Das Schicksal Mittelerdes (RPG) > Dunland
Die Hügellande von Dunland
Fine:
"Denk' gar nicht erst dran," sagte Oronêl, der natürlich jedes Wort gehört hatte. "Elbenohren, schon vergessen?"
"Das ist unfair," gab Kerry zurück, während sie eine Kartoffel in Würfel schnitt.
"Du solltest doch inzwischen gelernt haben, dass es dir nicht gut tut, Geheimisse zu haben," stichelte Finelleth, die mit erstaunlicher Geschwindigkeit Karotten und anderes Gemüse mit ihren Messern in kleine Stücke zerlegte. "Umso besser für dich, dass du von Leuten umgeben bist, die jeden weiteren Versuch im Keim ersticken."
"Ich wollte mir nur einmal etwas Spaß erlauben," antwortete Kerry schmollend.
"Auf meine Kosten?" gab Oronêl zurück. "Du hast doch bestimmt gesehen, wozu das in Ringechad geführt hat, als Finelleth es versucht hat."
"Das kriegst du noch zurück, mein lieber Oronêl," drohte Finelleth mit einem bösen Lächeln. "Ich werde es nicht vergessen."
"Darauf zähle ich," erwiderte Oronêl.
Kurz darauf saß die ganze Gruppe am reich gedeckten Tisch, an dessen Kopfende Forath auf einem erhöhten Sitz thronte. "Das Mahl ist hiermit eröffnet!" rief er. Es gab mehr als genug. Kerry, die zwischen Lynet und Finelleth saß, vermied es jedoch, Aéd anzusehen, der ihr schräg gegenüber neben Oronêl saß. Sie wollte sich jetzt nicht die gute Laune verderben lassen.
"Wollt ihr wirklich morgen schon weiterreisen?" fragte Lynet.
"Wir haben es leider etwas eilig," sagte Finelleth. "Wir haben dringende Dinge in Eregion zu erledigen. Oder besser gesagt, loszuwerden.´"
"Aber wenn das geschafft ist kannst du uns besuchen kommen!" warf Kerry begeistert ein. "Und dann stelle ich dich meiner nésa vor, der Elbenkönigin!"
Lynet strahlte. "Das würdest du tun? Obwohl ich eine Dunländerin bin?"
Kerry blinzelte mehrfach, überrascht von dieser Aussage. Und dann wurde ihr klar, dass Lynet mit ihrem Bruder Aéd geredet haben musste. "Ja," sagte sie leise. "Obwohl du eine Dunländerin bist... und ich von den Rohirrim abstamme."
"Gut," befand Lynet und nickte Kerry wissend zu. "Es sollte auch keinen Unterschied machen. Wir sind Menschen, egal aus welchem Land wir stammen."
Das machte Kerry nachdenklich, und grüblerisch verbrachte sie den Rest des Abendessens, während die gute Stimmung am Tisch rings um sie herum weiter anhielt.
Als es bereits dunkel geworden war kehrten Kerry und Lynet zu der Bank unter dem großen Baum zurück, auf der sie den Großteil des Nachmittags verbracht hatten. Der Vollmond hing tief über dem Dorf und tauchte es in ein geheimnisvolles silbernes Licht. Es war noch immer so warm dass Lynet trotz des luftigen elbischen Kleides nicht zu frieren schien.
"Was wolltest du mir hier zeigen?" fragte Kerry ihre neue Freundin.
"Das," sagte Foraths Tochter und zeigte auf ihre Heimat, die sich vor ihnen ausbreitete. "Mein Zuhause. Hier leben normale Menschen. Das wollte ich dir zeigen."
"Und das hast du. Dafür danke ich dir. Als Kind habe ich immer nur schlimme Geschichten über die Dunländer gehört... ich dachte, es wäre ein Volk von Wilden. Und als Aéd mir stolz von seiner ersten Schlacht erzählte, da fühlte ich mich bestätigt."
"Ich verstehe," sagte Lynet und stand rasch auf. "Aber ich bin nicht diejenige, die das hören muss."
Hinter ihr tauchte eine in Schatten gehüllte Gestalt auf. Als er ins Licht des Mondes trat, erkannte Kerry Lynets Bruder. Aéds Gesichtsausdruck war schwer zu deuten: Vorsicht und Nachdenklichkeit lagen darin, doch in seinen Augen spiegelte sich auch ein Funken Mut wider.
"Hallo, Kerry," sagte er leise, während sich Lynet rücksichtsvoll zurückzog und kurz darauf verschwunden war.
"Hallo, Wolf," gab sie zurück und beduetete ihm, sich neben sie zu setzen. "Ich habe gehört, was du gesagt hast. Und es tut mir Leid, dass ich so mit meinen Taten angegeben habe," begann er. Kerry sagte nichts, sondern nickte ihm aufmunternd zu. Sprich weiter, bedeutete das.
"Ich... bin nicht in den Krieg gegen Rohan gezogen, weil ich die Menschen dort hasste," fuhr Aéd fort. "Ich war damals sechzehn Jahre alt, und beneidete all die Krieger, die nach Süden zogen und Ruhm erringen konnten. Also ging ich mit, heimlich und gegen den Willen meines Vaters, denn er hatte bereits damals begriffen, dass die Rohirrim - er nannte sie niemals Forgoil, wie der Rest unseres Volkes - nicht unsere Feinde waren."
Kerry nickte erneut. Auch ihr war das nun klar geworden, im Bezug auf die Dunländer.
"Ich kämpfte an den Furten des Isen, tötete einen Mann, und verlor zwei meiner Freunde, die mit mir gegangen waren. Ich hasste die Männer nicht, gegen die ich kämpfte, im Gegensatz zu vielen anderen meiner Gefährten," setzte Aéd seine Geschichte fort. "Nach der Schlacht wurden wir weiter nach Rohan hinein entsandt, doch ich blieb zurück, weil ich in der Schlacht verwundet worden war. Damals war mir nicht klar, was die Aufgabe war, die Saruman den Dunländern zugedacht hatte, doch später, als ich mit dem Rest des Heeres gegen die Hornburg zog, sah ich es. Wir sollten plündern, rauben und morden - den Geist Rohans brechen. Das war nicht der Krieg, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, und es ekelte mich an, Frauen, Kinder und Alte zu töten."
Er machte eine Pause und blickte zu Boden, ehe Aéd fortfuhr. "Die Schlacht in Helms Klamm war... Ich selbst habe nicht gekämpft, weil ich für den letzten Ansturm eingeteilt war. Und dennoch war die Schlacht das Schrecklichste, was ich je erleben musste. Ich begriff allmählich, dass ich - und der Rest der Dunländer - auf der falschen Seite stand. Dort, hinter den Mauern der Hornburg, standen Männer wie wir, die nur ihr Leben und das ihrer Liebsten beschützen wollten. Und wir kämpften an der Seite von Orks, die der Zauberer gezüchtet hatte, um die Menschen zu vernichten? Und was sind wir, wenn nicht ebenfalls Menschen? Saruman benutzte unseren uralten Hass, den wir seit Generationen hegen und pflegen, anstatt ihn zu überwinden, um sicherzustellen dass wir und die Rohirrim uns gegenseitig auslöschen würden.
Als der Weiße Reiter kam und die Schlacht sich wendete, warf ich meine Waffen nieder und ergab mich ohne zu zögern - es war der Tag meines siebzehnten Geburtstags, und ich wollte nicht mehr kämpfen. Ich erwartete gefesselt, geschlagen und gefoltert zu werden, und ich hatte es im Voraus als Strafe für meine Taten akzeptiert. Doch nichts davon geschah - wir wurden zwar nicht allzu freundlich behandelt, und mussten schuften um die Schäden wiedergutzumachen, die wir angerichtet hatten, doch wir wurden weder geschlagen noch gefoltert, noch mussten wir hungern. Damals erkannte ich, dass die Rohirrim nicht nur Menschen wie wir waren, sondern vermutlich sogar bessere Menschen."
"Vielleicht nicht alle von uns," warf Kerry ein, doch Aéd schüttelte leicht den Kopf.
"Die Jahre danach waren nicht einfach, denn außer meinem Vater war niemand der Meinung, dass der Krieg gegen Rohan enden müsste," sagte er. "Erst nach und nach gelang es uns, einen Teil unseres Stammes auf unsere Seite zu ziehen, und gleichzeitig in Bórans Gunst aufzusteigen. Und jetzt... Kerry, ich habe gesehen, was im Osten lauert und welcher Schatten über der Welt liegt. Ich habe dein Volk nie gehasst, und es tut mir leid, was mein Volk deinem angetan hat. Es geht schon lange nicht mehr um Land, denn dies ist nun unsere Heimat und ich glaube nicht, dass wir sie verlassen wollen. Es wird Zeit, den Hass zu überwinden und uns zu verbünden, gegen den Osten, gegen... Mordor. Doch dazu reicht es nicht, wenn wir auf euch zugehen - die Rohirrim müssen bereit sein, ihren eigenen Hass zu vergessen, und den Dunländern zu vergeben.
Als ich das erste Mal mit dir darüber gesprochen habe... Wollte ich prahlen. Ich wusste nicht, dass du aus Rohan kommst, doch auch so war es falsch, und es tut mir leid. Kannst du mir vergeben?"
Kerry atmete tief durch. Sie wusste, dass sie einige Zeit brauchen würde, um darüber nachzudenken. Doch sie sah auch, dass Aéd nicht auf eine Antwort warten konnte oder wollte. Also beschloss sie, ihrem Bauchgefühl zu vertrauen. "Ich verzeihe dir, Wolf. Und es tut mir ebenfalls Leid, dass ich Vorurteile gegen dich und dein Volk hatte. Weißt du, es war deine Schwester Lynet, die mir gezeigt hat, dass ihr kein Volk von grausamen Wilden sondern ganz normale Menschen wie die Leute aus Rohan seid. Und ich finde, wir sollten damit aufhören, uns von Saruman oder von sonst wem auch immer für ihre Kriege benutzen lassen. Du sagst, du hast gesehen, was im Osten lauert. Ich habe es auch gesehen, als mein Dorf von Orks niedergebrannt wurde. Ich habe gesehen, was der Dunkle Herrscher mit der Welt der Menschen anstellen will. Deshalb müssen die Rohirrim und die Dunländer aufhören, gegeneinander zu kämpfen und gemeinsam gegen den Schatten im Osten vereint stehen. Also... kannst du mir auch verzeihen?"
"Für die Ohrfeige? Nein, die hatte ich verdient," sagte Aéd grinsend. "Aber das Vorurteil verzeihe ich dir, Kerry. Danke, dass du ehrlich zu mir bist. Das bedeutet mir viel."
"Mir auch," sagte Kerry. "Mir auch."
Aéd-Teile by Eandril
Curanthor:
Die Ankunft in Foraths Dorf war für Mathan zwar erleichternd, aber gleichzeitig waren ihm die Blicke der Dunländer unangenehm. Schon bald würden sie in seine alte Heimat gehen, den Ort wo er geboren wurde und stunden-, nächte und tagelang umhergewandert ist. Bei seiner Suche nach den Spuren des Freundes von Oronêl war er nicht so weit in den Norden gekommen. Zumindest nicht soweit wie jetzt. Mathan saß grübelnd auf einem Dach eines alten Stalls, der momentan nicht genutzt wurde und blickte sehnsüchtig nach Norden. Die Nacht war bereits hereingebrochen und weckte somit die Geister seiner Vergangenheit. Er erinnerte sich, dass es hier einige Kämpfe gegeben hatte und eine große Schlacht, kurz vor der Belagerung von der Hauptstadt. Hier war der Ort, wo er seinen Kampfgeist verlor und seinen Vater alleine zurückgelassen hatte. Ihm war bewusst, dass er während des Festmahls nicht sonderlich gesprächig oder höflich gewesen war. Trotzdem wollte er nicht jedem erklären, dass es nicht gerade einfach war nach dreitausend Jahren wieder nach Hause zu kommen. Zumindest in dem Land, in dem man aufgewachsen ist und seine ersten Erfahrungen gesammelt hatte, denn seine Heimat stets war dort, wo seine Familie sich aufhielt. Halarîn war bereits früh schlafen gegangen, da sie sich nicht wohl fühlte und Kerry schien sich mit den anderen Mädchen zu unterhalten. Faelivrin war wahrscheinlich noch immer in Tharbad und verwaltete dort die Ankunft ihres Volkes. Er seufzte und blickte hinauf zu den Sternen. Ob seine Mutter ebenfalls gerade in die Sterne blickte, schoss es ihn durch den Kopf. Seine Hand legte sich auf das kühle Medallion und er ließ seinen Blick zum Mond schweifen, der ab und zu von einzelnen Wolken verdeckt wurde. Einzelne Stimmen drangen an sein Ohr und er meinte sogar Kerrys Stimme zu hören, doch er blendete es aus. Diese Nacht war für ihn alleine. Es war wie vor tausenden Jahren, als er ganz alleine draußen vor den Toren Ost-in-Edhils gelegen hatte. Der Mond war öfters zu sehen gewesen als jetzt, aber die Sterne waren noch genauso wie damals. Auch lag er nicht in dem hohen Gras, das am Fuße des Hügels der Stadt wuchs, sondern hockte auf einem hölzernen Balken, der den First des Stalls bildete. Trotzdem kam es ihm etwas unwirklich vor. Der Blick in den Himmel gerichtet und das Amulett in der Hand saß er noch eine ganze Weile lang dort. Mathan hatte wenig in seinem Leben getan, was er bereute und nachdem er in Ringechad deutliche Spuren von seiner Mutter fand, noch wengier. Er bereute es nicht, sie nicht schon eher gesucht zu haben, denn das Schicksal hatte ihn von ganz alleine auf ihre Spur geführt. Erneut hallten ihre Worte in seinem Gedanken nach: Es ist ein Meisterwerk, doch unser wahres Meisterwerk, mein Sohn, das bist du.
Ein Klotz stieg in seinem Hals auf und mit Mühe konnte er sich gerade noch zusammenreißen. In seinen Gedanken hörte er die liebliche Stimme seiner Mutter sprechen, ihre kühlen Hände berührten seine Wange und er zuckte zusammen. Mathan öffnete die Augen. Sie waren ihm zugefallen und etwas hatte sein Gesicht berührt. Rasch blickte er sich um, doch konnte man nichts entdecken, es war tief in der Nacht und er saß noch immer auf dem First der Scheune. Zu seinem Glück war er nicht heruntergefallen und atemte tief ein. Der frische Nordwind beruhigte sich etwas und ließ den Elben den Kopf schütteln. Er war zu sehr im Gedanken gewesen, denn es war das erste Mal, dass er richtig darüber nachdachte, was ihm seine Mutter für eine Nachrichter hinterließ. Er wusste, dass sie immer gern Rästel machte. Alleine schon die Karte war nicht gerade einfach gewesen, die ihn zu dem Versteck geführte hatte.
Nachdenklich ließ er sich erneut ihre Worte durch den Kopf gehen, die sie ihm in der Eiswüste hinterlassen hatte.
Nun musst du den nächsten Abschnitt meistern, doch dieses Mal werde ich ein Teil davon sein.
Mathan setzt sich auf und fragte sich, was sie genau damit meinte. Einen Teil davon sein?, wiederholte er im Gedanken und strich über die Knaufe der Silmacil.
Grübelnd zeichnete er eine Sternrune nach, während er sich den Kopf zerbrach, wie sie das gemeint haben könnte. Ihm war klar, dass sie nicht die Waffen im Sinn hatte. Seine freie Hand fuhr zum Medallion, eine Geste, die er sich in den letzten Tagen angewöhnt hatte, denn sie half ihm beim Nachdenken. Doch auch das half nicht und Mathan seufzte erneut, den Blick wieder in den Himmel gerichtet. Mittlerweile hatte sich eine Wolkendecke gebildet, sie einen weiteren Blick auf die Sterne verhinderte. Er deutete das als ein Zeichen und seufzte schwer. Ihm war bewusst gewesen, dass es nicht einfach wäre wieder nach Eregion zu gehen. Doch bereits jetzt stellte sich eine gewisse Schwermütigkeit bei ihm ein. Auf leisen Sohlen schlich er sich durch das Dorf und erschreckte dabei ein paar Wachen, da er plötzlich vor ihnen auftauchte. Schließlich gelangte er in die Kammer, die er sich mit Halarîn teilte und schloss ab. Die Gedanken noch immer an Eregion hängend, zog er sich das Oberteil aus und legte nachdenklich das Amulett beiseite. Dabei konnte er sich eine einzelne Träne nicht erwehren. Diese Nacht würde nicht leicht werden und die folgenden Tage auch nicht, dennoch muss er stark sein. Nicht weil er dazu gezwungen war, sondern weil er es so wollte. Vorsichtig krabbelte Mathan unter die Decke neben Halarîn. Sobald er sich hingelegt hatte, bewegte sie sich und schien ihm den Kopf zuzudrehen.
"Alles in Ordnung?", fragte sie leise und strich ihm über die Wange.
Ohne etwas zu sagen zog er sich an sich und betete seinen Kopf an ihre Schultern, einzelne Tränen benässten ihre Haare. Mathan schämte sich ihrer nicht und atmete nur hin und schwer ein und aus.
Eandril:
Bereits früh am nächsten Morgen brachen sie auf. Vom Glanduin her war dünner Nebel die Hügel hinauf gekrochen, und die Luft war kühl - der Sommer klang allmählich aus, und der Herbst rückte näher. Oronêl überprüfte noch einmal den Sitz seiner Ausrüstung, während er vor dem Haus des Häuptlings auf die anderen wartete. Mathan war bereits dort, doch er stand ein Stück entfernt an die Wand einer Hütte gelehnt und wirkte nicht so, als ob er mit jemandem reden wollte, also hatte Oronêl beschlossen, ihn in Ruhe zu lassen. Es musste schwer sein, in die Überreste seiner alten Heimat zurückzukehren, und Oronêl konnte Mathan verstehen. Er wusste nicht, wie er selbst reagieren würde, sollte sein Weg ihn jemals wieder nach Lórien führen.
Nach und nach versammelten sich auch die übrigen Gefährten. Finelleth wirkte wie häufig in letzter Zeit tief in Gedanken. Seit sie den Ring des Hexenkönigs an sich genommen hatte, kamen ihr eigentlich fröhliches und freundliches Gemüt, ihr Hang zum Spott und die schalkhaft funkelnden Augen nur noch selten zum Vorschein - der letzte Abend war eine dieser Ausnahmen gewesen. Auch um ihretwillen hoffte Oronêl, dass sie die Schmieden sobald wie möglich finden und die Ringe loswerden könnten, denn er vermisste die Finelleth, die sie vorher gewesen war.
Forath verließ gemeinsam mit Brigid das Haus, und hatte ihr einen Arm eng um die Taille geschlungen. Beide redeten leise und eindringlich miteinander, und obwohl Oronêls Ohren empfindlich genug waren, um sie hören zu können, konnte er nicht verstehen was sie sagten, denn sie benutzten die Sprache der Dunländer. Schließlich küsste der Häuptling seine Frau innig, gleichgültig, wer sie dabei sehen konnte, und ließ dann den Blick über die Gruppe schweifen. Aéd kam kurz nach seinen Eltern aus dem Haus, gefolgt von Adrienne und Kerry, die von Foraths Töchtern begleitet wurden. Beide Mädchen redeten aufgeregt auf die beiden älteren ein, und schienen gar nicht begeistert davon zu sein, ihre neuen Freundinnen schon wieder gehen lassen zu müssen. Auch Celebithiel und Halarîn waren inzwischen eingetroffen, und so waren die Gefährten nun vollständig.
"Also gut", sagte Forath laut, und schien sich zu straffen. "Wollen wir aufbrechen und... die Welt retten?"
Oronêl musste lächeln. "Das ist vielleicht ein bisschen viel verlangt. Aber wir können unseren Beitrag dazu leisten." Ihm fiel auf, dass Kerry und Aéd einander nicht länger auswichen - anscheinend hatten sie es geschafft zu klären, was zwischen ihnen gestanden hatte. Oronêl vermutete stark, dass die Bekanntschaft mit dem weniger kriegerischen Rest von Foraths Familie Kerry dabei geholfen haben mochte.
Mathan hatte ein paar leise Worte mit Halarîn gewechselt, und sagte nun: "Bereit zum Aufbruch."
Während der Rest der Gefährten wartete, umarmten Forath und Aéd nacheinander ihre ganze Familie, und Oronêl hörte Aéd zu seiner jüngsten Schwester, der jetzt die Sorge ins Gesicht geschrieben stand, sagen: "Keine Sorge, Prinzessin. Wir kommen heile zurück, ich verspreche es."
Sie verließen das Dorf in östlicher Richtung, auf der Straße die sich am Südufer des Glanduin entlang zog. "In etwa zehn Meilen kommt eine Furt, dort können wir den Fluss überqueren", erklärte Forath, der mit Oronêl und Mathan an der Spitze der Gruppe ging. "Das ist zwei Meilen westlich der Stelle, an der ein zweiter kleiner Fluss in den Grenzfluss mündet."
"Wir haben ihn Sirannon genannt, den Torbach", warf Mathan leise ein, schüttelte dann den Kopf als wollte er eine Erinnerung vertreiben, und ließ sich nach hinten zu Halarîn zurückfallen.
"Es scheint ihm schwerzufallen, dorthin zu gehen", sagte Forath leise. "Warum?"
"Eregion war früher seine Heimat", erklärte Oronêl. "Stell dir vor, du kommst nach über dreitausend Jahren an den Ort zurück, an dem beinahe jeder, den du in deiner Jugend kanntest, einschließlich deines Vaters, getötet und alles was du kanntest und liebtest, zerstört wurde. Das würde, denke ich, jedem schwerfallen."
Forath nickte langsam. "Ich bin kein Elb und werde niemals so lange leben, aber... ich glaube, ich verstehe. Wenn mein Dorf vor meinen Augen zerstört würde, und meine Freunde und Familie getötet... ich würde nie wieder dorthin zurückkehren wollen."
Unwillkürlich wurde Oronêls Blick von den fernen Berggipfeln im Osten angezogen, und seine Gedanken schweiften kurz zu dem, was auf der anderen Seite lag. Auch er wollte niemals nach Lórien zurückkehren, und die Zerstörung sehen, die Saruman verursacht hatte.
Wenige Stunden später erreichten sie die Furt, von der Forath gesprochen hatte, und überquerten die Grenze Eregions.
Die ganze Gruppe nach Eregion
Eandril:
Oronêl, Finelleth, Aéd, Celebithiel und Kerry aus Eregion...
Bevor die Fünf aufgebrochen waren, war Aéd noch einmal in die Schmiede zurückgekehrt - allein, und als er zurückkehrte trug er ein rundes Bündel mit sich. Oronêl ahnte, was es enthielt, doch er fragte nicht nach. Während sie sich ausruhten, und nach der Dunkelheit der Schmiede die warme, spätsommerliche Sonne genossen, hatten sie eine Trage aus einigen stabilen Ästen gebaut, auf die sie Forath legten, als es Zeit zum Aufbruch war.
Sie waren am Nachmittag von der Schmiede aufgebrochen, und als sie die Furt über den Glanduin erreichen, die die Grenze zu Dunland bildete, war die Nacht hereingebrochen. Sie beschlossen, hier ihr Nachtlager aufzuschlagen und erst am nächsten Tag weiterzugehen, denn das Dorf war noch einige Wegstunden entfernt. Inzwischen hatte Oronêl sich einigermaßen erholt, denn seine Verletzungen waren vornehmlich Prellungen und Stauchungen gewesen, die sich nach ein wenig Bewegung schon deutlich besser anfühlten. Als er ein kleines, rauchloses Feuer entfacht hatte, ließ er den Blick über seine Gefährten schweifen, die alle Spuren des Erlebten trugen. Mathan und Halarîn fehlten, denn wie angekündigt waren sie mit Amarin in der Schmiede zurückgeblieben. Sie konnten Mathans Vater im Augenblick nicht allein lassen, und Amarin war nicht in der Lage, eine Reise nach Dunland zu unternehmen. Mathan mit seinem Vater zu sehen war ein merkwürdiges Gefühl für Oronêl gewesen. Sein eigener Vater war bereits so lange fort, dass die Erinnerung an ihn beinahe verblasst war, und er wusste, er würde ihn in Mittelerde niemals wiedersehen. Umso mehr freute er sich für Mathan, dass dieser seinen totgeglaubten Vater gefunden hatte, und er hoffte dass es gelingen würde, dessen Geist mit der Zeit zu heilen.
Auch Adrienne war in Eregion zurückgeblieben, denn wie sie sagte (sodass Aéd es nicht hören konnte), hatte sie kein großes Interesse daran, erneut von einer Horde haariger Dunländer begafft zu werden, und wollte lieber Mathan und Halarîn helfen.
Oronêls Blick wanderte über Aéd, der im flackernden Feuerschein bleich und erschöpft aussah, doch nicht länger von Trauer überwältigt, zu Kerry, die ein Stück neben ihm saß und begonnen hatte, etwas zu essen vorzubereiten. Oronêl war durchaus aufgefallen, dass Aéd sich immer zu entspannen schien, wenn sie in der Nähe war oder sein Blick sie traf - und dass sie diese Blicke keineswegs mehr unangenehm zu finden schien. Er fragte sich, ob es nur Mitleid war, oder etwas mehr.
Ein Stück weiter traf sein Blick auf Celebithiel, die den gesamten Weg über schweigsamer als üblich gewesen war. Sie war blass, und die Wunde in ihrem Arm bereitete ihr sichtlich Schmerzen. Zum Glück war das Schwert des Hexenkönigs gewöhnlicher Stahl gewesen und keine verfluchte Morgulklinge, doch die Wunde war tief und schmerzhaft. Insgeheim hoffte Oronêl, im Dorf bereits auf die Vorhut der Manarîn zu treffen, unter denen sich sicherlich fähige Heiler befinden würden.
Finelleth saß ein Stück vom Feuer entfernt auf einem umgestürzten Baumstamm, die Beine angezogen und die Arme um die Knie geschlungen. Als Oronêl sich neben sie setzte, zuckte sie zusammen, sagte aber zunächst kein Wort. Auch Oronêl schwieg, denn er wusste, wenn sie reden wollte, würde sie beginnen, und betrachtete gedankenverloren sie Sterne am wolkenlosen Himmel.
Schließlich begann sie langsam: "Als der erste Ring vernichtet war... hatte ich das Gefühl, dass eine fremde Macht mich beherrschte. Diese Macht wollte unbedingt verhindern, dass ich den Ring des Hexenkönigs ins Feuer warf und... Ich sah Bilder vor meinen Augen, was geschehen würde wenn ich es tat. Wie das Waldlandreich brannte, wie alle meine Freunde starben, und zuletzt... mein Vater. Und selbst wenn ich seine Entscheidungen nicht verstehe, er ist noch immer mein Vater, und... ich liebe ihn deswegen nicht weniger. Verstehst du das, gwador?"
Oronêl legte ihr den linken Arm um die Schultern. "Ich verstehe es, Faerwen."
Finelleth lächelte schwach, als sie ihn anblickte und fragte: "Warum nennst du mich so? Als du mich in der Schmiede angerufen hast, hast du bereits diesen Namen benutzt, und als du mich geweckt hast, ebenfalls. Warum nicht mehr Finelleth?"
"Ich weiß nicht..." Oronêl zuckte mit den Schultern. "Finelleth passt zu dir, und dennoch... im Augenblick scheinst du eher Faerwen, Thranduils Tochter zu sein. Du hast zuerst an deinen Vater gedacht, als ich dich in der Schmiede geweckt habe."
"Das ist wahr", erwiderte Finelleth, und warf ihm dann einen ängstlichen Blick zu. "Du bist doch nicht wütend deswegen?"
Oronêl lächelte und schüttelte den Kopf. "Nein, bin ich nicht. Aber... du weiß was das heißt." Finelleth blickte zu Boden. "Ja." Sie seufzte tief, und hob dann den Blick hinauf zu den Sternen. "Ich weiß. Ich muss... zu ihm gehen. Es ins Reine bringen. Und ich will es auch tun, aber... ich habe Angst davor", gab sie leise zu.
"Ich werde mit dir kommen", erwiderte Oronêl, und in diesem Moment lag sein weiterer Weg endlich klar vor ihm. Die ganze Zeit hatte er ein Ziel gehabt, den Ring des Nazgûl zu zerstören. Doch jetzt, wo es gelungen war, hatte er nicht länger gewusst, was seine Aufgabe war - bis zu diesem Moment. Da seine eigene Aufgabe erfüllt war, würde er seine Freunden helfen, dafür sorgen, dass sie alle diesen Krieg überstanden. Er würde alles dafür tun. Oronêl lächelte. "Schließlich ist Thranduil mein Vetter... Zeit für ein Familientreffen."
Zum dritten Mal betrat Oronêl das Dorf am Südufer des Glanduin. Das erste Mal war er heimlich gekommen, unbemerkt von den Dunländern und auf der Suche nach Amrothos und dem Ring, der jetzt nicht mehr existierte. Das zweite Mal waren sie im Triumph von Tharbad gekommen, auf dem Weg die Ringe zu vernichten und nun kehrten sie zurück - auch im Sieg, doch dieser Sieg hatte einen traurigen Beigeschmack. Am östlichen Rand des Dorfes hatte sich eine kleine Gruppe Menschen versammelt, doch Oronêl erkannte überrascht, dass Faelivrin und ihre Leibwächter unter ihnen waren. Ganz vorne stand Brigid, die der Gruppe ruhig und gefasst entgegenblickte. Als Oronêl und Aéd Foraths Trage vor ihr sanft absetzten, ließ sie den Blick über den Körper des gefallenen Häuptlings schweifen und sagte leise: "Ich habe gewusst, was geschehen würde, und dennoch... der Gedanke, dass er nicht mehr hier ist, ist merkwürdig. Als wäre die Welt ein wenig leerer geworden."
Niemand sagte etwas, doch Kerry ging stumm zu Faelivrin hinüber, und die Königin schloss sie in die Arme. Auf Aéds Wange zuckte ein Muskel, als Brigid den Kopf hob und sagte: "Hattet ihr wenigstens Erfolg? Ist mein Mann nicht umsonst gestorben?"
"Wir haben die Aufgabe erfüllt, zu der wir aufgebrochen sind", begann Oronêl, und Celebithiel ergänzte: "Zwei der neun Ringe existieren nicht länger, und ihre Macht ist vergangen. Der Schatten im Osten hat einen schweren Schlag erlitten."
"Und es wäre ohne Foraths Hilfe nicht möglich gewesen", sagte nun wieder Oronêl. "Auch wenn es wahrscheinlich ein schwacher Trost ist."
"Das ist es", erwiderte Brigid, und schüttelte langsam und traurig den Kopf, ohne den Blick von Foraths Gesicht abzuwenden. "Und dennoch..." Ein seltsamer Ausdruck trat auf ihr Gesicht, als wäre ihr etwas schreckliches eingefallen. "Die Kinder... bei allen Göttern, wie sage ich es den Kindern?"
"Ich helfe dir", sagte Aéd mit rauer Stimme, die ersten Worte, die er seit ihrer Ankunft sprach, doch Brigid schüttelte erneut den Kopf. "Nein. Du wirst anderswo gebraucht." Ihr Blick schweifte von ihm über Kerry und Oronêl bis hin zu Faelivrin. "Ihr alle werdet anderswo gebraucht..." Sie blickte wieder ihrem Stiefsohn fest in die Augen. "Wie dein Vater angewiesen hat, haben sich die anderen Häuptlinge hier versammelt - doch sie wollten nicht warten, bis ihr aus Eregion zurück seid. Sie haben sich in der alten Kampfstätte versammelt, um einen Wolfskönig zu wählen."
Ein Ausdruck der Entschlossenheit trat in Aéds Gesicht, und Oronêl war sich sicher, dass er an die letzte Aufforderung seines Vaters dachte. "Nicht ohne mich", sagte er leise und mit fester Stimme.
"Kommt mit mir", sagte er an Kerry und Oronêl gewandt, und zu Faelivrin sagte er: "Dies betrifft euch ebenso, Herrin, denn ihr werdet in unserer direkten Nachbarschaft leben. Ich bitte euch, kommt ebenfalls mit mir." Faelivrin schien einen kurzen Augenblick zu überlegen, dann nickte sie. "Du hast recht, Forathssohn. Dein Vater hat uns in Tharbad freundlich willkommen geheißen, und ich will tun was ich kann damit sein Sohn seinen rechtmäßigen Platz einnimmt."
Aéd ging mit schnellen Schritten voran, gefolgt von Oronêl, Faelivrin und Kerry, und den drei Leibwächtern der Königin. Während sie durch das Dorf eilten, fragte Faelivrin leise: "Was ist mit meinen Eltern? Geht es ihnen... gut?" Oronêl nickte, und lächelte. "Ja, es geht ihnen gut. Aber sie haben in der Schmiede etwas gefunden... oder vielmehr jemanden, der ihre Hilfe braucht."
Faelivrin zog überrascht eine schmale Augenbraue in die Höhe. "Sie haben jemanden gefunden? Wen?"
"Amarin. Mathans Vater", erwiderte Kerry an Oronêls Stelle, und Faelivrins Gang stoppte kurz. "Amarin... ich dachte, er wäre tot... lange vor meiner Geburt gefallen."
"Das dachte Mathan ebenfalls, doch er hat überlebt", meinte Oronêl. "Allerdings braucht er Hilfe, und... nun, am besten ist es, wenn du es selbst siehst und dein Vater selbst es dir erzählt."
Sie erreichten den Kampfplatz hinter dem großen Haus, wo sich eine große Menge Krieger versammelt hatten. Aéd schob ohne Zögern Männer nach links und rechts zur Seite, und bahnte ihnen so einen Weg. Als sie auf die freie Fläche in der Mitte des Kampfplatzes hinaustraten, waren sie von einem Ring aus Dunländern umgeben, und Kerry ergriff ein wenig verunsichert Faelivrins Hand. Ihnen gegenüber standen sechs Männer, hinter denen Banner mit verschiedenen Zeichen in den Boden gerammt waren: Ein blutiges Messer, ein Ring, ein Stab, ein leeres Gewand, eine Kette und ein eiserner Reif. Nur das Schild, für den Stamm des Schildes fehlte.
Der Mann unter dem Banner des Ringes verzog das bärtige Gesicht beim Anblick der Neuankömmlinge. "Willkommen, Aéd Forathssohn. Ich bin sicher, es gibt einen wichtigen Grund für dich, diese Versammlung zu stören... noch dazu mit solchem Gefolge."
"Den gibt es allerdings", erwiderte Aéd, und trat ein Stück vor. "Doch zuerst wüsste ich gerne, wie diese Versammlung zustande kommt - ohne die Anwesenheit des Häuptlings des Stammes des Schildes."
"Es schien uns unwahrscheinlich, dass ihr von dieser... Unternehmung... lebendig zurückkehren würdet", entgegnete der Mann unter dem Banner der Kette mit atemberaubender Selbstsicherheit. "Und da der Stamm des Schildes damit für die nächste Zeit praktisch führerlos ist, und die Zeit drängt... Wo ist dein Vater überhaupt?"
Oronêl sah, wie Aéds Rücken sich anspannte, und der junge Krieger tief durchatmete.
"Mein Vater ist tot." Stille senkte sich über den Ring, und der Häuptling, den Oronêl als Corgan erkannte, und als einer der wenigen überhaupt nicht zufrieden mit der Situation zu sein schien, sagte: "Tot. Wie?"
Aéd warf einen kurzen Blick über die Schulter zu Oronêl und Kerry, und löste das rundliche Bündel von seinem Gürtel. "Er fiel in den Schmieden von Eregion, im Kampf gegen Sarumans Botschafter Angbaug. Doch sein Tod blieb nicht lange ungerächt." Mit einer raschen Bewegung zog er etwas rundes aus dem Bündel, und warf es den Häuptlingen entgegen. Angbaugs Kopf prallte mit einem dumpfen Schlag in den Staub, rollte ein Stück und blieb dann auf dem Stumpf des Halses liegen, das zu einer Grimasse verzerrte Gesicht den Häuptlingen zugewandt. Oronêl hörte, wie Kerry neben ihm scharf die Luft einzog.
Hatte sich zuvor Stille über den Platz gelegt, so war es nun Totenstille. Der Häuptling des Messers und der der Kette wechselten einen raschen Blick, und schließlich sagte der erste gedehnt: "Nun... der Verlust Foraths, eines der größten Anführer die das Volk der Dunländer hervorgebracht hat, ist äußerst traurig und erschütternd. Und dich, Aéd Forathssohn, beglückwünsche ich im Namen der Versammlung zu der raschen und geglückten Rache seines Todes. Allerdings... der Tod deines Vaters macht dich nicht zum Häuptling. Ich muss dich also bitten, auf deinen Platz zu gehen." Er deutete auf den Rand des Kampfplatzes, wo sich die gewöhnlichen Krieger drängten.
Oronêl hatte Verunsicherung bei Aéd erwartet, doch als der Häuptlingssohn lachte wurde ihm klar, dass er damit gerechnet hatte.
"Du hast Recht, Yven vom Stamm des Messers, das ist ein Problem." Aéd breitete die Arme aus, und sprach nun direkt die Krieger im Kreis um die Versammlung der Häuptlinge an. "Männer vom Stamm des Schildes! Ihr alle wisst wer ich bin und was ich getan habe, also spare ich mir die Angeberei mit meinen Taten. Wer spricht dagegen, dass ich, Aéd Forathssohn, das Erbe meines Vaters als Häuptling dieses Stammes antrete?"
Wieder lag Stille über dem Platz, bis schließlich jemand aus der Masse der Krieger rief: "Es gibt keinen Würdigeren." Zustimmendes Gemurmel erhob sich unter den Männern des Schildes, und schließlich trat ein junger Mann auf den Platz hervor, in dem Oronêl Domnall erkannte, der mit ihnen in Tharbad am Tor gekämpft hatte. Er trug ein helles, eng zusammengerolltes Bündel, und als er es entrollte erkannte Oronêl das Fell eines weißen Wolfes. Domnall hielt Aéd das Fell entgegen und sagte: "Du hast recht, wir alle wissen wer du bist - Aéd, Häuptling vom Stamm des Schildes!" Aéd nahm den Pelz langsam entgegen und war ihn sich um die Schultern, obwohl die Sonne schien und es nicht kalt war. Im Sonnenlicht schimmerte das weiße Fell, und Domnall rief: "Hoch Aéd, Häuptling vom Stamm des Schildes!" Aus der Menge der Zuschauer antwortete ein donnerndes "HOCH!" Allerdings hatte höchstens die Hälfte der Männer den Ruf aufgenommen - die anderen gehörten, vermutete Oronêl, nicht zum Stamm des Schildes. Aéd hatte in der Zwischenzeit das Wolfsfell an seinen Schultern befestigt, und wandte sich nun wieder mit einem liebenswürdigen und gleichzeitig gefährlichen Lächeln den anderen Häuptlingen zu.
"Damit wäre das beschlossen... und nun, Yven und ihr anderen würdigen Häuptlinge, werdet ihr mich zu eurem Wolfskönig wählen."
Seine Worte riefen Tumult hervor, als Häuptlinge und Krieger gleichermaßen durcheinander schrien. Niemand schien damit gerechnet zu haben, dass ein junger Mann, der gerade eben zum Häuptling über seinen eigenen Stamm ernannt worden war, sofort nach der Herrschaft über alle Dunländer greifen würde. Und niemand schien es akzeptieren zu wollen. Der einzige, der nicht schrie sondern nur Aéd aufmerksam beobachtete, war Corgan, der Häuptling vom Stamm des Stabes.
Schließlich kehrte wieder ein wenig Ruhe ein, und Yven, der der Wortführer der Versammlung zu sein schien, schickte sich an das Wort zu ergreifen. Es kam Oronêl merkwürdig vor, dass der Häuptling eines Stammes, der erst vor wenigen Tagen besiegt worden war, nun das Wort in einer Versammlung der Häuptlinge führte. Offenbar war Foraths Bündnis noch instabiler gewesen, als dieser geahnt hatte.
"Und mit welchem Recht beanspruchst du diese Ehre, Aéd Forathssohn?", fragte er, und Aéd antwortete: "Mit dem Recht der Vernunft - oder dem Recht des Stärkeren, wenn du darauf bestehst." Er schenkte Yven erneut ein freundliches Lächeln, in dem jedoch etwas unbestreitbar wölfisches zu sehen war. "Ich biete euch keine Eroberungen und keine Kriegsbeute an", sprach Aéd weiter, an die Häuptlinge wie die einfachen Krieger gerichtet. "Sondern Frieden - für den Moment. Einen Frieden, in dem wir uns erholen können von den Wunden und Verlusten der vergangenen Jahre, in dem wir wachsen und stärker werden können. Einen Frieden mit unseren elbischen Nachbarn im Norden", er deutete auf Faelivrin, "und mit Rohan im Süden." Bei den letzten Worten erhob sich ein Raunen in der Menge, doch Aéd fuhr unbeirrt fort: "Und wenn es soweit ist, werde ich euch erneut in den Kampf führen - doch nicht gegen die Menschen Rohans, sondern an ihrer Seite gegen den Schatten im Osten, den Schatten, der ein Feind aller Menschen ist und die ganze Welt überziehen wird, wenn wir nicht handeln. Mein Vater ist für diesen Traum gestorben, und ich würde ebenso mein Leben hingeben, um das zu erreichen."
Er verstummte, und nach einem Moment des Schweigens entgegnete Yven spöttisch: "Ein Traum - genau das ist es. Dieser Junge versucht uns Angst zu machen mit Geschichten von irgendeinem Schatten, der uns alle töten wird. Hat einem von euch schon mal ein Schatten irgendein Leid getan?" Leises Gelächter war in der Menge zu hören, und Oronêl spürte, wie Aéd die Kontrolle über die Versammlung zu entgleiten begann. "Nein, ich weiß, was er vorhat - dieser Freund von Elben und Forgoil, der selbst nur ein halber Dunländer ist", sprach Yven hasserfüllt weiter. "Er will uns einschüchtern, er will uns schwächen, mit seinem Gerede von Frieden. Uns, das Volk der Dunländer! Wir nehmen uns was uns gehört, mit Feuer und Schwert! Eines Tages werden wir über die Länder des Südens kommen, und die Forgoil davontreiben, wenn sie es nicht erwarten! Das verspreche ich, Yven, Sohn des Yven, euch! Seht ihn euch an, seht seine Freunde. Aéd predigt uns von Frieden, doch er will nur seine kleine Geliebte von den Pferdemenschen in Sicherheit wissen!" Sein Gesicht verzog sich zu einem hässlichen Grinsen, als er auf Kerry deutete. "Jeder sieht doch, dass die Kleine zu den Forgoil gehört... aber hübsch ist sie immerhin, und er will verhindern, dass ihr das Schicksal erspart wird, was allen Forgoil-Frauen blüht wenn wir über sie kommen!" Oronêl legte die Hand auf den Axtgriff und unterdrückte mühsam den Zorn, der ihn bei diesen Worten überkommen hatte. Aus der Menge war zustimmendes Murmeln zu hören, doch nicht alle schienen mit Yven einer Meinung zu sein. Viele schwiegen, und eine große Gruppe schüttelte die Köpfe und murrte ablehnend. Doch Oronêl wusste, es würde nicht reichen - und stellte in diesem Moment entsetzt fest, dass Kerry nicht länger neben ihm stand, sondern zwei Schritte nach vorn gemacht hatte und nun neben Aéd stand.
"Du hast recht, Yven, Yvens Sohn", sagte sie laut, und ihre Stimme zitterte nur am Anfang ein wenig. "Ich bin Déorwyn, Cynerics Tochter aus Rohan... doch ich bin auch Ténawen Morilië aus dem Haus Nénharma. Dort steht Faelivrin, meine Schwester und Königin der Manarîn. Und ihr könnt euch sicher sein, dass ihr sie ebenfalls zum Feind haben werdet, wenn ihr Krieg gegen Rohan führt." Oronêl sah sie lächeln, obwohl die Wut in ihrer Stimme nicht zu überhören war. "Und gegen diese Elben könnt ihr nicht gewinnen, nicht entzweit und uneins wie ihr seid, und nicht wenn ihr auch noch Krieg gegen Rohan führen müsst. Saruman kann euch nicht länger helfen, und wenn ihr nicht Aéds Weg folgt, werdet ihr untergehen - spätestens, wenn Saurons Horden dieses Land erreichen."
Yven war blass geworden und einen Schritt zurückgetreten, während Corgan und einige der anderen Häuptlinge beinahe unmerklich lächelten. Yven öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch Oronêl trat vor und legte Kerry die Hand auf die Schulter.
"Kerry spricht im Zorn - und doch die Wahrheit", sagte er. "Ich habe einmal an diesem Ort um mein Leben und meine Freiheit gekämpft - als Bóran Häuptling dieses Stammes war. Ich habe damals gesehen, dass die Dunländer Ehre und Größe besitzen können, und das sie fehlgeleitet sind. Wenn ihr den Worten dieses Mannes Glauben schenkt, werdet ihr diese falsche Führung niemals abschütteln, bis zu eurem Untergang.
Euch ist ein Unrecht getan worden, als ihr aus eurer alten Heimat vertrieben worden seid. Doch wie viele eurer Generationen ist das her? Wie viele Generationen haben in diesem Land gelebt und es liebgewonnen? Es gibt niemanden mehr unter euch, der sich an eure alte Heimat in Rohan erinnert. Das Land ist nun die Heimat der Rohirrim, ebenso wie dieses Land nun eure Heimat ist, und niemand sollte jemanden vertreiben. Ihr könnt euren Hass und eure Kränkung in den Herzen behalten und hegen und pflegen, doch dann werdet ihr niemals euren Frieden finden. Nicht hier, nicht in Rohan oder irgendeinem anderen Land. Forath hatte das erkannt, und auch, dass ihr fest an der Seite aller anderen Menschen und der Elben gegen Sauron stehen müsst, wenn Mittelerde überleben soll. Forath ist dafür gestorben, doch hier steht sein Sohn, und tritt für die selben Wahrheiten ein - und muss dafür Hohn und Spott von jenen ertragen, die nicht über ihren Hass hinaussehen können.
Aéd Forathssohn ist derjenige, der euch ans Ende dieses Zeitalters führen sollte. Ich bin eindeutig kein Dunländer", leises Lachen war um den Ring zu hören, "Doch ich spreche als Freund der Dunländer. Ich bitte euch, denkt über unsere Worte nach, und kommt zu einer Entscheidung, die das Volk Dunlands überleben lässt, anstatt es sinnloser Rache zu opfern."
Als Oronêl ausgesprochen hatte, herrschte erneut Stille über dem Versammlungsplatz, und nur das Rascheln des Windes im Gras war zu hören. Noch immer war die Stimmung unglaublich angespannt, und Oronêl konnte nicht vorhersagen, wie die Versammlung ausgehen mochte.
Dann trat Corgan vor, und ging zur Überraschung aller vor Aéd auf ein Knie herunter. "Ich bin nicht mit deinem Vater gegangen, obwohl er mich darum gebeten hatte... und ich stand nicht an seiner Seite als er fiel. Forath war mein Freund, auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren, und ich werde bis zum Tag meines Todes bereuen, dass ich nicht dort war. Ich wäre ihm bis an die Tore des Schattenlandes gefolgt, doch nun ist er tot." Er zog sein Schwert, stieß es vor sich in den Boden und legte die rechte Hand um den Griff und die linke auf die Parierstange.
"Doch hier steht sein Sohn, und sein würdiger Erbe, und will das Werk seines Vaters fortsetzen. Aus ihm spricht nicht Furcht, sondern Vernunft und das Wissen um das, was kommen wird. Und ich werde ihm folgen, bis an die Tore des Schattenlandes und darüber hinaus. Aéd Forathssohn hat den Tod seines Vaters gerächt, und er ist... der Weiße Wolf! Unser Wolfskönig!"
Eine Stimme, die Oronêl als Domnall erkannte, antwortete aus der Menge: "Unser Wolfskönig!" Und nach und nach nahmen immer mehr Stimmen den Ruf auf. Zuerst folgte der Häuptling des Gewandes Corgan und kniete mit gezogenem Schwert vor Aéd nieder, dann folgten rasch einander die anderen Häuptlinge - Yven zuletzt und mit deutlichem Widerwillen - während rings um sie her immer lauter gebrüllt wurde: "Wolfskönig, Wolfskönig! Wolfskönig!"
Aéd stand starr vor den knienden Häuptlingen, im Kreis der ihm zujubelnden Krieger, und verzog keine Miene. Oronêl war sich sicher, dass dem frischgewählten Wolfskönig ebenso klar wie ihm selbst war, dass seine Schwierigkeiten damit keineswegs ein Ende gefunden hatten - heute waren die Dunländer vereint, doch schon morgen mochte es vollkommen anders aussehen. Und dennoch... war Aéd vielleicht genau der richtige Mann, um diese Schwierigkeiten zu überwinden und am Ende die Dunländer an die Seite der Freien Völker zu führen.
Inzwischen hatten die meisten Krieger ihre Waffen gezogen, reckten sie in die Luft empor, und noch immer halte der Ruf über den Platz und durch das Dorf: "Wolfskönig, Wolfskönig!"
Eandril:
Als die Menge sich ein wenig beruhigt hatte, sagte Aéd mit lauter, tragender Stimme: "Männer Dunlands! Diejenigen von euch, die in Tharbad waren, haben die Ankunft der Elbenschiffe gesehen. Dieses Elbenvolk wird das alte Elbenland nördlich des Grenzflusses besiedeln, und damit werden sie unsere Nachbarn werden." Er machte eine kleine Pause, und wandte sich zu Faelivrin um.
"Die Königin dieses Volkes ist heute unter uns, auf meine Einladung - denn was hier in Dunland geschieht, betrifft sie ebenfalls. Ihre Feinde sind auch unsere Feinde, Sauron und Saruman, die die Welt der Menschen und Elben vernichten wollen."
Aéd streckte Faelivrin eine Hand entgegen, als er weitersprach: "Herrin - eure Feinde sollen unsere Feinde sein. Wenn ihr wollt, werden die Menschen Dunlands euch beistehen bei eurem Vorhaben, in guten Zeiten wie in schlechten Zeiten, und ganz gleich, was geschehen mag."
Es herrschte Stille über dem Platz während Faelivrin zu zögern und zu überlegen schien, doch als sie schließlich die angebotene Hand ergriff, breitete sich ein freudiges Raunen in der Menge aus.
"Du hast gut gesprochen, Wolfskönig", antwortete die Königin mit klarer Stimme und einem Lächeln. "Das Volk der Manarîn wird dir und deinem Volk ebenfalls zur Seite stehen in den Kämpfen und Schwierigkeiten, die kommen mögen. Mögen wir Seite an Seite wachsen und stärker werden, bis die Zeit gekommen ist, dem Schatten im Osten gemeinsam entgegen zu treten."
Als Faelivrin ausgesprochen hatte, brachen die Dunländer erneut in Jubel aus - selbst wenn viele von ihnen die Elben noch vor kurzem als Feinde gesehen hatten. Oronêl fiel auf, dass einige sich der allgemeinen Begeisterung nicht anschlossen, darunter Yven, der Häuptling des Messers. Ihn würde Aéd, der jetzt mit den Lippen stumm das Wort "Danke" formte, noch lange Zeit im Auge behalten müssen. Und noch eine Sache war ihm aufgefallen, in dem was Faelivrin gesagt hatte: Durch die Art ihrer Formulierung hatte sie das Bündnis stark an Aéd selbst gebunden, und sich damit die Möglichkeit gelassen es nicht erfüllen zu müssen, sollte eine feindlich gesinnte Partei ihn stürzen.
Nach und nach legte sich der Jubel ein wenig, und Aéd ergriff wieder das Wort: "Wir haben heute vieles erreicht und einen wichtigen Schritt getan - doch nun lasst uns einen Augenblick ruhen. Und lasst uns morgen, wenn die Nacht hereinbricht, ein großes Fest feiern, zu Ehren meines Vaters. Ohne ihn wäre dieser Moment nie gekommen, und heute erfüllt sich schließlich das, was er begonnen hat."
Auf Aéds Worte begann sich die Versammlung allmählich aufzulösen. Während die Krieger sich in alle Richtungen zerstreuten, trat zuerst Corgan an Aéd heran und packte ihn an den Unterarmen. "Ich habe ja erst nicht viel von dir gehalten, Junge", sagte er mit einem Grinsen unter seinem Bart. "Doch ich glaube, dass wir heute eine gute Wahl getroffen haben, und ich werde dir überall hin folgen - und dafür sorgen, dass niemand von diesen anderen Idioten auf dumme Gedanken kommt." Er zwinkerte seinem neuen König zu, und ging dann davon, wobei er etwas von Bier vor sich hin murmelte. Nacheinander kamen auch die anderen Häuptlinge und gratulierten Aéd, die einen herzlich, die anderen etwas distanzierter, aber immerhin respektvoll. Nur einer blieb dem Wolfskönig fern. Faelivrin deutete auf Yven, und sagte: "Bitte, lass ihn herkommen."
Und auf Aéds verwunderten Blick hin erklärte sie: "Dieser Mann hat meine Schwester beleidigt und bedroht - nicht direkt, aber dennoch deutlich genug."
Kerry wollte etwas sagen, wurde von Faelivrin allerdings mit einem Blick zum Schweigen gebracht. Aéd nickte langsam, und erwiderte: "Natürlich. Ich bitte nur um eins - gebt ihm keinen Anlass zu noch mehr Bitterkeit. Mein Volk mag heute einig erscheinen, doch es ist noch immer tief zerrissen."
"Ich verstehe", antwortete Faelivrin, und Aéd winkte den Häuptling heran.
Yven kam langsam näher, und sagte: "Ich gratuliere euch, Wolfskönig. Was wünscht ihr?"
"Ich?", fragte Aéd. "Gar nichts. Aber die Herrin Faelivrin hat dir etwas zu sagen."
"Ténawen Morilië ist meine Schwester, und als solche Mitglied der Königsfamilie von Manarîn", sagte Faelivrin, und ihr Gesicht und Tonfall waren hart. "Du hast sie beleidigt, und du hast sie bedroht. Ich bin allerdings, im Sinne der Freundschaft zwischen unseren Völkern, bereit auf jegliche Strafe zu verzichten - wenn du dich entschuldigst."
"Ich habe nicht...", wollte Yven aufbegehren, stockte allerdings. Aéds Blick, der den Häuptling traf, war gleichermaßen streng und bittend - dem Wolfskönig war natürlich stark daran gelegen, diese Sache so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen.
Yven verneigte sich knapp und widerwillig in Kerrys Richtung, und sagte: "Ich entschuldige mich für meine Worte - es liegt nicht in meiner Absicht, euch zu bedrohen oder zu beleidigen, und es wird nicht mehr vorkommen."
Kerry nickte stumm, und Faelivrin sagte zufrieden: "Nun, da Ténawen die Entschuldigung angenommen hat, gebe auch ich mich damit zufrieden."
"Du kannst gehen, Yven", sagte Aéd leise, und fügte noch leiser hinzu: "Danke." Er bedankte sich dafür, dass der Häuptling sich trotz allem nicht verweigert hatte, denn es hätte Aéd gezwungen, ihn zu bestrafen - und das hätte den Krieg innerhalb der Dunländer womöglich neu aufflammen lassen.
Der Wolfskönig wandte sich wieder Faelivrin zu als Yven langsam davon gegangen war, und sagte: "Und ich danke auch euch, Herrin - dafür, dass ihm die Demütigung erspart habt, es vor der ganzen Versammlung tun zu müssen."
Faelivrin lächelte, und antwortete: "Ich habe einen Moment lang mit dem Gedanken gespielt. Dann erschien es mir doch besser es auf diese Weise zu machen - auch wenn ich nicht ganz darauf verzichten konnte. Ich hoffe, du verstehst, warum?"
"Vollauf", erwiderte Aéd, und verneigte sich leicht in ihre Richtung, doch das Lächeln verschwand von seinem Gesicht als er fortfuhr: "Ich... sollte zu meiner Familie gehen. Über allem was gerade geschehen ist, vergisst man leicht, wo man eigentlich sein sollte."
Als Aéd in Richtung des großen Hauses davongeeilt war, fragte Oronêl Faelivrin: "Ist der Rest der Manarîn in der Nähe? Ich kann mir kaum vorstellen, dass du ihnen alleine vorausgeeilt bist."
"So gern ich es auch wäre, um meinen Eltern und euch anderen zu helfen - nein", erwiderte sie. "Die übrige Vorhut lagert etwa eine halbe Meile westlich von hier, der Rest meines Volkes ist ebenfalls auf dem Weg während wir gerade sprechen. Ich bin nur auf Brigids Einladung hier." Mit einem Lächeln ließ sie den Blick über den nun fast völlig verwaisten Platz schweifen. "Viele hier sind gute Menschen - nicht vergleichbar mit den Nachfahren Númenors, aber dennoch gute Menschen. Und ich bin froh, dass sie hier sind."
Als sie ausgesprochen hatte, kamen gerade Finelleth und Celebithiel zwischen zwei Häusern hindurch auf den Platz. Celebithiel war noch immer bleich, und ihre Wunde bereitete ihr sichtlich Schmerzen. "Haben die Manarîn Heiler in ihren Reihen?", fragte sie an Faelivrin gewandt. "Ich dachte zuerst, es wäre nur ein Kratzer, aber jetzt..."
Mit einer Geste zu ihren Leibwächtern sagte Faelivrin: "Asea, bring Celebithiel ins Lager zu den Heilern." Als die Elbe zögerte, hob sie eine Augenbraue und sagte: "Für den Moment werde ich wohl auch mit zwei Leibwächtern auskommen - ich glaube nicht, dass mir oder Ténawen mit Oronêl und Finelleth hier irgendwelche Gefahr droht."
Asea verneigte sich, und ging mit Celebithiel in westlicher Richtung davon, während Faelivrin sich an Oronêl wandte. "Und jetzt, wenn es euch nichts ausmacht, würde ich gerne erfahren, was in Eregion geschehen ist."
"Natürlich", meinte Oronêl lächelnd. "Ich kann mir gut vorstellen, dass du es wissen willst, und ich werde erzählen."
Finelleth jedoch schüttelte den Kopf. "Ich werde mir irgendwo einen ruhigen Ort suchen - ich verspüre kein Bedürfnis danach, das alles noch einmal zu durchleben." Sie ging langsam in Richtung des Flusses davon. Kerry blickte ihr nach, und sagte schließlich vorsichtig: "Vielleicht... sollte ich ihr nachgehen? Manchmal braucht man Gesellschaft, obwohl man glaubt keine zu wollen."
"Geh nur", erwiderte Oronêl nachdenklich. "Ich glaube auch, dass Faerwen jetzt nicht allein sein sollte. Und währenddessen werde ich die Neugierde der Königin befriedigen", fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.
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