. Hätte er noch eine Waffe gehabt, hätte er sich durchaus Chancen ausgerechnet, doch zwischen ihm und seiner Axt, die zudem noch immer im Schild des unglücklichen Speerträgers feststeckte, stand der wütende, blutverschmierte Häuptlingssohn und schwang drohend die Axt.
Da hörte er, wie jemand von der anderen Seite seinen Namen rief. Über die Schulter seines Gegners sah er, wie Amrothos auf dem Boden kauerte und offenbar vor sich hin murmelte. Vor ihm stand mit stoßbereitem Speer der zweite Speerträger, der sich offenbar von Oronêls Schlag erholt hatte und nun fragend zu Bóran blickte. Bevor der Häuptling jedoch ein Zeichen geben konnte, wurde der Speerträger von Gamling, der auch Oronêl gerufen hatte, abgelenkt. Der alte Rohir lief langsam, die Axt erhoben auf den Dunländer zu und rief ihm etwas in der Sprache Rohans, die die Dunländer hassten, zu.
Der Speerträger wandte sich zu Gamling um, kampfbereit, und stieß schließlich zu. Gamling versuchte zwar, dem Stoß auszuweichen, doch die lange Zeit im Kerker hatte ihn langsam werden lassen. Der Speerstoß traf dennoch nicht seinen Hals, auf den er gezielt gewesen war, sondern bohrte sich nur in seine linke Schulter und Gamling ging zu Boden.
Im selben Moment traf Oronêl, der von dem kurzen Kampf abgelenkt gewesen war, mit voller Wucht der Stiefel seines Gegners in die Brust und schleuderte ihn ein, zwei Meter nach hinten, wo er benommen auf dem Sand aufschlug. Er hob den schmerzenden Kopf, und sah den Häuptlingssohn langsam auf sich zu kommen und lässig die Axt schwenken. Was mit Amrothos und Gamling geschah, konnte er nicht sehen.
So endet es also. Er war bereit zu sterben, denn wenigstens hatte er alles versucht was er konnte. Er würde in Mandos' Hallen eingehen, und schließlich Calenwen wiedersehen.
Bórans Sohn hob die Axt, bereit zum Zuschlagen... doch er wurde von einem Ruf unterbrochen.
"Halt!"
Die Stimme war leise, aber dennoch befehlsgewohnt und schien in der ganzen Arena zu hallen. Oronêl erkannte sie nicht, und als der tödliche Schlag tatsächlich nicht kam rappelte er sich mühsam auf und sah, dass der Mann mit der Weißen Hand Saurmans an den Rand der Arena getreten war. Der Mann sprach erneut.
"Im Namen Sarumans, des Weißen, eures Herrn und Gebieters erlaube ich euch nicht, diese Gefangenen zu töten. Sie sind zu wertvoll für ihn."
Er wandte sich an den neben ihm stehenden Bóran, und jetzt erkannte Oronêl auch seinen eisernen Arm. Eine bleierne Stille hatte sich über die Arena gelegt, wo bis eben noch anfeuernde Rufe und Jubel geherrscht hatten.
"Ist nicht Saruman euer einziger, wahrer Herr und Meister?", fragte Angbaug mit sanfter Stimme, die Oronêl einen Schauer über den Rücken jagte.
Bórans Gesicht glänzte im Fackelschein schweißnass, doch er wirkte entschlossen.
"Saruman hat uns verraten.", sagte er. Zuerst leise, dann noch einmal, nun so laut dass alle Anwesend ihn hören konnten. "Saruman hat uns verraten! Wir leben noch immer hier, nicht besser als vor der Zeit, als wir für ihn und seine Versprechungen in den Krieg zogen! Wir müssen ihm sogar Tribut zahlen!" Unter den Dunländern erhob sich ein zustimmendes Raunen, und Bóran schien selbstsicherer zu werden.
"Aber das hat jetzt ein Ende! Ich, Bóran, werde ganz Dunland vereinen, und unter meiner Führung werden wir neue Reiche erobern! Rohan soll fallen, und die Menschen des Südens und Nordens! Der ganze Westen soll uns gehören!" Das Ende schrie er beinahe, und einige Dunländer begannen ihm begeistert zuzujubeln. Selbst aus der Arena sah Oronêl in seinen Augen ein wahnsinniges Feuer tanzen.
"So, wirst du das..." erwiderte Angbaug leise, und so leise dass nur Bóran, der neben ihm stehende Forath und Oronêl dank seiner Elbenohren ihn verstehen konnte. Und er sah, wie Sarumans Bote die Hand auf den Schwertgrif legte.
Doch bevor Angbaug oder Bóran etwas tun konnten, geschah etwas anderes, von beiden unerwartetes. Amrothos Hand fand plötzlich den Griff von Oronêls Dolch, der vor ihm auf dem Boden lag, und der Prinz sprang auf, mit Augen die ebenso wahnsinnig glühten wie Bórans. "GIB IHN MIR ZURÜCK!", schrie er, stürmte an dem völlig überraschten Speerträger vorbei durch die Arena, sprang mit einer Kraft, die Oronêl ihm nicht zugetraut hatte, über den Zaun direkt gegen Bóran. Der Häuptling stolperte, völlig unvorbereitet getroffen, und Oronêl sah seinen Dolch in Amrothos' Hand aufblitzen.
"Orophin!", rief er so laut er konnte, und in diesem Moment brach die Hölle los. Auf dem Dach des großen Hauses erhob sich eine Gestalt mit einem Bogen in der Hand, und im nächsten Augenblick brach Bórans Sohn mit einem Pfeil im Nacken tot zusammen. Angbaug und Forath zogen die Schwerter und gingen aufeinander los, während Amrothos und Bóran sich im Kampf um den Ring auf dem Boden wälzten.
Während Orophin auch den letzten Kämpfer der Dunländer mit einem gut gezielten Pfeil zu Boden schickte lief Oronêl los, obwohl seine Rippen schmerzten und die Stelle wo der Tritt des Häuptlingssohns ihn getroffen hatte wie Feuer brannte. Er packte den Griff der Axt, die immer noch mit dem Schild verkeilt war und riss die Klinge aus dem Holz. Ein kurzer Blick zu Gamling sagte ihm, dass der Alte zwar verwundet, aber am Leben war, denn er regte sich und versuchte sich langsam aufzusetzen.
Da Gamling im Moment keine Gefahr drohte und aus dieser Richtung Orophin, der vom Dach aus Freund und Feind nicht auseinander halten konnte und deshalb hinunter geklettert war, kommen würde, lief Oronêl in die andere Richtung, wo Forath und Angbaug miteinander kämpften.
Einer von Bórans Getreuen war in die Arena geklettert, doch Oronêl konnte seinem unbeholfenen Axthieb ausweichen und ihn seinerseits mit einem besser gezielten Schlag zu Boden schicken. Der Sand färbte sich sofort rot, und Oronêl rannte weiter.
Er sprang über den Zaun, schlug einen Dunländer nieder der offenbar lieber Saruman dienen wollte und deshalb versucht hatte, Forath hinterrücks zu erstechen und riss dann mit der freien Hand den tobenden Amrothos von Bóran hinunter. Amrothos hatte mehrere Kratzer im Gesicht und blutete aus einer Schnittwunde am Hals, doch Bóran war es schlechter ergangen. Aus seiner Kehle ragte Oronêls Dolch, und während Oronêl noch auf ihn hinab blickte, erlosch das Licht in den Augen des Häuptlings.
Ohne Zögern zog Oronêl den Dolch aus dem Hals der Leiche, befestigte ihn an seinem Gürtel und wollte die Taschen des gefallenen Häuptlings nach dem Ring durchsuchen, während rund um ihn herum die Dunländer gegeneinander kämpften und Angbaug Forath gegen den Zaun der Arena drängte.
Dazu kam er jedoch nicht, denn Amrothos, der sich von seiner Überraschung erholt hatte, sprang ihn an und versuchte, die Hände um seinen Hals zu schließen.
"Nicht nochmal.", stieß Oronêl zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, und stieß Amrothos mit Wucht den Kopf ins Gesicht. Dem Prinzen schoss Blut aus der vermutlich gebrochenen Nase, seine Augen verdrehten sich nach oben und er verlor das Bewusstsein. "Tut mir Leid.", sagte Oronêl, rieb sich die schmerzende Stirn und tastete Bórans Körper ab. Besser so, als dass Amrothos den Ring noch einmal in die Finger bekam. Schließlich fand er, was er suchte. Der Ring steckte in Bórans Brusttasche, doch als Oronêl ihn schließlich in der Hand hatte, verspürte er keine Erleichterung, sondern nur Widerwillen.
Am liebsten hätte der das Ding sofort von sich geschleudert, doch das konnte er nicht. Hinter sich hörter er Orophins Stimme seinen Namen sagen. Er wandte sich um, und sah seinen Gefährten, den verwundeten Gamling auf seine Schulter gestützt, vor sich stehen. Orophin streckte ihm mit der freien Hand seine Axt und seinen Bogen entgegen, und Oronêl nahm beide Waffen mit einem Gefühl der Erleichterung an, nach dem er den Ring in seine Gürteltasche gestopft hatte. Dann packte er den noch immer bewusstlosen Amrothos unter den Achseln, legte sich einen seiner Arme um die linke Schulter und umschlang ihn stützend mit dem linken Arm.
"Wir sollte hier verschwinden.", sagte er angestrengt, denn seine Rippen protestierten schmerzhaft und an seiner verletzten Wange lief Blut herunter.
"Da stimme ich euch zu.", hörte er Forath mit schmerzverzerrter Stimme neben sich sagen. Unwillkürlich musste Oronêl lächeln, denn auch wenn der Hauptmann ihn im Grunde nur benutzen wollte um Bóran zu stürzen, war er doch froh ihn lebend zu sehen. Immerhin war Forath vermutlich die beste Chance auf Frieden in Dunland.
"Habt ihr Angbaug getötet?" Forath, der aus vielen kleinen Wunden blutete und sich die Seite hielt, spuckte aus und schüttelte den Kopf. "Nein, Sarumans Bote ist geflohen nachdem er sich zu vielen von uns gegenüber gesehen hat. Im direkten Zweikampf hätte er wahrscheinlich Kleinholz aus mir gemacht, der Kerl ist verdammt stark und schnell." Er deutete mit dem Schwert, von dem Blut tropfte auf Orophin. "Als euer Freund hier seinen Auftritt hatte und Bórans Sohn erschossen hat - guter Schuss übrigens - haben einige von Bórans klügeren Freunden den Braten gerochen, dass ich da mit drinstecke und die Macht übernehmen will. Jetzt kämpfen seine und meine Anhänger miteinander, und der wahre Feind ist geflohen." Er klang bitter, und Oronêl konnte ihn verstehen. Forath wollte keinen Bürgerkrieg in Dunland, sondern die Macht möglichst friedlich übernehmen.
"Das tut mir leid.", sagte er. Forath schüttelte den Kopf und keuchte. "Anders war es nicht zu machen, ich kann verstehen dass ihr nicht gerne sterben wollten." Er rang einen Moment nach Atem. "Ahh... der Bastard hat mich gut erwischt, aber sterbe werde ich daran nicht. Und ihr, schlagt einen Bogen nach Norden um das Dorf herum. Dann geht immer nach Westen, bis ihr zu einem Wäldchen aus Krüppelkiefern kommt in deren Mitte die Ruine eines Elbenturms steht. Dort wird euch niemand suchen, denn die anderen Dunländer gehen nicht gerne in die Nähe von Elbenruinen. Und ich werde euch dort in drei Tagen finden."
Die beiden Elben nickten. "Mae govannen, Forath.", sagte Oronêl. "Mögest du deinen Kampf siegreich führen." Dann kehrten sie dem Dorf, in dem die ersten Hütten in Flammen aufgingen, langsam den Rücken.
Eandril:
Das Wäldchen, das Forath erwähnt hatte, stellte sich eher als niedriges Gebüsch von Krüppelkiefern heraus, dass sich auf einem Hügel ausbreitete. In der Mitte erhoben sich die Mauern einer runden Turmruine, die nur wenig über die Kiefern herausragten. Zwischen den Kiefern und der Ruine lag ein nur von Gras und weichem Moos bewachsener freier Streifen, in dem man vor neugierigen Blicken gut geschützt war.
Der Weg dorthin nach ihrer Flucht vor den Dunländern war beschwerlich und lang gewesen, denn Gamling und Amrothos waren kaum in der Lage zu gehen. Glücklicherweise erwachte Amrothos erst nach ihrer Ankunft in dem Wäldchen aus seiner Bewusstlosigkeit, denn er begann sofort wieder zu toben und Oronêl anzugreifen. Als er ihn gemeinsam mit Orophin überwältigte und an den Stamm einer Kiefer fesselte, spürte Oronêl wie ihn zum ersten Mal seit langer Zeit Tränen über das Gesicht liefen.
In den nächsten drei Tagen versorgten sie Gamlings Wunde, die tiefer war als zunächst angenommen und nur langsam heilte, und genossen, so weit es bei den ständigen Sorgen um Amrothos und den Ring möglich war, die Freiheit und den offenen Himmel. Amrothos blieb angebunden, denn auch wenn er hin und wieder klare Momente hatte, fiel er doch immer wieder in den Wahnsinn des Rings zurück und wollte Oronêl angreifen. Während sie sich so von der Gefangenschaft erholten und auf ein Zeichen von Forath warteten, unternahm Orophin mehrere Erkundungen nach Norden und Süden vor, auf denen er auch jagte und Beeren sammelte. Östlich des Wäldchens floss ein kalter, klarer Bach vom Nebelgebirge herab, sodass die Gruppe weder verhungern noch verdursten musste.
Am dritten Tag ihres Aufenthalts auf dem Hügel kehrte Orophin am späten Nachmittag von einem seiner Erkundungsgänge zurück, und sagte: "Von Westen nähert sich ein einzelner Mann, der zielstrebig in gerade Linie auf uns zuhält."
"Das wird Forath sein.", meinte Oronêl, der neben Gamling auf der Westseite der Turmruine in der Sonne lag und einmal mehr die frische Luft, den Sonnenschein und den Geruch der Kiefern genoss. Auch wenn er nur drei Wochen im Kerker verbracht hatte, fühlte es sich wie eine Ewigkeit an - und für Gamling, der tatsächlich einige Ewigkeit im Kerker gewesen war, noch länger. Als an ihrem ersten Morgen in Freiheit die Sonne über dem Nebelgebirge aufgegangen war, hatte der Alte sich geblendet abgewandt, denn sie waren nachts geflohen und seine Augen waren noch immer an das Dämmerlicht des Kerkers gewöhnt gewesen. Doch inzwischen konnte er die Sonne erneut genießen, und er wirkte glücklicher und jünger als in seiner Zelle, auch wenn ihm die Wunde an seiner Schulter immer noch zu schaffen machte.
"Und wenn nicht?", fragte Orophin jetzt. Oronêl blinzelte träge, riss sich dann aber zusammen. "Wenn es jemand anders ist, wird er uns nicht finden." Dennoch setzte er sich auf und griff nach seinen Waffen, die neben ihm an der Mauer lehnten. Immerhin war es möglich, dass Forath unterlegen war und unter Folter den Ort preisgegeben hatte, an dem sie sich versteckt hielten. "Allerdings...", er befestigte die Axt an seinem Gürtel. "Vorsicht hat noch keinem geschadet."
Gemeinsam spähten die beiden Elben über die Hügel nach Westen, Orophin von der Turmruine aus und Oronêl vom äußeren Rand des Gebüschs, wo ein schmaler Pfad zur Lichtung in der Mitte führte, während die Sonne langsam tiefer sank. Schließlich hörte er Orophin über sich sagen: "Du hattest Recht, es ist tatsächlich Forath."
Über die Kuppe des nächsten Hügels kam mit langsamen Schritten ein Mann, der oben stehen blieb und grüßend die Hand hob, obwohl er mit Sicherheit keinen der vier dort versteckten sehen konnte. Oronêl erkannte, dass es Forath war, und erhob sich selbst aus der Hocke und erwiderte den Gruß.
Er wartete, während der Dunländer die Senke zwischen den beiden Hügeln durchquerte, und sagte schließlich, als Forath schwer atmend vor ihm stand: "Ich freue mich, dass ihr den Kampf überlebt habt."
Forath rang nach Atem, und erwiderte dann: "Gerade so, fürchte ich, aber wir haben gesiegt. Und ich freue mich, dass ihr tatsächlich entkommen seid und diesen Ort gefunden habt. Ich hatte schon gefürchtet, dass dieser Angbaug euch irgendwo auflauern würde."
Oronêl schüttelte den Kopf, und ging den Pfad zwischen den Kiefern hinauf. Forath folgte ihm. "Nein, wir hatten - abgesehen von unseren eigenen - keine Schwierigkeiten." Oben angekommen deutete er mit einem traurigen Kopfnicken auf Amrothos, der noch immer gefesselt an einer Kiefer saß, und mit leerem Blick vor sich hin starrte.
"Was ist eigentlich mit ihm passiert?", fragte Forath, und ließ den Beutel, den er über der Schulter getragen hatte, zu Boden gleiten. "Als unsere Leute ihn gefunden haben war er schon so."
"Ich weiß.", sagte Oronêl leise, in einem Tonfall der eindeutig zeigte, dass er über dieses Thema nicht reden würde. Forath zuckte nur mit den Schultern, öffnete den Beutel und förderte zwei Weinschläuche, einen Laib groben Brotes und einen Schinken zu Tage.
"Ich weiß nicht ob euren Elbengaumen diese Kost mundet.", meinte er sarkastisch. "Aber zumindest der alte Gamling sollte sich darüber freuen."
"Mit Sicherheit.", erwiderte Oronêl. "Und ich freue mich ebenfalls, über eure Großzügigkeit. Aber werden deine Leute euch und diese Lebensmittel nicht vermissen?"
Wieder zuckte Forath nur gleichmütig die Schultern und strich sich das schwarze Haar aus der Stirn. "Nein, wahrscheinlich nicht. Sie sind es gewohnt, dass ich hin und wieder alleine in die Wildnis wandere, wenn mir die ewigen Streitereien und Kämpfe zu viel werden. Und jetzt bin ich zwar ihr Anführer, aber ich habe zwei Tage alles geregelt was es fürs erste zu regeln gab, und ich habe mir eine Pause verdient. Immerhin bin ich morgen wieder zurück."
Er unterbrach kurz um Orophin höflich zu begrüßen, der von seinem Aussichtsposten heruntergekommen war und nach der Begrüßung wieder ging, um nach Gamling zu sehen, der auf der anderen Seite der Ruine schlief.
"Wie ist jetzt die Lage in Dunland?", fragte Oronêl, und beobachtete, wie sich das Gesicht seines Gegenübers anspannte. "Ich weiß es nicht.", antwortete Forath. "Zumindest momentan habe ich in unserem Dorf das Sagen, aber viele von uns sind tot oder verwundet, und einige von Bórans und Sarumans Anhängern sind geflohen. Und dieser Bastard Angbaug..." Dabei fasste er sich mit einer Grimasse an die Seite, die dick verbunden war. "Ich fürchte, dass er zu den anderen Stämmen gehen und sie gegen uns aufwiegeln wird. Ich habe bereits eigene Boten entsandt um sie zum Frieden und zur Abkehr von Saruman zu bewegen, aber..." Er schüttelte den Kopf. "Ich weiß nicht, ob wir uns halten können."
"Ich wünsche euch alles Glück dabei.", meinte Oronêl. "Ich würde euch gerne helfen, aber ich bin an andere Aufgaben gebunden und ich glaube, meine Anwesenheit würde eher schaden als nützen - zumindest solange ihr noch auf Frieden hofft."
"Das glaube ich auch." Forath strich sich verlegen über den Bart. "Nun eigentlich bin ich auch gekommen um mich von euch zu verabschieden, um euch zu danken und mich zu entschuldigen, dass ich euch benutzen wollte um Bóran zu stürzen." Oronêl legte ihm eine Hand auf die Schulter und erwiderte: "Es gibt nichts zu vergeben, denn auf diese Weise sind wir, zumindest mehr oder weniger unversehrt, aus eurem Kerker entkommen und konnten dabei auch noch helfen, Sarumans Einfluss in diesen Landen zu schwächen."
Auf Foraths Gesicht malte sich Erleichterung, und zum wiederholten Mal dachte Oronêl, was für ein seltsamer Dunländer dieser Mann doch war.
"Dann... wie sagtet ihr noch bei unserem letzten Abschied? Mae govannen, Oronêl."
"Mae govannen, Forath.", gab Oronêl mit einem Lächeln zurück, und ergriff die angebotene Hand. "Ich wünsche euch Glück in den kommenden Kriegen."
Eandril:
Sie verbrachten noch weitere Tage in Dunland, denn Gamlings Wunde heilte trotz der Bemühungen der Elben weiterhin nur langsam und er war noch immer zu schwach für die lange Wanderung nach Norden. Außerdem besserte sich Amrothos' Zustand keineswegs. Ganz im Gegenteil, Oronêl hatte den Eindruck dass er immer tiefer in den Wahnsinn des Ringes eintauchte und fürchtete, dass der Prinz nie wieder daraus entkommen würde.
So wurde er immer rastloser je mehr Tage vergingen, und spielte schließlich mit dem Gedanken, alleine mit Mathans Karte nach den Schmieden von Eregion zu suchen und zu versuchen, den Ring alleine zu vernichten. Doch eine Woche nach dem Abschied von Forath geschah etwas, dass diese Pläne für den Moment zunichte machte.
Oronêl lag auf dem Rücken im weichen Moos der Hügelkuppe, die geöffneten Augen auf den klaren Sternenhimmel gerichtet. Dennoch sah er nichts, denn er schlief auf Elbenart und ließ seinen Geist in seinen Erinnerungen wandern. In Gedanken war er zurück in Lórien zu einer Zeit als es noch Lórinand hieß und sie noch keinen Krieg an seinen Grenzen geführt hatten. Er dachte an Amdír und an Calenwen, und an den Moment, als er zum ersten Mal seine Tochter in den Armen gehalten hatte.
Doch mit einem Mal veränderten sich die Bilder, und er sah wie drei Elben, die ihm merkwürdig bekannt vorkamen, gegen eine Gruppe Orks kämpften. Es musste lange her sein, denn Sonne und Mond waren am Himmel nicht zu sehen, und die Sterne leuchteten heller als Oronêl je gesehen hatte. Für einen Moment stand Oronêl in einer Höhle, in der sich ein Grabstein mit Runen darauf erhob, doch bevor er lesen konnte was dort geschrieben stand, wechselte der Traum erneut und er befand sich hoch im Gebirge auf einem verschneiten Pass. Über den Pass gingen drei in dicke Pelze gehüllte Gestalten, zwei Elben und ein Menschenmädchen. Oronêl fühlte sein Herz schneller schlagen, als er Irwyne und Antien erkannte, doch bevor er den Mund öffnen konnte um nach ihnen zu rufen, wandte sein Blick sich nach Westen und zog über den Rand der Berge hinaus, über ein hügliges Land bis zu einer großen Stadt aus weißem Stein, die zum Teil in Trümmern lag. In der Stadt bewegten sich viele kleine Gestalten, und auf dem höchsten Turm wehte ein sternenbesetztes Banner. Doch von Norden näherte sich eine Dunkelheit die drohte, die weiße Stadt zu umschlingen.
In Oronêls Träume schlich sich das Geräusch von Reitern, und mit einem Mal erwachte er, als Orophin seine Schulter berührte. Das Geräusch der Hufe wurde leiser, verschwand aber nicht.
"Ich habe gehört wie sich ein Reiter nähert.", sagte Orophin leise, und Oronêl nickte. "Ich höre es ebenfalls." Er richtete sich auf, fuhr sich mit den Händen über das Gesicht und versuchte seine verwirrenden Träume zu verdrängen. Er presste das Ohr für einen Moment auf den Boden und lauschte. "Es scheinen drei Pferde zu sein, aber nur eines beritten." Orophin nickte zustimmend. "Das ist es auch, was ich gehört habe. Aber die Pferde nähern sich von Nordwesten, nicht von Süden."
"Also können es keine Dunländer sein.", meinte Oronêl. "Aber wer ist es dann?"
Die Elben ließen Amrothos und Gamling, die mit ihren Menschenohren den Reiter nicht nahen hörten, schlafen, und nahmen ihre Positionen ein. Orophin auf der Hügelkuppe, hinter den Mauerresten des Turms versteckt, und Oronêl am unteren Rand des Kieferngebüschs, am Ausgang des schmalen Pfades. Beide blickten angespannt in die Nacht, und lauschten wie der Hufschlag immer näher kam. Schließlich sah Oronêl zunächst einen braunen, spitzen Hut über einen Hügel im Norden kommen, und dann nach und nach den dazugehörigen Mann. Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und entspannte sich. Vom Gipfel des Turms hörte er Orophin den Namen des Zauberers rufen, und dieser hob grüßend die Hand. Soweit Oronêl es erkennen konnte, wirkte Radagast kein bisschen überrascht, sie hier zu treffen.
Schließlich trafen sich die Elben und der Zauberer auf dem Gipfel des Hügels, als gerade die Sonne im Osten über die Spitzen der Nebelberge stieg.
"Wie habt ihr uns gefunden? Und wie seit ihr aus Lórien entkommen?", fragte Oronêl, seine Freude und Erleichterung kaum verbergend. Radagast blickte ihn mit fröhlich blitzenden Augen an. "Ich habe viele Freunde, von denen Saruman nichts versteht.", erwiderte er geheimnisvoll. "Vielleicht habt ihr in letzter Zeit den ein oder anderen Vogel über eurem Versteck kreisen sehen..."
Er warf einen Blick auf den noch immer gefesselten Amrothos, der nun wach war aber ins leere starrte und dabei leise vor sich hin murmelte. "Und wie es scheint, bin ich gerade rechtzeitig gekommen. Da ihr den Prinzen von Dol Amroth gefunden habt nehme ich an, dass ihr den Ring ebenfalls zurückerobert habt?"
Oronêl nickte und legte die Hand auf den Beutel den er am Gürtel trug. Radagast lächelte, auch wenn ihm kaum entgangen sein konnte, dass Amrothos bei dem Wort "Ring" den Kopf gehoben hatte und in ihre Richtung starrte. "Meine lieben Elben, ihr habt euch besser geschlagen als ich für möglich gehalten hatte. Wie habt ihr ihn gefunden?"
Oronêl erzählte von ihrer Suche, wie er im Kerker der Dunländer Amrothos und Gamling gefunden hatte, und von dem Götterurteil bei dem sie entkommen waren. Bei der Erwähnung von Forath und Angbaug stricht sich der Zauberer nachdenklich über den Bart, und sagte schließlich als Oronêl geendet hatte: "Nun, das sind interessante Neuigkeiten - gute wie schlechte. Wie es scheint sind die Dunländer Saruman nicht alle so treu wie wir dachten. Und leider hat Saruman das ebenfalls bemerkt und diesen Boten gesandt von dem ich vorher noch die gehört habe. Ein Arm aus Eisen..." Radagast schwieg für einen Moment und warf Oronêl dann einen scharfen Blick zu. "Du hast etwas auf dem Herzen, nicht wahr?"
Oronêl zögerte, antwortete dann aber doch. "Nun... ja. Ich habe zwar den Ring, aber ich weiß nicht, wie ich ihn zerstören soll. Und Amrothos und Gamlings Zustand machen die Sache nicht leichter." Seine Stimme klang bitter, denn trotz der Rückeroberung des Rings hatte er irgendwie das Gefühl, versagt zu haben.
Radagast schüttelte mitleidig den Kopf und strich dabei seinem braunen Pferd über die Flanke. Der Zauberer hatte drei Pferde mit gebracht: Eines auf dem er selbst geritten war, und zwei ledige die aber merkwürdigerweise trotzdem gesattelt waren. "Mein lieber Oronêl, den Ring alleine zu vernichten übersteigt deine Kräfte.", sagte er, und mit einem Blick zu Orophin: "Und selbst zu zweit werdet ihr es nicht schaffen können, denn in Eregion treibt sich eine Menge übles Volk herum. Vielleicht weiß Saruman mehr von diesem Ring als ihr ahnt." Oronêl spürte, wie sich ein schweres Gewicht auf sein Herz zu legen schien. "Aber was können wir dann tun?"
"Nun, ihr braucht natürlich Hilfe.", erwiderte Radagast im Ton der Selbstverständlichkeit. "Ich habe diese Pferde hier in Tharbad überredet, ihr bisherigen Herren zu verlassen und mit mir zu kommen." Er unterbrach sich, als er Gamling vorsichtig um den Turm herumkommen sah.
"Hab keine Angst vor mir, Sohn Rohans.", sprach Radagast diesen an, denn das Misstrauen auf dem Gesicht des alten Rohir war unübersehbar. "Ich bin weder Saruman noch einer seiner Freunde - auch wenn dem einst so gewesen sein mag. Jetzt bin ich hier, um euch zu helfen."
Und das tat er.
Zuerst kniete er sich vor Amrothos ins Gras, blickte dem Prinzen direkt in die Augen und sang leise etwas in einer Sprache, die weder Oronêl noch Orophin verstanden. Als der Zauberer sein Lied beendete hatten Amrothos' Augen ihr ungesundes Feuer verloren, schienen aber auch nichts zu sehen. "Ich habe seinen Geist fürs erste auf Wanderschaft geschickt.", erklärte Radagst und erhob sich langsam. "Mehr kann ich hier nicht tun, aber was wird ihn für einige Zeit beruhigen."
Dann kümmerte er sich um Gamlings Wunde, legte ein Blatt einer Oronêl unbekannten Pflanze, deren Geruch ihn allerdings sofort erfrischte und seine Sorgen für einen Moment erleichterte, darauf und verband sie dann neu. "Athelas wirkt bei einer solchen Wunde keine solchen Wunder wie bei denen, die von den verfluchten Waffen von Saurons Dienern geschlagen wurden, aber sie hilft dennoch besser als vieles andere.", sagte Radagast zu Gamling, dessen Misstrauen langsam zu schwinden schien. "Du wirst in der Lage sein, mit mir zu reiten."
"Reiten?", warf Oronêl ein. "Wohin reiten?"
"Nach Bruchtal.", gab der Zauberer zurück. "Ich werde Amrothos und Gamling mit mir nehmen. Zwar sind sie beide nicht in der Lage normal zu reiten, doch die Pferde werden sanft gehen und sie nicht abwerfen. So müssten wir Bruchtal erreichen können."
Oronêl nickte. "Also gut. Bruchtal. Wann brechen wir auf."
Radagast lachte zur Antwort. "Ich und diese beiden armen Menschen - jetzt sofort. Ihr Elben noch nicht, denn es ist besser für Amrothos, wenn der Ring für den Moment nicht in seiner Nähe ist. Außerdem... behaltet die Straße von Moria im Auge. Ich befürchte, dass Saruman sich der aufsässigen Dunländer bald annehmen könnte."
Oronêl wollte widersprechen, denn er wollte Amrothos nicht verlassen, doch Orophin hielt ihn zurück.
"Wir beugen uns deinem Rat, Radagast.", sagte der ehemalige Grenzwächter. "Doch wir können nicht ewig hier verharren. Sechs Tage werden wir hier bleiben und die Straße beobachten, doch danach werden wir euch folgen." Radagast blickte die Elben unter buschigen Augenbrauen heraus scharf an.
"Also gut." Er wollte sich abwenden, doch Oronêl sagte schnell, bevor er es sich anders überlegen konnte: "Es gibt da noch etwas. Gerade bevor du gekommen bist, hatte ich einen merkwürdigen Traum..." Er beschrieb was er geträumt hatte, und Radagast strich sich nachdenklich über den braunen Bart.
"Zu den meisten Dingen kann ich dir nichts sagen. Doch die weiße Stadt die du erwähnst kann eigentlich nur Fornost sein. Das Banner, dass du gesehen hast könnte bedeuten, dass unsere Seite die Stadt erobert hat, aber anscheinend nähert sich irgendeine neue Bedrohung von Norden..." Der Zauberer zupfte jetzt kräftig an seinem Bart herum. "Ich habe den Norden früh wieder verlassen, ich weiß nicht viel davon was dort passiert ist. Vielleicht ist es besser, dass ihr nur sechs Tage hier bleibt, denn wenn stimmt was du geträumt hast, wird im Norden wahrscheinlich bald jede Axt, jedes Schwert und jeder Bogen gebraucht."
Radagast half Gamling dabei, das eine Pferd zu besteigen, und Oronêl beobachtete erstaunt wie das andere sich auf ein Zeichen des Zauberers bereitwillig hinlegte damit sie Amrothos auf seinen Rücken setzen und dort festbinden konnten. Nur wenig später waren der Zauberer und die beiden Menschen hinter den Hügeln im Norden verschwunden, und die Elben blieben alleine zurück.
Radagast, Gamling und Amrothos nach Imladris...
Oronêl und Orophin nach Eregion...
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