@Flash1: Erstmal willkommen im Forum und vielen Dank für dein durchdachtes und ausführliches Feedback! Ich bin zwar mit meiner Antwort etwas spät dran (wir sind zur Zeit schwer beschäftigt, wie ihr euch denken könnt ^^), will aber trotzdem auf einige deiner Punkte eingehen.
Ich denke auch, dass in den Maps eventuell der Schlüssel zu der Debatte liegen könnte, die schon immer ein bisschen in den Foren hier geschwelt hat, nämlich dem Konflikt zwischen Single- und Multiplayerspielern. Man könnte einige Maps machen, die speziell auf gut ausbalancierte Multiplayerspiele ausgelegt sind und andere eher für Singleplayerspieler, die erstmal in Ruhe aufbauen wollen und dann möglichst große Armeen in epischen Schlachten aufeinander treffen lassen. Der Unterschied zwischen diesen Maps läge dann vor allem in der Verteilung der Bauplätze, d.h. auf den MP-Maps wären die Bauplätze für die Gehöfte weiter auseinander, um Bunkern zu verhindern und die Bedeutung einer guten Wirtschaft und von Harassment über das ganze Spiel hinweg hoch zu halten, während sie auf den SP-Maps eher dichter beieinander wären, um einen komfortablen Start zu gewährleisten.
Ja, wir haben auf jeden Fall vor, einigen Maps durch die Zahl, Verteilung und Art der Bauplätze ein unterschiedliches Spielgefühl zu geben. Zum Beispiel lassen sich ja auch unterschiedliche Fronten dadurch definieren, wo die wertvollsten Plätze liegen.
Ich plädiere für eine Mischlösung: Die Einführung der Festung um den Startplatz der Völker finde ich gut und ich erhoffe mir davon abwechslungsreichere Schlachten mit richtigem Filmfeeling, so wie wir das alle wollen. Auch die Einführung der festen Bauplätze für Ressourcengebäude finde ich sinnvoll wie oben ja bereits diskutiert. Außerhalb der Festung jedoch würde ich mir wünschen, dass das freie Bauen bestehen bleibt. Dies würde bedeuten, dass die bisherigen Mechaniken für Völker wie Isengard oder Lothlorien bestehen bleiben könnten und dass weiterhin der Kreativität der Spieler freien Lauf gelassen wird.
Dieser Wunsch wurde nach unserer Ankündigung sehr häufig geäußert - tatsächlich gingen ja auch wir unserer Konzeption zunächst von einem Mischsystem aus und der Gedanke, das Beste aus beiden Systemen zu nehmen, verspricht gleichermaßen Kompromiss und Ideallösung. Die Kombination von sehr wichtigen festen Punkten mit frei baubarer Verteidigung würde allerdings einige Probleme schaffen und die aktuellen sogar noch verstärken. So könnte man zum Beispiel jeden Wirtschaftsplatz erst erobern und dann einmauern, sodass der Gegner dickes Belagerungsgerät braucht, nur um dir eine einzige Farm abzunehmen. Das nimmt eine Menge Dynamik raus im Vergleich zum komplett festen Bauen, wo du mit Soldaten um die Farmen kämpfen musst. Genauso könntest du zum Beispiel das Tor deiner Festung zumauern und sie selbst durch Nebentore verlassen, um ihre Schwachstelle zu beseitigen. Oder du baust alle Ausgänge der feindlichen Festung zu, sodass niemand mehr rauskann. Das könnte man zwar auch als kreative Strategien bezeichnen, aber ich finde nicht, dass sie dem Spielverlauf förderlich wären - weder für die Balance noch für die Atmosphäre.
Was die genannten OP-Strategien angeht: Ich bin bei Weitem kein Experte, aber sind sie wirklich OP? Türme und Mauern in der Nähe des Gegners zu bauen ist eine große Investition und ich hätte gedacht, dass man mit einer guten Antwort darauf, eine solche Strategie recht problemlos abwehren könnte und dann eher vorne wäre.
Hätte ich auch gedacht, scheint aber tatsächlich nicht der Fall zu sein. Von dieser dominanten und gern übermächtigen Strategie wurde uns immer wieder berichtet. Und weil sie unbegrenzt oft baubar waren, waren die Verteidigungsanlagen schwer zu balancen. Wenn wir sie zu teuer machen, werden sie vielleicht gar nicht mehr genutzt, was ich auch falsch fände, denn Verteidigungsschlachten gehören für mich auch zum Herrn der Ringe. Die umgekehrte Lösung wäre, sie so zu balancen, dass wir immer schon davon ausgehen, dass man mehrere Türme baut und sie deswegen so schwach machen, dass sie erst in großer Zahl überhaupt Feinde aufhalten können. Aber auch das halte ich nicht für eine elegante Lösung.
Ähnlich ist es mit den Kasernen: Wenn für die nur begrenzter Bauplatz da ist, können wir gerade Spamvölker deutlich besser balancen, als wenn wir zum Beispiel bei Mordor sowohl den Anfang mit ein oder zwei Gruben als auch ein Lategame mit potenziell 10 oder 20 davon in Betracht ziehen müssen.
Das komplett freie Bauen werden wir aus diesen Gründen nicht mehr zurückbringen. Es gäbe aber durchaus auch Möglichkeiten, dem Spieler eine gewisse Freiheit zu geben, ohne gleich alles unbegrenzt überall verfügbar zu machen. Zum Beispiel könnte jeder Spieler eine begrenzte Zahl an Außenposten auf der Karte setzen können, die jeder drei zusätzliche Bauplätze bieten. Diese könnte man für Kasernen nutzen oder für Wirtschaft, oder man setzt sie an die Front und kann dann drei Verteidigungsgebäude errichten. Aber weil sie in der Zahl begrenzt sind, müsste man sie mit Bedacht platzieren und könnte in keinem Fall alle Schlüsselpunkte damit abdecken. Derartige Lösungen ziehen wir durchaus in Betracht, auch wenn wir noch wenig konkretes haben. Falls ihr Ideen hättet, wie ein beschränktes freies Bauen funktionieren könnte, immer her damit
Einheiten in BW hatten keine direkten Konterenheiten. Stattdessen hatten sie andere Schwächen. Entweder hatten sie zwar einen extrem starken AoE-Angriff und waren normal tanky, dafür aber sehr immobil (etwa Reaver, Lurker oder Tanks) oder sie hatten einen ordentlichen Angriff mit hoher DPS, waren sehr schnell, hielten dafür aber fast nichts aus (etwa Zerglinge, Hydras, Mutalisken, Marines, Vultures), oder aber sie waren sehr tanky, relativ mobil, hatten dafür aber keinen so guten Angriff wie vergleichbar teure Einheiten (eigentlich nur Dragoons). Darüber hinaus erlaubte fast jede Einheit ein unvergleichbar großes Micropotential. Die besten Spieler der Welt konnten aus Einheiten wie Mutalisken das bis zu 9-fache herausholen als ein 0815-Spieler. In Kämpfen von drei Zerglingen gegen drei konnten Spieler mit perfektem Micro 3 zu 0 gewinnen.
Das Starcraft-Kontersystem bietet tatsächlich sehr hohen potenziellen Tiefgang. Ich bin selbst nicht sehr erfahren in Starcraft, finde die Konzeption aber trotzdem faszinierend. Wir sind allerdings auch deutlich limitierter als Blizzard:
- Zum einen sind wir, wie du ja schon gesagt hast, an eine Engine gebunden, die weniger Micro erlaubt und viel ungenauer reagiert. Das führt beispielsweise dazu, dass sich Einheiten mit wenig Leben, aber viel Angriff und Geschwindigkeit sehr oft als unbeliebt oder nutzlos erwiesen haben, weil sie in der Schlacht einfach zu schnell sterben und nicht die Möglichkeit besteht, durch gutes Micro ihre Mobilität auszunutzen und Schaden zu vermeiden.
- Obendrein müssen wir uns aber auch an Tolkiens Vorlage und mittelalterliche Kriegsführung allgemein halten und können deswegen nicht ganz so leicht Einheiten entwerfen, die jede beliebige Zusammenstellung von Stärken und Schwächen haben können. In einem Zukunftsspiel in einem eigenen Universum kann man sich vom psionischen Archon zum Belagerungspanzer alles genau ausdenken, wie man es will und braucht. Uns dagegen ist beispielsweise der Konter Lanzen gegen Pferde zu einem gewissen Grad vorgeschrieben, während Fernkampf mit Flächenschaden auf bestimmte Einheiten beschränkt ist (Artillerie, Monster).
- Und zuletzt haben wir natürlich deutlich mehr Völker als Starcraft, gleichzeitig aber weniger Kapazitäten als Blizzard. Um überhaupt effektiv balancen zu können, müssen wir zu einem gewissen Grad mit Schemata arbeiten, die sich durch mehrere Völker ziehen (natürlich nicht exakt identisch, aber eben auch nicht so, dass jede Einheit im Spiel komplett anders ist). Das Schere-Stein-Papier schafft ganz automatisch so ein grobes Rahmenschema.
Bin ich also gegen ein Starcraft-Kontersystem? Das keineswegs, nur müssten die obigen Punkte bei der Konzeption bedacht werden. Wir sind momentan eigentlich noch für alle Vorschläge bezüglich Kontersystem zu haben, da wir uns darüber zwar schon einige Gedanken gemacht haben, aber bislang noch nicht damit begonnen haben, Änderungen einzubinden - derzeitig sitzen wir vor allem daran, jedes Volk grundlegend und passend in das neue Bausystem zu übertragen. Wenn ihr also konkrete Ideen zum Kontersystem habt, wäre momentan ein sehr guter Zeitpunkt und ich würde mich freuen, sie zu hören