Oronêl, Gamling, Amrothos und Forath aus den Kerkern...Als Forath und die Gefangenen das Haus des Häuptlings verließen war es Nacht. Der Himmel war sternenklar, und Oronêl fühlte sich sofort besser, als er die frische, wenn auch etwas nach Rauch riechende, Luft einatmete. Allerdings wunderte er sich ein wenig über den Zeitpunkt des Kampfes, denn von Bóran hätte er eher erwartet, den Kampf in der Mittagssonne, von der die Gefangenen geblendet werden würden, abzuhalten.
Forath und seine Männer führten die Gefangenen um das große Haus herum auf die Nordseite, wo sich bereits eine große Menge um den Zaun, der die Kampfarena markierte, versammelt hatte. Bevor sie die Arena erreichten warf Oronêl einen Blick über die Schulter auf das Dach des Hauses, wo Orophin mit seinem Bogen auf der Lauer liegen und im Notfall eingreifen sollte. Er konnte allerdings keine Spur seines Gefährten entdecken.
Als die bei der Arne angelangt waren, sah Oronêl sich zum zweiten Mal während seiner Gefangenschaft dem Häuptling Bóran gegenüber. Dieses Mal sah Bóran jedoch deutlich weniger selbstbewusst als zuvor aus, und wirkte geradezu nervös - was vermutlich mit diesem Angbaug, den Forath erwähnt hatte, zusammenhing.
"So.", sagte Bóran. "Die Zeit eures Urteils ist gekommen. In der Arena liegen eure Waffen - zwei Äxte und euer Dolch. Damit könnt ihr sicherlich am besten umgehen." Der Häuptling grinste selbstzufrieden, aber auch über dieser Geste lag ein gewisser Schatten der Angst. Oronêl erwiderte nichts, und so wandte Bóran sich direkt an Forath: "Na, mach sie los und dann in die Arena mit diesem Pack. Wir sehen uns, wenn sie tot sind, ha!" Er marschierte mit schweren Schritten davon, und Forath durchschnitt die Fesseln der Gefangenen.
"Viel Glück.", raunte er Oronêl so leise zu, dass niemand sonst es hörte, und stieß ihn dann unsanft durch das geöffnete Gatter in die Arena, und Amrothos und Gamling hinter ihm. Obwohl der Stoß nicht hart gewesen war, taumelte Oronêl ein wenig als ob der das Gleichgewicht verloren hätte, und ließ sich dann auf ein Knie fallen. Amrothos und Gamling schwankten beide ein wenig, blieben aber stehen. Zum Glück war Amrothos im Augenblick bei klarem Verstand. Zwar war Oronêl klar dass weder er noch Gamling eine Hilfe im Kampf sein würden, doch ein Amrothos der dem Wahnsinn verfallen war, wäre für ihn deutlich schwerer zu beschützen.
Während er noch auf einem Knie verharrte, warf Oronêl einen raschen Blick durch die Arena. Der mit Sand bestreute Platz war etwa kreisförmig, von einem Holzzaun umgeben und wurde von Fackeln, die an hohen Pfählen rings um die Arena hingen, mit flackerndem Licht erhellt. Ihm direkt gegenüber auf der anderen Seite der Arena befand sich ein zweites Tor, an dem er Bóran mit vier schwer gerüsteten Männern stehen sah. Oronêl erhob sich und packte die kurze Axt die vor ihm lag. Gamling nahm die andere, wog sie kurz in der Hand und sagte dann leise: "Ich werde keine Hilfe sein, aber ich freue mich, dass ich wenigstens kämpfend sterben kann." Ebenso leise gab Oronêl zurück: "Wenn hier jemand stirbt, dann die." Er deutete mit der Axt auf die vier Männer, die gerade auf der anderen Seite in die Arena traten. Zwei waren mit Schild und Speer gerüstet und nahmen die beiden anderen, von denen einer eine mächtige, zweihändig geführte Axt schwang und der andere eine stachelbesetzte Keule über die Schulter gelegt hatte, in die Mitte.
Neben Oronêl nahm Amrothos den elbischen Dolch auf. Oronêl stellte besorgt fest, dass Amrothos' Hände zitterten und seine Augen einen ungesunden Glanz hatten. Wahrscheinlich machte die Nähe des Rings, den Bóran irgendwo versteckt trug, zu schaffen. Nachdem beide Tore geschlossen worden waren, rief Bóran laut: "Dunländer! Heute kämpfen diese Gefangenen gegen unsere besten Krieger um ihre Freiheit."
Er warf einen nervösen Blick über die Schulter, wo Oronêl im Halbschatten einen großen Mann mit kurzgeschorenen Haaren und dem Zeichen der Weißen Hand auf seinem Brustpanzer stehen sah. Bóran wandte sich wieder der Arena zu und hob die Hand, die, wie Oronêl zu erkennen glaubte, leicht zitterte. "Mögen die Götter entscheiden!"
Er ließ die Hand sinken, und der Kampf begann.
Oronêl wusste genau, dass seine Gegner sich zuerst auf Amrothos und Gamling stürzen würden. Sie wussten ebenso gut wie er dass die beiden nicht in der Lage sein würden sich lange zu wehren, und so würden sie Oronêl dazu zwingen zwei Leute gleichzeitig zu verteidigen. Dazu war er nicht in der Lage, nicht gegen eine vierfache Übermacht.
Also musste er etwas tun, was seine Gegner nicht erwarteten: Er ging in die Offensive, und rannte direkt auf die Dunländer zu.
Die beiden Speerkämpfer hoben ihre Schilde und streckten die Speere vor, der Mann mit der großen Axt grinste und stellte sich breitbeinig in Kampfpositur, und der vierte Kämpfe bliebt einfach stehen, die Keule weiter lässig auf die Schulter gelegt. Offenbar rechnete er damit, dass seine Gefährten kurzen Prozess mit dem Elben, der direkt auf ihre Speerspitzen zugerannt kam, machen würden. Direkt vor den zustoßenden Speeren ließ Oronêl sich fallen, rollte sich ab und kam zwischen dem rechten Speerträger und dem Axtkämpfer wieder auf die Füße. Hinter sich hörte er die Speere in den Sand stoßen, wo er gerade noch gewesen war, und neben ihm stieß der Axtkämpfer, bei dem es sich vermutlich um Bórans Sohn handelte, einen kurzen Fluch aus.
Oronêl verharrte nicht und gestattete sich nicht zu denken, denn gegen vier Gegner hatte er nur den Hauch einer Chance, wenn er schneller und ihnen immer mindestens einen Schritt voraus war. Der trat dem Axtträger mit dem linken Fuß so stark wie möglich von hinten gegen den Knöchel und hieb dem Speerträger rechts von ihm den Axtstiel gegen die Schläfe, weil kein Platz zum Ausholen für einen Axthieb war. Zum Glück trug der Speerträger keinen Helm, und so taumelte er nach dem Treffer benommen zur Seite.
Inzwischen hatte der Kämpfer mit der Keule diese von der Schulter genommen und kam mit erhobener Waffe auf Oronêl zugestürmt. Dadurch deckte er allerdings seine untere Köperhälfte nicht, Oronêl wirbelte herum und schlug zu.
Sein Schlag zerschmetterte das Knie des Dunländers, dieser mit einem Schrei zu Boden und Oronêl machte seinem Leben mit einem Hieb gegen den Hals ein Ende.
Einer erledigt, bleiben noch zwei....Er hatte allerdings keine Zeit zum aufatmen, denn nun kam der andere Speerträger auf ihn zu, und im gleichen Moment spürte er, wie hinter ihm die schwere Axt des Häuptlingssohnes zu Boden fuhr und ihn nur um Haaresbreite verfehlte.
Oronêl wich dem Speerstoß seines anderen Kontrahenten aus und schlug zu. Allerdings gelang des dem Speerträger, die Axt mit dem hölzernen Schild abzufangen, und zu Oronêls Pech blieb die Klinge im Schild stecken. Mit einem kräftigen Ruck zog der Krieger Oronêl an sich heran, und der Elb konnte das Grinsen auf seinem pockennarbigen Gesicht erkennen. Er fuhr mit der linken Hand an seinen Gürtel und wollte den Dolch ziehen, doch diesen hatte ja Amrothos. Auf der anderen Seite ließ sein Gegner seinen Speer fallen, der ihm nun nichts mehr nützte und zog das kurze Schwert, dass er an der Seite trug. Hinter sich hörte Oronêl, wie der Axtkämpfer heran kam, und die Axt zum Schlag hob.
Er hatte nur eine Möglichkeit: Die Axt und damit seine eigene Waffe loszulassen. Er ließ die Axt los, der Speerträger taumelte überrascht einen halben Schritt zurück da Oronêl nicht länger an der Waffe zog, und der Elb machte eine Drehung nach links. Er spürte, wie ihm das Schwert seines Gegners die rechte Wange aufschnitt, doch er konnte sich von dem Schmerz jetzt nicht ablenken lassen.
Er drehte sich um den Speerträger (der nun eher ein Schwertkämpfer war) herum, packte den überraschten Mann von hinten und stieß ihn dem Häuptlingssohn, der gerade seine schwere Zweihandaxt über den Kopf erhoben hatte und nun zuschlug, entgegen.
Auch wenn ein solcher Überkopfschlag mit einer derart schweren Waffe ein Hieb mit schrecklicher Kraft war, den kaum jemand abwehren konnte, hatte er doch einen Nachteil: Es war für den zuschlagenden kaum möglich, ihn noch zu stoppen. Zu Oronêls Vorteil gelang Bórans Sohn dieses Kunststück nicht, und die Axt grub sich knirschend tief in die Brust seines eigentlichen Verbündeten, und eine Blutfontäne schoß direkt in sein Gesicht.
Oronêl hatte währenddessen einen Schritt zurück gemacht, sah sich nun jedoch unbewaffnet dem Häuptlingssohn, der mit einem Ruck seine Axt aus dem Körper des gefallenen befreit hatte, gegenüber. "Du...", knurrte Bórans Sohn. Gesicht, Hals und Haare waren blutverschmiert. Er machte einen Schritt über die Leiche hinweg auf den unbewaffneten Oronêl zu, der seinerseits einen Schritt zurückmachte.
"Ich werde dich töten!" In Gedanken war Oronêl geneigt, ihm zuzustimmen. Hätte er noch eine Waffe gehabt, hätte er sich durchaus Chancen ausgerechnet, doch zwischen ihm und seiner Axt, die zudem noch immer im Schild des unglücklichen Speerträgers feststeckte, stand der wütende, blutverschmierte Häuptlingssohn und schwang drohend die Axt.
Da hörte er, wie jemand von der anderen Seite seinen Namen rief. Über die Schulter seines Gegners sah er, wie Amrothos auf dem Boden kauerte und offenbar vor sich hin murmelte. Vor ihm stand mit stoßbereitem Speer der zweite Speerträger, der sich offenbar von Oronêls Schlag erholt hatte und nun fragend zu Bóran blickte. Bevor der Häuptling jedoch ein Zeichen geben konnte, wurde der Speerträger von Gamling, der auch Oronêl gerufen hatte, abgelenkt. Der alte Rohir lief langsam, die Axt erhoben auf den Dunländer zu und rief ihm etwas in der Sprache Rohans, die die Dunländer hassten, zu.
Der Speerträger wandte sich zu Gamling um, kampfbereit, und stieß schließlich zu. Gamling versuchte zwar, dem Stoß auszuweichen, doch die lange Zeit im Kerker hatte ihn langsam werden lassen. Der Speerstoß traf dennoch nicht seinen Hals, auf den er gezielt gewesen war, sondern bohrte sich nur in seine linke Schulter und Gamling ging zu Boden.
Im selben Moment traf Oronêl, der von dem kurzen Kampf abgelenkt gewesen war, mit voller Wucht der Stiefel seines Gegners in die Brust und schleuderte ihn ein, zwei Meter nach hinten, wo er benommen auf dem Sand aufschlug. Er hob den schmerzenden Kopf, und sah den Häuptlingssohn langsam auf sich zu kommen und lässig die Axt schwenken. Was mit Amrothos und Gamling geschah, konnte er nicht sehen.
So endet es also. Er war bereit zu sterben, denn wenigstens hatte er alles versucht was er konnte. Er würde in Mandos' Hallen eingehen, und schließlich Calenwen wiedersehen.
Bórans Sohn hob die Axt, bereit zum Zuschlagen... doch er wurde von einem Ruf unterbrochen.
"Halt!"
Die Stimme war leise, aber dennoch befehlsgewohnt und schien in der ganzen Arena zu hallen. Oronêl erkannte sie nicht, und als der tödliche Schlag tatsächlich nicht kam rappelte er sich mühsam auf und sah, dass der Mann mit der Weißen Hand Saurmans an den Rand der Arena getreten war. Der Mann sprach erneut.
"Im Namen Sarumans, des Weißen, eures Herrn und Gebieters erlaube ich euch nicht, diese Gefangenen zu töten. Sie sind zu wertvoll für ihn."
Er wandte sich an den neben ihm stehenden Bóran, und jetzt erkannte Oronêl auch seinen eisernen Arm. Eine bleierne Stille hatte sich über die Arena gelegt, wo bis eben noch anfeuernde Rufe und Jubel geherrscht hatten.
"Ist nicht Saruman euer einziger, wahrer Herr und Meister?", fragte Angbaug mit sanfter Stimme, die Oronêl einen Schauer über den Rücken jagte.
Bórans Gesicht glänzte im Fackelschein schweißnass, doch er wirkte entschlossen.
"Saruman hat uns verraten.", sagte er. Zuerst leise, dann noch einmal, nun so laut dass alle Anwesend ihn hören konnten. "Saruman hat uns verraten! Wir leben noch immer hier, nicht besser als vor der Zeit, als wir für ihn und seine Versprechungen in den Krieg zogen! Wir müssen ihm sogar Tribut zahlen!" Unter den Dunländern erhob sich ein zustimmendes Raunen, und Bóran schien selbstsicherer zu werden.
"Aber das hat jetzt ein Ende! Ich, Bóran, werde ganz Dunland vereinen, und unter meiner Führung werden wir neue Reiche erobern! Rohan soll fallen, und die Menschen des Südens und Nordens! Der ganze Westen soll uns gehören!" Das Ende schrie er beinahe, und einige Dunländer begannen ihm begeistert zuzujubeln. Selbst aus der Arena sah Oronêl in seinen Augen ein wahnsinniges Feuer tanzen.
"So, wirst du das..." erwiderte Angbaug leise, und so leise dass nur Bóran, der neben ihm stehende Forath und Oronêl dank seiner Elbenohren ihn verstehen konnte. Und er sah, wie Sarumans Bote die Hand auf den Schwertgrif legte.
Doch bevor Angbaug oder Bóran etwas tun konnten, geschah etwas anderes, von beiden unerwartetes. Amrothos Hand fand plötzlich den Griff von Oronêls Dolch, der vor ihm auf dem Boden lag, und der Prinz sprang auf, mit Augen die ebenso wahnsinnig glühten wie Bórans. "GIB IHN MIR ZURÜCK!", schrie er, stürmte an dem völlig überraschten Speerträger vorbei durch die Arena, sprang mit einer Kraft, die Oronêl ihm nicht zugetraut hatte, über den Zaun direkt gegen Bóran. Der Häuptling stolperte, völlig unvorbereitet getroffen, und Oronêl sah seinen Dolch in Amrothos' Hand aufblitzen.
"Orophin!", rief er so laut er konnte, und in diesem Moment brach die Hölle los. Auf dem Dach des großen Hauses erhob sich eine Gestalt mit einem Bogen in der Hand, und im nächsten Augenblick brach Bórans Sohn mit einem Pfeil im Nacken tot zusammen. Angbaug und Forath zogen die Schwerter und gingen aufeinander los, während Amrothos und Bóran sich im Kampf um den Ring auf dem Boden wälzten.
Während Orophin auch den letzten Kämpfer der Dunländer mit einem gut gezielten Pfeil zu Boden schickte lief Oronêl los, obwohl seine Rippen schmerzten und die Stelle wo der Tritt des Häuptlingssohns ihn getroffen hatte wie Feuer brannte. Er packte den Griff der Axt, die immer noch mit dem Schild verkeilt war und riss die Klinge aus dem Holz. Ein kurzer Blick zu Gamling sagte ihm, dass der Alte zwar verwundet, aber am Leben war, denn er regte sich und versuchte sich langsam aufzusetzen.
Da Gamling im Moment keine Gefahr drohte und aus dieser Richtung Orophin, der vom Dach aus Freund und Feind nicht auseinander halten konnte und deshalb hinunter geklettert war, kommen würde, lief Oronêl in die andere Richtung, wo Forath und Angbaug miteinander kämpften.
Einer von Bórans Getreuen war in die Arena geklettert, doch Oronêl konnte seinem unbeholfenen Axthieb ausweichen und ihn seinerseits mit einem besser gezielten Schlag zu Boden schicken. Der Sand färbte sich sofort rot, und Oronêl rannte weiter.
Er sprang über den Zaun, schlug einen Dunländer nieder der offenbar lieber Saruman dienen wollte und deshalb versucht hatte, Forath hinterrücks zu erstechen und riss dann mit der freien Hand den tobenden Amrothos von Bóran hinunter. Amrothos hatte mehrere Kratzer im Gesicht und blutete aus einer Schnittwunde am Hals, doch Bóran war es schlechter ergangen. Aus seiner Kehle ragte Oronêls Dolch, und während Oronêl noch auf ihn hinab blickte, erlosch das Licht in den Augen des Häuptlings.
Ohne Zögern zog Oronêl den Dolch aus dem Hals der Leiche, befestigte ihn an seinem Gürtel und wollte die Taschen des gefallenen Häuptlings nach dem Ring durchsuchen, während rund um ihn herum die Dunländer gegeneinander kämpften und Angbaug Forath gegen den Zaun der Arena drängte.
Dazu kam er jedoch nicht, denn Amrothos, der sich von seiner Überraschung erholt hatte, sprang ihn an und versuchte, die Hände um seinen Hals zu schließen.
"Nicht nochmal.", stieß Oronêl zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, und stieß Amrothos mit Wucht den Kopf ins Gesicht. Dem Prinzen schoss Blut aus der vermutlich gebrochenen Nase, seine Augen verdrehten sich nach oben und er verlor das Bewusstsein. "Tut mir Leid.", sagte Oronêl, rieb sich die schmerzende Stirn und tastete Bórans Körper ab. Besser so, als dass Amrothos den Ring noch einmal in die Finger bekam. Schließlich fand er, was er suchte. Der Ring steckte in Bórans Brusttasche, doch als Oronêl ihn schließlich in der Hand hatte, verspürte er keine Erleichterung, sondern nur Widerwillen.
Am liebsten hätte der das Ding sofort von sich geschleudert, doch das konnte er nicht. Hinter sich hörter er Orophins Stimme seinen Namen sagen. Er wandte sich um, und sah seinen Gefährten, den verwundeten Gamling auf seine Schulter gestützt, vor sich stehen. Orophin streckte ihm mit der freien Hand seine Axt und seinen Bogen entgegen, und Oronêl nahm beide Waffen mit einem Gefühl der Erleichterung an, nach dem er den Ring in seine Gürteltasche gestopft hatte. Dann packte er den noch immer bewusstlosen Amrothos unter den Achseln, legte sich einen seiner Arme um die linke Schulter und umschlang ihn stützend mit dem linken Arm.
"Wir sollte hier verschwinden.", sagte er angestrengt, denn seine Rippen protestierten schmerzhaft und an seiner verletzten Wange lief Blut herunter.
"Da stimme ich euch zu.", hörte er Forath mit schmerzverzerrter Stimme neben sich sagen. Unwillkürlich musste Oronêl lächeln, denn auch wenn der Hauptmann ihn im Grunde nur benutzen wollte um Bóran zu stürzen, war er doch froh ihn lebend zu sehen. Immerhin war Forath vermutlich die beste Chance auf Frieden in Dunland.
"Habt ihr Angbaug getötet?" Forath, der aus vielen kleinen Wunden blutete und sich die Seite hielt, spuckte aus und schüttelte den Kopf. "Nein, Sarumans Bote ist geflohen nachdem er sich zu vielen von uns gegenüber gesehen hat. Im direkten Zweikampf hätte er wahrscheinlich Kleinholz aus mir gemacht, der Kerl ist verdammt stark und schnell." Er deutete mit dem Schwert, von dem Blut tropfte auf Orophin. "Als euer Freund hier seinen Auftritt hatte und Bórans Sohn erschossen hat - guter Schuss übrigens - haben einige von Bórans klügeren Freunden den Braten gerochen, dass ich da mit drinstecke und die Macht übernehmen will. Jetzt kämpfen seine und meine Anhänger miteinander, und der wahre Feind ist geflohen." Er klang bitter, und Oronêl konnte ihn verstehen. Forath wollte keinen Bürgerkrieg in Dunland, sondern die Macht möglichst friedlich übernehmen.
"Das tut mir leid.", sagte er. Forath schüttelte den Kopf und keuchte. "Anders war es nicht zu machen, ich kann verstehen dass ihr nicht gerne sterben wollten." Er rang einen Moment nach Atem. "Ahh... der Bastard hat mich gut erwischt, aber sterbe werde ich daran nicht. Und ihr, schlagt einen Bogen nach Norden um das Dorf herum. Dann geht immer nach Westen, bis ihr zu einem Wäldchen aus Krüppelkiefern kommt in deren Mitte die Ruine eines Elbenturms steht. Dort wird euch niemand suchen, denn die anderen Dunländer gehen nicht gerne in die Nähe von Elbenruinen. Und ich werde euch dort in drei Tagen finden."
Die beiden Elben nickten. "Mae govannen, Forath.", sagte Oronêl. "Mögest du deinen Kampf siegreich führen." Dann kehrten sie dem Dorf, in dem die ersten Hütten in Flammen aufgingen, langsam den Rücken.