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Schatten von Angmar
Lord of Mordor:
Abmarsch der Elben
Am Morgen machte sich auch das Heer der Elben auf, die verbliebenen Meilen nach Fornost zurückzulegen...
Rabi schrieb:
Nach der erholsamen Nacht mussten Marauder und die anderen Krieger früh aus dem Schlaf gerissen werden, damit sie möglichst früh in Fornost ankommen würden. Sie waren ja schon in Verzug gekommen durch die Schlacht hier im Gebirge, die länger gedauert hatte, als Glorfindel angenommen hatte. Marauder deckte sich ab, erhob sich langsam aus seinem Bett und kroch auf allen Vieren aus seinem Zelt. Vor dem Zelt erhob er sich und streckte einmal seinen ganzen Körper, mit einem leichten Stöhnen beendete er das Strecken. Dann holte er tief Luft und ein grausiger Gestank kroch ihm in die Nase. Marauder schüttelte es einmal ordentlich durch, dann blickte er sich um und wusste, was diesen ekeligen Geruch erzeugte. Die Leichen der Elben und Orks, die von der Schlacht noch immer überall herumlagen. Doch auch die anderen Krieger schüttelte es durch, der Gestank war ja fast nicht auszuhalten, doch diese paar Minuten, die sie noch auf diesem Schlachtfeld verbringen würden, würden sie es schon überleben. Marauder drehte sich um, holte seine Decke aus dem Zelt und stopfte sie in eine kleine Tasche, das Zelt in eine etwa doppelt so große. Dann suchte er ein Pferd auf, an dem er seine Taschen befestigen konnte.
Nun machte er sich auf zu dem Sammelplatz, an dem sich alle Krieger der Elben, nachdem sie alles fertig zusammengepackt hatten, zu treffen hatten. Dort traf Marauder wieder jemanden, den er erst am Vortag gut kennen gelernt hatte, es war Mauritius. Er saß auf einem Felsen und bereitete anscheinend ein Schwert für die nächste Schlacht vor. Marauder ging langsamen Schrittes zu ihm hinüber, doch als er den Mund aufmachte um zu reden, ertönte plötzlich hinter ihm eine laute, starke Stimme. „Krieger Bruchtals! Die Zeit ist reif! Wir haben keine Zeit mehr, unsere Sachen zu packen. Kunde hat mich aus Fornost erreicht! Der Feind ist nahe, also eilen wir!!“. Eine längere Pause folgte darauf, in der sich Mauritius vom Felsen erhob. Marauder drehte sich hastig um, da er eine Rüstung klappern gehört hatte und konnte sehen, wie Mauritius direkt vor ihm stand. Er blickte zu seinem gerade geschliffenen Schwert, welches er mit einer Hand hielt, und nahm es mit der zweiten Hand an der Klinge, ja fast an der Spitze des Schwertes in die Hand. Er hielt es etwas höher, Marauder entgegen, der ganz verwundert zwischen Schwertklinge und Mauritius Augen den Blick wechselte. „Ja, Marauder, diese Klinge ist für euch. Sie ist leicht, stabil und unglaublich scharf.“, Marauder sah in den Augen von Mauritius, wie ernst es ihm war, dass er dieses Schwert nehmen sollte, obwohl er ein selbst geschmiedetes Schwert bei sich hatte. Doch diese Freundlichkeit konnte er nicht ablehnen und nahm es entgegen. „Danke Mauritius, das…“, doch wieder wurde Marauder unterbrochen, abermals von der mächtigen Stimme.
„Nun kommt, wir ziehen los!“
Die beiden reihten sich in die Marschordnung ein und nach kurzer Zeit sprach Marauder wieder dort weiter, wo er vorhin unterbrochen worden war.
„Also, nun kann ich euch danken. Aber warum gebt ihr mir diese Klinge, gibt es einen gewissen Grund dafür?“ Mauritius beantwortete diese Frage mit einem Schweigen. Marauder wusste zwar nicht genau, was er damit andeuten wollte, doch er wusste auch, er sollte lieber nicht nachfragen, irgendwie fühlte er, dass es besser wäre, Mauritius nicht abermals dieselbe Frage zu stellen. Nun gingen sie weiter nebeneinander her, ohne weiter etwas zu reden.
Nach einiger Zeit begann Mauritius wieder zu sprechen. „Nun, Marauder… sagt mir, wie habt ihr euch in der Schlacht gefühlt?“ Marauder wischte sich einmal mit der flachen Hand übers Auge, und antwortete nach kurzer Überlegungszeit: „Es war... es war einfach großartig, finde ich. Orks zu töten war schon immer mein Traum, immerhin… immerhin haben sie meine E…“
Er hielt kurz inne. „Ja, sie haben Menschen getötet, die mir sehr nahe standen.“ Mauritius befragte ihn gleich weiter, als ob er irgendetwas Bestimmtes aus ihm herausdrücken wollte, oder ihn … verhören … wollte.
„Warum wollt ihr plötzlich so viel von mir wissen, und warum sollte ich euch antworten? Habt ihr vorhin etwa auf meine Frage geantwortet?“ Marauder wusste selbst nicht, warum er das jetzt gesagt hatte, es war ihm nahezu peinlich, dass es so aus ihm herausgeplatzt war. Eigentlich wollte er seine Neugier verbergen, doch es kam einfach aus ihm heraus. „Entschuldigt, Mauritius. Mein…“.
„Ihr braucht euch nicht zu entschuldigen, eure Neugier ist vollkommen berechtigt."
„Ich danke euch.“
Damit war die Unterhaltung fürs Erste beendet, schweigend zogen sie weiter.
Lord of Mordor:
Zusammentreffen mit Silthalion
Während das Elbenheer sich bereit machte, die Wetterberge in Richtung Fornost zu verlassen, kam Silthalion dem Gebirge immer näher…
„Hey Mornar, kannst du etwas erkennen?“, rief Silthalion in den Himmel. Ein Krächzen, das außer Silthalion kaum einer zu deuten wüsste, antwortete von oben: „Ich sehe die Wetterberge in der Ferne, aber aus dieser Entfernung kann ich dieser Stein noch nicht entdecken, entweder der Krieger hat gelogen oder wir haben noch einen weiten Weg zurückzulegen.“
Silthalion schaute so, als ob er in ein tiefes Nachdenken verfallen war und antwortete schließlich langsam: „Nein, zumindest mit dem Stein hatte er Recht, ich kann mich noch dunkel an ein Gespräch mit einem Elben aus Imladris erinnern, in dem er mir von einem großen, ovalen Stein erzählte, der in der Nähe der Wetterberge stehen soll. Ursprünglich ist er ein altes Denkmal, das die Opfer alter Schlachten betrauert; dass selbst solche Dinge von Angmar besudelt werden, lässt mein Blut erstarren… machen diese Unholde denn vor gar nichts halt? Aber nun lasst uns aufbrechen, es ist noch ein weiter Weg ins Wettergebirge. Wir müssen wohl einen Gang schneller einlegen.“
„Falls der Fremde Recht hatte“, knurrte Estella leise und ein Grinsen kam über Silthalions Gesicht: „Genau so gut gelaunt wie immer! Aber nun lasst weiterziehen, und zwar so schnell wie möglich. Wir müssen uns beeilen, wenn wir nicht zu spät kommen wollen.“
Beide Tiere ließen darauf ebenfalls ein Seufzen von sich hören, gingen (bzw. flogen) aber trotzdem zügig mit, als Silthalion ein schnelles Marschtempo einschlug. Die Wetterberge kamen immer näher, und schließlich, als sie sich in den hügeligen Ausläufern befanden, erblickte Mornar den Stein auf einem Berg in der Ferne. Sie änderten ihren Kurs und marschierten darauf zu.
Nach zwei Stunden Weg über den harten Untergrund stießen sie auf etwas, das sie nicht erwartet hatten: Ein kunstvoll geschmiedetes Messer lag halb vergraben im Boden. Als Silthalion den Schaft erblickte, sah er gleich, dass dieses Schwert von Elben gemacht worden war, da die alten Runen, die eingraviert wurden, in ein merkwürdiges Licht getaucht waren.
„Hm, wie kann so etwas nur hierhin kommen? Nirgendwo sind hier Fußspuren zu erkennen und die Diener Angmars würden elbische Waffen nicht einmal anrühren, geschweige denn werfen. Dies alles hier kommt mir allmählich seltsam vor, zuerst ein abtrünniger Hügelmensch und jetzt ein einsames Elbenschwert. Aber was soll’s? Ich denke, dass wir weiter müssen, denn wir müssen am Stein sein, bevor Bruchtals Armee dort eintrifft, dann erfahren wir vielleicht die Lösung für diese Rätsel.“
Nach einer weiteren Stunden des Marschs erreichten sie zwar den Stein, aber die erhofften Neuigkeiten blieben aus: An dem bis auf die Beschriftung glatten Stein war mit Ausnahme des Symbols der Eisenkrone nicht unnatürliches.
Estella begann zu knurren: „Was hatte ich gesagt? Auf diese Fremden ist kein Verlass!“ Mornar krächzte von oben: „Auch wenn ich Estella in diesem Fall zustimmen muss, denke ich, dass wir hier nicht umsonst sind. Von hier erkenne ich zum Beispiel schon die Spitzen der Stadt und die Standarten von Angmars Heer auf den Weg dorthin. Außerdem… ich sehe auch hier in den Wetterbergen ein Heer… Elben! Sie haben Angmars Heer offenbar schon besiegt und sind auf dem Weg nach Fornost! Lass uns diesen dummen Stein endlich vergessen und uns zu ihnen gesellen!“
Silthalion antwortete zögernd: „Vielleicht habt ihr wirklich Recht, doch ich denke, dass es hier in der Nähe noch irgendeinen Hinweis geben wird, der Hügelmensch schien nämlich vollkommen normal zu wirken, als er mir den Hinweis gab, hier her zu kommen.“ Mit einem Seitenblick zum Stein erkannte er unter der Aufschrift noch eine grobe Zeichnung, die die Wege nach Fornost sowohl von Bruchtal, als auch von Carn Dûm zeigte. Über beiden Orten stand eine Zahl. „Wahrscheinlich die Zeit“, brummte er verdrossen. „Aber wenn die Aufzeichnung am Stein stimmt, können wir von hier auf direktem Weg das Elbenheer abpassen und sie zu dieser Klinge befragen, ich denke, dass die wissen, was zu tun ist!“
„Endlich einmal wieder vertrauenswürdige Leute“, brummte es gedämpft hinter Silthalion. „Du scheinst den Wilden ja nicht sonderlich zu mögen“, kam als Antwort vom Himmel. Ein leises Grummeln signalisierte Mornar und Silthalion schließlich, dass dieses Thema für Estella schon entschieden war.
Kurz darauf verließen die drei den Stein, marschierten den Berg hinab und gingen zur alten Straße, auf der sich das Elbenheer nähern sollte. Dort angekommen setzte sich Silthalion seelenruhig auf den Weg und begann die wenigen Pilze, die er aus dem Wald mitgenommen hatte zu bearbeiten, damit er für Gegnerkontakte noch fähig wäre, die Gegner nachhaltig zu verwunden oder sie sofort außer Gefecht zu setzen. Zuerst versuchte er es mit dem gefundenen Elbenmesser, doch dieses schien wie durch einen eigenen Willen nicht auf den Pilz aufliegen zu wollen; immer wenn Silthalion die Klinge dem Pilz näherte, wurden die beiden mit gewaltiger Kraft von einander abgestoßen.
„Merkwürdiges Teil“, dachte er sich, während er einen der Zwergendolche aus seinem Rucksack nahm und damit den Pilz “schälte“. Nachdem er fertig war und den Staub in kleine Gefäße gefüllt hatte, flog Mornar vom Himmel und teilte Silthalion mit, dass er schon die Flaggen der Elbenkrieger sehen konnte.
„Kommt, lasst uns ihnen entgegen gehen, vielleicht freuen sie sich ja über eine kleine Pause“, sagte Silthalion grinsend.
Nach kurzer Zeit kreuzten sich die Wege und das Heer der Elben hielt überrascht an. Der Anführer löste sich aus dem Heer und ging auf ihn zu. Silthalion erkannte ihn als Glorfindel, einen Elb, den er bei seinen früheren Besuchen in Bruchtal als Freund gewonnen hatte. Als die beiden sich gegenüber standen, legte der Elb die Hand auf Silthalions Schulter und sprach: „Lange ist es her, Silthalion, dass wir uns das letzte Mal sahen, doch sag, was führt dich zu diesem alten Wanderweg?“
Silthalion antwortete in der Elbensprache: „Ich wurde durch einen merkwürdigen Zwischenfall hier hergeführt und bin nun endgültig bereit, gegen Angmar zu kämpfen!“
“Das hören wir doch gerne, mein Freund… doch ich spüre, dass dich noch etwas anderes bedrückt.“
“Du hast Recht, dieses Elbenschwert fand ich auf dem Weg hier her, völlig abgelegen und ohne Fußspuren in der Nähe und… es ist unkontrollierbar.“
“Dies verwundert mich nicht, denn es stammt aus unseren Schmieden und gehörte einem unserer besten Späher, der aber seit mehreren Tagen verschwunden ist. Dieses Schwert kann nur ein Zeichen dafür sein, dass er tot… ist, ein grauenvoller Verlust! Unkontrollierbar ist dieses Schwert für dich aber nur, weil es dafür geschmiedet wurde, Angmars Diener zu töten, andere Aufgaben lehnt es komplett ab. Behalt es ruhig, denn ich denke, dass du es mehr gebrauchen kannst als unsere Waffenkammern.“ Nach einer kurzen Pause ergänzte er: "Wir könnten noch Leute wie dich gebrauchen, was meinst du?"
Silthalion schaute zuerst etwas verdutzt, doch nach kurzer Zeit nahm sein Gesicht wieder normale Züge an und er sagte:
"Gerne doch, diese Angmarkreaturen werden sich wünschen, nie geboren worden zu sein!
"Sowas hören wir doch gerne! In unserer linken Flanke sind noch ein paar Lücken, es wäre gut, wenn du dich dort einsortieren würdest; der Unterführer des lückenhaften Batallions mag zwar auf den ersten Blick seltsam wirken, doch glaub mir: Er gehört zu den stärksten und treusten Seelen dieser Armee! Du findest ihn, wenn du die linke Flanke genau beobachtest, ein hochgewachsener Elb in Waldläufermantel."
Als Silthalion nach dem Gespräch den Unterführer suchte, fand er ihn schnell: Eine laute Stimme sprach ihn nämlich von der Seite an: "Hey ihr, was glaubt ihr was ihr hier tut?" Silthalion schaute in die Richtung, aus der der Ruf kam und blickte dem besagten Elben dorthin, wo eigentlich das Gesicht sein sollte, doch durch die heruntergelassene Kapuze war es nicht sichtbar. Gerade als Silthalion antworten wollte, nahm der Elb die Kapuze ab und Silthalion erkannte das Gesicht seines alten Freundes Celeros, mit dem er oft in Bruchtal zusammengesessen hatte.
"Schön dich wieder zu sehen, wie ich sehe, hast du dich ja enorm verändert", sprach er in einem freundlichem Ton.
"Du aber auch, warum zum Beispiel trägst du Waldläuferkleidung?", antwortete Silthalion.
Celeros erwiderte: "Das ist eine lange Geschichte...Kurz gesagt: Ich hatte einfach keine Lust, ewig in Bruchtal herumzusitzen, während Angmar die Dörfer der Menschen niederbrennt. Um allerdings nicht überall gleich als Elb aufzufallen und zu viel von Angmars Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, musste ich mich als Waldläufer verkleiden und ich muss sagen, dass es sich toll anfühlt!"
Gerade wollte er weitererzählen, doch Glorfindels Stimme ertönte: "Genug gerastet, jetzt geht es weiter!"
"Hm, dann müssen wir unsere Unterhaltung wohl wann anders weiterführen", scherzte Celeros.
Lord of Mordor:
Dunkle Vergangenheit und Schlachtenpläne
Nachdem sich Silthalion eingegliedert hatte, marschierten die Elben weiter. Die Bedingungen wurden allmählich widriger, und alle wussten, dass dies das Werk des Hexenkönigs war.
El-Murazor schrieb:
Zwei weitere Stunden Marsch waren vergangen. Der Wind war stärker geworden und blies eisig von Norden her dem Heer entgegen und verlangsamte das Vorankommen. Alle Soldaten hatten sich in ihre Mäntel gehüllt und marschierten gebückt, um dem Wind weniger Angriffsfläche zu bieten. Marauder ging neben Mauritius, immer noch fasziniert von dem Elben.
Er hatte das neue Schwert einmal heimlich getestet und bemerkt, dass es deutlich schärfer war als sein eigenes, das er doch eigenhändig geschärft hatte. Er bewunderte die Kunstfertigkeit des Elben. Und dennoch, irgendetwas an dem Schwert kam ihm merkwürdig bekannt vor, als ob er es irgendwann schon einmal gesehen hatte, verschwommen kamen ihm Erinnerungen in den Kopf. Diese Gedanken ließen ihm keine Ruhe mehr, er versuchte zwanghaft, an etwas anderes zu denken doch es funktionierte nicht. Schließlich wandte er sich an Mauritius: „Mauritius, woher habt ihr diese Klinge?“ Mauritius wandte sich zu ihm um und musterte ihn eindringlich.
„Ihr kennt dieses Schwert bereits?“ Diese Gegenfrage verwirrte Marauder nur noch mehr. „Ich hatte mir schon gedacht, dass ihr so etwas fragen würdet“, sagte Mauritius. „Euer Gesicht, als ihr es vorhin betrachtet habt, hat euch verraten. Nun, wo soll ich anfangen, lasst mich überlegen. Zum ersten Mal habe ich dieses Schwert vor knapp zehn Jahren gesehen, in der Hand eines jungen Mannes. Er hatte beschlossen, mit seiner Frau gen Norden nach Fornost zu ziehen, doch auf dem Weg wurden sie von Orks überfallen. Ich kam hinzu, als die Orks ihn gerade töten wollten. Mir gelang es, sie zu verjagen, doch sie waren nicht alleine in dem Gebiet gewesen. Dutzende hatte er erschlagen, bevor sie ihn verwundeten... er hatte versucht seine Frau zu beschützen, doch ohne Erfolg. Als ich hinzukam, war sie bereits tot und das, ohne eine Wunde aufzuweisen. Es war, als habe ihre Seele von ganz alleine ihren Körper verlassen.“
Mauritius hielt kurz inne, Marauder wagte nicht einmal mehr zu atmen, irgendetwas presste ihm die Luft ab. Dann fuhr der Elb fort: „Im Sterben sagte er mir, er habe unter den Orks eine Gestalt gesehen, die dunkles Wort gemurmelt habe und daraufhin sei sie gestorben.“ Wieder hielt er inne. „Ich versuchte mein Möglichstes, um ihn zu retten, doch es war vergeblich. Eine böse Kraft zehrte ihn auf, ihm war nicht mehr zu helfen…“
Marauder stolperte über einen Stein, wurde aber von dem Elben gehalten. „Danke“, presste er hervor. „Damals nahm ich dieses Schwert an mich. Ich glaube, er wurde von einem der Magier Angmars getötet, nachdem kein Ork ihn hatte besiegen können. Jetzt gebe ich das Schwert dir, in der Hoffnung, dass dich ein anderes Schicksal erwartet.“ Mauritius sah ihn an, er bemerkte, dass Marauders Züge nicht nur durch die Kälte starr geworden waren.
Dies bemerkend zog der Elb seine eigene Klinge, das helle Licht erhellte das ganze Batallion und alle Elben wandten sich ihnen zu. „Hier“, sagte der Elb lächelnd und reichte dem Menschen das Schwert. Ehrfürchtig griff er zu, sofort spürte er eine wohlige Wärme, die sich in ihm ausbreitete. Das Schwert war leicht, sehr leicht und schnell gab er es Mauritius zurück. Dieser nahm es und steckte es in die Scheide. „ Ihr seht“, begann er „dies ist kein gewöhnliches Schwert. In ihm wirkt uralte Magie, Zauber schützen es, die heute in Vergessenheit geraten sind, doch die Elben vergessen niemals.“
Seine Augen begannen zu leuchten, doch jetzt war es der pure Hass, der in ihnen loderte. Blanker Zorn spiegelte sich darin wieder. Schnell wandten sich die neben ihnen Marschierenden ab, doch Marauder war entsetzt von dem Gesichtsausdruck. Er erkannte, dass in dem Elben eine Erinnerung schwelgte, eine an ein furchtbares Ereignis. Was konnte das gewesen sein? Was konnte diesen freundlichen Elben so in Rage gebracht haben?
Doch der Elb hatte sich abgewandt und im Leben hätte er sich nicht getraut, danach zu fragen.
Stattdessen wandte er sich wieder dem Geschenk zu. Es war nicht aus elbischer Schmiede und er hatte es zuvor auch nicht bei Mauritius bemerkt, woher hatte er es so plötzlich?
Mauritius hatte sich inzwischen wieder beruhigt und nahm einen Schluck Miruvor, einen Stärkungstrank aus Bruchtal.
Er beschleunigte seine Schritte, bis er bei Glorfindel angelangt war. Dieser hatte gesehen, was vorgefallen war und nickte nur kurz zur Begrüßung.
„Du hast es ihm gegeben?“ Mauritius nickte: „Es war an der Zeit, er wird es früher oder später sowieso erfahren.“ Glorfindel schüttelte leicht den Kopf. „Vielleicht war es zu früh…“, doch Mauritius unterbrach ihn: „In unserer Situation gibt es wohl kein zu früh. Entweder jetzt oder gar nicht. Er hat sich entschieden, zu kämpfen, und das wird er auch, teile ihn meiner Gruppe zu, ich werde versuchen, aus Fornost zu retten wen ich kann. Mehr wird uns nicht übrig bleiben. Retten, soviele wir können.“ Traurigkeit zeigte sich in seinem Gesicht. Glorfindel erkannte, was er beabsichtigte und nickte zur Zustimmung.
Geschwind drehte Mauritius sich wieder um und wartete, bis Marauder aufgeholt hatte. „Es gibt Neuigkeiten, mein Freund. Wir werden in der Schlacht versuchen, so viele wie möglich aus der Stadt zu schaffen.“
„Wir kämpfen nicht direkt? Wir sollen evakuieren?“ Marauder schien enttäuscht zu sein, das merkte man seinem Tonfall an. Mauritius wandte sich ihm zu: „Unsere Aufgabe ist sehr wichtig. Fornost kann die Kampfunfähigen nicht wegschaffen, dazu haben sie nicht die Truppenstärke, denn diese müssten auch bewacht werden und die Stadt kann sich keine Schwächung ihrer Reihen leisten. Wir müssen ihren Rückzug decken, und so wie es aussieht, werden wir uns genügend Feinden stellen müssen.“ Jetzt beugte er sich noch weiter zu Marauder: „Jedes Leben, das gerettet wird, wiegt hundert Orks.“ Immer noch leicht enttäuscht nicke der Mensch und schweigend marschierten sie weiter durch den Schnee.
Der Elb fühlte sich unbehaglich, er verstand nur zu gut die Reaktion des Anderen.
Doch in der Schlacht wird er erkennen, dass ich Recht habe.
In zwei Tagen sind wir in der Stadt, noch zwei Tage dann wird sich das Schicksal des Nordens entscheiden...
Lord of Mordor:
Ankunft der Hobbits
Eru schrieb:
"Aufstehen, Sancho!", dröhnte Foscos aufgeregte Stimme durch das kleine Schlafgemach, in dem die beiden Hobbits über Nacht verweilt hatten. Jeweils zwei Hobbits hatten zusammen in einem der 26 bereitgestellten Zimmer übernachtet, und ihre beiden menschlichen Begleiter ebenfalls.
Langsam hob Sancho seinen müden Kopf und fuhr sich kurz mit der Hand durch das lockige, schwarze Haar. "Ist ja gut!", murrte er und schaute sich im Zimmer um.
Es war ein sehr kleines, aber schön eingerichtetes Zimmer. Ein kleiner Schrank für Gepäck in der Ecke, die beiden Betten an den Wänden und neben den Betten jeweils ein kleiner Nachttisch mit Kerze bildeten die Einrichtung des Raumes. Das große Fenster an der Ostwand des Raumes brach die morgendlichen, orangefarbenen Lichtstrahlen der aufgehenden Sonne und warf sie in den ganzen Raum.
Gähnend erhob sich Sancho schließlich aus dem warmen Bett und sah Fosco vor sich, der sich bereits vollständig in seine Tageskleidung eingekleidet hatte, während er selbst noch in seinem weißen, lockeren Hemd steckte.
"Du hast lange geschlafen", sagte Fosco. "aber ich glaube, die anderen sind auch noch nicht alle wach. Der Gastwirt war schon hier und hat uns ein Frühstückstablett mitgebracht. Sechs belegte Brote, zwei Tassen und ein Schälchen Milch standen darauf."
Sancho schaute sich das Tablett auf Foscos Nachttisch mit müden Augen an, nachdem dieser geendet hatte. "Ich sehe nur ein Brot, und das Schälchen mit der Milch ist ja schon fast leer!", rief er dann erschrocken und wandte sich wieder an Fosco. Dieser legte ein breites Grinsen auf. Sancho konnte sich schon denken, dass er mal wieder alles alleine verputzt hatte.
Trotzdem nahm er sich das letzte übriggebliebene Brot und schlang es herunter, danach trank er den letzten Schluck Milch aus dem Schälchen.
"Gute Küche haben die hier.", sagte er schmunzelnd.
"Übrigens", erwiderte Fosco und wies auf eine kleine Wanne mit heißem Wasser auf dem Boden und ein paar daneben liegende weiße Tücher. "Der Gastwirt hat uns auch was zum Waschen geholt."
Darauf nahm Sancho eines der Tücher, tauchte es einmal in das heiße Wasser und fuhr sich damit durchs Gesicht und um den Hals. Mit einer kleinen Holzzahnbührste, die neben der Wanne lag, schrubbte er sich einmal über die Zähne und warf sie danach in die Wanne.
Dann packte er den Rest seiner Kleidung, die er am Abend zuvor ordentlich über die Bettkante gelegt hatte und zog alles langsam wieder an.
Schließlich standen die beiden in voller Kleidung und voller Tatendrang in ihrem kleinen Zimmer, öffneten noch kurz den kleinen Schrank in der Ecke, in dem sie ihre Ausrüstung verstaut hatten und packten alles außer ihren Wanderstöcken, dem numenorischen Dolch, dem Kurzbogen und dem Köcher mit den Pfeilen in ihre Rucksäcke.
Dabei entdeckte Sancho seine Pfeife im Rucksack. "Wirklich schade, dass wir nie Zeit finden, mal wieder ein bisschen Pfeifenkraut zu rauchen.", sagte er leicht betrübt an Fosco gewandt, welcher nur zustimmend nickte.
Daraufhin verließen sie ihr schönes Quartier und fanden sich in einem langen Gang im Quartierstrakt wieder. In unregelmäßigen Zeitabständen kamen ab und zu einige Hobbits aus ihren Quartieren, genau so voll gepackt wie Sancho und Fosco.
Langsam schlenderten die Hobbits durch den Gang, stiegen die Treppe ins Erdgeschoss hinunter und verabschiedeten sich vom Gastwirt, der sofort Knechte in die leeren Quartiere zum Aufräumen schickte.
"Und beehrt mich mal wieder!", rief der Gastwirt den Hobbits noch hinterher.
"Werden wir, hoffe ich.", erwiderte Fredegar Stolzfuß, einer der 50 Hobbits, die die Reise angetreten hatten.
Als Sancho und Fosco die große Eingangstür aufschoben, kam ihnen ein eisig kalter Windhauch entgegen, der sämtliche Kerzen im Eingangsbereich augenblicklich erlöschen ließ. Wenn man die Kälte draußen mit der Temperatur im Gasthaus verglich, herrschte im Gasthaus Hitze, obwohl es auch im dort nicht besonders warm war.
Zitternd und bibbernd warfen sich die Hobbits ihre Umhänge um und zogen sich sogleich ihre weiten Kapuzen über den Kopf. Sancho verschloss den grünlichen Umhang noch unter dem Hals mit seiner verzierten Spange.
Schließlich fanden sich alle Hobbits draußen vor dem Gasthaus ein, wo Alammákil und der namenlose andere Begleiter bereits standen und auf sie warteten.
Die 17 Lasttiere standen bereits voll bepackt und schon halb verschneit hinter den beiden Menschen. Trotz der Kälte und dem Schnee fühlten sich im Moment noch alle besser als gestern bei der Ankunft, denn der Schlaf und die Nahrung hatten sie für den Rest der Reise gestärkt.
Dennoch hatten sie einen weiten Weg vor sich und mussten außerdem noch eilen, denn sie wussten nicht, wann Angmars Armee in Fornost eintreffen würde und zu spät kommen durften sie nicht.
"Nun beginnt ein weiterer Abschnitt unserer Reise, meine lieben Hobbitbegleiter.", begann Alammákil zu der Schar zu sprechen, die sich vor ihm versammelt hatte. Es hatten sich allerdings auch noch andere schaulustige Menschen und Hobbits aus Bree hier versammelt, die nichts verpassen wollten.
"Lasst uns hoffen, dass wir diesen Teil genauso gut überstehen wie den gestrigen. Auf nach Fornost! Folgt mir!"
Wieder waren alle Reisenden von den knappen Worten Alammákils motiviert und stolzierten förmlich aus der Stadt heraus.
Auf dem Weg wurden sie wieder von allen Umstehenden betrachtet und streng gemustert.
Nach einem kurzen Marsch durch die Stadt erreichten sie das große Holztor, durch das sie die Stadt auch betreten hatten. Vor dem Tor blieb die Gruppe stehen. Alammákil nickte dem Torwächter zu, welcher aus seinem kleinen Häuschen neben dem Tor kam und es für die Reisenden öffnete.
"Gutes Gelingen wünsch ich euch, Reisende. Auf dass ihr siegreich nach Hause kommen werdet.", sagte der Torwächter und verbeugte sich so tief, wie er es mit seinem alten Rücken noch vermochte. Die Hobbits dankten ihm für seinen Segen und verließen die Stadt. Nun befanden sie sich wieder an der Kreuzung direkt vor Bree.
Nach Süden ging es nun auf dem Grünweg in Richtung Minhiriath, nach Westen auf der großen Oststraße zurück zum Auenland, nach Osten wieder zurück in die Stadt und nach Norden auch auf dem Grünweg nach Fornost.
Die Reisenden schlugen natürlich den Weg nach Norden ein, zur Hauptstadt Arthedains. Obgleich der Norden natürlich für noch mehr Kälte stand, musste dieser Weg eingeschlagen werden, obwohl einige Hobbits wahrscheinlich bereits jetzt lieber den Weg nach Westen zurück ins Auenland eingeschlagen hätten.
Die Gruppe stellte sich wieder so auf wie beim letzten Mal. An der Spitze war Alammákil, gleich neben ihm die beiden Hobbitführer Sancho und Fosco, dahinter die anderen 48 Hobbits, vereinzelt zwischen den Hobbits standen die 17 Lasttiere, die jeweils von einem oder zwei Hobbits geführt wurden. Das Schlusslicht bildete wieder der "Namenlose", gekleidet in seinen langen Mantel, seinen weiten Umhang und den Rest seiner pechschwarzen Kleidung. Keinem der Hobbits war dieser Mensch ganz geheuer.
Alammákil überragte jeden anderen der Reisenden, und er war es auch, der den ersten Schritt machte, als sie schließlich den letzten Abschnitt ihrer Reise antraten: Den Weg nach Fornost. Viele kleine Hobbitfüße folgten dem Hünen, dazwischen die Lasttiere und zuletzt ging der Namenlose langsam hinter der Gruppe her.
So früh am Morgen war die Kälte noch unerträglicher, als sie es sowieso den ganzen Tag war und schnell waren die Hobbits schon wieder in dem schlechten Zustand, in dem sie am vorigen Tag auch in Bree angekommen waren.
Der kalte Wind pfiff ihnen um die Ohren und immer wieder riss er die wärmenden Kapuzen von ihren Köpfen.
Die Sonne schien an diesem Morgen gar nicht erst aufgehen zu wollen, denn obwohl es nach einiger Zeit schon lange Mittag sein musste, versteckte sich der feurige Gigant immernoch hinter dem Horizont und ließ die Kälte auf Erden gewähren.
Alammákil hatte sich vorgenommen, noch an diesem Tag in Fornost anzukommen, denn je weiter sie in den Norden vordrangen, desto kälter wurde es und in der Nacht würde es noch weiter abkühlen. Mit Zelten konnten sie bei so einer Kälte sicher nicht im Freien übernachten.
"Wenn wir es schaffen, bis der Abend hereingebrochen ist, nach Fornost zu kommen, könnt ihr heute Nacht in einem warmen Bett liegen! Also haltet euch das vor Augen und geht tapfer weiter. Je schneller wir vorankommen, desto früher wird euch auch wieder warm.", spornte Alammákil die Reisenden an, die jedoch nichts darauf zu antworten hatten. Kein Wunder, die Kälte schien einem den Mund zufrieren zu wollen.
Eiskalter Dampf stieg aus den Nüstern der Lasttiere, die nur laut wiehernd und widerstrebend von den Hobbits geführt werden konnten.
Am Schlechtesten erging es aber trotzdem Robin Kleinlöchner und Willibrand Weißfuß, zwei der 50 Landbüttel. Sie hatten sich in Bree bis tief in die Nacht in der Schankstube im Gasthaus betrunken und ihnen dröhnte nun zusätzlich zu der Kälte noch der Schädel.
Dennoch, es war kein Ende des Grünwegs in Sicht. Grünweg konnte er auch schon gar nicht mehr genannt werden, denn nirgendwo war mehr grün zu sehen. Alles war mit Schnee bedeckt und ab und zu lagen Kadaver von Vögeln, Wildschweinen oder Wölfen im hohen Schnee, die einen grausamen Leichengestank verbreiteten. Nicht zuletzt deswegen war jedem der Reisenden klar, dass dieser Wetterumschwung nicht von der Natur ausgelöst worden war. Es musste höhere Mächte geben, die so etwas bewirken konnten, von denen Hobbits wahrscheinlich nichts verstanden.
Selbst ihre Wanderstöcke konnten sie nicht benutzen, um schneller voranzukommen, denn wenn sie ihre Hände und allgemein ihre nackte Haut unter den Mänteln und Umhängen hervorholten und sie auch nur eine kurze Weile in der Kälte behielten, lief sie rot an und brannte höllisch, auch Handschuhe halfen hier nichts mehr.
Einige schlaue Hobbits holten sich stückchenweise Cram, eine Art Brot als Wegzehrung, aus ihren Taschen und knabberten sich daran warm.
Erst viele Stunden nach der Abreise von Bree erhob sich die Sonne am Horizont, sorgte allerdings nur bedingt für Wärme, denn die Wolkendecke war so dicht, dass nur spärliche Schimmer der Sonnenstrahlen bis zum Erdboden kamen und gegen die Schneemassen nichts ausrichten konnten.
Sekunde um Sekunde, Minute um Minute, Stunde um Stunde verging so langsam, dass einige Hobbits schon mit dem Schlimmsten rechneten.
In gebückter Haltung krochen sie fast nur noch voran.
"Gebt nicht auf, Periannath! Trotzt den Versuchen Angmars, uns aufzuhalten!", rief Alammákil den Hobbits zu und hielt seine Faust drohend gen Himmel. Zu diesem Zeitpunkt hörten die Hobbits zum ersten Mal den waren Namen des Hexerreichs im Norden. Angmar, dachte Sancho, denn laut aussprechen konnte er es nicht, die Kälte verbot es.
Schließlich war es soweit, die Ersten Hobbits hatten ihre letzten Kraftreserven aufgebraucht und fielen erschöpft in den kalten Schnee. Schnell sammelten ihre Kameraden sie dann wieder auf, legten sie auf eines der Lasttiere und nahmen dafür in Kauf, dass sie nun die Vorräte und die andere Last tragen mussten, die eigentlich für das Tier bestimmt waren.
Als Alammákil schon drei Ladungen von Vorräten auf dem Rücken trug und bereits 14 Hobbits auf die Lasttiere verteilt worden waren, sah man endlich die Stadt der Könige des Nordens am Horizont. Eigentlich sah man sie nur bedingt, denn es schneite immernoch in Strömen und es schien, als wolle es niemals aufhören.
Der Abend stand kurz vor Einbruch und die Sonne schickte gerade ihre letzten Hoffnungsstrahlen über den Horizont hinweg.
Da geschah es, vielleicht Zufall, vielleicht ein Wunder, vielleicht der Wille der Valar? Man wusste es nicht, aber abrupt brach der Schnee ab, der die Reisenden den ganzen Weg über gequält hatte. Die Wolken hatten sich gelichtet und man konnte nun die gesamte Stadt am Horizont in all ihrer Pracht erkennen.
Die Sonnenstrahlen, die sich mit letzter Kraft ihren Weg in die Gefilde der Erde bahnten, ließen das schneebedeckte Fornost feurig orange und rot aufflammen und den höchsten Turm auf der Zitadelle hell erleuchten. Wie ein Stern stand er da und leuchtete der Gruppe den Weg.
In diesem Moment fühlten die Hobbits wieder Motivation und Tatendrang und jubelten laut gen Fornost. Und als Alammákil seine Heimatstadt endlich aufleuchten sah, liefen ihm eiskalte Tränen über die Wangen, denn sie hatten es endlich geschafft und er war erleichtert, dass sie nicht zu spät gekommen waren. Der Ritter Arthedains nahm eine große, metallene Stange, eingehüllt in ein Banner aus Seide, von seinem Rücken, die er schon seit dem Aufbruch vom Auenland mit sich trug, entrollte das Banner und riss es kreisend durch die Luft, um den Männern Fornosts auf den Mauern zu signalisieren, dass endlich Verstärkung eingetroffen war. Das Banner war blau, unterlegt mit weißen Verzierungen und darauf abgebildet waren die Insignien des Königshauses von Arnor: Das Szepter, die Krone und der Königsstab.
"FORNOST ERAIN! FORNOST ERAIN! STADT DER KÖNIGE DES NORDENS!", brüllte Alammákil freudig und jegliche Kälte, die sich auf ihn gelegt hatte, war wie verschwunden, denn die scheinbar unerlöschliche Flamme in seinem Herzen war wieder entzündet worden.
Sekunden später war Trompetenschall zu vernehmen, der wie während eines Gewitters mit Donner und Blitz über das Land herfegte und alle Herzen neu aufflammen ließ, die ihn vernahmen. An den Felsen an den Seiten des Grünwegs wurde der Schall zurückgeschleudert und dröhnte noch einmal verstärkt über die Reisenden hinweg.
Dem Trompetenschall gefolgt sahen die Reisenden plötzlich viele Reiter von der Stadt in ihre Richtung kommen.
Als sie angekommen waren, begrüßten sie die Gruppe freudig und jeder von ihnen nahm einen der erschöpften Hobbits mit auf sein Pferd, während Alammákil und der Namenlose eigene Pferde bekamen.
Auch die Lasttiere wurden entladen und andere ausdauerndere Pferde und Ponys wurden beladen.
Schließlich ritten alle zurück nach Fornost, und Sanchos Augen funkelten und glänzten stärker, je näher sie der Stadt kamen.
Die Stadt bestand aus mehreren Mauerringen. Der vorderste Ring lag noch auf dem Erdboden, während alle dahinter liegenden immer weiter anstiegen, bis der letzte Mauerring, der auch die Zitadelle und das Königshaus enthielt, schließlich sogar die Höhe eines kleinen Berges erreichte.
Die Mauern waren mit vielen Türmen geziert und aus jedem hingen Fahnen und Banner mit den selben Zeichen darauf wie auf dem großen Banner Alammákils.
Hunderte, vielleicht sogar tausende Häuser standen dicht aneinander gedrängt in jedem einzelnen Mauerring, und auch auf vielen von ihnen wehten Fahnen und Banner.
Als weiterer Schutz dienten zwei riesige Holzpalisaden, die kreisförmig in einem großen Abstand zu der ersten Mauer verliefen und auch mit vielen Türmen unterbrochen waren.
Die beiden Holzpalisaden führten genau in der Mitte der Stadt zusammen, dort wo das Tor lag. Man konnte also nicht mit Leichtigkeit bis zum Tor vordringen, denn in den Türmen, zwischen den Holzpalisaden, waren viele Bogenschützen stationiert. Noch schwerer war es allerdings, an die Mauern zu gelangen, denn vor diesen lagen ja noch die weiten Holzpalisaden. Die Stadt war also perfekt für eine lange Verteidigung aufgebaut und viele meinten, sie würde jeder Belagerung standhalten.
So passierte die Gemeinschaft aus dem Auenland also das mächtige Tor Fornosts, verziert mit Adunaischen Runen und geschmiedet von den Zwergen des Blauen Gebirges, die noch Nachfahren der uralten Zwergenväter in Beleriand waren.
Und obwohl sie wahrscheinlich nicht die besten Krieger waren, wurden die Hobbits für ihre Tapferkeit und ihre Standhaftigkeit, die sie während der Reise so oft bewiesen, bejubelt und gefeiert. Überall wo die Reiter auf ihrem Weg in den vorletzten Mauerring zu den Häusern der Heilung entlangritten, kamen Menschen aus den Häusern gerannt, stellten sich an den Straßenrand, jubelten ihnen zu und warfen mit Rosen und anderen Blumen.
Dieses Ereignis entzündete in vielen Herzen der Menschen in Fornost neuen Mut und Motivation, denn obwohl es nur wenig Verstärkung war, bewies die Ankunft der Gemeinschaft des Auenlandes doch, dass man sich dem weitreichenden Arm und der Grausamkeit des Hexenkönigs von Angmar noch immer widersetzen konnte...
Lord of Mordor:
Morgulhexerei
Ein weiteres Mal machten die Armeen Angmars Rast, nachdem die Hexer ihre Scharen bis zur Erschöpfung gnadenlos vorangetrieben hatten...
Adamin schrieb:
Fimbul biss missmutig in ein gebratenes Fleischstück. Sein verdammter Warg war am vorigen Tag in ein Erdloch gestürzt, hatte sich die Vorderläufe gebrochen und seinen Reiter im hohen Bogen abgeschleudert. Er musste einigen Orks die Zungen rausschneiden, bevor sie aufgehört hatten zu lachen. Am liebsten hätte er ihnen mehr abgeschnitten, doch sie sollten noch kampffähig bleiben. Wenigstens hielt ihm das nutzlose Reittier jetzt als warme Mahlzeit her. Mit ausholender Geste warf er einen abgenagten Oberschenkelknochen fort. Zwischen der Armee Angmars und der Feste der Menschen erstreckte sich nur noch ein weitläufiges Hügelland. Ihre Reise hatte bisher nur wenige Annehmlichkeiten geboten, doch dieser letzte Teil des Marsches dürfte der bisher Beschwerlichste werden...
Eine Handvoll weiterer Orks saß um das Feuer und röstete Brot oder Fleisch auf langen Holzstecken, am Warg-braten bediente sich jedoch keiner von ihnen. Sie stritten sich nicht und redeten insgesamt recht wenig, anscheinend zu geschwächt von den letzten Tagesmärschen. Ein kräftiger Trollbändiger setzte sich zu ihnen und rieb sich den verdreckten Schädel.
"Einer dieser Misttrolle hätte mich heute beinahe erledigt.", stöhnte er.
"Wo liegt das Problem? Kitzel seinen Wanst doch einfach etwas mit deinem Speer!", rief ihm ein Ork zu und wedelte wild mit seinem verkohlten Brotbrocken. Der Angesprochene nahm einen tiefen Zug aus seinem Trinkschlauch, bevor er antwortete.
"Geht nicht. Das hässliche Vieh steht unter dem Schutz von einem Schwarzrock..."
- 'Schwarzröcke' war die Bezeichnung der Orks für die Mitglieder der schwarzen Garde.
Jedoch verwendeten sie jenen Namen nur, wenn keiner von ihnen in der Nähe war. -
"Der Letzte, der versucht hatte den Troll abzustechen, war letzte Woche im Abendessen. Ich habe keine Ahnung, was dem Schwarzrock an dieser Bestie liegt. Sagte noch, dass er keinen Ärger mehr anrichten würde. Wer's glaubt..."
Der geschundene Ork ließ sich nach hinten fallen, packte einen Fleischklumpen aus und schlang ihn roh hinunter. Fimbul warf einen weiteren Knochen fort und mit ihm auch die Hoffnung, jemals aus den Menschen schlau zu werden. Einen Troll als Schoßhündchen zu halten war ungefähr so spaßig, wie sich nackt in einen Haufen brennender Brennnesseln zu werfen. Aber solange ihm das Monster nicht zu nahe kam, sollte es ihm egal sein. Er würde morgen einen Wargreiter zu den Fußtrupps 'abkommandieren' und hoffte, dass das verlauste Tier trittfester als sein letztes sein würde.
-
Ein leises Geräusch erklang in der Ferne...
Weit weg ertönte es zart, als würde es sich in einer anderen Welt befinden...
Doch langsam wurde es lauter, schien näher zu kommen. Die unförmigen Töne flossen ineinander über und bildeten vertraute Silben. Wort für Wort erklangen die zähflüssigen Informationen und wurden allmählich mit dem dazugehörigen Sinn verbunden.
"Ihr müsst aufwachen, Meister..."
Gulzár öffnete die Augen.
Dûrmarth lehnte sich über ihn und grinste ihm verschmitzt entgegen. Hinter dem Kopf des Kriegers erkannte der Hexer die dunkle Stoffdecke seines Zeltes. Langsam erinnerte er sich wieder daran, dass er sich in seinem Zelt zur Ruhe gelegt hatte und in einen tiefen Schlaf versunken war. Bruchstückhaft kam ihm ein verworrener Traum in den Sinn, doch mit jedem wachen Atemzug verschwand ein weiterer Teil der Erinnerung. Es war ein Traum über eine blutige Schlacht gewesen. Hunderttausende wurden niedergeschlachtet, doch immer wieder kamen neue Soldaten und ersetzten die Gefallenen. Der Strom des vergossenen Blutes schwoll immer weiter an...
Mit einer imaginären Handbewegung wischte Gulzár den Traum aus seinem
Bewusstsein. Sein kalter Blick bohrte sich in Dûrmaths Augen.
"Warum weckst du mich? Ich wünsche des Nachts nicht gestört zu werden. Morgen werden wir während des weiteren Marsches genügend Zeit haben uns zu unterhalten."
Dûrmath schien eine solch harsche Antwort nicht erwartet zu haben. Er trat einen Schritt von der Schlafstätte zurück, bevor er antwortete:
"Entschuldigt mein Herr, aber ich wurde von den anderen Hexern geschickt, um euch holen zu lassen. Der Hexenkönig erwartet euch..."
Ächzend richtete Gulzár sich auf und musterte seinen 'Zögling' eindringlich, während er nach Stab und Mantel griff.
"Wo finde ich den Meister und wie spät ist es?...", fragte der Hexer, nachdem er die Schnalle seines schweren Mantels geschlossen hatte.
"Es ist kurz nach Mitternacht. Der Meister und die Hexer sind auf ihren Pferden und einigen Akolythen in Richtung Süden vorausgeeilt. Zaphragor war sich sicher, dass ihr schon alleine nachkommen könntet..."
Mit dem Kopf schüttelnd, schlug Gulzár den Eingang zu seinem Zelt zur Seite und trat in die eiskalte Nacht hinaus. Der Sternenhimmel war klar und der weiße Dampf aus seinem Mund schien fast schon eine feste Form zu besitzen. An einem Holzpflock angebunden stand sein Rappe schon bereit für ihn.
Etwas im Geschmack der Luft machte den Hexer unruhig. Es schien ihn regelrecht fort von diesem Lagerplatz zu ziehen und nach Süden treiben zu wollen. Der Hexenkönig konnte eine solche Anziehungskraft besitzen. Dies schien ihm jedoch ein tiefergehender Zauber zu sein, vielleicht auch einfach nur eine Vorahnung...
Er drehte sich zu Dûrmath um, der nun ebenfalls das Zelt verließ. Mit rauher Stimme sprach er zu ihm: "Halte dich bereit! Ich spüre, dass wir heute keine ruhige Nacht haben werden. Vielleicht plant der Hexenkönig einen raschen Aufbruch, ich weiß es nicht..."
Gnominator schrieb:
Dûrmarth schaute dem Hexer nach, als er in die Nacht hineinritt. Was hatte Gulzár damit gemeint? Woher wollte er wissen, dass sie nun schon so früh in der Nacht aufbrechen? Die Armee war erschöpft und brauchte Erholung, warum sollten sie jetzt schon aufbrechen? Andererseits hatte Dûrmarth sich schon vor langem vorgenommen, aufzuhören, sich Gedanken über die magiekundigen Diener des Hexenkönigs zu machen.
Trotzdem grübelte er noch lange über Gulzárs Worte. Wie konnten diese Hexer nur so allwissend sein…
Trotz all dieser unbeantworteten Fragen vertraute der Mensch den Magiern. Darum ging er nicht mehr schlafen, sondern lief ziellos durch das Lager. Alle anderen Soldaten waren erschöpft und schliefen in ihren Zelten oder unter freiem Himmel. Nur wenige Orks waren noch wach. Auf einmal hörte er hinter sich eine kratzige Stimme: „Was denkt ihr Menschen euch eigentlich dabei, so einen Troll in Schutz zu nehmen?“
Dûrmarth schaute sich um. Die Stimme kam von einer Gruppe Orks, die an einem Feuer saßen. Der Mensch näherte sich ihnen. „Warum sollte es euch interessieren, was ich mache? Es hat euch doch bisher wenig -“ Er wurde von einem der Orks unterbrochen. „Ja, aber diese Bestie hat heute fast einen weiteren Bändiger getötet! Von wegen, der macht keine Probleme mehr! Haltet euer Schoßhündchen besser an der Leine, bevor es uns noch alle umbringt!“
Der schwarze Nûmenor schaute die Ork lächelnd an und höhnte: „Dann sind eure "Bändiger" es nicht wert, so genannt zu werden. Ich habe diesen Troll ohne Probleme gezähmt und hatte danach nichts außer Schürfwunden. Sind eure Leute nicht gerade dafür ausgebildet, solche Kreaturen in Schach zu halten? Anscheinend ist dein Volk dieser Aufgabe nicht gewachsen. Wofür haben wir euch eigentlich mitgenommen, wenn ihr nicht mal einen Troll in Schach halten könnt?“
Dann stand ein Ork auf, der sich bisher noch im Hintergrund gehalten hatte und starrte den Mensch an. „Beleidige nie wieder meinen Stamm. Wir sind der größte Orkstamm, der dem Hexenkönig dient. Unser Volk kämpft wenigstens wirklich an vorderster Front für Angmar und verdrückt sich nicht hinter irgendwelchen Hexereien!“
„Dann müsst ihr Fimbul sein…“, stellte Dûrmarth fest. „Bring deinem Stamm mal etwas mehr Anstand gegenüber der schwarzen Garde bei, bevor du mich zurechtweist! Wir sind die Stellvertreter der Hexer. Ihr habt unseren Befehlen Folge zu leisten. Oder wollt ihr die schwarze Garde zum Feind haben?“
Deutlich sah man, wie die Orks zusammenzuckten. Die schwarze Garde hatte immer noch eine gewisse Autorität, die man nicht so einfach in Frage stellen konnte.
Nach diesen Worten setzte sich Fimbul schnell wieder und starrte den Menschen nur noch zornig an. Doch die anderen Orks waren nicht so schlau, es ihrem Anführer gleichzutun. Nach dem langen Marsch waren sie zwar erschöpft, doch sie hatten sich teilweise schon wieder erholt und waren streitlustig.
Ein besonders fetter Ork ging auf den Mensch zu.
„Dann bändigt ihr doch den Troll! Jeden Tag aufs Neue! Wir müssen auf ihn aufpassen und wir sterben, dafür, dass dieses große Monster leben darf. Wenn ihr die Entscheidungen trefft, dürft ihr auch sie selbst ausführen. Wir-“
Weiter kam er nicht. Bevor er etwas tun konnte, hörte man das kurze Surren eines Schwertes. Zuerst blieb der Ork noch ungerührt stehen. Dann rutschte langsam sein Kopf von seinen Schultern. Der Körper klappte in sich zusammen und der Boden färbte sich langsam schwarz.
Sofort gab es laute Proteste von den Orks und alle zogen ihre Waffen und stürmten auf den Menschen los. Dûrmarth wollte nicht noch mehr Orks töten und schwang sich über einen kleinen Zaun und rannte in die Dunkelheit. Doch die Orks waren rasend vor Zorn. Selbst Fimbul war aufgestanden, jagte aber langsamer als seine Kumpanen hinter dem Numenor her. Doch Dûrmarth rannte nicht weit. Er blieb neben einem Wald stehen und schaute sich zu den Orks um. Lächelnd drehte er sich zu den Orks um und hob sein Schwert.
Verwirrt blieben die Orks stehen. Fimbul blieb stehen, ebenso verdutzt wie die anderen Orks. Mit so etwas hatten sie nicht gerechnet. Ein paar Orks wollten schon auf den Menschen losstürmen, doch Fimbul hielt sie zurück. Auf einmal krachte ein Baum neben ihnen um und ein lautes Brüllen ertönte.
Dûrmarth grinste, als er die Reaktionen der Orks sah. Die Orks hinter Fimbul sprangen alle kreischend weg, bevor sie überhaupt sahen, was den Lärm verursacht hatte. Fimbul starrte zu dem Troll, der im Schatten eines Baumes stand und ging auch dann langsam rückwärts, bis er sich umdrehte und seinen Gefolgsleuten hinterherrannte.
Weit außer Reichweite des Menschen und des Trolles fluchte Fimbul „Was denkt ihr euch dabei, den Schützling von Gulzár so anzugreifen? Ich hasse diesen Schwarzrock genauso wie ihr. Er bildet sich einfach zuviel ein. Aber trotzdem steht er in der Gunst der Hexer! “ Wütend setzte er sich an das Lagerfeuer zu den anderen Orks, nahm ein Stück Wargfleisch und aß weiter.
Dûrmarth blickte den Orks nach, wie sie Hals über Kopf flohen. Auch als sie zwischen den Zelten verschwunden waren schaute er noch lange in die Richtung. Er wusste, dass er nun einen mächtigen Feind in den Reihen des Hexenkönigs hatte. Warum hatte er nur diesen Troll gerettet. Bisher hatte er ihm nur Probleme bereitet… Wie in einer Trance merkte er nichts, was um ihn herum geschah. Er merkte nicht, wie es anfing zu schneien und der Schnee die Spuren der Orks bedeckte und er merkte auch nicht, wie das Lager langsam unruhig wurde und wie in ihm selbst ein Gefühl hochkam, dass bald etwas Wichtiges geschehen würde. Auf einmal stupste ihn etwas großes unsanft hinten an die Schulter und er wachte auf. Er drehte sich um und sah den Troll hinter sich. „Danke, Ogol-Úan.“ sagte der Mensch kurz und ging zurück zu seinem Lager.
Adamin schrieb:
Gulzár trieb sein Pferd durch die Dunkelheit der Nacht, welche mit Angmar über das Land gekommen war. Er ritt schon geraume Zeit gen Süden, aber die magische Aura seiner Zwölf Brüder und ihres Meisters, an welcher er sich orientierte, schien nur langsam näher zu kommen. Es war schon lange nach Mitternacht, bis er schließlich mehrere dunkle Gestalten auf einem kahlen Hügel erblicken konnte. Am Fuße der Anhöhe angelangt, verlangsamte Gulzár den Schritt seines Pferdes. Der Körper des Tieres dampfte und verbreitete den Geruch von Pferdeschweiß. Allmählich näherten sie sich der Schar auf der Spitze des Hügels. Der alte Hexer erblickte als erstes einige vermummte Akolythen auf ausgemergelten Pferden. Sie umringten die Zwölf Hexer, welche wiederum in einem Kreis um den Hexenkönig standen. Sie alle blickten über die nördlichen Anhöhen in Richtung Fornost und schienen von Gulzárs Ankunft keine Notiz zu nehmen.
"Der dreizehnte Hexer ist angekommen, Meister. Der Rat ist nun komplett.", ertönte mit einem Mal Zaphragors Stimme.
Vor Gulzár traten die Akolythen und Hexer zur Seite und öffneten eine schmale Gasse in ihre Mitte. Langsam ritt der alte Hexer an ihnen vorbei und stellte sich an die rechte Seite des Hexenkönigs. Der Kreis schloss sich hinter ihm. Wieder blickten alle gen Süden, ohne ein einziges Wort zu sprechen.
"Ich will, dass die Armee Fornost in spätestens fünf Tagen erreicht.", zischte der Hexenkönig in die Stille der Nacht. Kälte stach in Gulzárs Schädel, als würde man ihn mit Messern aus Eis aufschneiden wollen. Der Meister war ungehalten über seine Verspätung... Er schloss die Augen und versuchte mit ruhiger Stimme zu antworten:
"Wenn wir die Peitschen nicht schonen, wird es ungefähr zehn Tage dauern, wahrscheinlich aber mehr. Die Festung in fünf Tagen zu erreichen, ist unmöglich, Meister..."
"Das Heer wird nicht mehr rasten. Lasst sie Tag und Nacht marschieren. Jeder der langsamer wird, bekommt 15 Peitschenhiebe zu spüren. Jeder der stirbt, wird dem Proviant beigefügt."
Jede einzelne Silbe bohrte sich wie eine Klinge in Gulzárs Verstand.
"Aber mein Herr, spätestens nach dem dritten Tag eines Dauermarsches würden wir nur noch über die Hälfte unserer Truppen verfügen. Die Armee wird ausbluten und an den Mauern Fornosts zerschellen..."
Diesmal blieben die stechenden Messer aus, als der Hexenkönig antwortete:
"Wir werden noch heute Nacht aufbrechen!"
Einige Hexer blickten nun erstaunt auf ihren Meister. Sie wussten, dass ein solcher Marsch ein Ding der Unmöglichkeit war, doch wusste jeder von ihnen auch um die Konsequenzen, wenn sie widersprechen würden. Zaphragor blieb stumm und starrte weiterhin in den Nachthimmel. Gulzár reagierte ebenfalls nicht. Mit geschlossenen Augen, versuchte er die Schmerzen aus seinem Kopf zu vertreiben. Er ahnte, dass sein Meister einen Plan hatte, um die Truppen schneller werden zu lassen. In Anbetracht der Tatsache, dass er alle Hexer zu sich gerufen hat, konnte es sich eigentlich nur um eine teuflische Hexerei handeln...
Ohne Vorwarnung setzte sich das gewaltige Streitross des Hexenkönigs in Bewegung. Es pflügte sich durch den tieferen Schnee und lief den Hügel herab. Nachdem es schon einige Meter entfernt war, setzten sich schließlich auch die Pferde der Hexer in Bewegung und folgten der tiefen Schneespur. Nach ihnen kamen zögernd die Akolythen hinterher.
Der Tross ritt durch ein tiefes Tal und danach wieder den angrenzenden Hügel hinauf. Der Herrscher von Angmar hatte den Zenit des nächsten Hügels bereits erreicht. Allmählich kamen Gulzár und die anderen Hexer ihm entgegen, weiterhin rätselnd, was sie hinter der Kuppe erwartete.
Am Gipfel angekommen, fiel Gulzár der Mund auf. Ihm war sofort klar, was sein Meister vorhatte und es überraschte ihn. Durch eine günstige Fügung des Zufalls lag ein tiefes Tal mit einem bewohnten Dorf vor ihnen. Anscheinend war die Hügelsiedlung in Fornost vergessen und deshalb nicht vor der anrückenden Armee gewarnt worden. Leise stieg weißer Rauch von den vereinzelten Häusern auf und ein kleines Wachfeuer hielt die nächtlichen Wächter warm.
Ob der Hexenkönig dies schon früher geplant hatte, war Gulzár schleierhaft, doch er wusste, wie sie diese Begebenheit nun nutzen würden:
Die Lebenskraft der Dorfbewohner würde der Antrieb für die Armeen Angmars sein. Die dreizehn Hexer und ihr Meister würden ihnen mit verderbter Magie das Leben entreißen und es ihren Horden schenken. Die wenigen Dorfbewohner schienen nicht viel zu sein, aufgerechnet auf die tausenden Soldaten des Hexenkönigs, doch die konzentrierte Energie der Menschen würde sie dennoch mindestens vier Tage lang ohne Unterbrechung marschieren lassen können - wenn nicht sogar mehr...
Langsam ritt die kleine Schar auf die Siedlung zu. Einige der Hexer hatten es noch nicht verstanden, doch sie würden schon bald wissen, was zu tun war. Der Hexenkönig gab keine Anweisungen, außer einem kurzen Seitenblick zu Gulzár. Dieser wusste ohne Worte, was zu tun war und erhob seinen Eichenstab. Er fokussierte seinen Geist auf die Seele eines Akolythen. Die Energie floss langsam zu ihm und der Hexer begann, sie nach seinem Willen zu wandeln. Er formte sie in eine dünne, ungreifbare Schicht und legte diese wie eine zweite Haut auf jeden einzelnen Reiter. Wie ein Schutzschild überdeckte er sie damit und veränderte ihre äußere Erscheinung. Der Hexenkönig verwandelte sich in einen edlen Elbenfürsten, mit langen tiefschwarzen Haaren und stechend, kalten Augen. Seine mit Dornen und Runen verzierte Rüstung verlief in einen elbischen Prunkharnisch und sein Streitross wurde zu einem schneeweißen Schimmel. Die Hexer und ihre Diener verwandelten sich in unterschiedliche Elben mit weißen Leinenpanzern. Zaphragor blickte angewidert auf die neue Gestalt seines Meisters und danach zornig in Gulzárs Richtung, doch er sagte kein Wort. Der Akolyth, mit dessen Seele Gulzár die Illusion erschaffen hatte, sackte in seinem Sattel zusammen. Sein Verstand hatte sich verklärt, aber er lebte noch.
In dieses Trugbild gehüllt, betraten sie die Dorfmitte. Die Wachen hatten sie längst bemerkt, sie allerdings passieren lassen. Hastig kamen ihnen einige Männer entgegen, einer schien der Anführer der Wachleute zu sein. Ehrfürchtig blieben sie vor den weißen Rössern stehen.
"Was führt euch so weit in die Wildnis, werte Elbenherren? Wir haben euch nichts zu bieten, da der Winter all unsere Vorräte aufzubrauchen droht. Außerdem ist es hier nicht sicher. Man munkelt, dass eine gewaltige Orkarmee auf dem Weg hierher ist..."
Gulzár blickte ihn nachdenklich an: "Warum seid ihr dann noch hier, wenn ihr von dieser Bedrohung wisst?", fragte er, mit einer ihm unangenehmen Elbenstimme.
Der Hauptmann legte eine Hand auf seinen Schwertgriff. "Glaubt ihr wirklich, dass wir unser Land einfach so diesen Scheusalen überlassen würden? Im Übrigen geht euch das gar nichts an. Wer seid ihr überhaupt? Und warum kann euer Herr nicht für sich selbst sprechen?"
Gerade als Gulzár dem unverschämten Menschen etwas entgegnen wollte, stieg sein Meister vom Pferd herab und trat direkt vor den Anführer. Die umstehenden Wachen zückten ihre Waffen, doch noch hielten sie sich zurück. Langsam hob der Hexenkönig seine rechte Hand und legte sie auf die Stirn des Menschen vor ihm.
Die ebenmäßige Haut auf der Elbenhand begann plötzlich zu bröckeln und bekam Risse, unter denen Panzerlamellen aufblitzten. Der Prunkharnisch verzerrte sich, die schwarzen Haare fielen auf den Erdboden und das spitze Elbengesicht verzog sich zu der erschreckenden Maske der Eisenkrone. Der Hexenkönig zerbrach die Magie des Trugbildes und Gulzár ließ es geschehen. Einen Moment später hatten er und die anderen ebenfalls wieder ihr wahres Aussehen. Der Mensch hatte von alledem nichts bemerkt, da er mit geschlossenen Augen die Berührung des Elbenfürsten erwartet hatte. Seine Wachen sahen es jedoch, erhoben ihre Waffen und wollten den Hexenkönig angreifen.
Doch Zaphragor und Gulzár mussten nur einige wenige Worte murmeln und die Wachmänner erstarrten, als wären sie aus Eis gehauen. Der Herr von Angmar schloss seine Hand um den Schädel des Anführers und hob in mit einem Ruck in die Luft. Die messerscharfen Metallplatten gruben sich tief in die Kopfhaut und dunkles Blut quoll zwischen den breiten Fingern hervor. Der Mensch begann zu schreien, wodurch weitere Wachen auf sie aufmerksam gemacht wurden. Der Hexenkönig verschwendete jedoch kein Wort an diese armselige Gestalt und hob seinen linken Arm in den Himmel. Geschlossen erhob jeder Hexer ebenfalls seinen Arm, Zaphragor streckte sein Schwert in die Höhe.
Dunkle Magie brodelte auf und floss vom Hexenkönig heraus in alle Richtungen davon, wie eine Woge heißer Luft. Grünlich schimmernde Lichtblitze zuckten aus dem zitternden Leib des Hauptmannes. Gulzár nahm die Magie auf und begann die seine hinzuzufügen. Er zog die Kraft aus den erstarrten Wachen, formte sie jedoch nicht zu einem Zauber, sondern ließ sie in der Luft um seinen Meister fließen. Auf dessen Wink hin, taten es ihm die anderen Hexer gleich und sammelten immer mehr Energie in ihrer Mitte. Der Hexenkönig erweiterte die Reichweite seiner Hexer, sodass sie nun die Seelen des gesamten Dorfes erreichen konnten. Von überall her strömten Fäden aus grünem Licht zu ihnen und vereinigten sich in einem magischen Schleier, der um den Herren von Angmar waberte. Er begann unheilige Worte der dunkeln Sprache zu rufen, während der Energienebel sich mit einem Mal verdichtete.
Der Schädel des Anführers brach mit einem lauten Knacken.
Eine grellgrüne Flamme explodierte auf der Handfläche des Hexenkönigs. Wie ein Feuersturm breitete es sich über das gesamte Tal aus, verschluckte Häuser und Bäume und erhellte die umliegenden Hügel, als wäre die Sonne aufgegangen. Die verderbte Hexerei loderte einen Moment in einer gewaltigen Kuppel, bis ein lautes Zischen erklang und alles ineinander zusammenfiel. Die Energie zog sich über dem Tal zusammen und flog in Richtung Norden davon. Einem Kometen gleich, zog die unförmige Kugel einen grünen Schweif hinter sich her.
Gnominator schrieb:
Erschrocken schaute Dûrmarth nach oben. Ein riesiger grüner Feuerball war direkt über dem Lager erschienen. Was war das für eine Zauberei? Dann gab es ein lautes Krachen und das Etwas zerbarst in tausende kleinere Fetzen. Langsam regneten diese grünen Funken auf das gesamte Lager. Doch sie erloschen nicht, wie normale Funken eines Feuers es machen würden. Je näher sie dem Lager kamen, desto stärker loderten sie auf. Nun war das ganze Lager aufgewacht, alle schauten verwirrt zum Himmel und waren nicht weniger verdutzt als Dûrmarth.
Die grünen Funken kamen immer näher und waren nun schon fast bei der verblüfften Armee angekommen. Doch einen Meter über ihren Köpfen verblassten auf einmal sämtliche Funken und alles war wieder dunkel. Als erstes sah es so aus, als ob alles wieder so wäre, wie vor dem Zauber. Doch schnell merkte man es. Etwas war anders. Dûrmarth spürte es auch. Er hatte mehr Kraft in sich, als er jemals gespürt hatte. Er wollte kämpfen, für den Hexenkönig in den Krieg ziehen und nicht mehr ruhen. Um ihn herum ertönte lautes Gebrüll und man hörte die Kriegshörner zum Aufbruch blasen.
Die ganze Müdigkeit der letzten Tage war von der Armee abgefallen. Alle waren wieder kräftig und bereit zu marschieren.
Adamin schreib:
Von überall her ertönte lautes Gebrüll, Kriegshörner ertönten und Wölfe heulten. Auch Fimbul spürte etwas. Mit einem Mal war er voller Kraft und Tatendrang. Er wollte marschieren, er wollte töten, er wollte Blut schmecken. Als hätte es nur noch darauf gewartet, erschallte das Horn, welches den Aufbruch signalisierte. Die Orks sprangen auf, und begannen, ihre Waffen gegeneinander zu schlagen. Fimbul sprang ebenfalls auf und schlug zweien die Schädel zusammen, um ihre Aufmerksamkeit zu erhalten und um ein wenig seiner eigenen Kampfeslust zu besänftigen.
"Los ihr Drecksmaden! Lärmen könnt ihr später. Die Nacht hat grade erst begonnen, jetzt wird gelaufen!!!"
Gnominator schrieb:
Keine fünf Minuten später war die Armee aufgebrochen. Niemandem in der Armee merkte man die Erschöpfung der letzten Tage an. Alle marschierten, wie damals, als sie gerade Carn-Dûm verlassen hatten. Doch nun marschierten sie ohne einen Anführer los. Zumindest ohne einen sichtbaren. Ein unsichtbarer Wille leitete die Armee.
Adamin schrieb:
Gulzár blickte starr gerade aus. Alle Flammen des Dorfes waren erloschen. Um ihn herum herrschte Totenstille. Ein dumpfer Aufschlag zerriss die Stille. Tote Vögel fielen vom Himmel und landeten im Schnee. Weiter weg ertönten weitere Schläge. Angewidert ließ der Hexenkönig die nun vertrocknete Leiche des Anführers zu Boden fallen. Er bestieg sein Streitross und ritt zurück auf den Hügel, von dem aus sie zu dem Dorf gelangt waren. Langsam begannen auch die Hexer, sich auf den Rückweg zu machen. Ihre Akolythen und deren Pferde lagen hinter ihnen tot auf dem Boden.
Gulzár wandte sich ab. Er wusste, dass in diesem Tal nie wieder etwas wachsen würde. Sie hatten die gesamte Lebenskraft der Erde und der Lebewesen genommen und sie der Armee einverleibt. Nun würden sie marschieren können, so weit wie der Meister es verlangte...
Der alte Hexer wäre beinahe vor Überraschung aus dem Sattel gefallen, als aus einem der Häuser ein lang gezogener Schrei drang. Ohne zu zögern trieb er sein Pferd zurück zu der Siedlung; Zaphragor schloss zu ihm auf.
Bei dem Haus angekommen, trat dieser sofort die Holztür auf und blickte hinein. Selbst Gulzár konnte sich nicht erklären, was er dort erblickte.
In der hinteren Ecke der schäbigen Behausung lag eine Frauenleiche. Sie umschloss mit ihren Armen ein kleines Mädchen, als wolle sie es schützen. Das Kind schrie immer noch und begann zu weinen. Es war keine vier Jahre alt.
"Wie ist das möglich Gulzár?!", schrie Zaphragor gegen das Mädchen an. "Wie kommt es, dass der Hexenkönig nicht auch ihre Seele erhalten hat?"
Gulzár stellte sich in den Türrahmen. Sein müder Geist zermarterte sich, bei der Suche nach der Antwort. Doch er fand keine Erklärung und fasste einen einfachen Entschluss:
"Reite zurück zu den anderen. Wartet dann auf dem Hügel, bis die Soldaten kommen. Sie werden wahrscheinlich schon auf dem Weg hierher sein...
Ich werde gleich nachkommen..."
Er löste eine verzierte Knochenklinge aus seinem Gürtel.
Lord of Mordor schrieb:
Gedanken wirbelten in Zaphragors Kopf umher, als er das Haus verließ und auf die Straße trat. Kalter Wind schlug ihm entgegen und blies ihm Schneeflocken ins Gesicht. Der Schneesturm Angmars hatte sich nun auch über dieses Dorf gelegt, dunstiger, unnatürlicher Nebel waberte durch die Straßen ...
Zaphragor bemerkte es kaum, als er sich mit weit ausgreifenden Schritten in Bewegung setzte. Unter seinen Füßen knirschten Knochen, als er über die überall verstreuten Leichname kleiner Tiere und Vögel hinwegschritt.
Tod... die ganze Stadt stank danach. Jeder einzelne Bewohner der Stadt hatte sich dem Hexenkönig beugen müssen. Frauen, Kinder, Greise... vor der Hexerei Angmars waren sie alle gleich. Der Gedanke erfüllte Zaphragor mit brutaler Zufriedenheit. Die Magie des Hexenkönigs verschonte niemanden.
Niemanden außer diesem erbärmlichen kleinen Mädchen, fuhr es ihm durch den Kopf. Wie zum Teufel konnte das sein? Der Zauber hätte jeden einzelnen Bewohner dieser jämmerlichen Siedlung töten müssen, sie alle in Energie für den Hexenkönig umwandeln sollen... wie konnte es sein, dass diese klägliche Kreatur überlebt hatte? Das Mädchen hätte sterben sollen, genau wie jeder andere Bewohner Arthedains. Zaphragor konnte nur hoffen, dass Gulzár ihm einen möglichst grausamen Tod bescherte...
Erneut blickte er sich um, sah im Vorbeigehen die Leiche eines Wachmanns am Wegesrand, der in der Gasse patrouilliert hatte, als der Zauber über ihn hereingebrochen war. Er war verschrumpelt und ausgezehrt, und der Ausdruck grenzenlosen Entsetzens war ihm ins Gesicht geschrieben... in dem Moment, in dem er sich über sein Schicksal klar geworden war, war er auch schon tot gewesen.
Sie sind so schwach, dachte Zaphragor und erinnerte sich, wie leicht es gewesen war, den Willen der Dorfbewohner zu brechen und ihre Seelen zu nehmen... das wundervolle Gefühl, wenn seine Opfer begriffen, dass der Augenblick ihres Todes gekommen war, der Genuss, ihre Seelen in dunkle magische Energie zu verwandeln und ihnen dabei den letzten Rest ihrer Menschlichkeit zu rauben... und die Schreie... langsam verendende Schmerzensschreie...
Schmerz...
Oh ja, ich weiß, was Schmerz bedeutet...
Bilder erschienen vor seinem geistigen Auge, Bilder von brandschatzenden und plündernden Hügelmenschen... sein brennendes Heimatdorf… das Opfer seines Vaters…
Schmerz...
Kalter Hass kochte in ihm hoch.
All die Zeit über waren sie untätig, überließen Rhudaur dem Chaos... nicht einmal ihren Verbündeten in Cardolan spendeten sie nennenswerte Unterstützung. Fünfhundert Jahre lang hofften und bangten alte und dekadente Könige in ihren prunkvollen Thronsälen, hofften, Angmar würde erst lange nach ihrer Zeit angreifen... fünfhundert Jahre des Wartens...
Erneut sah er Bilder... ein junger Krieger an vorderster Front für den Hexenkönig... Ausbildung in Carn Dûm... die Schlacht bei Amon Sûl, ein Mitglied der schwarzen Garde inmitten des Gemetzels... der Todesstoß König Arveduis... das unglaubliche Gefühl der Macht, als die Morgulmagie seinen Körper durchdrang... fünfhundert Jahre des Wartens, fünfhundert Jahre des Wahnsinns...
Und nun wird ganz Arthedain meinen Schmerz teilen.
Ein lautes Schnauben riss Zaphragor aus seinen Gedanken. Ohne es zu bemerken, hatte er bereits den Dorfplatz erreicht, wo ihn sein Pferd nun aus rotglühenden Augen anstarrte. Es war ein gewaltiges Tier, pechschwarz und gehüllt in schwere Eisenplatten. Er hatte sich den Hengst höchstpersönlich in den Stallungen von Carn Dûm ausgesucht, und da das Tier, wie die meisten Lebewesen, panische Angst vor ihm gehabt hatte und allein bei seinem Anblick gescheut und ausgetreten hatte, hatte er es durch Magie seinem Willen unterworfen. Nun diente es ihm genauso loyal wie er dem Hexenkönig... Dampf quoll aus seinen Nüstern, während es darauf wartete, dass er aufstieg.
Gerade wollte er in den Sattel steigen, da hielt er inne.
Warum konnte er die Seele des Mädchens noch spüren?
Er fuhr herum und spähte durch den Schneesturm zurück in die Gasse. Dort erkannte er den undeutlichen Umriss Gulzárs, der langsam auf ihn zukam...
Er hielt etwas im Arm.
“Was soll das, Gulzár?”, rief Zaphragor und trat in die Gasse. “Warum hast du...”
Gulzár trat aus dem Nebel, und Zaphragor konnte den Anblick kaum fassen, der sich ihm bot. Wäre er dazu noch in der Lage gewesen, hätte er wahrscheinlich laut losgelacht.
Gulzár hielt das Mädchen tatsächlich im Arm, und hatte ihm seinen Mantel übergeworfen. Das Kind schmiegte sich an ihn, während er lächelnd auf es einredete. Zornig trat Zaphragor auf ihn zu.
“Was im Namen der Eisenkrone geht hier vor?”, zischte er mit mühsam unterdrücktem Zorn.
Das Lächeln des alten Mannes erlosch, als er zu ihm aufsah.
“Wovon sprichst du?”, fragte er.
“Davon”, presste Zaphragor hervor und deutete auf das Mädchen. “Warum hast du es nicht getötet? Allein seine Existenz ist eine Beleidigung unseres Meisters!”
Das Kind sah ihn aus angsterfüllten Augen an und schmiegte sich enger an Gulzár. Der Anblick machte Zaphragor fast rasend. “Der oberste Hexer Angmars ist sich nicht zu schade, das KINDERMÄDCHEN für so ein verfluchtes Gör zu spielen?”
“Sei versichert, dass alles, was ich tue, im Dienst des Hexenkönigs geschieht.”, erwiderte Gulzár ruhig.
“Deine Loyalität steht außer Frage”, sagte Zaphragor. “Ich weiß, dass du dem Meister gegenüber genauso loyal bist wie ich, Gulzár, und bis jetzt hatte ich immer eine hohe Meinung von dir... aber ich beginne, an deiner Stärke und deiner Weisheit zu zweifeln.”
“Du denkst doch wohl nicht wirklich, dass ich dieses Kind grundlos gerettet habe?”, antwortete der alte Hexer kühl. “Zaphragor, du solltest wissen, dass ich niemals etwas ohne Grund tue.”
“Dann nenn mir den Grund!”, verlangte Zaphragor wütend.
Gulzár sah ihn durchdringend an.
“Nein”, sagte er schließlich. “Nicht jetzt.”
“Willst du das Kind etwa genau so großziehen wie diesen jämmerlichen Jungen, den du bei dir aufgenommen hast?”
“Dûrmarth ist einer der besten Diener des Hexenkönigs”, erwiderte der alte Mann und seine Gesichtszüge verhärteten sich. “Und seine Geschichte ist der deinen nicht unähnlich... er hasst Arthedain mindestens genauso wie du.”
“Er gibt vor, es zu tun”, zischte Zaphragor abfällig. “Aber tief in seinem Herzen ist er schwach... ich habe ihn neulich beobachtet, Gulzár. Er hat sein Leben riskiert, um einen Troll zu retten! Er verletzt die Regeln der Armee und untergräbt damit die Autorität der Generäle! Er...”
“Genug”, unterbrach ihn Gulzár. “Dûrmarth ist dem Hexenkönig gegenüber bedingungslos loyal, das versichere ich dir. Und ich bin es ebenfalls, das weißt du. Also warum glaubst du mir nicht einfach, dass ich meine Gründe habe für das, was ich tue?”
Für eine Weile standen sie sich gegenüber und sahen sich an, keiner der beiden sagte ein Wort.
“Nun gut”, sagte Zaphragor schließlich. Er deutete auf das Mädchen. “Aber du wirst das dem Meister nicht verheimlichen können.”
“Das hatte ich auch nicht vor”, erwiderte Gulzár.
Damit schwangen sie sich auf ihre Pferde und preschten los, aus dem Dorf dem Hügel entgegen, auf dem der Hexenkönig und die anderen Hexer warteten. Sie blickten in die Ferne, in die Richtung, aus der das Heer kommen würde. Wortlos zügelten Zaphragor und Gulzár ihre Pferde und stiegen ab. Dann traten sie neben die anderen Hexer. Am Horizont wälzte sich ihnen eine gewaltige Masse entgegen.
Angmars Heer.
Der Anblick war überwältigend. Ein unbeschreibliches Gefühl der Macht erfüllte Zaphragor, und den übrigen Hexern schien es nicht anders zu ergehen. Die Kampfesrufe der durch Morgulmagie gestärkten Armee waren noch bis in weite Ferne zu vernehmen, und der Klang der Trommeln trieb sie unaufhaltsam voran...
“Das ist der Hammer...”, flüsterte Zaphragor. “Der Hammer, mit dem wir Arthedain zerschmettern werden... die Numenorer werden dem nichts entgegenzusetzen haben.”
Auf einmal drehte sich der Hexenkönig zu Gulzár um. Sein Zeigefinger deutete auf das Mädchen in seinen Armen.
“Was hat das zu bedeuten?”, zischte er.
“Ein Kind aus dem Dorf, Meister”, erwiderte Gulzár. “Es hat euren Zauber überlebt.”
Der Hexenkönig musterte das Kind, dann sah er Gulzár an.
“Töte es”, befahl er.
“Mein Herr”, widersprach Gulzár, “dieses Kind wird mehr zum Untergang Arthedains beitragen als so mancher General unseres Heeres!”
Der Hexenkönig starrte ihn weiter an. Die Luft wurde plötzlich kälter, und auf einmal stieß Gulzár einen Schmerzensschrei aus. Sein Gesicht verzerrte sich, Blut troff aus seiner Nase, seine Augen schienen sich aus seinem Schädel drücken zu wollen...
Das Mädchen in seinen Armen begann zu weinen, als ein eisiger Wind aufkam und den alten Mann umpeitschte, dessen Schmerzensschreie immer lauter und unnatürlicher wurden. Die übrigen Hexer wichen angstvoll zurück, nur Zaphragor beobachtete das Schauspiel mit schrecklicher Gelassenheit. Er wusste, dass Gulzárs Leben nun auf Messers Schneide stand.
Der Hexenkönig hob die Hand und zeigte direkt auf Gulzárs Stirn.
“Du kannst nichts vor mir verheimlichen”, zischte er. “Ich sehe direkt in deinen Geist... all deine Gedanken liegen vor mir, all deine Pläne, all deine Ängste...”
Brüllend presste Gulzár die Hände gegen den Kopf, als drohte er, im nächsten Moment zu zerspringen, und ließ dabei das Kind in den Schnee fallen. Das Mädchen begann, laut zu schreien, und Gulzárs Schädel warf sich immer schneller hin und her...
Dann war es vorbei. Der Wind flaute so plötzlich wieder ab, wie er gekommen war. Langsam ließ der Hexenkönig seinen Arm sinken. “Du alter Narr”, zischte er und kehrte ihm den Rücken zu, blickte wieder in Richtung seiner Streitmacht.
Ächzend wischte sich Gulzár den Schweiß von der Stirn und rappelte sich zitternd hoch. “Ich... ich danke euch, Meister”, presste er schwer atmend hervor. Dann bückte er sich zu dem weinenden Mädchen, nahm es wieder in die Arme und streichelte es beruhigend. Trotz seiner Schmerzen lächelte er das Kind freundlich an.
Zaphragor trat neben ihn. Er sah ihn nicht direkt an, sondern schaute in Richtung des Heeres.
“Offenbar habe ich dir Unrecht getan, Gulzár”, sagte er mit unbewegter Miene. “Zwar verstehe ich deinen Plan immer noch nicht, doch offenbar hat er die Billigung des Meisters gefunden... sonst wärst du jetzt tot, und das Kind ebenfalls.”
Gulzár nickte wortlos, und sah ebenfalls ins Tal.
Tausend wehende Banner mit dem Wappen der Eisenkrone rückten langsam näher... der letzte Marsch nach Fornost hatte begonnen.
Gnominator schrieb:
Die ganze Nacht marschierte die Armee durch, immer weiter getrieben von dem Willen des Hexenkönigs. Mit jedem Schritt wurde der Wille stärker und sie merkten, dass sie dem Hexenkönig immer näher kamen. Als dann schon die ersten Sonnenstrahlen den nächsten Tag ankündigten, sahen sie ihn. Auch er wirkte stärker und mächtiger als zuvor.
Nach einem weiteren kurzen Marsch erreichten sie schließlich den Hügel, auf dem die Hexer standen. Nun bemerkte Dûrmarth etwas Eigenartiges. Gulzár saß nicht alleine auf seinem Pferd. Was von weitem wie ein kleines Bündel ausgesehen hatte, stellte sich nun als ein kleines Mädchen heraus. Dûrmarth wollte als erstes seinen Augen nicht trauen. Aber vor Gulzár saß wirklich ein kleines Mädchen im Sattel und schlief eingehüllt in den Mantel des Hexers. Es war ein Anblick, wie ihn wohl noch niemand zuvor gesehen hatte. Gulzár, ein Zauberer des Bösen und ergebener Diener des Hexenkönigs… Und dann dieses friedliche Mädchen, das in seinen Armen schlief. Doch der Hexenkönig gab keine Zeit, lange darüber nachzudenken. Kaum waren sie bis auf wenige Meter herangekommen, ritt er ohne ein weiters Wort im Eiltempo weiter.
Sie marschierten den ganzen nächsten Tag durch. Doch Dûrmarth spürte nichts von dem Eilmarsch der letzten Stunden. Er hatte genug Kraft, um noch Tage so weiterzumarschieren. Nur eine Sache beschäftigte ihn. Was war mit diesem Kind los? Einmal war das Kind aufgewacht und dann hatte Gulzár dem Mädchen einen Apfel geschält und es wieder mit einem Schlafzauber belegt. Warum tat Gulzár all das für dieses Mädchen? Auf einmal lies sich der Hexer von den übrigen zurückfallen, bis er neben Dûrmarth ritt. „Ich hab meine Gründe, glaube mir.“ Verdutzt schaute der Mensch zu ihm hoch. „Aber… was sollen wir mit einem kleinen Kind mitten im Krieg? Und warum ist das Kind so wichtig, dass es ständig inmitten der ganzen Hexer ist?“
„Dieses Kind wird mehr zum Untergang unserer Feinde beitragen als so mancher Krieger dieser Armee. Fornost kann gegen eine Armee verteidigt werden. Aber nicht, wenn die Verteidiger an ihrem eigenen Verstand zu zweifeln beginnen.“
Mit diesen Worten ritt er wieder schneller und ließ Dûrmarth mit mehr Fragen, als vorher, alleine.
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